Wie werden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet, sofern an Gesellschaftanteilen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ein Nießbrauchsrecht besteht?
Ob der Nießbraucher entsprechende Einkünfte erzielt, hängt nach dem BFH davon ab, ob er aufgrund seiner Stimm- und Verwaltungsrechte grundsätzlich in der Lage ist, auch an Grundlagengeschäften der Gesellschaft mitzuwirken. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner Entscheidung vom 15.11.2022 (IX R 4/20) seine Grundsätze zur steuerlichen Behandlung eines Nießbrauchs an einem Personengesellschaftsanteil weiter konkretisiert.
Der Sachverhalt bei Vermietung und Verpachtung beim Nießbrauch.
K ist an der ABC-GbR beteiligt. Zweck der Gesellschaft ist die Haltung, Verwaltung, Nutzung und Vermehrung des Gesellschaftsvermögens. Mit privatschriftlichem Vertrag räumte K seinem Sohn B an seinem Gesellschaftsanteil der GbR schenkweise einen Nießbrauch zu 50 % ein.
Dabei wurde vereinbart, dass alle gesellschaftlichen Mitwirkungsrechte an dem belasteten Anteil gegenüber der Gesellschaft gemeinschaftlich ausgeübt werden.
Bei fehlender Einigkeit kann in laufenden Angelegenheiten das einheitliche Stimmrecht nur gemeinsam ausgeübt werden, so dass eine Stimmenthaltung zu erfolgen hat, während der Gesellschafter die Mitwirkungsrechte aus dem Anteil bei Beschlüssen über die Grundlage der Gesellschaft oder den Kernbereich seiner Mitwirkungsrechte allein ausübt.
Mit dem Finanzamt (FA) entstand Streit darüber, ob dem Sohn anteilig die von der GbR erzielten Einkünfte aus Vermietung zuzurechnen sind.
Die Entscheidung im Fall des Nießbrauch.
Beim Nießbrauch an einem Gesellschaftsanteil einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist – anders als bei Mitunternehmerschaften mit Betriebsvermögen – nicht auf die Mitunternehmerinitiative und das Mitunternehmerrisiko abzustellen.
Gleichwohl erfordert eine Einkünftezurechnung zumindest eine gleichberechtigte Teilhabe des Nießbrauchers an der Willensbildung der Gesellschaft. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Besonderheiten eines Quotennießbrauchs.
In diesem Fall ist es erforderlich, dass der Nießbraucher in gleicher Weise wie der Gesellschafter an der Willensbildung der Gesellschaft mitwirken kann. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Nießbraucher nur einen Teil der laufenden Einkünfte für sich beanspruchen kann.
Das nicht teilbare Stimmrecht muss einheitlich ausgeübt werden, auch wenn die (interne) Zuständigkeit zur Willensbildung kraft des Quotennießbrauchs auf zwei Personen entfällt.
Eine im Wesentlichen gleichberechtigte Stellung wird dem Nießbraucher in einem solchen Fall nur eingeräumt, wenn die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Quotennießbrauchs sicherstellen, dass der Gesellschafter Entscheidungen (und zwar auch solche, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen) nicht allein oder gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.
Dafür reicht grundsätzlich die Regelung des § 1071 BGB nicht aus. Da es im Besprechungsfall an der Berechtigung des Quotennießbrauchers fehlte, auch in Bezug auf die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft mitzuwirken, hielt der BFH die Einkünftezurechnung seitens des FA für zutreffend.
Hinweis aus der Praxis:
Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Grundsätze weiter präzisiert: Durch die Bestellung des Nießbrauchs an einem Gesellschaftsanteil einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft erzielt der Nießbraucher anstelle des Gesellschafters die auf den Anteil entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn und soweit er aufgrund der ihm vertraglich zur Ausübung überlassenen Stimm- und Verwaltungsrechte grundsätzlich in der Lage ist, auch an Grundlagengeschäften der Gesellschaft mitzuwirken.
Entsprechendes gilt beim Quotennießbrauch an einem Gesellschaftsanteil. Der Quotennießbraucher erzielt nur dann die auf den Anteil entfallenden Einkünfte, wenn die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Quotennießbrauchs sicherstellen, dass der Gesellschafter Entscheidungen nicht allein oder gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.
Hinweis:
BFH, Urt. v. 15.11.2022 – IX R 4/20
Erstellt von Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht