Übertragung von Einkünften innerhalb der Familie bei Immobilien.
Übertragung von Einkünften innerhalb der Familie bei Immobilien.
Wann ist ein Zuwendungsnießbrauch steuerlich anzuerkennen? Der BFH hat klargestellt, dass eine befristete Übertragung auf die minderjährigen Kinder im Wege eines unentgeltlichen Nießbrauchs nicht missbräuchlich ist, wenn die Eltern – von der übertragenen Einkunftsquelle abgesehen – hieraus keinen weiteren Steuervorteil ziehen.
Immobilien – Wie können Vermietungseinkünfte innerhalb der Familie verlagert werden – Übertragung von Einkünften?
Mit Urteil vom 20.06.2023 (IX R 8/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die zeitlich befristete Übertragung einer Einkunftsquelle auf minderjährige Kinder nicht als missbräuchlich anzusehen ist, wenn aus dieser Übertragung keine steuerlichen Vorteile – mit Ausnahme der Verlagerung der Einkunftsquelle – entstehen.
Die Sachlage im Streitfall bei Übertragung von Einkünften innerhalb der Familie.
Die Klägerin ist eine Nießbrauchsgemeinschaft, bestehend aus zwei minderjährigen Kindern. Die Eltern der beiden Kinder erwarben ein bebautes Gewerbegrundstück zu jeweils hälftigem Miteigentum.
Das Grundstück war teilweise an eine GmbH vermietet. Nach dem Erwerb vermieteten die Eltern das gesamte Grundstück an die GmbH, welche es zu 75 % bis 80 % weitervermietete.
Anschließend räumten die Eltern ihren Kindern den unentgeltlichen Nießbrauch an den Einnahmen aus dem Grundstück für die Dauer des Mietverhältnisses ein. Der vom Amtsgericht bestellte Ergänzungspfleger genehmigte die Einräumung des Nießbrauchs zugunsten der Kinder.
Das Finanzamt rechnete die aus der Vermietung des Grundstücks entstehenden Einnahmen jedoch weiterhin den Eltern zu und lehnte die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte zugunsten der Nießbrauchsgemeinschaft ab.
Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage mit der Begründung ab, dass zwar der Nießbrauch eingeräumt worden sei, den Nießbrauchern jedoch keinerlei Raum für eine eigene Verwaltung des Objekts zur Verfügung stehe.
Zum einen sei der Mietvertrag für die Dauer des Nießbrauchs unkündbar gewesen, zum anderen seien den Kindern auch nur die zukünftigen Mieteinnahmen übertragen worden.
Zudem liege ein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO vor, da nach Rechtsprechung des BFH ein Zuwendungsnießbrauch zwischen nahen Angehörigen nicht anzuerkennen sei, wenn er an einem Grundstück begründet werde, welches der Zuwendende selbst benötige und welches er deshalb zurückmieten müsse. Der BFH sah die Revision jedoch als begründet an und hob das Urteil des FG auf.
Ertragsteuerliche Zulässigkeit des Nießbrauchs zwischen nahen Angehörigen
Nach den Grundsätzen des BFH verwirklicht derjenige den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung, der ein Grundstück oder grundstücksgleiche Rechte entgeltlich auf Zeit überlässt.
Die Rechte und Pflichten aus dem jeweiligen Mietvertrag müssen dem Nießbraucher dazu rechtlich oder tatsächlich zurechenbar sein. Ein Nießbraucher erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn er im Außenverhältnis selbst als Vermieter in Erscheinung tritt.
Auch ein (befristetes) schuldrechtliches Nutzungsrecht kann zu einer Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 EStG führen.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall bei Übertragung von Einkünften innerhalb der Familie
Der BFH sieht nach diesen Grundsätzen die Voraussetzungen für die wirksame Übertragung des Nießbrauchs als erfüllt an. Der Nießbrauch wurde unstrittig wirksam begründet. Auch einen Gestaltungsmissbrauch konnte der BFH nicht feststellen.
Ein Missbrauch liegt nach § 42 Abs. 2 AO dann vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt.
Das ist nach Rechtsprechung des BFH generell nicht gegeben, wenn das Kind die Immobilie an einen fremden Dritten vermietet. Auch eine Übertragung zur Erfüllung der Unterhaltspflicht ist danach grundsätzlich unschädlich.
Im Streitfall führte die Übertragung des Nießbrauchsrechts lediglich zur Übertragung der Einkunftsquelle. Ein steuerlicher Vorteil entsteht somit nur aus der reinen Übertragung der steuerlichen Einkunftsquelle. Dies ist nach der obigen Auffassung gesetzlich vorgesehen und somit nicht zu beanstanden.
Die Übertragung eines Nießbrauchsrechts von Wirtschaftsgütern, aus denen Einkünfte erzielt werden, kann eine sinnvolle Gestaltung zur Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge von Minderjährigen (insbesondere dem Grundfreibetrag) darstellen. Eltern haben so die Möglichkeit, ihre Unterhaltsverpflichtung wirksam zu erfüllen und gleichzeitig Einkünfte aus ihrer steuerlichen Sphäre herauszunehmen.
BFH, Urt. v. 20.06.2023 – IX R 8/22
Erstellt von Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)