Abwicklung einer Körperschaft

Mit Abwicklung einer Körperschaft (Auflösung) wird die Körperschaft bereits zivilrechtlich von einer werbenden Gesellschaft zu einer Gesellschaft in Liquidation.

1. Allgemeines

Mit Auflösung einer Körperschaft (→ Auflösung einer Körperschaft (zivilrechtlich)) wird die Körperschaft bereits zivilrechtlich von einer werbenden Gesellschaft zu einer Gesellschaft in Liquidation (i.L.). Dies schlägt sich auch auf die Besteuerung sowohl der Gesellschaft als auch der Gesellschafter nieder. Nach der Reinvermögenszugangstheorie gilt es, bei der Körperschaft die Versteuerung der stillen Reserven im Rahmen einer Schlussbesteuerung zu erfassen.

2. Besteuerung auf der Ebene der Körperschaft

2.1. Ermittlung des zu versteuernden Einkommens für die Körperschaftsteuer – Ermittlung des Liquidationsgewinns gem. § 11 KStG

Auf der Ebene des zu versteuernden Einkommens sorgt § 11 KStG dafür, dass bei einem unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 KStG (→ Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit) der Gewinn, der in dem Zeitraum der Abwicklung erzielt wird, der Besteuerung zugeführt wird (§ 11 Abs. 1 Satz 1 KStG). § 11 Abs. 7 KStG stellt darüber hinaus klar, dass die Grundsätze der Liquidationsbesteuerung auch dann anwendbar sind, wenn die Gesellschaft aufgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aufgelöst wird (vgl. hierzu §§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG und §§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, → Auflösung einer Körperschaft (zivilrechtlich) und eine Abwicklung demnach unterbleibt (§ 264 Abs. 1 AktG, § 66 Abs. 1 GmbHG).

Hinweis:

Allein durch die Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens wird dagegen keine Liquidation begründet, insbes. wenn eine Fortführung des Betriebs angestrebt wird (FG Köln vom 13.11.2014, 10 K 3569/13, EFG 2015, 673).

Die Regeln der Liquidation werden auch entsprechend angewendet, wenn eine Kapitalgesellschaft aus der unbeschränkten Steuerpflicht eines EU- oder EWR-Staats ausscheidet, weil sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einen Drittstaat verlagert hat, § 12 Abs. 3 KStG. Allein der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union führt aber nicht dazu, dass eine Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung dadurch als aus der unbeschränkten Steuerpflicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgeschieden gilt oder als außerhalb der Europäischen Union ansässig anzusehen ist, § 12 Abs. 3 Satz 4 KStG.

2.1.1. Abwicklungszeitraum

Bekanntlich ist bei einer Kapitalgesellschaft (→ Kapitalgesellschaften), da sie gem. § 6 Abs. 1 HGB i.V.m. §§ 238 ff. HGB und §§ 264 ff. HGB nach handelsrechtlichen Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen, der Gewinn des jeweiligen Wirtschaftsjahres (Geschäftsjahres, vgl. § 242 Abs. 1 HGB) der Besteuerung zu Grunde zu legen (§ 7 Abs. 4 Satz 1 KStG). Sofern das → Wirtschaftsjahr nicht dem Kalenderjahr entspricht, enthält § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG hierfür eine zu § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG parallele Vorschrift. Danach ist der Gewinn in dem Kalenderjahr zu versteuern, in dem das jeweilige Wirtschaftsjahr endet.

Abweichend hiervon ist nach § 11 Abs. 1 Satz 1 KStG der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn eine unbeschränkt stpfl. Körperschaft nach der Auflösung (→ Auflösung einer Körperschaft (zivilrechtlich)) abgewickelt wird. Diese Regelung geht der Regelung des § 7 Abs. 4 KStG vor, wobei der sog. Besteuerungszeitraum nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG drei Jahre nicht übersteigen soll. Bei einer Überschreitung des Dreijahreszeitraums darf das Finanzamt nach Ablauf dieses Zeitraums gegenüber der Kapitalgesellschaft einen Körperschaftsteuerbescheid erlassen. Dies gilt selbst dann, wenn für eine Steuerfestsetzung vor Abschluss der Liquidation kein besonderer Anlass besteht (BFH Urteil vom 18.9.2007, I R 44/06, BStBl II 2008, 319). Die danach beginnenden weiteren Besteuerungszeiträume sind gem. R 11 Abs. 1 Satz 7 KStR grundsätzlich jeweils auf ein Jahr begrenzt. Innerhalb eines mehrjährigen Veranlagungszeitraums ist der Sockelbetrag der Mindestbesteuerung von 1 Mio. € nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG nur einmalig, also nicht mehrfach für jedes Kalenderjahr des verlängerten Besteuerungszeitraums anzusetzen (BFH Urteil vom 23.1.2013, I R 35/12, BStBl II 2013, 508).

Sofern der Abwicklungszeitraum im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG in mehrere Besteuerungszeiträume unterteilt wird, ist die besondere Gewinnermittlung nach § 11 Abs. 2 KStG nur für den letzten Besteuerungszeitraum vorzunehmen. Dabei ist das Abwicklungs-Anfangsvermögen aus der Bilanz zum Schluss des letzten vorangegangenen Besteuerungszeitraums abzuleiten. Für die vorangehenden Besteuerungszeiträume ist die → Gewinnermittlung nach allgemeinen Grundsätzen, also nach §§ 7 ff. KStG durchzuführen. Auf den Schluss jedes Besteuerungszeitraums ist eine Steuerbilanz aufzustellen (vgl. R 11 Abs. 3 KStR). Zwischenveranlagungen, die bei längeren Abwicklungszeiträumen ergehen, sind nicht vorläufiger, sondern wie übrige Veranlagungen endgültiger Rechtsnatur (FG Köln Urteil vom 27.9.2012, 10 K 2838/11, EFG 2013, 78).

Hinweis:

Mit Urteil vom 18.9.2018 (6 K 454/15 K, EFG 2018, 2058) hat das FG Düsseldorf entschieden, dass es sich bei den während einer Liquidation ergangenen Bescheiden um bloße »Zwischenveranlagungen« handele, die nach Abschluss der Abwicklung durch einen Bescheid für den gesamten Abwicklungszeitraum ersetzt werden müssten. Nach Beendigung der Abwicklung einer Kapitalgesellschaft sollen die Gewinne und Verluste für den gesamten Abwicklungszeitraum miteinander zu verrechnen und erfolgte Zwischenveranlagungen aufzuheben sein, ohne dass es zu einer Verlustabzugsbeschränkung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG kommt. Die Sichtweise des BFH bleibt abzuwarten (Revision eingelegt, Aktenzeichen I R 36/18). Siehe hierzu auch OFD Frankfurt vom 27.12.2018, S 2225 A-013-St 213, DStR 2019, 387.

Der Abwicklungszeitraum beginnt nach R 11 Abs. 1 KStR mit dem Zeitpunkt der Auflösung (→ Auflösung einer Körperschaft (zivilrechtlich)) und endet, wenn die Liquidation rechtsgültig abgeschlossen ist (R 11 Abs. 2 Satz 1 KStR). Zum rechtsgültigen Abschluss der Liquidation gehört nicht nur die Schlussverteilung des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter, sondern insbesondere im Hinblick auf § 272 Abs. 1 AktG und § 73 GmbHG der Ablauf des Sperrjahres (R 11 Abs. 2 Satz 2 KStR).

Wenn die Auflösung während eines laufenden Geschäftsjahres beginnt, kann nach Auffassung der Finanzverwaltung, entgegen der Rspr. des BFH (BFH Urteil vom 10.6.2009, I R 80/08, BFH/NV 2009, 1835; BFH Urteil vom 17.7.1974, I R 233/71, BStBl II 1974, 692), auf die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres (→ Wirtschaftsjahr) verzichtet werden (Wahlrecht nach R 11 Abs. 1 Satz 3 KStR, vgl. aber R 7.1 Abs. 8 Satz 3 GewStR). Dieses Wahlrecht besteht jedoch nicht im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (R 11 Abs. 1 Satz 4 KStR). Wird der BFH-Auffassung folgend ein Rumpfgeschäftsjahr gebildet, besteht die Möglichkeit, ein weiteres Rumpfgeschäftsjahr zu bilden, das sich mit dem letzten Rumpfgeschäftsjahr der werbenden Gesellschaft zu einem vollen Kalenderjahr ergänzt (BFH Urteil vom 10.6.2009, I R 80/08, BFH/NV 2009, 1835).

Hinweis:

Da zivilrechtlich im Hinblick auf § 71 Abs. 1 GmbHG und § 270 Abs. 1 AktG zwingend eine Eröffnungsbilanz zu erstellen ist, ist für eine bessere Übersichtlichkeit auch für steuerliche Zwecke die Aufstellung einer Liquidationseröffnungsbilanz und folglich die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres zu empfehlen.

Beispiel 1:

Am 31.12.01 beschließt die Gesellschafterversammlung der Z-GmbH (abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.7. bis 30.6.) die Auflösung der Z-GmbH mit Beginn am 1.1.02. Auf den 31.12.01 wird für die Z-GmbH eine (Zwischen-) Bilanz aufgestellt.

Lösung 1:

Die Aufstellung der Bilanz per 31.12.01 führt zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres vom 1.7.01 bis zum 31.12.01. Der Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahres ist nicht in die Liquidationsbesteuerung einzubeziehen, da der Abwicklungszeitraum (mit Liquidationsbesteuerung) erst am 1.1.02 beginnt.

2.1.2. Abwicklungsgewinn

Der Abwicklungsgewinn ermittelt sich abweichend von § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG und § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG nach § 11 Abs. 2 KStG. Danach ist das Abwicklungsendvermögen dem Abwicklungsanfangsvermögen gegenüberzustellen.

Der Abwicklungsgewinn ermittelt sich daher rechnerisch wie folgt:

Abwicklungs-Endvermögen
./. Abwicklungs-Anfangsvermögen
= Abwicklungsgewinn

Mit diesem speziellen Betriebsvermögensvergleich wird erreicht, dass nicht nur der durch die eigentliche Abwicklung (mittels Auflösung stiller Reserven) erzielte Gewinn besteuert wird, sondern auch der aus der kurzzeitigen Weiterführung des Unternehmens (während des Abwicklungszeitraums) herrührende Erfolg der Besteuerung zugeführt wird.

2.1.3. Endvermögen (§ 11 Abs. 3 KStG)

Abwicklungs-Endvermögen ist gem. § 11 Abs. 3 KStG das zur Verteilung kommende Vermögen, vermindert um die steuerfreien Vermögensmehrungen (→ Steuerfreie Einnahmen nach dem EStG, ABC-Form), die dem Stpfl. im Abwicklungszeitraum zugeflossen sind. Darüber hinaus sind gem. § 11 Abs. 6 KStG die allgemeinen Vorschriften über die Ermittlung des Gewinns (→ Gewinnermittlung) anzuwenden. Diese sind bei der Ermittlung des steuerlichen Abwicklungsgewinns entsprechend zu berücksichtigen. Sofern die einzelnen Wirtschaftsgüter noch nicht verkauft wurden, sind diese mit dem gemeinen Wert nach § 9 BewG anzusetzen (BFH Urteil vom 14.12.1965, I 246/62 U, BStBl III 1966, 152). Maßgeblicher Bewertungsstichtag ist dabei der Tag, an dem das jeweilige Wirtschaftsgut auf den Gesellschafter übertragen wurde.

2.1.4. Anfangsvermögen (§ 11 Abs. 4 KStG)

Abwicklungs-Anfangsvermögen ist gem. § 11 Abs. 4 Satz 1 KStG das → Betriebsvermögen, das am Schluss des der Auflösung (→ Auflösung einer Körperschaft (zivilrechtlich)) vorangegangenen Wirtschaftsjahres (→ Wirtschaftsjahr) der Veranlagung zur Körperschaftsteuer zugrunde gelegt worden ist. Folglich ist für die Liquidationseröffnungsbilanz die Schlussbilanz des letzten Wirtschaftsjahres bzw. die Schlussbilanz des gebildeten Rumpfwirtschaftsjahres der werbenden Gesellschaft maßgeblich. Ist für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine Veranlagung nicht durchgeführt worden, ist gem. § 11 Abs. 4 Satz 2 KStG das → Betriebsvermögen anzusetzen, das im Fall einer Veranlagung nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die → Gewinnermittlung auszuweisen gewesen wäre.

Um eine doppelte Besteuerung von Gewinnausschüttungen zu vermeiden, ist gem. § 11 Abs. 4 Satz 3 KStG das Abwicklungs-Anfangsvermögen um den Gewinn eines vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu kürzen, der im Abwicklungszeitraum ausgeschüttet worden ist. War am Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums → Betriebsvermögen nicht vorhanden, gilt gem. § 11 Abs. 5 KStG als Abwicklungs-Anfangsvermögen die Summe der später geleisteten Einlagen (→ Einlage).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die in Abwicklung befindliche Gesellschaft grundsätzlich eigene Anteile haben kann. Der Gesellschaft stehen aus diesen eigenen Anteilen aber keine Rechte zu (vgl. § 71b AktG). Im Rahmen der Auflösung der jeweiligen Gesellschaft gehen die eigenen Anteile unter. Dieser aus dem Gesellschaftsrecht herrührende Vorgang kann demnach keinen Einfluss auf den Abwicklungsgewinn haben. Aus diesem Grund sind die eigenen Anteile mit dem Buchwert als Berichtigungsposten vom Abwicklungs-Anfangsvermögen in Abzug zu bringen.

2.1.5. Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften (§ 11 Abs. 6 KStG)

Auf die → Gewinnermittlung im Rahmen der Liquidationsbesteuerung sind gem. § 11 Abs. 6 KStG im Übrigen die sonst geltenden Vorschriften anwendbar. Demnach sind über § 11 Abs. 6 KStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG die Vorschriften des EStG (insbesondere §§ 3, 4 ff. EStG) ebenso anzuwenden wie die Vorschriften der §§ 7 bis 10 KStG. Bei der Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, also bei einer verdeckten Gewinnausschüttung (→ Verdeckte Gewinnausschüttung), lässt sich aus dogmatischer Sicht lediglich darum streiten, ob es sich um eine verdeckte »Zuwendung« oder verdeckte »Vermögensverteilung« handelt.

Allein aufgrund der Tatsache, dass im Rahmen der Liquidationsbesteuerung auch die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG (→ Spendenabzug) anwendbar ist, ist auch im Rahmen der Liquidationsbesteuerung die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 9 Abs. 2 KStG entsprechend zu berücksichtigen.

2.1.6. Gewinnermittlungsschema

Daraus ergibt sich folgendes Gewinnermittlungsschema:

Abwicklungs-Endvermögen
./. nicht der KSt unterliegende Vermögensmehrrungen bzw. steuerfreie Vermögensmehrungen (z.B. § 3 EStG, §§ 8b Abs. 1, 2 KStG)
+ verdeckte Vermögensverteilungen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG i.V.m. R 8.5 KStR)
+ nicht abziehbare Ausgaben (z.B. § 4 Abs. 5 bis 7 EStG, § 10 oder § 8b Abs. 5 KStG)
+ sämtliche Spenden (Arg. § 9 Abs. 2 KStG)
= steuerliches Abwicklungs-Endvermögen i.S.d. § 11 Abs. 3 KStG
Abwicklungs-Anfangsvermögen
./. Gewinnausschüttungen für Wirtschaftsjahre vor der Auflösung (§ 11 Abs. 4 Satz 3 KStG)
./. Buchwert der eigenen Anteile
= steuerliches Abwicklungs-Anfangsvermögen i.S.d. § 11 Abs. 4 KStG (Buchwert)
steuerliches Abwicklungs-Endvermögen
./. steuerliches Abwicklungs-Anfangsvermögen
= (vorläufiger) Abwicklungsgewinn (-verlust) gem. § 11 Abs. 2 KStG
= Bemessungsgrundlage i.S.d. § 9 Abs. 2 KStG
./. abzugsfähige Spenden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG)
./. Verlustabzug gem. § 10d EStG
= z.v.E. für den Liquidationsbesteuerungszeitraum

2.2. Ermittlung der Körperschaftsteuerschuld

2.2.1. Allgemeines

Für die Ermittlung der Steuerschuld bestehen grundsätzlich keine Besonderheiten zum allgemeinen Besteuerungsverfahren. So ist der allgemeine Tarif (→ Körperschaftsteuertarif) des § 23 Abs. 1 KStG i.H.v. 15 % (bis einschließlich VZ 2007: 25 %) mit Beendigung der Liquidation, also des Kalenderjahres, in dem der Abwicklungszeitraum endet, anzuwenden. Endete die Liquidation im VZ 2003, war hierauf gem. § 34 Abs. 11a KStG ein Steuersatz in Höhe von 26,5 % anzuwenden.

Beispiel 2:

Die A-GmbH ist durch Beschluss ihres Alleingesellschafters A zum 31.12.01 aufgelöst worden. Die Liquidationseröffnungsbilanz zum 1.1.02 wies ein Betriebsvermögen i.H.v. 160 000 € aus. Die Liquidation war zum 30.9.02 beendet. Die nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen aufgestellte Steuerbilanz wies zum 30.9.02 ein Abwicklungs-Endvermögen i.H.v. 180 000 € aus. Hierin enthalten ist die Nachzahlung einer steuerfreien Investitionszulage in Höhe von 10 000 €.

Lösung 2:

Der Abwicklungsgewinn sowie die darauf entfallende Körperschaftsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag sind wie folgt zu ermitteln:

Abwicklungs-Endvermögen 180 000 €
./. steuerfreie Einnahme (InvZul) 10 000 €
steuerliches Abwicklungs-Endvermögen 170 000 €
./. steuerliches Abwicklungs-Anfangsvermögen 160 000 €
Abwicklungsgewinn 10 000 €
KSt-Tarifbelastung (§ 23 Abs. 1 KStG) 1 500 €
Solidaritätszuschlag (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG) 82,50 €

Der Abwicklungsgewinn unterliegt daneben noch der Gewerbesteuer (vgl. § 16 GewStDV).

Hinweis:

Hat das Finanzamt einen Körperschaftsteuerbescheid für einen im Zeitpunkt der Anwendbarkeit des Anrechnungsverfahrens endenden Besteuerungszeitraum erlassen und dabei den zu diesem Zeitpunkt geltenden Steuersatz angesetzt, ist der Bescheid nicht allein deshalb rechtswidrig, weil die Liquidation über den 31.12.2000 hinaus andauert und der tarifliche Körperschaftsteuersatz seitdem nur noch 25 % beträgt (BFH Urteil vom 18.9.2007, I R 44/06, BStBl II 2008, 319).

2.2.2. Anwendbarkeit der Übergangsvorschriften gem. § 40 Abs. 4 KStG bis VZ 2007

Berücksichtigt man, dass die Auflösung einer Gesellschaft und deren anschließende Liquidation nichts anderes darstellen als eine → Kapitalherabsetzung auf Null und eine sich (nach Ausgleich der Verbindlichkeiten) anschließende Vollausschüttung (→ Ausschüttungen) an die Gesellschafter, ist es selbstverständlich, dass auch im Rahmen der Liquidation die Übergangsvorschriften der §§ 37, 38 KStG entsprechend anzuwenden waren (§ 40 Abs. 4 Satz 1 KStG a.F.; BMF vom 26.8.2003, IV A 2-S 2760-4/03, BStBl I 2003, 434, Rz. 1; vgl. aber BFH Urteile vom 17.7.2008, I R 12/08, BStBl II 2009, 160 und vom 10.6.2009, I R 80/08, BFH/NV 2009, 1835 zu Gewinnausschüttungen einer in Liquidation befindlichen Kapitalgesellschaft im Jahr 2001 für ein vor dem Beginn der Liquidation im Jahr 2000 endendes Wj.).

Das galt gem. § 40 Abs. 4 Satz 2 KStG a.F. auch insoweit, als das Vermögen bereits vor Schluss der Liquidation verteilt wurde. Die Minderung (→ Körperschaftsteuerminderung) bzw. Erhöhung (→ Körperschaftsteuererhöhung) der Körperschaftsteuer war gem. § 40 Abs. 4 Satz 3 KStG a.F. für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Liquidation bzw. der jeweilige Besteuerungszeitraum endete. § 40 Abs. 4 Sätze 4 und 5 KStG a.F. enthielten zusätzlich Regelungen darüber, wann die Minderung bzw. Erhöhung erstmals bzw. letztmals anzuwenden war (2001 bzw. 2007) und wie insbesondere Liquidationen am Ende der Übergangsvorschriften zu behandeln waren. Von besonderem Interesse war die Außer-Kraft-Setzung des in § 37 Abs. 2a KStG geregelten Moratoriums (§ 40 Abs. 4 Satz 7 KStG a.F.). Auch während des Moratoriumzeitraums (grds. 11.4.2003 bis 31.12.2005) trat eine KSt-Minderung gem. § 37 Abs. 2 KStG und eine KSt-Erhöhung gem. § 38 Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG um 30 % des positiven Endbestandes des vormaligen EK 02 ein (= Endbestand i.S.d. § 36 Abs. 7 KStG i.V.m. § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F.).

Durch die Einführung der ausschüttungsunabhängigen ratierlichen Auszahlung des am 31.12.2006 bestehenden Körperschaftsteuerguthabens (§ 37 Abs. 5 KStG) bzw. die letztmalige Ermittlung des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Alt-EK 02 (§ 38 Abs. 4 ff. KStG) konnte es im Fall der Liquidation nicht mehr zur sofortigen Realisierung eines Guthabens, jedoch zur Fälligkeit eines KSt-Erhöhungsbetrages innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des entsprechenden Bescheids kommen. Der Auszahlungsanspruch konnte aber z.B. abgetreten werden, so dass eine Liquidation auch vor Ablauf des zehnjährigen Auszahlungszeitraums abgeschlossen werden konnte.

2.3. Gewerbesteuerlicher Hinweis (§ 16 GewStDV und R 7.1 Abs. 8 GewStR)

Kapitalgesellschaften sind nach § 2 Abs. 2 GewStG kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig. Erhebungszeitraum ist dabei gem. § 14 Satz 2 GewStG das jeweilige Kalenderjahr. Einen besonderen Erhebungszeitraum, wie ihn § 11 KStG vorsieht, kennt das GewStG nicht.

Nach § 16 Abs. 1 GewStDV ist der → Gewerbeertrag, der bei einem in der Abwicklung befindlichen Gewerbebetrieb im Zeitraum der Abwicklung entstanden ist, auf die (Kalender-)Jahre des Abwicklungszeitraums zu verteilen. Entsprechendes gilt gem. § 16 Abs. 2 GewStDV, wenn über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

Die Verteilung des in dem Abwicklungszeitraum erzielten Gewerbeertrags auf die einzelnen Jahre erfolgt gem. R 7.1 Abs. 8 Sätze 4 und 5 GewStR im Verhältnis der Anzahl der Kalendermonate, in denen im einzelnen Jahr die Steuerpflicht bestanden hat, zu der Gesamtzahl der Kalendermonate des Abwicklungszeitraums. Dabei ist ein angefangener Monat voll zu rechnen.

3. Besteuerung auf der Ebene des Anteilseigners

3.1. Allgemeines

Auf der Ebene des Anteilseigners kommt es zunächst darauf an, ob er die Beteiligung an der abgewickelten/liquidierten Körperschaft im → Betriebsvermögen oder im Privatvermögen gehalten hat. Des Weiteren ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Rückzahlung des Nennkapitals (→ Nennkapital; mit Ausnahme eines sog. Sonderausweises i.S.d. § 28 KStG) bzw. um Rückzahlungen aus dem steuerlichen Einlagekonto (→ Steuerliches Einlagekonto) oder um andere Rückzahlungen des Eigenkapitals handelt (→ Eigenkapital).

3.2. Beteiligung befindet sich im Privatvermögen

Sofern sich die Beteiligung im Privatvermögen befindet, führt die Auszahlung eines Liquidationsüberschusses an die Anteilseigner entweder zu Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG (→ Einkünfte aus Kapitalvermögen) oder insbesondere im Hinblick auf § 17 Abs. 4 EStG zu gewerblichen Einkünften (→ Einkünfte aus Gewerbebetrieb). Sofern die abgewickelte/liquidierte Kapitalgesellschaft (→ Kapitalgesellschaften) aufgrund einer steuerbegünstigten → Umwandlung nach § 20 UmwStG entstanden ist und der Anteilseigner nach § 21 Abs. 1 UmwStG a.F. sog. einbringungsgeborene Anteile hält (hielt), kann (konnte) die Rückzahlung der Liquidationsraten gem. § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG a.F. i.V.m. § 21 Abs. 1 UmwStG a.F. auch zu Einkünften aus § 16 EStG führen.

Aufgrund der Regelung des § 17 Abs. 4 Satz 3 EStG bzw. der Parallelvorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 3 letzter Halbsatz UmwStG a.F., wonach – entgegen der allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Dogmatik – vorrangig → Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen, werden die Einkünfte aus Kapitalvermögen als Überschusseinkünfte hier vor den beiden in Frage kommenden Gewinneinkunftskategorien dargestellt.

3.2.1. Kapitaleinkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG (inkl. § 28 KStG)

Bei im Privatvermögen gehaltenen Anteilen führt die Rückzahlung des Nennkapitals (→ Nennkapital) grundsätzlich nicht zu steuerbaren Einkünften. Insbesondere liegen auch keine Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG vor. Rechtsdogmatisch sorgt vor allem § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG für dieses Ergebnis, wonach im Rahmen einer Auflösung der Gesellschaft (→ Auflösung einer Körperschaft (zivilrechtlich)) das → Nennkapital zunächst in das steuerliche Einlagekonto (→ Steuerliches Einlagekonto) »umzugliedern« ist und erst anschließend an die Anteilseigner ausgeschüttet werden kann.

Auch die Beträge, die der Anteilseigner offen oder verdeckt in die Gesellschaft eingelegt bzw. eingezahlt hat, die jedoch keine Einzahlungen auf das Grundkapital bzw. Stammkapital darstellen, sind – rein wirtschaftlich betrachtet – lediglich Kapitalrückzahlungen an den Anteilseigner. Diese können nicht zu stpfl. Einkünften i.S.d. § 20 EStG führen. Bekanntlich sind Aufgelder zum → Nennkapital (z.B. ein Agio) gem. § 272 Abs. 2 HGB in der Kapitalrücklage zu erfassen. Steuerlich werden diese Einzahlungen (wie auch verdeckte Einlagen) im steuerlichen Einlagekonto i.S.v. § 27 Abs. 1 KStG (→ Steuerliches Einlagekonto) gesondert festgestellt.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG gehören – der wirtschaftlichen Betrachtungsweise folgend – die → Ausschüttungen bzw. Auszahlungen aus dem steuerlichen Einlagekonto nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Demnach führt (grundsätzlich) weder die Rückzahlung von→ Nennkapital noch die Rückzahlung aus dem steuerlichen Einlagekonto zu Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 EStG (vgl. insbesondere § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG).

Sofern das → Eigenkapital in der Vergangenheit aufgrund einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln insbesondere gem. §§ 207 bis 220 AktG bzw. gem. § 57c GmbHG erhöht wurde, ist für die steuerliche Behandlung weiter danach zu differenzieren, ob für diese Kapitalerhöhung Kapitalrücklagen (vgl. § 272 Abs. 4 HGB) bzw. genauer das steuerliche Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG mitverwendet wurde. Die bloße Ausgabe der neuen Gesellschaftsanteile (sog. Gratisaktien bzw. Ausgleichsaktien) führt bereits deshalb zu keinen Einkünften, da das vorhandene → Eigenkapital lediglich auf ein höheres Grund- bzw. Stammkapital verteilt wird.

Körperschaftsteuerlich hat eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln jedoch im Hinblick auf § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG zur Folge, dass ein positiver Bestand des steuerlichen Einlagekontos (also insbesondere die Kapitalrücklage) vor den übrigen Rücklagen als verwendet gilt. Dies wiederum führt dazu, dass das steuerliche Einlagekonto insoweit wegfällt und »echtes« → Nennkapital gebildet wird. Sofern jedoch auch andere Rücklagen für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden, sind diese Beträge für eine weitere steuerliche Nachvollziehbarkeit gem. § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG getrennt auszuweisen und gesondert festzustellen (sog. Sonderausweis; → Sonderausweis der in Nennkapital umgewandelten Rücklage gem. § 28 KStG). Insofern repräsentiert der Sonderausweis des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG nämlich → Nennkapital, das nicht von den bzw. dem Gesellschafter von außen der Gesellschaft zugeführt wurde. Es handelt sich vielmehr um Nennkapitalanteile, die aus von der Gesellschaft erwirtschafteten Gewinnen stammen. Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung der Auskehr von → Nennkapital an den Anteilseigner, das aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (= Kapitalerhöhung aus thesaurierten Gewinnen) stammt, und von »gewöhnlichen« Dividendenzahlungen (→ Dividende) wäre nicht zu rechtfertigen. Aus diesem Grund regelt § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG, dass bei einer Kapitalherabsetzung bzw. bei einer Auflösung der Körperschaft zunächst der Sonderausweis als verwendet gilt und die darüber hinausgehende Rückzahlung des Nennkapitals (→ Nennkapital) zu Einkünften gem. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG führt (§ 28 Abs. 2 Satz 2 KStG). Damit wird der Sonderausweis den gewöhnlichen Gewinnrücklagen gleichgestellt. Aus einkommensteuerrechtlicher Sicht wird die Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG durch § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG somit lediglich ergänzt.

Die Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG können demnach im Rahmen der Auflösung der Gesellschaft wie folgt ermittelt werden:

Zahlungen der Körperschaft an den Gesellschafter
./. verwendetes Nennkapital (mit Ausnahme des Sonderausweises nach § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG, vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG)
./. Verwendung des steuerlichen Einlagekontos gem. § 20 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG
= Bezüge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG

Da es sich um Zahlungen einer Körperschaft handelt, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen (→ Einkünfte aus Kapitalvermögen) führen, unterliegen die Bezüge des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG ab dem VZ 2009 der Abgeltungsteuer (vorher: gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. e EStG dem → Halbeinkünfteverfahren). Als Überschusseinkunftsart kommt es für den Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG auf den jeweiligen Zufluss beim Anteilseigner an.

3.2.2. Gewerbliche Einkünfte gem. § 17 EStG

Sofern der Anteilseigner an der jeweiligen Kapitalgesellschaft (→ Kapitalgesellschaften) innerhalb der letzten fünf Jahre zu mehr als 1 % unmittelbar oder mittelbar beteiligt war und die Beteiligung im Privatvermögen gehalten wurde, führt die Rückzahlung des Nennkapitals (→ Nennkapital; wegen § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG als Rückzahlung des steuerlichen Einlagekontos (→ Steuerliches Einlagekonto) mit Ausnahme des Sonderausweises nach § 28 KStG) sowie die Rückzahlung des steuerlichen Einlagekontos zu Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 17 Abs. 1 EStG (§ 17 Abs. 4 EStG). Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist in diesen Fällen als Veräußerungspreis gem. § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG der gemeine Wert des dem Stpfl. zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusetzen. Im Hinblick auf die Subsidiarität des § 17 Abs. 4 EStG zu § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG (vgl. § 17 Abs. 4 Satz 4 EStG) wird eine Steuerpflicht aus § 17 EStG dann relevant, wenn der Anteilseigner kein Gründungsgesellschafter war oder aber sich z.B. aufgrund verdeckter Einlagen (→ Verdeckte Einlagen) bzw. nachträglicher Anschaffungskosten (→ Nachträgliche Anschaffungskosten; s.a. BFH Urteil vom 11.7.2017, IX R 36/15, BStBl II 2019, 208; BFH Urteil vom 11.10.2017, IX R 51/15, BFH/NV 2018, 329) steuerliche Besonderheiten ergeben. Sofern die Kapitalgesellschaft aufgrund eines Insolvenzverfahrens aufzulösen ist, führt die Regelung des § 17 Abs. 4 EStG zu einer steuerlichen Verlustberücksichtigung, soweit § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG dem nicht entgegensteht. Der Auflösungsgewinn bzw. -verlust i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG entsteht bereits infolge der zivilrechtlichen Auflösung der Gesellschaft. Die Liquidation der Gesellschaft ist dafür keine notwendige Voraussetzung (FG Thüringen Urteil vom 28.9.2016, 3 K 742/15, EFG 2017, 33; BFH Urteil vom 13.3.2018, IX R 38/16, BFH/NV 2018, 721).

Der (fiktive) Veräußerungspreis wird lediglich zur Hälfte bzw. ab VZ 2009 zu 60 % angesetzt, da auch in diesem Zusammenhang das → Halbeinkünfteverfahren bzw. ab VZ 2009 das Teileinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG anzuwenden ist. Die → Anschaffungskosten sind dementsprechend nach § 3c Abs. 2 EStG ebenfalls nur zur Hälfte bzw. zu 60 % abzusetzen.

Beispiel 3:

Der Alleingesellschafter A der liquidierten A-GmbH hält/hielt seinen GmbH-Anteil (Anschaffungskosten 25 000 € = Stammkapital der A-GmbH) im Privatvermögen. Ein Jahr nach Gründung legte A ein Grundstück verdeckt in die A-GmbH ein (Wert der verdeckten Einlage: 10 000 €). A erhält im Rahmen der Liquidation eine Ausschüttung i.H.v. insgesamt 80 000 €.

Lösung 3:

Die Liquidationsausschüttung führt bei A zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG), soweit keine Rückzahlung von Stammkapital und des steuerlichen Einlagekontos gegeben ist.

Liquidationsausschüttung 80 000 €
./. Stammkapital 25 000 €
./. steuerliches Einlagekonto (verdeckte Einlage) 10 000 €
Einkünfte aus Kapitalvermögen 45 000 €
[Abgeltungsteuer (25 %)]
Die Liquidation ist gem. § 17 Abs. 4 EStG im Übrigen wie eine Veräußerung zu behandeln:
Rückzahlung des Stammkapitals 25 000 €
+ Auskehrung des steuerlichen Einlagekontos 10 000 €
»Veräußerungspreis« 35 000 €
./. Kaufpreis der Anteile 25 000 €
./. nachträgliche Anschaffungskosten (verdeckte Einlage) 10 000 €
./. Anschaffungskosten gesamt 35 000 €
Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG 0 €

Als Gewinneinkunftsart (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) kommt es für den Zeitpunkt der Steuerpflicht nach § 17 EStG nicht auf den jeweiligen Zuflusszeitpunkt, sondern auf das sog. Realisationsprinzip an (vgl. BFH Urteil vom 25.1.2000, VIII R 63/98, BStBl II 2000, 343, OFD Frankfurt am Main vom 21.5.2008, S 2144 A-118-St 210 I, BB 2008, 1927). Nach der Rspr. des BFH (BFH Urteil vom 13.3.2018, IX R 38/16, BFH/NV 2018, 721; BFH Urteil vom 28.10.2008, IX R 100/07, BFH/NV 2009, 561; BFH Urteil vom 27.11.2001, VIII R 36/00, BStBl II 2002, 731; vgl. auch OFD Frankfurt am Main vom 21.5.2008, S 2144 A-118-St 210 I, BB 2008, 1927) kann ein Auflösungsverlust bereits vor Beendigung der Liquidation und vor Löschung im HR dann berücksichtigt werden, wenn

  • im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses bzw. am Bilanzstichtag feststeht, dass mit Zahlungen oder Rückführungen aus dem Gesellschaftsvermögen gem. § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht zu rechnen ist und
  • feststeht, ob und in welcher Höhe dem Gesellschafter nachträgliche Anschaffungskosten (→ Nachträgliche Anschaffungskosten) oder sonstige Aufwendungen, die nach § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen sind, entstanden sind bzw. anfallen.

Hinweis:

Damit ergibt sich als frühestmöglicher Zeitpunkt für die Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts der Zeitpunkt der zivilrechtlichen Auflösung (z.B. durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss) und als letztmöglicher Zeitpunkt der förmliche Abschluss der Liquidation durch Löschung aus dem HR.

3.3. Beteiligung befindet sich im Betriebsvermögen

Sofern die Beteiligung in einem → Betriebsvermögen gehalten wird, sind Kapitalrückzahlungen, die sonst als Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu erfassen wären, aufgrund § 20 Abs. 8 EStG bzw. wegen § 8 Abs. 2 KStG als → Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Ist der Anteilseigner eine natürliche Person, bleiben diese Einnahmen – trotz der Subsidiarität des § 20 Abs. 8 EStG – gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. e EStG zur Hälfte bzw. ab VZ 2009 zu 60 % steuerfrei (vgl. § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG).

Der übersteigende Betrag unterliegt jedoch seinerseits der Regelung des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG und ist daher ebenfalls im Anwendungsbereich des Teileinkünfteverfahrens ab dem VZ 2009 (vorher: des Halbeinkünfteverfahrens, → Halbeinkünfteverfahren). Der bilanzierte Buchwert ist bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns gem. § 3c Abs. 2 EStG daher nur zur Hälfte bzw. ab VZ 2009 zu 60 % anzusetzen.

Sofern der jeweilige Anteilseigner ein Steuerrechtssubjekt i.S.d. § 1 Abs. 1 KStG ist, bleiben die Bezüge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG gem. § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG grundsätzlich außer Ansatz. Sofern die Rückzahlung des Nennkapitals (ohne Sonderausweis nach § 28 KStG) und des steuerlichen Einlagekontos (→ Steuerliches Einlagekonto) nach Abzug des Buchwertes der Beteiligung zu einem Gewinn führt, ist dieser gem. § 8b Abs. 2 Satz 1 und 3 KStG ebenfalls steuerfrei. In beiden Fällen gelten jedoch 5 % der Bezüge bzw. des Gewinns als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 5 bzw. Abs. 3 KStG). Die Steuerfreiheit tritt insoweit nicht ein, als in früheren Jahren eine steuerwirksame Teilwertabschreibung vorgenommen wurde, die zu einem geringeren Buchwertansatz der Beteiligung geführt hat und diese Gewinnminderung nicht bereits durch einen höheren Wert ausgeglichen wurde (§ 8b Abs. 2 Satz 3 KStG). Da gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG eine Gewinnminderung aufgrund einer Teilwertabschreibung steuerlich nicht mehr zu berücksichtigen ist, kann es sich bei steuerwirksamen Teilwertabschreibungen i.S.d. § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG nur um solche Teilwertabschreibungen handeln, die noch unter der Geltung des Anrechnungsverfahrens vorgenommen wurden. Nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG werden auch Liquidationsverluste von dem steuerlichen Abzug ausgeschlossen. Des Weiteren tritt die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 KStG nur ein, wenn § 8b Abs. 4 KStG a.F. dem nicht entgegensteht.

3.3.1. Gewerbliche Einkünfte gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Teilbetriebsfiktion)

Aufgrund der Teilbetriebsfiktion des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist auch die Liquidation einer 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (→ Kapitalgesellschaften), die im → Betriebsvermögen gehalten wird, eine steuerbegünstigte Veräußerung i.S.d. § 16 EStG. Aufgrund des Verweises in § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auf § 17 Abs. 4 Satz 3 EStG erfolgt die Besteuerung demnach grundsätzlich ebenso wie bei dem Verhältnis von § 17 EStG zu § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Aus diesem Grund wird auf obige Ausführungen verwiesen.

Da es sich hierbei um Einkünfte i.S.v. § 16 EStG handelt, gilt hier ab dem VZ 2009 das Teileinkünfteverfahren (vorher: das → Halbeinkünfteverfahren) gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b EStG i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG. Darüber hinaus ist vom steuerbaren → Veräußerungsgewinn auf Antrag und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG abzuziehen. Da bereits das → Halbeinkünfteverfahren bzw. das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung kommt, kann eine weitere Tarifermäßigung nicht in Anspruch genommen werden (vgl. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG).

3.3.2. Gewerbliche Einkünfte gem. § 16 EStG i.V.m. § 21 UmwStG a.F.

Sofern die Beteiligung aufgrund einer steuerbegünstigten → Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils unter dem Teilwert nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG a.F. entstanden ist, handelt es sich gem. § 21 Abs. 1 UmwStG a.F. um sog. einbringungsgeborene Anteile. Nach § 21 Abs. 1 UmwStG a.F. führt der Verkauf derartiger Anteile zwingend zu Einkünften aus § 16 EStG. Da die Liquidation gem. § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG a.F. einer Veräußerung gleichgestellt ist, sind die Liquidationsraten als Veräußerungspreis i.S.d. § 16 Abs. 2 EStG anzusehen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Liquidationsraten den Einkünften i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG zuzuordnen sind. Insoweit ergeben sich auch hier dieselben rechtlichen Erwägungen wie bei § 17 EStG.

Das Halbeinkünfteverfahren/Teileinkünfteverfahren ist für den → Veräußerungsgewinn bzw. für Liquidationsraten einbringungsgeborener Anteile gem. § 3 Nr. 40 Satz 3 EStG a.F. grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, die Rückausnahme des § 3 Nr. 40 Satz 4 EStG a.F. greift ein. Das ist dann der Fall, wenn die siebenjährige Sperrfrist für einbringungsgeborene Anteile abgelaufen ist. Ferner gilt die Rückausnahme, wenn die Anteile durch eine mehrheitsvermittelnde → Einbringung i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG a.F. entstanden sind und die mehrheitsvermittelnden Anteile nicht ihrerseits innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist auf eine Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils mittelbar oder unmittelbar zurückzuführen sind.

3.4. Zusammenfassung der Folgen des EStG

Zusammenfassend lassen sich die Folgen für den Anteilseigner (als natürliche Person) wie folgt darstellen:

  • Zahlungen der Liquidationsraten sind, soweit es sich nicht um Rückzahlungen des Nennkapitals (→ Nennkapital; mit Ausnahme des Sonderausweises) oder um Rückzahlungen des steuerlichen Einlagekontos (→ Steuerliches Einlagekonto) handelt, → Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG), die ab dem VZ 2009 gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. e EStG i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG dem Teileinkünfteverfahren (vorher: dem → Halbeinkünfteverfahren) unterliegen, es sei denn, die Anteile werden im Privatvermögen gehalten, dann kommt ab VZ 2009 die → Abgeltungsteuer zur Anwendung (§ 32d Abs. 1 EStG).
  • Rückzahlungen des Nennkapitals (mit Ausnahme des Sonderausweises) und Rückzahlungen des steuerlichen Einlagekontos können zu folgenden Einkünften führen:
    • zu Einkünften aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Teilbetriebsfiktion) i.V.m. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b EStG;
    • zu Einkünften aus § 16 EStG i.V.m. § 21 UmwStG a.F., mit der Besonderheit des § 3 Nr. 40 Sätze 3 und 4 EStG a.F. und § 3c Abs. 2 Sätze 3 und 4 EStG a.F.;
    • zu Einkünften aus § 17 EStG i.V.m. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a, c EStG.

4. Hinweis zur Kapitalertragsteuer und zum Solidaritätszuschlag

Führen die Zahlungen beim Anteilseigner zu Einkünften gem. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG, hat die Kapitalgesellschaft (→ Kapitalgesellschaften) gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 EStG → Kapitalertragsteuer einzubehalten. Dabei sind die Vorschriften des § 3 Nr. 40 EStG bzw. des § 8b KStG gem. § 43 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht zu berücksichtigen. Die → Kapitalertragsteuer beträgt gem. § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich 20 % bzw. ab dem VZ 2009 25 %, es sei denn, die Kapitalgesellschaft übernimmt die Kapitalertragsteuer. In diesem Fall beträgt die Kapitalertragsteuer 25 % bzw. ab VZ 2009 33 1/3 % des ausgezahlten Betrages.

Die Pflicht zum Einbehalt des Solidaritätszuschlags (→ Solidaritätszuschlag) ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG.

5. Literaturhinweise

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