Agenturgeschäfte

Agenturgeschäfte liegen vor, wenn jemand als sog. Agent Geschäfte im fremden Namen und auf fremde Rechnung vermittelt.

  • Vermittelt jemand als Selbstständiger Geschäfte im Auftrag eines anderen Unternehmers (Auftraggeber), ist er Handelsvertreter.
  • Typische Fälle der Agentur treten auf beim:
    • Handelsvertreter
    • Gebrauchtwagenvertreter
    • Tankstellenpächter

1. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung

1.1. Grundsätzliches

Vermittlungsleistungen (sonstige Leistungen) liegen vor, wenn jemand (als sog. Agent) Geschäfte (Abschn. 3.7 Abs. 1 UStAE)

  • in fremdem Namen und
  • für fremde Rechnung vermittelt.

Vermittelt jemand ständig als Selbstständiger Geschäfte im Auftrag eines anderen Unternehmers (Auftraggeber), ist er Handelsvertreter i.S.v. § 84 HGB. Der Handelsvertreter und sein Auftraggeber sind danach beide stets Unternehmer (s.a. Abschn. 4.5.1 Abs. 1 UStAE).

Agenturgeschäfte im umsatzsteuerrechtlichen Sinne kommen jedoch auch bei Unternehmern vor, die keine Handelsvertreter sind. Auch kann ein Privatmann (Nichtunternehmer) der Auftraggeber sein.

Typische Fälle der Agentur treten auf beim

  • Handelsvertreter,
  • Gebrauchtwagenhändler,
  • Tankstellenpächter,
  • Auktionator.

Dem Leistungsempfänger muss beim Abschluss des Umsatzgeschäftes nach den Umständen des Falles bekannt sein, dass er zu einem Dritten in unmittelbare Rechtsbeziehung tritt (Abschn. 3.7 Abs. 1 UStAE).

Das Entgelt für die Vermittlungsleistung beschränkt sich nach § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG auf die Vermittlungsprovision. Voraussetzung ist, dass der Vertreter nicht nur im Namen, sondern auch für Rechnung der Vertretenen handelt (Abschn. 3.7 Abs. 1 Satz 7 UStAE).

Zum Ort der Vermittlungsleistung s.u. sowie Abschn. 3a.7 UStAE. Weitere Erläuterungen zu den Ortsvorschriften bei der Vermittlung von sonstigen Leistungen s. → Sonstige Leistung.

Ist eine Vermittlungsleistung steuerbar, so kann sie nach § 4 Nr. 5, 8 oder 11 UStG steuerfrei sein. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG schließt den Vorsteuerabzug nicht aus (§ 15 Abs. 3 UStG).

1.2. Handeln für fremde Rechnung

Wer für fremde Rechnung handelt, hat das Interesse des Auftraggebers und nicht sein eigenes wahrzunehmen und insbesondere (wenn es sich um einen agenturmäßigen Verkauf handelt) bezüglich des Verkaufspreises die Weisungen des Auftraggebers zu befolgen. Er hat dem Auftraggeber den Abnehmer zu benennen und auch sonst über das Geschäft Rechenschaft abzulegen. Weiterhin muss er den Verkaufserlös nach Abzug der Provision herausgeben (vgl. § 384 HGB), wenn er als Bevollmächtigter den Verkaufspreis entgegengenommen hat (Abschn. 3.7 Abs. 1 Sätze 6 und 7 UStAE).

Wer auf fremde Rechnung handelt, trägt kein eigenes Verkaufsrisiko, hat aber andererseits auch nur einen Anspruch auf Provision.

Handelt jemand nicht für fremde Rechnung, ist er entweder Eigenhändler, wenn er in eigenem Namen handelt oder unechter Agent, wenn er in fremdem Namen handelt. Der unechte Agent wird wie ein Eigenhändler behandelt, d.h. er vermittelt nicht die betreffende Leistung, sondern führt sie selbst aus (Abschn. 3.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE).

1.3. Handeln in fremdem Namen

Während das Handeln für fremde Rechnung das Innenverhältnis zwischen Agent und Auftraggeber betrifft (BFH Urteil vom 11.10.1990, VR 75/85, BStBl II 1991, 191), bezieht sich das Merkmal »Handeln in fremdem Namen« auf das Außenverhältnis zwischen dem Agenten und dem Dritten.

Handeln in fremdem Namen liegt vor, wenn das der vermittelten Leistung zugrunde liegende Rechtsgeschäft unmittelbar zwischen dem Auftraggeber und dem Dritten zustande kommt.

Dies setzt bei einem agenturmäßigen Verkauf voraus, dass der Abnehmer der Ware beim Vertragsabschluss eindeutig erkennt, dass er nicht in Rechtsbeziehungen zum Agenten, sondern zum Auftraggeber des Agenten tritt. Allein die durch eine Vollmacht eines Unternehmers legitimierte Entgegennahme von Zahlungen durch eine andere Person reicht nicht dazu aus, diese Person als leistenden Unternehmer anzusehen (FG München Urteil vom 17.2.2016, 3 K 2395/13, EFG 2016, 934, LEXinform 5018959, rkr.). Der Abnehmer muss den Auftraggeber namentlich kennen. Ist dies nicht der Fall, handelt die Mittelsperson also im eigenen Namen für fremde Rechnung, ist sie Verkaufskommissionär i.S.v. § 3 Abs. 3 UStG (→ Kommissionsgeschäfte mit Gegenständen).

Beispiel 1:

Unternehmer C betreibt in München ein Einzelunternehmen unter der Firma »C-Club«. Im Rahmen seines Unternehmens bietet er in Italien belegene Urlaubsunterkünfte (Hotelzimmer, Appartements, Ferienwohnungen) zur Nutzung an. Dabei bucht er die in einem Prospekt angebotenen Unterkünfte überwiegend erst bei Bedarf. Die Kunden entrichten die Mieten an C. Dieser leitet sie an die Eigentümer und Vermieter der Unterkünfte (Unternehmer I) weiter und zieht hiervon seine »Provision« ab. Diese behandelt er als steuerfreien Umsatz, da er davon ausgeht, dass er lediglich als Vermittler für die Wohnungseigentümer in Italien tätig ist. C argumentiert, dass sich aus den jeweiligen Buchungsbestätigungen eindeutig Name, Anschrift und Telefonnummer des Vermieters ergäbe, teilweise sogar der Hinweis, dass die Unterkünfte nur vermittelt seien.

Hinweis:

Wenn C als Vermittler auftreten würde, ergäbe sich folgende Lösung:

C vermittelt eine kurzfristige Vermietungsleistung einer Ferienwohnung an einen Unternehmer I in Italien. Da der Leistungsempfänger I ein Unternehmer ist, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung grundsätzlich nach § 3a Abs. 2 UStG. Die Vermittlung kurzfristiger Vermietungen von Grundstücken fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE i.V.m. Abschn. 3a.3 Abs. 9 Nr. 2 UStAE). Die Vermittlungsleistung des C an I ist im Inland nicht steuerbar.

Lösung 1:

Der Sachverhalt und die Lösung sind dem BFH-Urteil vom 22.8.2019 (V R 12/19, LEXinform 0952249) nachgebildet. S.a. die Beispiele 2 bis 4.

Für die Bestimmung der Leistungen und der Leistungsbeziehungen folgt das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich dem Zivilrecht (BFH V R 12/19, Rz. 25).

Im Hinblick darauf, dass eine Vermittlungsleistung ein Handeln in fremdem Namen erfordert, kommt es für die Abgrenzung maßgeblich darauf an, wie der Unternehmer nach außen (gegenüber den Reisenden) auftritt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Wille, in fremdem Namen zu handeln, dann unbeachtlich bleibt, wenn er sich nicht aus einer Erklärung des Handelnden oder aus den Umständen ergibt (vgl. § 164 Abs. 2 BGB: Offenkundigkeitsgrundsatz). Es muss somit für den Leistungsempfänger objektiv erkennbar sein, dass der Handelnde in fremdem Namen auftreten und das Geschäft abschließen will. Gibt der Unternehmer nicht eindeutig zu erkennen, dass er für einen anderen (den Leistungsträger) als dessen Vertreter handeln will, so leistet nur er und nicht der Vertretene. In der Regel hat dies durch die Prospektgestaltung und durch klare Hinweise außerhalb seiner AGB zu geschehen (BFH V R 12/19, Rz. 26).

Die Entscheidung, ob der Unternehmer eine Leistung in eigener Verantwortung übernimmt oder eine fremde Leistung lediglich vermittelt, ist im Rahmen des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses nach dem Gesamtbild des Einzelfalls zu treffen. Im Urteilsfall entsprach die Aufmachung des Katalogs der eines klassischen Reiseveranstalters. Dieser vermittelt dem Kunden den Eindruck, dass der Unternehmer C sein Vertragspartner werde.

In den AGB des Unternehmers C wird der Eindruck vermittelt, dass C der Reiseveranstalter sei. Denn nach Nr. 1 der AGB kommt der Reisevertrag mit C zustande. Er behält grundsätzlich den Anspruch auf den Reisepreis, wenn der Reisende die Reiseleistungen ganz oder teilweise nicht in Anspruch nimmt, während er den Anspruch auf den Reisepreis im Falle der Vertragskündigung verliert. Schließlich wird der Reisende auch hinsichtlich der Gewährleistungsrechte auf C verwiesen (BFH V R 12/19, Rz. 29).

Soweit die Buchungsbestätigungen die Namen der »Vermieter« enthalten, kann der BFH dies als nicht hinreichend für ein Auftreten des C als Vertreter erachten, da es sich lediglich um »Bestätigungen« eines vorausgegangenen Vertragsschlusses handelt. Hieraus folgert der BFH zu Recht, dass die Kunden zum maßgeblichen Zeitpunkt die Daten des »Vermieters« noch nicht kannten (s.a. Anmerkung vom 8.11.2019, LEXinform 0882004).

Hinweis:

Da der Unternehmer C als Leistender und nicht als Vermittler tätig wird, erbringt C Reiseleistungen nach § 25 UStG. Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG in München und ist steuerbar. Eine Reiseleistung i.S.d. § 25 Abs. 1 UStG liegt nicht nur bei einem Leistungsbündel vor, sondern auch dann, wenn der Unternehmer nur eine Leistung – wie im Urteilsfall die Weitervermietung von Ferienwohnungen – erbringt (BFH vom 27.3.2019, V R 10/19, BFH/NV 2019, 603, LEXinform 0952263; s. → Reiseleistungen nach § 25 UStG unter den Gliederungspunkten »Unter § 25 UStG fallende Leistungen« und dort unter »Erbringung von Einzelleistungen«, »Definition der Reiseleistungen i.S.d. § 25 UStG«, »Keine Reisevorleistungen« und dort »Eigenleistungen des Reiseveranstalters«).

1.4. Abgrenzung zur Leistungskommission

Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht (§ 3 Abs. 11 UStG; → Dienstleistungskommission). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Erbringen oder das Beschaffen einer sonstigen Leistung in Auftrag gegeben wird (s.a. BFH Urteil vom 31.1.2002, V R 40, 41/00, BStBl II 2004, 315; BFH Beschluss vom 16.5.2002, V B 89/01, BStBl II 2004, 319). Eine zusätzliche Vermittlungsleistung liegt nicht vor (Abschn. 3.15 Abs. 1 und 4 UStAE). Weitere Erläuterungen zur Leistungskommission s. unter → Dienstleistungskommission.

1.5. Secondhandshops

In Secondhandshops werden regelmäßig von Privatpersonen übergebene gebrauchte Kleidungsstücke und andere gebrauchte Gegenstände verkauft. Die Stpfl. streben oft an, in ihren Ladengeschäften Vermittlungsleistungen mit der Folge zu tätigen, dass das Entgelt für das vermittelte Geschäft bei ihnen ein durchlaufender Posten nach § 10 Abs. 1 letzter Satz UStG ist und sie nur ihre Vermittlungsprovision der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen haben.

Eine allgemeine Verkehrsauffassung, wonach der Inhaber eines »Secondhandladens« als Vermittler anzusehen ist, besteht nicht. Ob ein Handeln in fremdem Namen vorliegt, lässt sich deshalb nur unter Würdigung der gesamten Umstände des einzelnen Falles beurteilen.

Nach ständiger Rspr. ist derjenige, der im eigenen Laden Waren des täglichen Bedarfs verkauft, umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler oder Kommissionär anzusehen, da der Kunde regelmäßig davon ausgehen wird, dass er in unmittelbare Rechtsbeziehungen mit dem Ladeninhaber tritt. Vermittler kann der Ladeninhaber nur sein, wenn zwischen demjenigen, von dem er die Ware bezieht (Einlieferer) und dem Käufer unmittelbare Rechtsbeziehungen zustande kommen.

Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Käufer und dem Einlieferer sind nicht nur in den Fällen zu bejahen, in denen dem Käufer Name und Anschrift des Einlieferers genannt werden. Sie liegen bereits vor, wenn dem Käufer aus den Gesamtumständen des Einzelfalls (beispielsweise durch Schilder oder ähnliche Hinweise im Ladenraum) bekannt wird, dass der Ladeninhaber im Namen und für Rechnung eines Dritten tätig wird und die Identität seines Vertragspartners (Einlieferer) anhand der Unterlagen des Ladeninhabers genannt werden kann (vgl. BFH Urteil vom 16.3.2000, V R 44/99, BStBl II 2000, 361). Wird dem Käufer dagegen nicht durch entsprechende Hinweise deutlich gemacht, dass durch den Verkauf der Ware nicht der Ladeninhaber, sondern der Einlieferer verpflichtet werden soll, so ist der Ladeninhaber als Eigenhändler oder Kommissionär anzusehen.

Verdeckt der Ladeninhaber durch seinen Auftritt als Vermittler lediglich, dass er auf Grund eines unmittelbaren Leistungsverhältnisses eine Lieferung an dem Käufer ausführt, so liegt auch unter den o.g. Voraussetzungen keine Vermittlungsleistung vor (Abschn. 3.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE). Ein unmittelbares Leistungsverhältnis zwischen dem Ladeninhaber und dem Käufer setzt voraus, dass der Ladeninhaber die Verfügungsmacht über die zu veräußernde Ware vom Einlieferer erhalten hat, indem Substanz, Wert und Ertrag des Liefergegenstands auf diesen übergingen (Abschn. 3.7 Abs. 1 Satz 5 UStAE).

Der Übergang der Verfügungsmacht beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Erbringt der Ladeninhaber keine Vermittlungsleistungen, so unterliegt die Lieferung von Waren der Umsatzbesteuerung. In diesem Fall findet regelmäßig die Differenzbesteuerung i.S.d. § 25a UStG Anwendung (OFD Frankfurt vom 14.8.2007, S 7110 A – 1/84 – St 11, DStR 2007, 1964, LEXinform 5231044).

1.6. Leistungsbeziehungen im Internet

Nach ständiger Rspr. sind entgeltliche Leistungen steuerbar und unterliegen dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Nach diesem Rechtsverhältnis bestimmt sich auch die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers (vgl. BFH Urteil vom 23.9.2009, XI R 14/08, BStBl II 2010, 243). Die Beteiligten eines Leistungsaustauschs ergeben sich mithin aus den schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen.

I.R.d. Bestimmung der Leistungen und Leistungsbeziehungen ist zu beachten, dass derjenige, der im eigenen Laden Waren verkauft, umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler und nicht als Vermittler anzusehen ist (sog. Ladenrechtsprechung, Abschn. 3.7 Abs. 1 UStAE). Denn der Kunde, der in einem Laden Waren kauft, will grundsätzlich nur mit dem Ladeninhaber in Geschäftsbeziehungen treten. Ihm sind im Regelfall etwaige Vereinbarungen zwischen dem Ladeninhaber und einem Dritten, wonach es sich lediglich um eine Vermittlungstätigkeit handeln soll, nicht bekannt. Sie werden ihn im Allgemeinen auch nicht interessieren. Vermittler kann der Ladeninhaber nur sein, wenn zwischen demjenigen, von dem er die Ware bezieht, und dem Käufer unmittelbare Rechtsbeziehungen zustande kommen. Auf das Innenverhältnis des Ladeninhabers zu seinem Vertragspartner, der Waren oder Leistungen zur Verfügung stellt, kommt es für die Frage, ob Eigenhandels- oder Vermittlungsgeschäfte vorliegen, nicht entscheidend an. Wesentlich ist das Außenverhältnis, d.h. das Auftreten des Ladeninhabers dem Kunden gegenüber. Nur wenn der Ladeninhaber in eindeutiger Weise vor oder bei dem Geschäftsabschluss zu erkennen gibt, dass er für einen anderen tätig wird, also in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt, und der Kunde, der dies erkannt hat, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden erklärt, kann die Vermittlereigenschaft des Ladeninhabers umsatzsteuerrechtlich anerkannt werden.

Diese Grundsätze gelten auch für die Erbringung von sonstigen Leistungen, soweit sie im Internet angeboten werden. Denn der Betreiber einer Internetseite, der dort kostenpflichtige Leistungen anbietet, ist vergleichbar mit einem Unternehmer, der im eigenen Laden Waren verkauft. So wie dieser umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler anzusehen ist, ist der Betreiber einer Internetseite als derjenige zu behandeln, der die dort angebotenen kostenpflichtigen Leistungen erbracht hat. Der Kunde, der in einem Laden Waren kauft, will – wie dargelegt – grundsätzlich nur mit dem Ladeninhaber in Geschäftsbeziehungen treten. Entsprechendes gilt für den Nutzer, der über das Internet eine kostenpflichtige Leistung abruft und über seine Telefonrechnung bezahlt; auch ihm sind etwaige Vereinbarungen zwischen dem Betreiber der von ihm aufgerufenen, die Leistungen anbietenden Internetseite und einem Dritten weder bekannt noch für ihn von Interesse.

Auch bei über das Internet bezogenen kostenpflichtigen Leistungen ist das Außenverhältnis wesentlich, d.h. das Auftreten des Betreibers einer Internetseite dem Nutzer gegenüber. Nur wenn der Betreiber einer Internetseite in eindeutiger Weise vor oder bei dem Geschäftsabschluss zu erkennen gibt, dass er für einen anderen tätig wird, also in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt, und der Kunde, der dies erkannt hat, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden erklärt, kann dessen Vermittlereigenschaft umsatzsteuerrechtlich anerkannt werden.

Mit Urteil vom 15.5.2012 (XI R 16/10, BStBl II 2013, 49) hat der BFH entschieden, dass ein Unternehmer, der über seine Internetseite den Nutzern die Möglichkeit verschafft, kostenpflichtige erotische oder pornografische Bilder und Videos zu beziehen, auch dann umsatzsteuerrechtlich Leistender ist, wenn der Nutzer hierzu auf Internetseiten anderer Unternehmer weitergeleitet wird, ohne dass dies in eindeutiger Weise kenntlich gemacht wird (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 74/12 vom 7.11.2012, LEXinform 0438701).

1.7. Ort der Vermittlungsleistung

1.7.1. Vermittlungsleistung an Nichtunternehmer

§ 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG regelt den Ort einer Vermittlungsleistung an Nichtunternehmer. Dieser liegt an dem Ort der vermittelten Leistung. Dabei ist auf den Ort abzustellen, an dem die vermittelte Leistung unter Zugrundelegung der entsprechenden Ortsregelung umsatzsteuerrechtlich erbracht wird. Hierunter fällt auch die Vermittlung der kurzfristigen Vermietung von Zimmern in Hotels, Gaststätten oder Pensionen, von Fremdenzimmern, Ferienwohnungen, Ferienhäusern und vergleichbaren Einrichtungen an Nichtunternehmer (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStAE).

1.7.2. Vermittlungsleistungen an Unternehmer

Bei Leistungen an einen Unternehmer oder an eine gleichgestellte juristische Person (s. Abschn. 3a.2 Abs. 1 UStAE) richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG (vgl. Abschn. 3a.2 UStAE).

1.7.3. Vermittlung von Grundstücksvermietungen

Bei der Vermittlung von Vermietungen von Grundstücken richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE).

Wegen Beispielen zu der Ortsbestimmung bei Vermittlungsleistungen s.u. sowie unter → Sonstige Leistung.

vermittler taetigt vermittlungsleistungen

Abb.: Prüfungsschema zum Ort der Vermittlungsleistung

1.8. Steuerbefreiungen bei Vermittlungsleistungen

1.8.1. Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 5 UStG

Ist eine Vermittlungsleistung steuerbar, so kann sie nach § 4 Nr. 5 UStG steuerfrei sein. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG schließt den Vorsteuerabzug nicht aus (§ 15 Abs. 3 UStG).

Bei der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG handelt es sich um folgende Befreiungstatbestände:

  1. die Vermittlung von Umsätzen, die nach § 4 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2–4b, 6 und 7 UStG steuerfrei sind,
  2. die Vermittlung der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
  3. die Vermittlung der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
  4. die Vermittlung der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 UStG als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.

Von den oben genannten Befreiungstatbeständen ist gem. § 4 Nr. 5 Satz 2 UStG die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende ausgenommen.

Nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 5 UStG fällt die Vermittlung der Lieferungen, die im Anschluss an die Einfuhr an einem Ort im Inland bewirkt werden. Hierbei handelt es sich insbesondere um Fälle, in denen der Gegenstand nach der Einfuhr gelagert und erst anschließend vom Lager aus an den Abnehmer geliefert wird. Für die Vermittlung dieser Lieferungen kann jedoch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG in Betracht kommen (Abschn. 4.5.1 Abs. 5 UStAE, Abschn. 4.3.3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UStAE).

1.8.2. Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8 und 11 UStG

1.8.2.1. Grundsätzliches zu den Vermittlungsleistungen

§ 4 Nr. 8 UStG stellt bestimmte Finanzumsätze steuerfrei (Art. 135 Abs. 1 Buchst. b–h MwStSystRL). S.a. Abschn. 4.8.1–4.8.14 UStAE.

Mit Schreiben vom 23.6.2009 (BStBl I 2009, 773) und vom 8.12.2015 (BStBl I 2015, 1066) nimmt das BMF zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Vermittlungsleistungen der in § 4 Nr. 8 und Nr. 11 UStG bezeichneten Art Stellung. Der Begriff der Vermittlung ist bei entsprechenden Umsätzen der in § 4 Nr. 8 und 11 UStG bezeichneten Art einheitlich auszulegen. Die in § 4 Nr. 8 und 11 UStG bezeichneten Vermittlungsleistungen setzen die Tätigkeit einer Mittelsperson voraus, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertragsverhältnisses einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet. Zweck der Vermittlungstätigkeit ist, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss. Wer lediglich einen Teil der mit einem zu vermittelnden Vertragsverhältnis verbundenen Sacharbeit übernimmt oder lediglich einem anderen Unternehmer Vermittler zuführt und diese betreut, erbringt insoweit keine steuerfreie Vermittlungsleistung (s. BFH Urteil vom 14.5.2014, XI R 13/11, BStBl II 2014, 734). Die Steuerbefreiung einer Vermittlungsleistung setzt nicht voraus, dass es tatsächlich zum Abschluss des zu vermittelnden Vertragsverhältnisses gekommen ist. Unbeschadet dessen erfüllen bloße Beratungsleistungen den Begriff der Vermittlung nicht.

Auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbstständigen Vermittlern kann zur berufstypischen Tätigkeit eines Bausparkassenvertreters, Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers gem. § 4 Nr. 11 UStG oder zu Vermittlungsleistungen der in § 4 Nr. 8 UStG bezeichneten Art gehören. Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann. Dabei ist auf die Möglichkeit abzustellen, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen (s.a. Abschn. 4.8.1 UStAE).

1.8.2.2. Gewährung und Vermittlung von Krediten

Steuerfrei ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG die Gewährung und Vermittlung von Krediten (Art. 135 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL).

Nach dem Urteil des EuGH vom 21.6.2007 (C-453/05, Ludwig, DStR 2007, 1160, LEXinform 5210514) definiert sich der Begriff der steuerfreien Vermittlung weder durch die Person des Erbringers noch durch die Person des Empfängers der Leistung. Es muss sich vielmehr um eine Leistung handeln, die ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes ist, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Vermittlungsleistung erfüllt. Diese bestehen bei einer Vermittlungsleistung darin, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Auf das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Vermittler und einer der Parteien des Kreditvertrages kommt es nicht unbedingt an (EuGH Urteil vom 21.6.2007, LEXinform 5210514, Rz. 25 ff. sowie Abschn. 4.8.1 Satz 8 UStAE). Steuerfreie Vermittlungsleistungen können auch arbeitsteilig dadurch erbracht werden, dass ein Hauptvertreter mit dem Kreditgeber und ein Untervertreter mit dem Kreditnehmer verhandelt. Es muss kein unmittelbarer Kontakt zu beiden Parteien des zu vermittelnden Kreditvertrages bestehen. Da auch reine Nachweistätigkeiten steuerlich zu einer Vermittlung führen, steht es der Steuerfreiheit nicht entgegen, wenn die Klauseln des Kreditvertrages nicht verhandelbar sind (EuGH Urteil vom 21.6.2007, LEXinform 5210514, Rz. 34 ff.; s.a. Abschn. 4.8.1 UStAE sowie BFH Urteil vom 6.9.2007, V R 14/06, BFH/NV 2008, 624, LEXinform 0587304).

Der BFH hat mit Urteil vom 6.9.2007 (V R 14/06, BFH/NV 2008, 624, LEXinform 0587304) entschieden, dass eine Computeranalyse einen Teil der erbrachten Gesamtleistung darstellt und somit Nebenleistung zu einer nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreien Kreditvermittlung sein kann. Zur Anwendung des BFH-Urteils s. OFD Münster vom 5.6.2009 (S 7160 – 68 – St 44 – 32, UR 2010, 158).

1.8.2.3. Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL) die Umsätze sowie die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln (s.a. Abschn. 4.8.3 UStAE). Mit Urteil vom 19.5.2010 (XI R 6/09, BStBl II 2011, 831) hat der BFH entschieden, dass ein Unternehmer, der in- und ausländische Banknoten und Münzen im Rahmen von Sortengeschäften an- und verkauft, keine Lieferungen, sondern sonstige Leistungen ausführt.

1.8.2.4. Umsätze im Geschäft mit Forderungen

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst c UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen (Abschn. 4.8.4 UStAE; → Factoring).

1.8.2.5. Umsätze im Einlagengeschäft, Handelspapiere, Zahlungsverkehr

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren (Abschn. 4.8.5–4.8.7 UStAE).

1.8.2.6. Wertpapierumsätze

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL) die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren – Depotgeschäft – (Abschn. 4.8.8 und 4.8.9 UStAE).

Mit Urteil vom 19.4.2007 (V R 31/05, BFH/NV 2007, 1546, LEXinform 0586620) hat der BFH zur Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG bezüglich der Vermittlung von Fondsanteilen entschieden, dass unter »Vermittlung« i.S.d. Vorschrift eine Tätigkeit zu verstehen ist, deren Zweck es ist, alles Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrages hat (EuGH Urteil vom 13.12.2001, C-235/00, CSC Financial Services Ltd., UR 2002, 84, LEXinform 0164640). Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss (BFH Urteil vom 20.12.2007, V R 62/06, BStBl II 2008, 641; s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 17/08 vom 20.2.2008, LEXinform 0173951 sowie Abschn. 4.8.1 Satz 4 UStAE). Die Vermittlung muss sich auf Geschäfte mit Wertpapieren beziehen. Hierunter sind Umsätze zu verstehen, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen (BFH Urteil vom 18.7.2002, V R 44/01, BStBl II 2003, 730). Dies ist bei der Vermittlung des Verkaufs von Fondsanteilen der Fall; denn Anteile an Investmentfonds sind Wertpapiere i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG.

Auch eine Bestands- und Kontinuitätsprovision ist Entgelt für eine Vermittlungsleistung und nicht für eine davon zu trennende zusätzliche Leistung (BFH Urteil vom 19.4.2007, V R 31/05, BFH/NV 2007, 1546, LEXinform 0586620 sowie Abschn. 4.8.8 Abs. 6 UStAE). Zur Anwendung des BFH-Urteils vom 19.4.2007 (V R 31/05, BFH/NV 2007, 1546) s. die Vfg. des BayLfSt vom 19.12.2007 (S 7160e – 5 St 35 N, UR 2008, 126, LEXinform 5231181 sowie OFD Koblenz vom 29.1.2008, S 7160e St 44 2, LEXinform 5231361).

Fondsgesellschaften vertreiben Fondsanteile häufig über Banken (sog. Primärbanken). Die Primärbanken vermitteln die Anteile auf Provisionsbasis. Der von den Banken erbrachte Vermittlungsumsatz ist in der Regel gem. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei.

Die Fondsgesellschaften gehen vermehrt dazu über, den Banken neben der für die einmalige Vermittlung entstehenden sog. Absatzprovision auch eine sog. Kontinuitätsprovision/Bestandsprovision zu vergüten (zweistufiges Provisionsmodell). Die Höhe der Kontinuitätsprovision orientiert sich an dem Bestandswert der Fondsanteile. Dieser ergibt sich aus dem Durchschnitt der monatlichen Bestandswerte, die sich aus den jeweils aktuellen Rückkaufwerten der Fondsanteile ermitteln.

Mit Urteil vom 19.4.2007 (V R 31/05, BFH/NV 2007, 1546) hat der BFH entschieden, dass auch die Kontinuitätsprovisionen Entgelt für die steuerfreien Vermittlungsleistungen der Primärbanken sind und nicht für eine davon zu trennende, zusätzliche Leistung sind. Daher sind gezahlte Kontinuitätsprovisionen ebenfalls gem. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei.

Eine steuerfreie Vermittlungsleistung kommt auch in den Fällen in Betracht, in denen Fondsanteile des einzelnen Kunden nicht ausschließlich durch das Kreditinstitut vermittelt wurden, nicht hingegen, wenn das Kreditinstitut überhaupt keine Vermittlungsleistung gegenüber der Fondsgesellschaft erbracht hat.

Fälle, in denen das Kreditinstitut überhaupt keine Vermittlungsleistung gegenüber der Fondsgesellschaft erbracht hat, liegen bei reinen Depotumschichtungen vor. Die Bank hat hierbei die ursprünglich über einen anderen Vermittler erworbenen Fondsanteile in ihre Verwaltung genommen. Die in diesem Fall erhaltene Kontinuitätsprovision ist als steuerpflichtige Bestandspflegeleistung zu behandeln (s.a. Abschn. 4.8.8 Abs. 6 UStAE).

1.8.2.7. Gesellschaftsanteile

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL) die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen (Abschn. 4.8.10 Abs. 1 UStAE). Zu den Anteilen an Gesellschaften gehören neben den Anteilen an Kapitalgesellschaften, z.B. GmbH-Anteile, auch die Anteile an Personengesellschaften, z.B. OHG-Anteile, die stille Beteiligung (§ 230 HGB) sowie die Mitgliedschaft in einem Idealverein.

Nach Abschn. 4.8.10 Abs. 4 UStAE ist die Vermittlung von erstmalig ausgegebenen Gesellschaftsanteilen steuerbar und nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei. Die Steuerbarkeit ist anzunehmen, obwohl die Gesellschaft mit der Aufnahme eines Gesellschafters keinen steuerbaren Umsatz erbringt (BFH Urteil vom 1.7.2004, V R 32/00, BStBl II 2004, 1022 und Abschn. 1.6 Abs. 2 UStAE). Die Verwaltung verweist dabei in Abschn. 4.8.10 Abs. 4 UStAE auf das EuGH-Urteil vom 27.5.2004, C-68/03, UR 2004, 355, LEXinform 0175028).

Zur Auslegung des EuGH-Urteils vom 27.5.2004 nimmt der BFH in seinem Urteil vom 12.12.2012 (XI R 30/10, BStBl II 2013, 348) Stellung. Der BFH macht dabei deutlich, dass der EuGH darüber entschieden habe, dass Art. 46 MwStSystRL seinem Wortlaut nach allgemein für Dienstleistungen von Vermittlern anzuwenden sei, ohne dass danach unterschieden werden müsse, ob die Empfänger der Dienstleistungen mehrwertsteuerpflichtig seien oder nicht. Die Verwaltung hat dieses Urteil konsequenterweise in Abschn. 3a.7 Abs. 2 UStAE umgesetzt.

In Rz. 52 seines Urteils vom 12.12.2012 (XI R 30/10, BStBl II 2013, 348) gelangt der BFH zu dem Ergebnis, dass sich das EuGH-Urteil vom 27.5.2004 ausdrücklich nur auf die Anwendung der Leistungsortbestimmung in Art. 46 MwStSystRL bezieht. Der EuGH trifft aber ersichtlich keine Aussage zu etwaigen Steuerbefreiungen.

Der BFH gelangt daher in Rz. 50 ff. seiner Entscheidung vom 12.12.2012 zu dem Ergebnis, dass die Vermittlung nur dann nach § 4 Nr. 5 Buchst. c und Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei ist, wenn es sich dabei um die Vermittlung von »Umsätzen« handelt. Ausdrücklich stellt der BFH fest, dass es sich bei der Vermittlung von Vereinsmitgliedschaften nicht um die Vermittlung von »Umsätzen« handelt, so wie es auch zutreffend die Verwaltung in Abschn. 4.8.10 Abs. 5 UStAE regelt.

Nach Verwaltungsauffassung in Abschn. 4.8.10 Abs. 5 UStAE ist die Vermittlung der Mitgliedschaften in einem Idealverein nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei. Die Verwaltung verweist dabei auf das BFH-Urteil vom 27.7.1995 (V R 40/93, BStBl II 1995, 753). In seinem Urteil vom 27.7.1995 gelangte der BFH zu der Rechtsauffassung, Voraussetzung für die Steuerbefreiung sei, dass die Anteile Gegenstand steuerbarer Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG seien oder dass derartige Umsätze vermittelt würden. Diese Rechtsauffassung wurde durch das BFH-Urteil vom 12.12.2012 (XI R 30/10, BStBl II 2013, 348) bestätigt.

An der in Abschn. 4.8.10 Abs. 4 UStAE niedergelegten Verwaltungsregelung kann m.E. nicht mehr festgehalten werden, da die Verwaltung selbst in Abs. 5 des Abschn. 4.8.10 UStAE die Vermittlung »nicht steuerbarer Gesellschaftsanteile« als steuerbare und steuerpflichtige Umsätze ansieht. Das in Abschn. 4.8.10 Abs. 4 UStAE zitierte EuGH-Urteil ist auf die dort geregelte Vermittlung von erstmalig ausgegebenen Gesellschaftsanteilen nicht zielführend, da dieses Urteil – wie der BFH feststellt (s.o.) – für die Steuerfreiheit einer solchen Vermittlung »nichts hergibt«. Daher ist das »für einen besonderen Ausnahmefall ergangene EuGH-Urteil in dieser Rechtsfrage nicht einschlägig« (BFH Urteil vom 12.12.2012, XI R 30/10, BStBl II 2013, 348, Rz. 48).

Mit Urteil vom 20.12.2007 (V R 62/06, BStBl II 2008, 641) hat der BFH seine bisherige Rspr. zur Umsatzsteuerpflicht bei der Untervermittlung von Krediten, die auch für die Untervermittlung von Fondsanteilen galt, aufgegeben. Er entschied, dass Untervermittler umsatzsteuerfreie Leistungen beim Vertrieb derartiger Bank- und Finanzdienstleistungen erbringen können. Die Untervermittlung weist die Besonderheit auf, dass der Vermittler nicht von einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages, sondern von einem anderen Vermittler beauftragt wird. Mit seinem Urteil folgt der BFH der Rspr. des EuGH, der mit Urteil vom 21.6.2007 (C-453/05 – Ludwig –, LEXinform 5210514) entschieden hatte, dass auch Leistungen eines Untervermittlers bei der Vermittlung von Krediten steuerfrei sein können.

In der Sache hatte die Klage des Unternehmers, der für die von ihm ausgeübten Tätigkeiten beim Aufbau, der Führung und der Leitung eines Fondsvertriebs die Umsatzsteuerfreiheit für Vermittlungsleistungen geltend machte, aber keinen Erfolg. Auch Untervermittler erbringen nur dann eine steuerfreie Leistung, wenn sie inhaltlich eine Vermittlungstätigkeit ausüben. Hierzu muss der Untervermittler ebenso wie jeder andere Vermittler das Erforderliche tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Dies traf auf die Leitungstätigkeiten des Klägers nicht zu, so dass der BFH die bereits durch das FG erfolgte Klageabweisung bestätigte (Pressemitteilung des BFH Nr. 17/08 vom 20.2.2008, LEXinform 0173951).

Gemeinsames Merkmal der nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfreien Vermittlung ist das Handeln gegenüber individuellen Vertragsinteressenten (BFH Urteil vom 6.12.2007, V R 66/05, BStBl II 2008, 638). Marketing- und Werbeaktivitäten, die darin bestehen, dass sich ein Vertriebsunternehmen nur in allgemeiner Form an die Öffentlichkeit wendet, sind mangels Handelns gegenüber individuellen Vertragsinteressenten keine Vermittlung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG. Marketing, Werbung und Vermittlung sind nicht aufgrund des bloßen Ziels, den Verkauf von Fondsanteilen zu fördern, Teil einer einheitlichen Leistung, wenn der Marketing- und Werbetätigkeit durch die Gestaltung von Emissionsprospekten und durch Schulungs- und Auskunftstätigkeiten, die der allgemeinen Produktinformation dienen, eigenständiger Charakter zukommt.

Mit Urteil vom 30.10.2008 (V R 44/07, BStBl II 2009, 554) bestätigt der BFH seine bisherige Rspr. zur steuerbefreiten Vermittlung von Gesellschaftsanteilen. Danach enthält § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG keine allgemeine Steuerbefreiung für Leistungen beim Vertrieb von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen, sondern erfasst nur die Vermittlung von Umsätzen mit derartigen Anteilen. Die steuerfreie Vermittlung muss sich auf einzelne Geschäftsabschlüsse beziehen.

Hinsichtlich der durchgeführten Tätigkeiten des Klägers hat der BFH die Steuerbefreiung allerdings verneint. Die Anwerbung, Schulung und Fortbildung sowie die Betreuung, Unterstützung, Überwachung, Koordination und Organisation der Regionaldirektoren und Abschlussvertreter, nicht aber die Teilnahme des Klägers bei Kundenveranstaltungen und an Verkaufsgesprächen mit Kunden war das wesentliche und prägende Element der vom Kläger übernommenen Tätigkeit. Waren zu Beginn des Kj. 04 ca. 70 Untervertreter für den Kläger tätig gewesen, so hat sich diese Zahl innerhalb von zwei Jahren auf 700 Untervertreter verzehnfacht. Der Kläger räumte selbst ein, dass er den Absatz der Fondsprodukte im Wesentlichen über die von ihm angeworbenen und geschulten Vertreter betrieben und seine Tätigkeit darin bestanden habe, Vermittler zu gewinnen und sie über die Fondsprodukte, deren Entwicklung und eine effektive Vermarktungsstrategie zu unterrichten. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers hat daher weder darin bestanden, dem Verkäufer der Kapitalanlagen Gelegenheiten zum Abschluss von Verträgen nachzuweisen noch mit Interessenten Kontakt aufzunehmen oder Verhandlungen zu führen.

Nach dem BFH-Urteil vom 14.5.2014 (XI R 13/11, BStBl II 2014, 734) erbringt derjenige, der als sog. »Distributor« im Rahmen eines mehrstufigen Vertriebs von Fondsanteilen selbstständige Abschlussvermittler anwirbt, schult und im Rahmen ihres Einsatzes unterstützt sowie die von den Abschlussvermittlern eingereichten Unterlagen auf Vollständigkeit und Plausibilität prüft, keine Vermittlungstätigkeit (s.a. Abschn. 4.8.1 Satz 7 UStAE).

1.8.2.8. Übernahme von Verbindlichkeiten und Sicherheiten

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL) die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze (Abschn. 4.8.11 und 4.8.12 UStAE).

1.8.2.9. Umsätze von Bausparkassen-, Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern

Nach § 4 Nr. 11 UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. a und b MwStSystRL) sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler steuerfrei (Abschn. 4.11.1 UStAE).

Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 11 UStG enthält eine ausschließliche Aufzählung der begünstigten Berufsgruppen. Sie kann auf andere Berufe, z.B. Bankenvertreter, auch wenn sie ähnliche Tätigkeitsmerkmale aufweisen, nicht angewendet werden. Welche Unternehmer als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler anzusehen sind, richtet sich nach den Begriffsbestimmungen der §§ 92 und 93 HGB (Abschn. 4.11.1 Abs. 1 UStAE).

Der BFH hat mit Urteil vom 6.9.2007 (V R 50/05, BStBl II 2008, 829) entschieden, dass die in § 4 Nr. 11 UStG genannten Begriffe des Versicherungsvertreters und des Versicherungsmaklers richtlinienkonform entsprechend Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL und nicht handelsrechtlich nach den Begriffen des Versicherungsvertreters und des Handelsmaklers i.S.d. §§ 92 und 93 HGB auszulegen sind.

Des Weiteren hat der BFH entschieden, dass es zu den wesentlichen Aspekten einer steuerfreien Versicherungsvermittlungstätigkeit gehört, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzuführen. Das bloße Erheben von Kundendaten erfüllt nicht die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlungstätigkeit. Allgemein sind Unterstützungsleistungen für die Ausübung der dem Versicherer selbst obliegenden Aufgaben stpfl. Auch Dienstleistungen wie z.B. die Festsetzung und Auszahlung von Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter gehören nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters (Abschn. 4.11.1 Abs. 2 Satz 9 UStAE zu den sog. Backoffice-Tätigkeiten).

Auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbstständigen Vermittlern kann zur berufstypischen Tätigkeit eines Bausparkassenvertreters, Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers gehören. Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann. Dabei ist auf die Möglichkeit abzustellen, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen. Bei Verwendung von Standardverträgen und standardisierten Vorgängen genügt es, dass der Unternehmer durch die einmalige Prüfung und Genehmigung der Standardverträge und standardisierten Vorgänge mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann (Abschn. 4.11.1 Abs. 2 Satz 6–8 UStAE).

Mit Urteil vom 24.7.2014 (V R 9/13, BFH/NV 2014, 1783, LEXinform 0929664) hat der BFH entschieden, dass Versicherungsmakler i.S.d. § 4 Nr. 11 UStG auch sein kann, wer sog. Blanko-Deckungskarten für Kurzzeitversicherungen an- und verkauft. Die Funktion der Versicherungsvermittlungsleistung ist erfüllt, wenn der Vermittler Versicherer und Versicherungsnehmer zusammenbringt, indem er dem Versicherungsnehmer einen Nachweis über einen Versicherer, der Versicherungsschutz anbietet, erbringt und den Kontakt zu diesem herstellt. Der Umstand, dass der Unternehmer die Deckungskarten nicht unmittelbar von den Versicherungsunternehmen, sondern von anderen Unternehmen erworben hat, steht dabei der Annahme einer Tätigkeit als Versicherungsmakler ebenso wenig entgegen wie der nur mittelbare Kontakt des Unternehmers zu den Versicherungsunternehmen im Falle des Verkaufs von Deckungskarten an fremde Prägestellen, die die Deckungskarten ihrerseits weiterverkaufen.

Die Umsatzsteuerbefreiung für derartige Versicherungsvermittlungsleistungen gilt auch, wenn der Vertrieb von kurzzeitigen Kfz-Versicherungen im Rahmen eines technischen Verfahrens durch Mitteilung einer siebenstelligen Versicherungsbestätigungsnummer (eVB-Nummer) erfolgt, bei dem durch den An- und Verkauf der Freischaltcodes die Ursache für das Zustandekommen von Versicherungsverträgen zwischen den Versicherern und den Versicherungsnehmern gesetzt wird (s.a. BMF vom 8.12.2015, BStBl I 2015, 1066).

Zur Steuerbefreiung für die Vermittlung von privaten Zusatzversicherungen durch gesetzliche Krankenkassen nimmt die Vfg. der OFD Frankfurt vom 19.12.2007 (S 2706 A – 117 – St 54, UR 2008, 439, LEXinform 5231185) Stellung. Nach § 194 Abs. 1a SGB V ist es den gesetzlichen Krankenkassen seit dem 1.1.2004 gestattet, private Zusatzversicherungen zwischen ihren Versicherten und privaten Krankenversicherungsunternehmen zu vermitteln. Die gesetzliche Krankenversicherung wird von öffentlich-rechtlichen Trägern durchgeführt. Dabei handelt es sich nach geltender Verwaltungsauffassung um hoheitliche Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 5 des KStG nicht zu einer Steuerpflicht führen. Auch eine Gewerbesteuerpflicht ergibt sich bei hoheitlichen Tätigkeiten nicht (§ 2 Abs. 2 GewStDV). Die gesetzlichen Krankenkassen erhalten für die Vermittlung privater Zusatzversicherungen jedoch ein Entgelt (z.B. pauschale Aufwandsentschädigung) von den privaten Versicherungsunternehmen. Diese entgeltliche Vermittlungstätigkeit ist nicht als Ausübung öffentlicher Gewalt dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen. Vielmehr liegt eine Vermittlungsleistung vor, die auch von privaten Dritten (Versicherungsmaklern) erbracht wird. Insoweit treten die gesetzlichen Krankenkassen in Wettbewerb mit diesem Personenkreis, sodass steuerlich ein Betrieb gewerblicher Art i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 Abs. 1 KStG vorliegt. Diese Vermittlungstätigkeiten können als Leistungen eines Handelsmaklers angesehen werden und sind daher nach § 4 Nr. 11 UStG umsatzsteuerfrei.

1.8.3. Vermittlung von Umsätzen i.S.d. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG

Mit Beschluss vom 28.5.2015 (V B 15/15, BFH/NV 2015, 1117) und Urteil vom 10.9.2015 (V R 41/14, BStBl II 2016, 308) hat der BFH entschieden, dass Vermittlungsleistungen eines atypischen Maklers, der aufgrund einer Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt, nicht gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei sind.

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Im Urteilsfall verpflichtete sich die Klägerin gegenüber Grundstückseigentümern, in deren Namen deren Grundbesitz (Eigentumswohnungen) zu einem Mindestverkaufspreis zu veräußern. Über den Mindestverkaufspreis hinausgehende Verkaufserlöse sollten der Klägerin als Vertriebsentgelt zustehen. Die Grundstückseigentümer erteilten der Klägerin alleinige Verkaufsrechte und »unwiderrufliche Verkaufsvollmachten«. Zusätzlich erteilten die Grundstückseigentümer der Klägerin notarielle Verkaufsvollmachten. Teilweise wurden die von der Klägerin abgeschlossenen notariellen Verkäufe von den Grundstückseigentümern nachträglich notariell genehmigt.

Nach den von der Klägerin und den Grundstückseigentümern getroffenen Vereinbarungen sollten die Kaufverträge zwischen den Grundstückseigentümern und den Erwerbern unmittelbar zustande kommen. Der Kaufpreis sollte von den Erwerbern an die Grundstückseigentümer unmittelbar gezahlt werden. Die Grundstückseigentümer sollten den Mindestverkaufspreis einbehalten und den erzielten Mehrerlös als Vertriebsentgelt an die Klägerin abführen. Die Grundstücksgeschäfte wurden dementsprechend unmittelbar zwischen den Grundstückseigentümern und den Erwerbern abgeschlossen.

Nach der Entscheidung des BFH erbrachte die Klägerin gegenüber den Grundstückseigentümern Vermittlungsleistungen. Entgelt für die Vermittlung war die Beteiligung der Klägerin am Verkaufspreis. Die Vermittlung ist für sich genommen kein Umsatz, der unter das GrEStG fällt.

Der Grunderwerbsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 2 GrEStG auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Dabei wendet der BFH diese Vorschrift auch auf Rechtsvorgänge an, bei denen ein sog. atypischer Makler aufgrund besonderer Abreden in einem Vermittlungsauftrag über Grundstückseigentum eine Rechtsstellung erhält, die ihm eine »Chance zur Beteiligung an der Substanz des Grundstücks« einräumt und es ihm ermöglicht, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, da der Grundstückseigentümer zum Abschluss von Kaufverträgen mit vom Makler benannten Käufern verpflichtet ist und dem Makler der über den festgelegten Mindestkaufpreis hinausgehende Betrag als Vermittlungsprovision zusteht.

Der nach § 1 Abs. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsvorgang des atypischen Maklervertrages ist nicht identisch mit der von der Klägerin erbrachten Vermittlungsleistung. Die Vermittlungsleistung ergibt sich aus dem der Klägerin erteilten Vermittlungsauftrag, während der sich aus § 1 Abs. 2 GrEStG ergebende Steuertatbestand darauf beruht, dass der Vermittler zusätzlich zum Vermittlungsauftrag besondere Befugnisse erhält, die ihm eine Verwertung auf eigene Rechnung ermöglichen.

Gegen die Umsatzsteuerpflicht der von der Klägerin erbrachten Leistungen bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken. Denn das Unionsrecht gestattet die Anwendung der Steuerfreiheit nur für Lieferungen, nicht aber auch für Vermittlungsleistungen als sonstige Leistungen (Dienstleistungen).

Es liegt auch keine unionsrechtlich unzulässige Doppelbesteuerung vor. Wie der EuGH bereits ausdrücklich entschieden hat, weist die Grunderwerbsteuer nicht die Merkmale einer Umsatzsteuer auf (EuGH-Beschluss vom 27.11.2008, C-156/08, UR 2009, 136). Die Doppelbesteuerung eines Sachverhaltskomplexes mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer verstößt daher nicht gegen Art. 401 MwStSystRL. Hiervon geht auch die ständige Rechtsprechung des BFH aus (BFH Urteile vom 2.4.2008, II R 53/06, BStBl II 2009, 544, unter II.2.d aa und vom 3.9.2008, XI R 54/07, BStBl II 2009, 499, unter II.3.d).

1.8.4. Vermittlung von Umsätzen i.S.d. § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG

Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG sind die Umsätze steuerfrei, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Die Vermittlung von Sportwetten fällt nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG und ist daher steuerpflichtig (s.a. FG Baden-Württemberg Urteil vom 9.7.2012, 9 K 2091/11, EFG 2013, 334, LEXinform 5014399, rkr. und Mitteilung des FG Baden-Württemberg vom 26.2.2013, LEXinform 0439286 und Abschn. 4.9.2 Abs. 2 UStAE).

1.8.5. Private Arbeitsvermittlung als sonstige Einrichtung mit sozialem Charakter

Eine private Arbeitsvermittlerin, die Vermittlungsleistungen an Arbeitsuchende mit einem Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III erbracht und ihr Honorar deshalb unmittelbar von der Bundesagentur für Arbeit erhalten hat, ist eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Sie kann sich für die von ihr erbrachten Arbeitsvermittlungsleistungen an Arbeitsuchende unmittelbar auf die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung berufen (BFH Urteil vom 29.7.2015, XI R 35/13, BFH/NV 2015, 1648, LEXinform 0934302 sowie Pressemitteilung des BFH Nr. 69/2015 vom 7.10.2015, LEXinform 0443663).

Hinweis:

Eine Steuerbefreiung auf nationaler Ebene wurde für Leistungen nach dem SGB III erst mit Wirkung vom 1.1.2015 in § 4 Nr. 15b UStG eingeführt.

1.9. Vermittlungsleistungen von Reisebüros

1.9.1. Anwendung des § 25 UStG

Die Margenbesteuerung des § 25 UStG (→ Reiseleistungen nach § 25 UStG) ist nicht anzuwenden, soweit der Unternehmer (Reisebüro) Reiseleistungen ausschließlich vermittelt oder soweit einzelne Reiseleistungen im Rahmen einer Pauschalreise vermittelt werden (Abschn. 25.1 Abs. 4 UStAE). Die Besteuerung der Vermittlungsleistungen richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des UStG.

1.9.2. Ortsbestimmung der Vermittlungsleistungen

1.9.2.1. Pauschalreisen

Für die Vermittlung von Pauschalreisen ist zu beachten, dass diese für den Reiseveranstalter als einheitliche sonstige Leistung gelten (§ 25 Abs. 1 Satz 3 UStG), deren Leistungsort sich für den Reiseveranstalter nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmt (§ 25 Abs. 1 Satz 4 UStG). Auch die entsprechenden Vermittlungsleistung gilt als einheitliche Vermittlungsleistung, deren Ort sich nach § 3a Abs. 2 UStG bestimmt. Ist der Reiseveranstalter demnach im Inland ansässig, ist die Vermittlungsleistung steuerbar und stpfl. Selbst wenn sich die Pauschalreise aus einzelnen Komponenten zusammensetzt, die für sich gesehen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 5 Buchst. b oder c UStG erfüllen würden, z.B. eine grenzüberschreitende Personenbeförderung beinhalten, geht dies in der Zusammenfassung zur einheitlichen Leistung mit dem Leistungsort im Inland unter (Abschn. 4.5.2 Abs. 4 Satz 1 UStAE; s.a. Weimann/Lang, Umsatzsteuer – national und international –, § 4 Nr. 5 Rz. 27 ff. 4.A.). Bei der Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 2 UStG wird unterstellt, dass das Reisebüro für den Reiseveranstalter und nicht für den Reisenden tätig wird.

Hinweis:

Da die Reisebüros die Reiseleistungen in der Regel im Auftrag der Leistungsträger und nicht im Auftrag der Reisenden vermitteln, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung nach § 3a Abs. 2 UStG.

Ist ausnahmsweise der Reisende Auftraggeber, bestimmt sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG.

1.9.2.2. Einzelleistungen

Ein Reisebüro erbringt einzelne Vermittlungsleistungen (kein Leistungsbündel), wenn es als Vermittler für die Leistungsträger, wie z.B. die Beförderungsunternehmer oder die Hotels, auftritt (Abschn. 4.5.2 Abs. 1 UStAE). Eine Vermittlung von Einzelleistungen durch das Reisebüro liegt auch vor, soweit der Reiseveranstalter die Reiseleistungen mit eigenen Mitteln erbringt (Abschn. 4.5.2 Abs. 4 Satz 2 und 3 UStAE). Der Ort der jeweiligen Vermittlungsleistung an einen Unternehmer bestimmt sich grundsätzlich nach § 3a Abs. 2 UStG, bei der Vermittlung von Grundstücksvermietungen nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG. Ist der Auftraggeber ein Nichtunternehmer, bestimmt sich der Leistungsort der jeweiligen Vermittlungsleistung nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG. Zu beachten gilt, dass die Vermittlung der kurzfristigen Vermietung nicht unter die Ortsvorschrift des § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG fällt (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStAE, s.u.).

1.9.3. Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG (s.o.) erstreckt sich grundsätzlich auch auf steuerbare Vermittlungsleistungen für Reisebüros. Von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 5 UStG sind nach Satz 2 der Vorschrift alle Unternehmer ausgeschlossen, die Reiseleistungen für Reisende vermitteln (Abschn. 4.5.2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 UStAE). Die Befreiung kommt insbesondere für Vermittlungsleistungen in Betracht, bei denen die Reisebüros als Vermittler für die so genannten Leistungsträger, z.B. Beförderungsunternehmer, auftreten (s.a. Abschn. 4.5.2 Abs. 2 UStAE).

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Vermittlungsprovisionen an Reisebüros, insbesondere auch zur Vermittlung von Reisen, bei denen der Reiseveranstalter eigene Beförderungsmittel einsetzt, s. OFD Frankfurt vom 17.12.2004 (S 7156d A – 5 – St I 2.10, UR 2005, 402, LEXinform 0579068 sowie BMF vom 22.3.2000, BStBl I 2000, 458). Es liegen mindestens zwei nebeneinanderstehende Vermittlungsgeschäfte vor, nämlich die Vermittlung der Pauschalreise und die Vermittlung der Eigenleistung durch den Reiseveranstalter. Das gilt auch, wenn die vermittelten Leistungen in einer Summe angeboten werden und die Reisebüros für die Vermittlung dieser Leistungen eine einheitliche Provision erhalten. Für die Vermittlung der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Flugzeugen und Seeschiffen kann die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG in Betracht kommen.

Vermitteln Reisebüros für Reiseveranstalter gegen eine vom Reisepreis einheitlich berechnete Provision Reiseleistungen i.S.d. § 25 UStG, bei denen der Reiseveranstalter Eigenleistungen in Form von grenzüberschreitenden Personenbeförderungsleistungen mit Flugzeugen ausführt, wird zur Vermeidung von Härten nicht beanstandet, wenn die Beteiligten in diesen Fällen die Vermittlungsleistungen einvernehmlich zu 70 % als stpfl. behandeln.

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Umsätze aus Ferienhäusern bzw. -wohnungen s. OFD Magdeburg vom 26.4.2012 (S 7419 – 16 – St 245, UR 2012, 619; LEXinform 5234134). S.a. Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 3 UStAE zum Ort der sonstigen Leistung bei der Vermittlung von Beherbergungsleistungen.

Beispiel 2:

Der in der Schweiz ansässige Eigentümer S eines in der Schweiz belegenen Ferienhauses beauftragt V mit Sitz im Inland, im Namen und für Rechnung des S Mieter für kurzfristige Ferienaufenthalte in seinem Ferienhaus in der Schweiz zu vermitteln. S.a. oben Beispiel 1.

Lösung 2:

V vermittelt eine kurzfristige Vermietungsleistung einer Ferienwohnung an einen Unternehmer. Da der Leistungsempfänger S ein Unternehmer ist, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung grundsätzlich nach § 3a Abs. 2 UStG. Die Vermittlung kurzfristiger Vermietungen von Grundstücken fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE i.V.m. Abschn. 3a.3 Abs. 9 Nr. 2 UStAE). Die Vermittlungsleistung des V an S ist im Inland nicht steuerbar. § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. c UStG kommt für diese Vermittlungsleistung nicht in Betracht (s.a. Abschn. 4.5.2 Abs. 3 UStAE).

Die kurzfristige Vermietung des Ferienhauses durch S fällt nicht unter § 25 UStG, da S selbst tatsächlich am Ort der Ferienhäuser gegenüber dem Reisenden tätig wird. § 25 UStG gilt nicht, soweit der Unternehmer Reiseleistungen durch Einsatz eigener Mittel (Eigenleistungen) – z.B. eigene Beförderungsmittel, eigenes Hotel usw. – erbringt (Abschn. 25.1 Abs. 8 Satz 1 UStAE). Die kurzfristige Vermietungsleistung bestimmt sich unabhängig vom Status des Leistungsempfängers nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG nach dem Belegenheitsort des Grundstücks (Abschn. 3a.3 Abs. 4 Satz 4 Nr. 1 UStAE). Die Vermietungsleistung des S ist somit im Inland nicht steuerbar.

Beispiel 3:

Der in Deutschland ansässige Eigentümer S eines in der Schweiz belegenen Ferienhauses beauftragt V mit Sitz im Inland, im Namen und für Rechnung des S Mieter für kurzfristige Ferienaufenthalte in seinem Ferienhaus in der Schweiz zu vermitteln.

Lösung 3:

V vermittelt eine kurzfristige Vermietungsleistung einer Ferienwohnung an einen Unternehmer. Da der Leistungsempfänger S ein Unternehmer ist, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung nach § 3a Abs. 2 UStG. Die Vermittlung kurzfristiger Vermietungen von Grundstücken fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG (s.o.). Die Vermittlungsleistung des V an S ist im Inland ausgeführt. Die Vermittlungsleistung ist steuerbar und nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. c UStG steuerfrei.

Die kurzfristige Vermietung des Ferienhauses durch S fällt nicht unter § 25 UStG, da S selbst tatsächlich am Ort der Ferienhäuser gegenüber dem Reisenden tätig wird. § 25 UStG gilt nicht, soweit der Unternehmer Reiseleistungen durch Einsatz eigener Mittel (Eigenleistungen) – z.B. eigene Beförderungsmittel, eigenes Hotel usw. – erbringt (Abschn. 25.1 Abs. 8 Satz 1 UStAE). Die Vermietungsleistung bestimmt sich unabhängig vom Status des Leistungsempfängers nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG nach dem Belegenheitsort des Grundstücks. Die Vermietungsleistung des S ist somit im Inland nicht steuerbar.

Beispiel 4:

Der private Endverbraucher P beauftragt das im Inland ansässige Reisebüro V mit der Beschaffung einer Ferienwohnung in der Schweiz zur kurzfristigen Miete. V vermittelt diese Leistung im Namen und für Rechnung des P mit dem Eigentümer der Ferienwohnung S in der Schweiz.

Lösung 4:

V vermittelt eine kurzfristige Vermietungsleistung einer Ferienwohnung an einen Privatmann. Da der Leistungsempfänger ein Privatmann ist, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung grundsätzlich nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG. Hierunter fällt auch die Vermittlung der kurzfristigen Vermietungen von Grundstücken an Nichtunternehmer (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStAE). Die Vermittlungsleistung des V an P ist im Inland nicht steuerbar. Die Vermittlungsleistung wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz – S an P – als ausgeführt gilt.

Die kurzfristige Vermietung des Ferienhauses durch S fällt nicht unter § 25 UStG, da S selbst tatsächlich am Ort der Ferienhäuser gegenüber dem Reisenden tätig wird. § 25 UStG gilt nicht, soweit der Unternehmer Reiseleistungen durch Einsatz eigener Mittel (Eigenleistungen) – z.B. eigene Beförderungsmittel, eigenes Hotel usw. – erbringt (Abschn. 25.1 Abs. 8 Satz 1 UStAE). Die Vermietungsleistung bestimmt sich unabhängig vom Status des Leistungsempfängers nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG nach dem Belegenheitsort des Grundstücks. Die Vermietungsleistung des S ist somit im Inland nicht steuerbar.

Beispiel 5:

Das Reisebüro V aus Neustadt vermittelt der im Inland (Frankfurt) ansässigen Fluggesellschaft F eine Beförderung eines Fluggastes G von Frankfurt nach New York.

Lösung 5:

Die Beförderungsleistung der Fluggesellschaft F ist nach § 3b Abs. 1 Satz 2 UStG mit ihrem inländischen Teil steuerbar. Sie ist grundsätzlich stpfl., jedoch kann man typisierend davon ausgehen, dass die USt hierfür aufgrund des § 26 Abs. 3 Nr. 1 UStG nicht erhoben wird.

Der Ort der Vermittlungsleistung von V an F bestimmt sich gem. § 3a Abs. 2 UStG nach dem Leistungsempfängerort Frankfurt. Die Vermittlungsleistung ist insgesamt steuerbar. Sie ist nach § 4 Nr. 5 Buchst. b UStG steuerfrei.

1.9.4. Verkauf von Flugscheinen durch Reisebüros

Nach den in Abschn. 4.5.3 Abs. 1 Satz 1 UStAE geschilderten Sachverhalten kann grundsätzlich von einer Vermittlungsleistung des Reisebüros bzw. Tickethändlers (Consolidator) an das Luftfahrtunternehmen ausgegangen werden. Aus Vereinfachungsgründen kann der Verkauf von Einzeltickets für grenzüberschreitende Flüge (Linien- oder Charterflugschein) vom Reisebüro im Auftrag des Luftverkehrsunternehmens an die Kunden als steuerfreie Vermittlungsleistung nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG behandelt werden (s.a. Abschn. 4.5.2 Abs. 1 UStAE). Gleiches gilt für die Umsätze des Consolidators, der in den Verkauf der Einzeltickets eingeschaltet worden ist. Die Vereinfachungsregelung findet ausschließlich Anwendung beim Verkauf von Einzelflugtickets durch Reisebüros und Tickethändler. Sobald diese ein »Paket« von Flugtickets erwerben und mit anderen Leistungen (z.B. Unterkunft und Verpflegung) zu einer Pauschalreise verbinden, handelt es sich um eine Reiseleistung, deren Umsatzbesteuerung sich nach § 25 UStG richtet (Abschn. 4.5.3 Abs. 2 UStAE).

Das BMF hat mit Schreiben vom 6.2.2014 (BStBl I 2014, 269) zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Vermittlung grenzüberschreitender Personenbeförderungsleistungen im Luftverkehr durch Reisebüros Stellung genommen und den UStAE (Abschn. 4.5.2 Abs. 6 und Abschn. 10.1 Abs. 9 Nr. 3) entsprechend angepasst.

Nach der Einführung des sog. Nullprovisionsmodells, das die bisherigen Vergütungsregelungen in den Agenturverträgen in der Regel ab dem 1.9.2004 ersetzte, haben die Reisebüros beim Verkauf von Flugscheinen keinen garantierten Provisionsanspruch mehr gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen; z.T. ist eine Vermittlungstätigkeit für das Luftverkehrsunternehmen ausdrücklich ausgeschlossen. Zudem wurden Zusatzvereinbarungen zum 1.1.2013 durch Mustervereinbarungen dahingehend angepasst, dass durch das Luftverkehrsunternehmen gegenüber dem Reisebüro sog. Incentives (z.B. Reisebüro-Boni, Marketingzuschüsse o.Ä.) als Entgelt für besondere Vertriebsleistungen gewährt werden, wenn es die Erbringung von Leistungen des Luftverkehrsunternehmens in besonderem Maß fördert und bei Kundenberatungsgesprächen bevorzugt anbietet.

Nach den Regelungen im BMF-Schreiben vom 6.2.2014 (BStBl I 2014, 269) ist in jedem Einzelfall auf Basis der vertraglichen Vereinbarungen zu prüfen, welche Leistungen mit der Zahlung vergütet werden (Abschn. 4.5.2 Abs. 6 Satz 1 UStAE):

  1. Erhält ein Reisebüro aufgrund vertraglicher Vereinbarungen von einem Luftverkehrsunternehmen Zahlungen, so liegt einer solchen Entgeltzahlung regelmäßig eine im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses erbrachte Leistung des Reisebüros an das Luftverkehrsunternehmen zugrunde. Im Fall der seit 1.1.2013 gezahlten Incentives ist dies eine (Vertriebs-)Leistung eigener Art, die in der Bevorzugung des Luftverkehrsunternehmens gegenüber Mitbewerbern besteht und nicht nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchstabe b UStG steuerfrei ist (Abschn. 4.5.2 Abs. 6 Satz 2 UStAE).
  2. Liegt der Zahlung in anderen Fällen eine Vermittlungsleistung zugrunde, steht es der Anwendung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG nicht entgegen, wenn das sog. Nullprovisionsmodell vereinbart oder eine Vermittlungstätigkeit für das Luftverkehrsunternehmen anderweitig ausgeschlossen worden ist. Denn der Inhalt von schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen ist durch Auslegung der abgegebenen Willenserklärungen, bei der auch der Empfängerhorizont zu berücksichtigen ist, zu bestimmen (BFH Urteil vom 3.11.2011, V R 16/09, BStBl II 2012, 378). Daher kann allein die Bezeichnung einer Vereinbarung (hier: sog. Nullprovisionsmodell) oder der anderweitige vertragliche Ausschluss einer Vermittlungstätigkeit das Vorliegen einer Vermittlungsleistung an den Luftverkehrsunternehmer nicht generell ausschließen. Dafür, dass eine nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG steuerfreie Vermittlungsleistung vorliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast.
  3. Erhält ein Reisebüro, das grenzüberschreitende Personenbeförderungsleistungen im Luftverkehr im Auftrag des Luftverkehrsunternehmens vermittelt, von diesem für den Flugscheinverkauf ein Entgelt, und erhebt es daneben einen zusätzlichen Betrag vom Reisenden (z.B. sog. Service-Fee), erbringt es beim Flugscheinverkauf eine nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG steuerfreie Vermittlungsleistung an das Luftverkehrsunternehmen und gleichzeitig eine Vermittlungsleistung an den Reisenden (Abschn. 4.5.2 Abs. 6 Satz 3 und Abschn. 10.1 Abs. 9 UStAE).

Für vor dem 1.4.2014 erbrachte Dienstleistungen eines Reisebüros im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Luftverkehr wird es – auch für die Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn Zahlungen der Luftverkehrsunternehmen ohne Prüfung im Einzelfall als Leistungsentgelte, als Entgelt von dritter Seite für die gegenüber dem Reisenden erbrachte Vermittlungsleistung oder in besonders gelagerten Ausnahmefällen als nicht steuerbarer Zuschuss behandelt werden.

1.10. Vermittlungsleistungen oder Eigengeschäft beim Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen

Es gelten die Anweisungen in Abschn. 3.7 Abs. 2 bis 4 UStAE. Zur Abgrenzung zwischen Vermittlungsleistungen und Eigengeschäften beim Verkauf von Gebrauchtwagen s. OFD Niedersachsen vom 1.9.2017 (S 7110 – 3 – St 171, DB 2017, 2200, LEXinform 5236396).

1.11. Vermittlung von Leistungen i.S.d. § 12 Nr. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG

Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen u.a. die Umsätze von Ticket-Eigenhändlern aus dem Verkauf von Eintrittsberechtigungen. Auf Vermittlungsleistungen ist die Steuerermäßigung hingegen nicht anzuwenden (Abschn. 12.5 Abs. 4 Satz 3 und 4 UStAE; s.a. BFH Urteil vom 3.11.2011, V R 16/09, BStBl II 2012, 378).

Die Vermittlung von Eintrittskarten an Nichtunternehmer (Leistungsempfänger – B2C-Vermittlung) fällt nicht unter die Ortsregelung des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG (Abschn. 3a.6 Abs. 2 Satz 4 UStAE), sondern unterliegt der Ortsbestimmung des § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG (s.a. Abschn. 3a.6 Abs. 13 Satz 7 UStAE).

1.12. Vermittlungsleistungen bei der Abgabe von Hotelschecks

1.12.1. Anzahlungen für Vermittlungsleistungen

Der Stpfl. vertreibt für einen Betrag von 49,90 € sog. »Hotelschecks«. Er verpflichtet sich gegenüber den Erwerbern der »Hotelschecks«, ihnen die Buchung von drei kostenlosen Übernachtungen in einem der im Hotelkatalog des Stpfl. genannten über 2 500 Hotels unter den dort genannten Bedingungen zu ermöglichen. Der Kunde muss pro Kopf und Tag einen je nach Qualität des Hotels unterschiedlichen Betrag für Frühstück und Abendessen (zuzüglich Getränke) entrichten.

Das Hotelzimmer hat der Kunde beim Vertragshotel selbstständig zu buchen. Nach erfolgreicher Buchung muss er das Original des um den Namen des Hotels ergänzten »Hotelschecks« als Buchungsbestätigung an den Stpfl. zurücksenden, der den Scheck dann als Vermittler im Namen des Kunden dem Hotel übersendet.

Der Stpfl. ist der Auffassung, eine entgeltliche Leistung liege nicht vor, weil im Zeitpunkt der Ausgabe der »Hotelschecks« noch nicht feststehe, ob der Erwerber von dem Angebot Gebrauch mache und welches Hotel er wähle.

Mit Urteil vom 8.9.2011 (V R 42/10, BStBl II 2012, 248; s.a. Anmerkung vom 20.1.2012, LEXinform 0879210) hat der BFH entschieden, dass nach ständiger Rspr. dann ein Leistungsaustausch vorliegt, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarerer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Aufgrund der rechtsgeschäftlichen Verknüpfung zwischen der vom Stpfl. versprochenen Leistung und der Zahlung des jeweiligen Vertragspartners bejaht der BFH einen unmittelbaren Zusammenhang. Der Stpfl. tätigt Vermittlungsleistungen. Das von den Erwerbern der »Hotelschecks« bei deren Erwerb bezahlte Entgelt unterliegt als Anzahlung im Inland der USt.

1.12.2. Ortsvorschrift

Vermittlungsleistungen an Nichtunternehmer werden an dem Ort ausgeführt, an dem die zugrunde liegenden Umsätze ausgeführt werden (§ 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG). Unter diese Ortsregelung fällt auch die Vermittlung der kurzfristigen Vermietung von Zimmern in Hotels (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStAE). Die Vermittlungsleistungen gelten nach § 3a Abs. 1 UStG als am Sitz des Vermittlers ausgeführt. Somit unterliegen die Anzahlungen im Inland der USt.

Kommt es zum Abschluss eines Beherbergungsvertrages mit einem Hotel, das sich auf einem nicht im Inland belegenen Grundstück befindet, liegt für Vermittlungsumsätze eine im Inland steuerbare Vermittlungsleistung vor, da die Ortsregelung für die Vermittlung der kurzfristigen Vermietung von Zimmern in Hotels nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG nach dem Belegenheitsort des Grundstücks bestimmt wird. Die Vermittlungsleistungen gelten nach § 3a Abs. 1 UStG als am Sitz des Vermittlers ausgeführt.

1.13. Leistungen von Spielervermittlern

1.13.1. Steuerentstehung bei ratenweise vergüteten Vermittlungsleistungen

Bei der Vermittlung von Profifußballspielern erhält der Spielervermittler Provisionszahlungen von den aufnehmenden Fußballvereinen. Der Vergütungsanspruch für die Vermittlung setzt dem Grunde nach voraus, dass der Spieler beim neuen Verein einen Arbeitsvertrag unterschreibt und die DFL-GmbH als Lizenzgeber dem Spieler eine Spielerlaubnis erteilt. Die Provisionszahlungen sind häufig in Raten verteilt auf die Laufzeit des Arbeitsvertrages zu leisten, wobei die Fälligkeit und das Bestehen der einzelnen Ratenansprüche unter der Bedingung des Fortbestehens des Arbeitsvertrages zwischen Verein und Spieler stehen.

Versteuert der Spielevermittler seine Umsätze nach § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG (Sollbesteuerung), ist die USt auf die Summe der gesamten Ratenzahlungen anzumelden und abzuführen, nachdem die Vermittlungsleistung erbracht ist. Die gesamte USt ist somit unabhängig von der Entgeltvereinnahmung zu versteuern.

Der BFH zweifelt an der bislang uneingeschränkt angenommenen Pflicht zur Vorfinanzierung der USt durch den zur Sollbesteuerung verpflichteten Unternehmer und richtet mit Beschluss vom 21.6.2017 (V R 51/16, BFH/NV 2017, 1576, LEXinform 5020469) ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH. Auf seine Vorlage soll der EuGH insbes. entscheiden, ob der Stpfl.verpflichtet ist, die für die Leistung geschuldete Steuer für einen Zeitraum von zwei Jahren vorzufinanzieren, wenn er die Vergütung für seine Leistung (teilweise) erst zwei Jahre nach Entstehung des Steuertatbestands erhalten kann (BFH Pressemitteilung Nr. 59/2017 vom 20.9.2017, LEXinform 0447110).

In den Rz. 26 und 27 seines Urteils vom 29.11.2018 (C-548/17, UR 2019, 70, LEXinform 0651550) betont der EuGH neben Art. 63 auch die Relevanz von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL. Nach Art. 63 MwStSystRL treten Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Dienstleistung erbracht wird. Zum anderen gelten Dienstleistungen, wenn sie zu aufeinanderfolgenden Zahlungen Anlass geben, nach Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL als mit Ablauf des Zeitraums i.S.d. genannten Art. 63 MwStSystRL erbracht, auf den sich diese Zahlungen beziehen.

Aus Sicht des EuGH ist davon auszugehen ist, dass der Steuertatbestand und der Steueranspruch bezüglich einer Leistung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht zum Zeitpunkt der Vermittlung, sondern mit Ablauf des Zeitraums eintreten, auf den sich die vom Verein geleisteten Zahlungen beziehen (Anmerkung vom 29.11.2018, LEXinform 0401986).

Mit Urteil vom 26.6.2019 (V R 8/19, BFH/NV 2019, 1211, LEXinform 0952275) hat sich der BFH der Rechtsauffassung des EuGH im Vorabentscheidungsersuchen angeschlossen. Nach Auffassung des BFH ist die Sollbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG nicht unionsrechtskonform, sodass sich der Spielervermittler im vorliegenden Fall unmittelbar auf Art. 64 der MwStSystRL berufen kann.

Entsprechend war die Besteuerung für die im Streitjahr erbrachte Vermittlungsleistung nicht in diesem Veranlagungszeitraum, sondern erst im Veranlagungszeitraum der Vereinnahmung zu versteuern. Nach der Auffassung des BFH (V R 8/19, Rz. 19) setzt Art. 64 MwStSystRL keine wirtschaftlich teilbare Leistung voraus, sondern die Teilbarkeit des Entgelts würde genügen. Auch Vermittlungsleistungen, die sich nach der Leistungshandlung auf die Vermittlung des Eintritts eines bestimmten Ereignisses beschränken, fallen – wie der EuGH darlegt – unter Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL. Für die Anwendung dieser Bestimmung genügt, dass eine Vermittlungsleistung nach der Dauerhaftigkeit des vermittelten Erfolges (hier: Verbleib des Spielers beim aufnehmenden Verein über die vereinbarte Vertragslaufzeit) vergütet wird (s.a. Anmerkung vom 18.10.2019, LEXinform 0880499).

1.13.2. Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Spielervermittlern

Wie der BFH mit Urteil vom 28.8.2013 (XI R 4/11, BStBl II 2014, 282) entschieden hat, kann ein Profifußballverein die Vorsteuer aus Rechnungen von Spielervermittlern nur abziehen, wenn der Verein – und nicht ausschließlich der betreffende Spieler – Empfänger der Leistungen ist (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 70/13 vom 16.10.2013, LEXinform 0440792).

Der klagende Bundesligaverein begehrt den Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Spielervermittlern. Diesen hat das FA unter Hinweis auf den fehlenden Leistungsaustausch zwischen Spielervermittler und Verein versagt. Das FG Düsseldorf hat der dagegen gerichteten Klage des Vereins mit Urteil vom 29.10.2011 (1 K 4206/08 U, EFG 2011, 927, LEXinform 5011502) stattgegeben und dabei die Auffassung vertreten, dass die Spielervermittler durch die Beratung und Vermittlung bei Transfers bzw. Vertragsverlängerungen Vermittlungsleistungen gegenüber dem Verein erbracht haben.

Hingegen sieht der BFH gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Spielervermittler – zumindest auch – Leistungen an die jeweiligen Spieler erbracht haben. Soweit der Verein die Leistungen der Spielervermittler an die Spieler vergütet haben sollte, stünde ihm kein Vorsteuerabzug zu. Der BFH hat daher den Rechtsstreit an das FG Düsseldorf zurückverwiesen. Dieses wird im zweiten Rechtsgang insbesondere die zwischen Spielern und Spielervermittlern abgeschlossenen Managementverträge überprüfen (s.a. Pressemitteilung des FG Düsseldorf vom 28.10.2013, LEXinform 0440852 sowie Anmerkung vom 25.10.2013, LEXinform 0879381; Englisch, UR 12/2014, 461).

1.14. Bemessungsgrundlage bei Vermittlungsleistungen

Ist die steuerbare Vermittlungsleistung nicht nach § 4 UStG befreit, ist sie stpfl. Sie unterliegt nach § 12 Abs. 1 UStG dem Regelsteuersatz. Bei der Bemessungsgrundlage ist besonders zu beachten, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 4 UStG (Abschn. 10.4 UStAE) durchlaufende Posten nicht zum Entgelt gehören. Durchlaufende Posten in diesem Sinne liegen nach § 10 Abs. 1 Satz 4 UStG dann vor, wenn der Vermittler Beträge im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt. Um keine durchlaufenden Posten handelt es sich demnach, wenn der Vermittler seinem Auftraggeber z.B. Reisekosten und sonstige Spesen berechnet, die bei ihm in eigener Person entstanden sind.

Beispiel 6:

Beispiel s. Kurz/Meissner, Finanz und Steuern, Band 2 (USt), 17. A., 190.

Handelsvertreter H in Stuttgart ist für den Maschinenfabrikanten M in Karlsruhe ständig damit betraut, im Namen von M Kaufverträge über die von M hergestellten Maschinen mit Kunden abzuschließen. Nach dem Handelsvertretervertrag steht H pro vermitteltem Vertrag eine Provision i.H.v. 20 % des Kaufpreises zu. Außerdem ist er berechtigt, M seine hierbei entstandenen Fahrtkosten mit dem Pkw i.H.v. 0,30 €/km sowie Bewirtungskosten in Rechnung zu stellen. Dementsprechend stellt H dem M anlässlich des Abschlusses eines Vertrages über die Lieferung einer Maschine an den Kunden S in Siegen folgende Rechnung aus:

Fahrtkosten 150 km à 0,30 €45,00 €
Bewirtungskosten lt. beigefügter Rechnung (netto)79,95 €
Gesamtbetrag (netto)124,95 €

Nach Ausführung des Liefergeschäfts erteilt M dem H folgende Gutschrift:

Provision für die Lieferung der Maschine an S 20 % des Kaufpreises netto (9 000 €)1 800,00 €
zzgl. Spesen laut ihrer Abrechnung124,95 €
Summe1 924,95 €
zzgl. USt 19 %365,74 €
Gesamtbetrag2 290,69 €

Lösung 6:

Die Vermittlungsleistung des H gegenüber M ist steuerbar und stpfl. Zur Bemessungsgrundlage gehören auch die vergüteten Spesen, da es sich insoweit nicht um durchlaufende Posten bei H handelt. Das Bruttoentgelt für die Vermittlungsleistung des H beträgt somit entsprechend der Gutschrift 2 290,69 €. Die USt beträgt, wie in der Gutschrift ausgewiesen, 365,74 €.

1.15. Preisnachlässe durch Verkaufsagenten

Der BFH hat mit Urteil vom 12.1.2006 (V R 3/04, BStBl II 2006, 479) entschieden, dass ein Verkaufsagent die Bemessungsgrundlage für seine Vermittlungsleistungen mindern kann, wenn er Preisnachlässe für die von ihm vermittelten Leistungen gewährt. Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (Abschn. 17.2 Abs. 10 Sätze 1 bis 7 UStAE).

Die vorgenannten Grundsätze finden keine Anwendung, wenn nicht ein an der Leistungskette beteiligter Unternehmer, sondern lediglich ein Vermittler dem Empfänger des von ihm vermittelten Umsatzes einen Teil des Preises für den vermittelten Umsatz vergütet. Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 16.1.2014 (C-300/12, BStBl II 2015, 317) entschieden, dass die Grundsätze, die der EuGH im Urteil vom 24.10.1996 (C-317/94, BStBl II 2004, 324), zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer aufgestellt hat, nicht anzuwenden sind, wenn ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird. Der BFH hat sich mit dem Folgeurteil vom 27.2.2014 (V R 18/11, BStBl II 2015, 306) dieser Rechtsauffassung unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (BFH Urteile vom 12.1.2006, V R 3/04, BStBl II 2006, 479, vom 13.7.2006, V R 46/05, BStBl II 2007, 186 sowie vom 13.3.2008, V R 70/06, BStBl II 2008, 997) angeschlossen. Danach kommt es nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage, wenn ein Vermittler dem Empfänger des von ihm vermittelten Umsatzes einen Teil des Preises für den vermittelten Umsatz vergütet. Dementsprechend führt der Preisnachlass auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Kunden (BFH-Urteil vom 3.7.2014, V R 3/12, BStBl II 2015, 307).

Mit Schreiben vom 27.2.2015 (BStBl I 2015, 232) nimmt das BMF zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Preisnachlässen durch Verkaufsagenten/Vermittler Stellung und bringt dabei die Verwaltungsregelung u.a. in Abschn. 17.2 Abs. 10 UStAE auf den Stand der geänderten BFH-Rechtsprechung (s. → Bemessungsgrundlage unter dem Gliederungspunkt »Kaufpreisminderung durch Verkaufsagenten«). S.a. die Beispiele 1 und 2 in Abschn. 10.3 Abs. 4 UStAE.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 27.2.2015 (BStBl I 2015, 232) sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Vermittler bzw. Verkaufsagenten für Preisnachlässe, die bis zur Veröffentlichung der o.g. BFH-Urteile im BStBl Teil II gewährt wurden, von einer Entgeltminderung ausgegangen sind. Bei der Berechnung der Umsatzsteuerminderung ist von dem Steuersatz auszugehen, der für den vermittelten Umsatz maßgeblich ist. Für Preisnachlässe, die ab dem Tag nach der Veröffentlichung – ab 27.2.2015 – gewährt werden, ist daher keine Minderung der Bemessungsgrundlage beim Vermittler bzw. Verkaufsagent vorzunehmen.

Beispiel 7:

vermittlungsleistung reiseveranstalter reisebuero kunde

Der Vermittler erhält 10 % des Reisepreises. Der Vermittler gewährt den Kunden einen Preisnachlass von 3 %.

Lösung 7:

Preisnachlass vor dem 27.2.2015

Die Bemessungsgrundlage der von dem Reisebüro an die Reiseveranstalter erbrachten Vermittlungsumsätze vermindert sich um die Beträge, die den Endverbrauchern (Reisekunden) von dem Reisebüro vergütet wurden. Der Vorsteuerabzug der Reiseveranstalter für die vom Reisebüro diesen in Rechnung gestellten Vermittlungsleistungen ändert sich dadurch nicht, auch wird die Rechnung durch die Änderung der Bemessungsgrundlage beim Reisebüro nicht unrichtig, so dass sie die USt etwa nach § 14c UStG schulden würden. Im Gesamtergebnis erhält der Fiskus damit die USt, die in dem vom Endverbraucher aufgewendeten Betrag enthalten ist.

Der Reiseveranstalter erteilt dem Kunden eine ungeminderte Rechnung:

Rechnungspreis netto1 000 €
zzgl. 19 % USt190 €
insgesamt1 190 €
Dem Reisebüro wird vereinbarungsgemäß eine Provisionsgutschrift i.H.d. ungeminderten Provision erteilt:100 €
zzgl. USt 19 %19 €
insgesamt119 €
Zahllast des Reiseveranstalters:
USt190 €
Vorsteuer./. 19 €
Zahllast171 €171,00 €
Zahllast des Reisebüros:
Der BFH hat im Urteil vom 12.1.2006 (V R 3/04, BStBl II 2006, 479) entschieden, dass ein von einem Vermittler an den Endabnehmer gewährter Preisnachlass die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der Vermittlungsleistung entsprechend mindert.
Umsatz119,00 €
abzgl. Preisminderung 3 % von 1 190 €./. 35,70 €
Bemessungsgrundlage83,30 €
USt 19 % daraus./. 13,30 €13,30 €
Entgelt70,00 €
Fiskus184,30 €
Dies entspricht der USt, die in dem vom Kunden letztlich aufgewendeten Betrag enthalten ist.
Aufgewendeter Betrag des Reisekunden1 190,00 €
abzgl. 3 %./. 35,70 €
Differenz1 154,30 €
USt daraus (19 %)184,30 €

Preisnachlass ab 27.2.2015

Eine Minderung der Bemessungsgrundlage kommt nicht in Betracht, wenn nicht ein an der Leistungskette beteiligter Unternehmer, sondern lediglich ein Vermittler dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen sog. Preisnachlass gewährt (BFH Urteil vom 27.2.2014, V R 18/11, BStBl II 2015, 306). Danach mindern beispielsweise Preisnachlässe, die dem Abnehmer von Reiseleistungen vom Reisebüro für eine vom Reisebüro lediglich vermittelte Reise gewährt werden, nicht die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der vom Reisebüro dem Reiseveranstalter gegenüber erbrachten Vermittlungsleistung (Abschn. 17.2 Abs. 10 Sätze 8 ff. UStAE; Becker, NWB 29/2014, 2193). Da der vom Vermittler gewährte Preisnachlass nicht das Entgelt für die Leistung des Vermittlers an seinen Auftraggeber mindert, führt dieser auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus der vermittelten Leistung beim (End-)Kunden (BFH Urteil vom 3.7.2014, V R 3/12, BStBl II 2015, 307; s.a. Anmerkung vom 27.2.2014, LEXinform 0401875).

Der Reiseveranstalter erteilt dem Kunden eine ungeminderte Rechnung:

Rechnungspreis netto1 000 €
zzgl. 19 % USt190 €
insgesamt1 190 €
Dem Reisebüro wird vereinbarungsgemäß eine Provisionsgutschrift i.H.d. ungeminderten Provision erteilt::100 €
zzgl. USt 19 %19 €
insgesamt119 €
Zahllast des Reiseveranstalters:
USt190 €
Vorsteuer./. 19 €
Zahllast171 €171,00 €
Zahllast des Reisebüros:
Der Preisnachlass darf die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die Provision nicht mehr mindern, so dass der Vermittler die volle USt aus der Vermittlungsleistung an das FA abführen muss.
Umsatz119,00 €
USt 19 % daraus./. 19,00 €19,00 €
Entgelt100,00 €
Insgesamt fließen dem Fiskus 190 € zu, obwohl der Kunde weniger belastet ist.190,00 €
Aufgewendeter Betrag des Reisekunden1 190,00 €
abzgl. 3 %./. 35,70 €
Differenz1 154,30 €
USt daraus (19 %)184,30 €

Vergleich der alten mit der neuen Rechtslage:

AltregelungNeuregelung
NettoertragUmsatzsteuerNettoertragUmsatzsteuer
Provision100,00 €19,00 €100,00 €19,00 €
abzgl. Preisnachlass./. 30,00 €./. 5,70 €./. 35,70 €0,00 €
Ertrag70,00 €13,30 €64,30 €19,00 €

1.16. Abgabe von Gratis-Handys durch Vermittler von Mobilfunkverträgen.

Zur Abgabe von Startpaketen im Mobilfunkbereich s. die Erläuterungen unter → Telekommunikationsleistungen. Zu den umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen bei Abgabe von Startpaketen im Mobilfunkbereich und bei Abgabe von Zahlkarten s. die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 19.2.2016 (S 7100 – 407 – St 171, LEXinform 5235878 sowie das BMF-Schreiben – koordinierter Ländererlass – vom 3.12.2001, BStBl I 2001, 1010).

Beispiel 8:

vermittlungsleistung

Wählt der Kunde einen Tarif mit Handy für 0 €, muss er an den Mobilfunkanbieter dafür eine um 5 bis 10 € erhöhte Monatsgebühr zahlen.

Nach Vermittlung der Mobilfunkverträge erhält der Vermittler von den Mobilfunkanbietern Zahlungen. Die Höhe der Zahlungen ist davon abhängig, ob der Kunde einen Tarif mit oder ohne Handy gewählt hat. Bei einem Tarifabschluss mit Handy zahlt der jeweilige Mobilfunkanbieter an den Vermittler zusätzlich zu der Provision einen weiteren Betrag als »Gerätebonus«.

Die Handys hat der Vermittler im eigenen Namen erworben und insoweit den Vorsteuerabzug geltend gemacht.

Lösung 8:

Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH-Urteil vom 16.10.2013 (XI R 39/12, BStBl II 2014, 1024; s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 81/2013 vom 27.11.2013, LEXinform 0440964 sowie das BMF-Schreiben vom 4.12.2014, BStBl I 2014, 1617 zur Anwendung des BFH-Urteils vom 16.10.2013 und zur Ergänzung des Abschn. 10.2 Abs. 5 UStAE).

Das FA war der Auffassung, dass es sich bei der Abgabe der vom Vermittler an die Kunden für 0 € abgegebenen Handys um unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG handele.

Dem folgten das FG und der BFH nicht, weil die Abgabe der Handys wegen des von den Mobilfunkanbietern dafür gezahlten Bonus nicht unentgeltlich sei. Aufgrund der über die reine Vermittlungsprovision hinaus geleisteten Zahlungen (Geräteboni) der Mobilfunkanbieter an den Vermittler handelt es sich um steuerbare entgeltliche Lieferungen des Vermittlers an die Kunden.

Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG). Der vom Mobilfunkanbieter an den Vermittler gezahlte Gerätebonus für die vom Vermittler an den Kunden erfolgte Handylieferung stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG ein Entgelt eines Dritten dar (s.a. Abschn. 10.2 Abs. 5 Sätze 7 und 8 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 4.12.2014, BStBl I 2014, 1617).

Für diese Lieferung der Handys schuldet der Vermittler die USt nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Diese USt hat der Vermittler dadurch gezahlt, dass er die von den Mobilfunkanbietern erhaltenen Zahlungen – insgesamt, also auch soweit ein Gerätebonus gezahlt wurde – der USt unterworfen hat. Die Mobilfunkanbieter haben darüber mit Gutschrift abgerechnet.

Nimmt der leistende Unternehmer eine Gutschrift widerspruchslos entgegen, in der ein höherer als der gesetzlich geschuldete Steuerbetrag gesondert ausgewiesen worden ist, schuldet er auch den Mehrbetrag.

§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG ist auch anwendbar, wenn der ausgewiesene Steuerbetrag selbst nicht fehlerhaft ermittelt wurde, sondern im Zusammenhang mit einer unzutreffenden Bemessungsgrundlage steht, z.B. weil in einer Gutschrift unzutreffend ein Entgelt von dritter Seite i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG einbezogen wurde (BFH Urteil vom 16.10.2013, XI R 39/12, BStBl II 2014, 1024, Rz. 60).

Soweit in den Gutschriften der Mobilfunkanbieter – neben den Provisionen – auch die Geräteboni erfasst und auch insoweit USt gesondert ausgewiesen wurde, handelt es sich um einen unzulässigen Steuerausweis i.S.d. § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG. Solche von den Mobilfunkanbietern erteilten Gutschriften begründen abstrakt die Gefahr, von den Mobilfunkanbietern zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden; denn den Mobilfunkanbietern steht insoweit kein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu, weil sie nicht Leistungsempfänger sind. Es kommt insofern – bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG – ausschließlich ein Vorsteuerabzug der Kunden als Leistungsempfänger des Vermittlers in Betracht (s.a. Eilers u.a., UR 2013, 933).

1.17. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Einzweckguthabenkarten in der Telekommunikation

Mit Urteil vom 3.5.2012 (C–520/10, BStBl II 2012, 755) hat der EuGH entschieden, dass ein Telefonanbieter, der Telekommunikationsdienstleistungen anbietet, die darin bestehen, dass an einen Vertriebshändler Telefonkarten verkauft werden, die alle notwendigen Informationen zur Tätigung internationaler Anrufe über die von diesem Anbieter zur Verfügung gestellte Infrastruktur enthalten und die vom Vertriebshändler im eigenen Namen und für eigene Rechnung entweder unmittelbar oder über andere Stpfl. wie Groß- und Einzelhändler an Endnutzer weiterverkauft werden, eine entgeltliche Telekommunikationsdienstleistung an den Vertriebshändler erbringt (→ Telekommunikationsleistungen). Dagegen erbringt der betreffende Anbieter keine zweite entgeltliche Dienstleistung an den Endnutzer, wenn dieser, nachdem er die Telefonkarte erworben hat, von dem Recht Gebrauch macht, mit Hilfe der Informationen auf der Karte Anrufe zu tätigen (s.a. Abschn. 3a.10 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 UStAE).

Der EuGH hat sich in seiner Entscheidung nicht mit der Abgrenzung zwischen der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen und ihrer bloßen Vermittlung auseinandergesetzt. Die Verwaltung nimmt das EuGH-Urteil vom 3.5.2012 (C–520/10, BStBl II 2012, 755) zum Anlass, zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Einzweckguthabenkarten in der Telekommunikation Stellung zu nehmen (BMF – koordinierter Ländererlass – vom 24.9.2012, BStBl I 2012, 947).

Bei der entgeltlichen Abgabe von Telefonkarten,

  • mit denen es dem Abnehmer ermöglicht wird, Anrufe über die zur Verfügung gestellte Infrastruktur zu tätigen,
  • bei denen die Verwendung des Guthabens für andere Leistungen technisch ausgeschlossen ist und
  • die alle zur Tätigung der Anrufe notwendigen Informationen enthalten,

handelt es sich um die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen. Diese Leistungen werden bereits mit der Abgabe der Telefonkarten ausgeführt; wann das Guthaben tatsächlich für Telefongespräche in Anspruch genommen wird, ist unerheblich. Es liegt keine Lieferung vor, da das wirtschaftliche Interesse des Kartenerwerbers nicht auf das Erlangen der Verfügungsmacht an der Karte gerichtet ist, sondern darauf, mithilfe der auf der Karte befindlichen Information Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Werden ein oder mehrere Händler in den Vertrieb der Telefonkarten eingeschaltet, ist auf jeder Handelsstufe zu ermitteln, ob eine Telekommunikationsdienstleistung oder eine Vermittlungsleistung vorliegt. Sofern der Händler im eigenen Namen auftritt, erbringt er an seinen Abnehmer eine Telekommunikationsdienstleistung. Wenn er dabei für fremde Rechnung tätig wird, gilt die Telekommunikationsdienstleistung nach § 3 Abs. 11 UStG als an ihn und von ihm erbracht. Agiert der Händler im fremden Namen und für fremde Rechnung, erbringt er eine Vermittlungsleistung. Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Einzweck-Gutscheine i.S.d. § 3 Abs. 14 UStG s. → Warengutscheine unter dem Gliederungspunkt »Leistungsausführung bei der Übertragung von Einzweck-Gutscheinen«.

Das FG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 15.1.2015 (5 K 5381/13, EFG 2016, 684, LEXinform 5018952, Revision eingelegt, Az. BFH: V R 4/16, LEXinform 0950744) entschieden, dass mit dem Verkauf sog. Calling-Karten (Telefonkarten) jedenfalls dann keine Telekommunikationsleistungen, sondern lediglich Vermittlungsleistungen für Leistungen der Plattformbetreiber erbracht werden, wenn die Erwerber der Karten unter keinem Gesichtspunkt davon ausgehen können, dass der Verkäufer die Telekommunikationsleistungen selbst erbringen wird (s.a. das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 19.10.2009, 9 K 447/06, EFG 2010, 519, LEXinform 5009465, rkr.). Mit Urteil vom 10.8.2016 (V R 4/16, BStBl II 2017, 135) hob der BFH die Vorentscheidung des FG Berlin-Brandenburg auf und hat entschieden, dass derjenige Unternehmer, der auf eigene Rechnung Telefonkarten erwirbt und diese an seine Kunden veräußert, auch dann selbst eine Telekommunikationsleistung ausführen kann, wenn er nach seinen AGB lediglich als Vermittler auftreten will. Durch den Erwerb der Telefonkarten auf eigene Rechnung und dem Verkauf an die Kunden im fremden Namen wird der Händler im fremden Namen ohne Vertretungsmacht tätig, so dass zivilrechtlich ein Eigengeschäft nach §§ 177, 179 BGB vorliegt. Umsatzsteuerrechtlich führt dies zu einer Leistung durch den vollmachtlosen Vertreter.

Rechtsfehlerhaft – so der BFH – ist überdies die Annahme des FG, die Kunden des Verkäufers der Karten könnten unter keinem denkbaren Gesichtspunkt davon ausgehen, dass der Verkäufer die Telekommunikationsdienstleistungen selbst erbringen würde. Dafür fehlt jegliche Grundlage. Auch wenn der Verkäufer aus Sicht der Kunden nicht in der Lage war, die technische Übertragungsleistung zu erbringen, können Telefonkarten im einzelnen Fall durchaus wie eine Ware gehandelt werden. Der Begriff der Telekommunikationsleistung als Dienstleistung ist weit auszulegen. Darunter sind gem. Art. 24 Abs. 2 MwStSystRL nicht nur die Übertragung von Signalen, sondern auch alle Leistungen zu verstehen, durch die eine solche Übertragung ermöglicht wird. Dies ist vorliegend der Fall, weil der Verkäufer durch den Weiterverkauf von Telefonkarten dem Kunden ein (verbilligtes) Telefonieren im Netz des jeweiligen Anbieters ermöglicht. Die technische Möglichkeit zur Erbringung der Telefonleistung ist nach dem weiten Begriff der Telekommunikationsdienstleistung keine Voraussetzung für ein Eigengeschäft.

1.18. Fälle zu den Vermittlungsleistungen

Beispiel 9:

Handelsvertreter H mit Sitz in Zürich vermittelt im Namen und für Rechnung der Fa. F mit Sitz in Stuttgart den Verkauf einer Maschine an den Abnehmer A mit Sitz in Zürich. Die Maschine wird von F von Stuttgart zu A nach Zürich befördert. F verwendet gegenüber H keine USt-IdNr.

Lösung 9:

Da Leistungsempfänger der Vermittlungsleistung ein Unternehmer ist (Fa. F aus Stuttgart) und die Firma F die Vermittlungsleistung auch für ihr Unternehmen bezogen hat, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG, sondern nach der Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG. Danach wird die Vermittlungsleistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (Empfängersitzprinzip). Der Ort befindet sich in Stuttgart.

Da H eine steuerfreie Ausfuhrlieferung vermittelt hat, ist seine Vermittlungsleistung steuerfrei nach § 4 Nr. 5 Buchst. a UStG.

Beispiel 10:

Handelsvertreter H mit Sitz in Zürich vermittelt im Namen und für Rechnung der Fa. X (Sitz Stuttgart) den Verkauf einer Maschine an den Abnehmer F (Sitz Zürich/Schweiz). Die Maschine wird von X von einem Auslieferungslager in Zürich aus zu F befördert.

  1. X verwendet gegenüber H seine deutsche USt-IdNr bzw.
  2. X verwendet gegenüber H keine USt-IdNr.

Lösung 10:

Da Leistungsempfänger der Vermittlungsleistung ein Unternehmer ist (Fa. X aus Stuttgart) und die Firma X die Vermittlungsleistung auch für ihr Unternehmen bezogen hat, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG, sondern nach der Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG. Danach wird die Vermittlungsleistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (Empfängersitzprinzip). Der Ort befindet sich in Stuttgart.

Da der vermittelte Umsatz ausschließlich im Drittlandsgebiet Schweiz bewirkt wird, ist der Umsatz in Deutschland nach § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG steuerfrei.

Beispiel 11:

Handelsvertreter H mit Sitz in Stuttgart vermittelt am 6.4.03 im Auftrag der Fa. X den Verkauf einer Maschine zwischen der Fa. X in Stuttgart und der Fa. Y mit Sitz in Lyon.

Die Maschine wird am 10.4.03 mit Firmen-Lkw von Stuttgart nach Lyon transportiert. Die Fa. X hat die vermittelte Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei gem. § 6a UStG behandelt.

Lösung 11:

Da Leistungsempfänger der Vermittlungsleistung ein Unternehmer ist (Fa. X aus Stuttgart) und die Firma X die Vermittlungsleistung auch für ihr Unternehmen bezogen hat, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG, sondern nach der Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG. Danach wird die Vermittlungsleistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (Empfängersitzprinzip). Der Ort befindet sich in Stuttgart. Da die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 5 UStG nicht greift, ist die Vermittlungsleistung auch stpfl.

2. Ertragsteuerrechtliche Behandlung

Bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich wird die Gewinnneutralität sog. durchlaufender Posten durch Aktivierung und Passivierung gleich hoher Wertzu- und Wertabgänge erreicht. Dies gilt jedoch nur in den Fällen, in denen die vereinnahmten Geldbeträge zunächst in das Eigentum des Stpfl. fallen und nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Weiterleitung besteht. Steht das Eigentum hieran anderen Personen zu, sind die Geldbeträge in der Gewinnermittlung nicht auszuweisen, denn dem Betriebsvermögen können nur im (wirtschaftlichen) Eigentum des Unternehmers stehende WG zugerechnet werden (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 242 Abs. 1 HGB). Der Erhalt von in fremdem Eigentum stehenden Geldbeträgen ist nicht als Betriebseinnahme, die Weiterleitung der Beträge an den Eigentümer nicht als Betriebsausgabe zu erfassen.

Verwendet der Stpfl. in fremdem Eigentum stehende Geldbeträge (abredewidrig) zunächst für sich und nimmt er sodann ein Darlehen auf, mit dem er den Geldbetrag ersetzt, entnimmt er weder Betriebseinnahmen noch finanziert er Betriebsausgaben. Ob der Stpfl. die Schuldzinsen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) abziehen kann, richtet sich danach, für welche Zwecke er die Fremdmittel verwendet hat. Hat er hiermit Betriebsausgaben finanziert, also etwa Wareneingangsrechnungen für sein Unternehmen beglichen, sind die Schuldzinsen betrieblich veranlasst und daher als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 4 EStG). Hat er das Geld jedoch zu privaten Zwecken verbraucht, sind sie nicht abziehbar (BFH Urteil vom 4.11.2004, III R 5/03, BStBl II 2005, 277).

Zur Bilanzierung von Provisionsvorauszahlungen und damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen hat der BFH mit Urteil vom 26.4.2018 (III R 5/16, BFH/NV 2018, 999, LEXinform 0950750) Stellung genommen.

Provisionsansprüche des Handelsvertreters entstehen – wenn keine abweichende Vereinbarung (§ 87a Abs. 1 Satz 2 HGB) getroffen wurde – gem. § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB erst dann, wenn der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Soweit der Handelsvertreter Provisionen schon vor der Ausführung der Leistung, z.B. einer Reise, erhalten hat, stehen diese Provisionen unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), z.B. der Ausführung der Reise, und sind mithin stornobehaftet. Es liegen insoweit Provisionsvorschüsse im Rahmen eines schwebenden Geschäfts vor. Zwar hat der Vermittler (z.B. das Reisebüro) zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Provisionsvorschüsse erhielt, seine Leistungspflichten hinsichtlich der zugrundeliegenden Vermittlungsgeschäfte erfüllt. Die Entstehung des Provisionsanspruchs knüpft aber gem. § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB an die Vollendung des Leistungserfolgs durch Ausführung der Reise an. Diese war im Zeitpunkt der Zahlung der Provisionsvorschüsse noch nicht eingetreten. Daher ist es gerechtfertigt, auch hier von Vorleistungen in Gestalt von Provisionsvorschüssen zu sprechen.

Soweit die Zahlungen daher als Provisionsvorschüsse zu werten sind, fehlt es an einer Gewinnrealisierung. Denn erst durch die Ausführung der Reise (Bedingungseintritt) wird der Gewinn durch die Entstehung des Provisionsanspruchs realisiert. Solange der Provisionsanspruch noch der aufschiebenden Bedingung unterliegt, kann er nicht aktiviert werden.

Die Provisionsvorschüsse sind als »erhaltene Anzahlungen« nach § 266 Abs. 3 C.3. HGB zu passivieren; darin kommt die Verpflichtung zum Ausdruck, die Beträge bei Nichtausführung der Reise zurückzahlen zu müssen.

Aufwendungen, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Provisionsvorschüssen stehen, sind nicht als »unfertige Leistung« zu aktivieren, wenn kein Wirtschaftsgut entstanden ist (s.a. Anmerkung vom 24.7.2018, LEXinform 0949800).

3. Literaturhinweise

Völkel u.a., ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt); Rebe, Das Recht der Handelsvertreter, NWB Fach 18, 837; Eilers u.a., Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Zugabe von Mobiltelefonen beim Abschluss eines Mobilfunkvertrages, UR 2013, 933; Becker, Vermittlungsleistung und Preisnachlass, NWB 29/2014, 2193; Englisch, Vorsteuerabzug für Leistungen von Spielervermittlern, UR 12/2014, 461.

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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