Nach längerem parlamentarischen Tauziehen haben Bundestag und Bundesrat im Juni 2004 das Alterseinkünftegesetz beschlossen

1. Vorgeschichte und Grundaussage
Hintergrund war die Aufforderung des BVerfG aus dem Jahre 2002, Rentenbezieher und Pensionäre ab 1.1.2005 gleich zu besteuern. Das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) hat aber nicht nur diesen Appell umgesetzt, sondern es hat gleichzeitig und konsequent den Weg in Richtung nachgelagerte Besteuerung der Alterseinkünfte eingeschlagen.

Damit ist gemeint, dass die Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) für das Alter in den aktiven Erwerbsjahren weitgehend steuerentlastet sind, wohingegen die eigentlichen Alterseinkünfte (Renten/Pensionen) voll der Besteuerung unterworfen werden.

Zu Klarstellungen in der Anwendung des Alterseinkünftegesetz nimmt die Verwaltung mit mehreren und sehr umfangreichen Schreiben Stellung:

  • BMF vom 24.5.2017, IV C 3-S 2221/16/10001:004, BStBl I 2017, 820: zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Vorsorgeaufwendungen,
  • BMF vom 24.7.2013, IV C 3-S 2015/11/10002, BStBl I 2013, 1022: zur steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung, geändert durch BMF vom 13.1.2014, IV C 3-S 2015/11/10002:018, BStBl I 2014, 97 und BMF vom 13.3.2014, IV C 3 – S 2257-b/13/10009, BStBl I 2014, 554,
  • BMF vom 6.12.2017, IV C 5-S 2333/17/10002, BStBl I 2018, 147: zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung ist mit Wirkung ab 1.1.2018 anzuwenden und ersetzt Teil B des BMF-Schreibens vom 24.7.2013.

2. Die Besteuerung der Alterseinkünfte im Einzelnen

Für die erste Fallgruppe (Sozialversicherungsrenten als → Leibrenten) beginnt ab dem VZ 2005 die Phase der nachgelagerten Besteuerung aller Leibrenten, die auf Altersvorsorgebeiträgen beruhen. Danach wird bei all denjenigen Steuerbürgern, bei denen das Renteneintrittsalter im Kalenderjahr 2005 oder davor liegt (»Rentenkohorte 2005«), die Leibrente pauschal zu 50 % besteuert. In der Endphase (Rentenbeginn ab 2040) unterliegen die Sozialversicherungsrenten der vollen Besteuerung.

Siehe hierzu auch → Renten.

Die zweite Fallgruppe (AG-Versorgungsbezug; sog. Werkspension) ebenso wie die dritte Fallgruppe (beamtenrechtliche Pension) werden nach Ablauf der Übergangsphase (VZ 2040) mit den Leibrenten steuerrechtlich gleich behandelt. Bis dahin gilt eine Übergangsregelung, die eine schrittweise Anpassung an die volle Gleichstellung vorsieht. Im Zuge dieser Maßnahme wird der Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG für jeden ab dem VZ 2006 neu in den Ruhestand tretenden »Pensionsjahrgang« abgebaut. Ebenso wird der → Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG) für die übrigen Einkünfte schrittweise reduziert, bis auch dieser im Jahre 2040 abgeschafft ist. Daneben wird bei Beziehern von Beamten- und Werkspensionen der ArbN-Pauschbetrag i.H.v. 1 000 € an den Werbungskosten-Pauschbetrag der Rentenbezieher von derzeit 102 € angepasst. Zur Vermeidung eines dadurch ausgelösten spontanen Besteuerungsanstiegs wird dem → Versorgungsfreibetrag ein Zuschlag (besser: »gegenläufiger Abschlag«) von erstmalig 900 € hinzugerechnet, der ebenfalls bis 2040 abgeschmolzen wird (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG).

Die Auswirkungen werden am häufigsten Beispiel (wiederkehrender Bezug aus der gesetzlichen Rentenversicherung) erläutert.

Beispiel 1:

Der 65-jährige Rentner R erhält seine erste Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im September 2012 i.H.v. zunächst monatlich 500 €. Die Rente wird zum 1.7.2013 auf monatlich 550 € erhöht.

Wie hoch sind die sonstigen Einkünfte des R in den Jahren 2012, 2013 und 2014?

Lösung 1:

VZ 2012Sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst.a Doppelbuchst. aa EStG
4 × 500 €=2 000 €
Besteuerungsanteil 64 %1 280 €
./.Werbungskosten-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nr. 3 EStG)./.102 €
Steuerpflichtige sonstige Einkünfte1 178 €
VZ 2013Sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG
6 × 500 €=3 000 €
6 × 550 €=3 300 €
Steuerbar (100 %)6 300 €
Besteuerungsanteil 64 %4 032 €
./.Werbungskosten-Pauschbetrag./.102 €
Steuerpflichtige sonstige Einkünfte2 166 €
Nachrichtlich
Festschreibung des steuerfreien Betrags nach Satz 5:2 268 €
VZ 2014Sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG
12 × 550 €=6 600 €
Steuerfreier Betrag (2014)./.2 268 €
./.Werbungskosten-Pauschbetrag./.102 €
Steuerpflichtige sonstige Einkünfte4 230 €

3. Die Entlastung der Vorsorgeaufwendungen

3.1. Allgemeines

Für die erste Fallgruppe kommt noch als entscheidender Punkt der Neuregelung hinzu, dass künftig die geleisteten Altersvorsorgebeiträge für »Altersleibrenten« (gesetzliche Rentenversicherung u.a.) in der Ansparphase durch einen – in der Endphase auf einen Höchstbetrag limitierten – Sonderausgabenabzug steuerlich entlastet werden (→ Sonderausgaben).

Der Abzug (steuerliche Freistellung) beginnt in 2005 zunächst mit einem Betrag von 12 000 € (60 % von 20 000 €). Er erhöht sich jährlich um 2 %, bis im VZ 2040 die definitive Entlastungsmarke von 100 % erreicht ist. Der Höchstbetrag von ursprünglich 20 000 € ist seit VZ 2015 an den Höchstbeitrag der knappschaftlichen Rentenversicherung (West) gekoppelt und beträgt im VZ 2017 23 362 € (24,8 % von 94 200 €); im VZ 2018 23 712 € (24,7 % von 96 000 €); im VZ 2019 24 304 € (24,7 % von 98 400 €); im VZ 2020 25 046 € (24,7 % von 101 400 €). Demgegenüber kann es bei Pensionen natürlich nicht zu steuerlichen Entlastungen kommen, da hier keine »Einzahlungen« erfolgen. Eine darauf gerichtete Klage, die sich u.a. auf den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG bezog, wurde vom BFH negativ beschieden. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz gebiete es nicht, an Beamte gezahlte Pensionen – analog zu Renten – nur mit einem Besteuerungsanteil zu erfassen (BFH vom 7.2.2013, VI R 83/10, BFHE 240, 549).

Der schrittweise Übergang zur nachgelagerten Besteuerung bildet sich zukünftig auch beim Sonderausgabenabzug ab: Die Höhe der abziehbaren Beträge steigt an mehreren Stellen im Zeitraum von 2005 bis 2025 von Jahr zu Jahr bis auf die Höchstbeträge an. Das BMF hat mit aktualisiertem Schreiben vom 24.5.2017 (BStBl I 2017, 820) zum Sonderausgabenabzug bei Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) Stellung genommen.

3.2. Basisversorgung

In § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG werden die Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) der sog. Basisversorgung definiert. Dazu gehören gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen sowie zu landwirtschaftlichen Alterskassen. Außerdem umfasst die Basisversorgung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Beiträge zu einer privaten kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag

  • nur die Zahlung einer jeweils monatlichen entweder auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente (→ Leibrenten) nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres, einer Berufsunfähigkeitsrente, einer Erwerbsminderungsrente oder einer Hinterbliebenenrente vorsieht, und
  • die Ansprüche aus dem Vertrag nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sind und auch kein Anspruch auf Auszahlung besteht.

Beiträge zur Basisversorgung sind in folgender Höhe abziehbar: Den Zahlungen des Stpfl. ist gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 a.E. EStG zunächst der nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein gleichgestellter Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen. Von diesem Betrag sind in 2015 gem. § 10 Abs. 3 Satz 1 und 4 EStG 60 %, höchstens aber 22 172 € (Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung (West) in 2015; für zusammen veranlagte Ehegatten verdoppelt sich der Betrag auf 44 344 € – VZ 2015) abziehbar. Beide Beträge, tatsächliche Aufwendungen und Höchstbetrag, steigen bis zum Jahr 2025 um je 2 Prozentpunkte p.a. bis auf 100 %. Bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis i.S.v. § 10 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG gehören oder Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 4 EStG erzielen und die ganz oder teilweise einen Anspruch auf Altersversorgung ohne eigene Beitragsleistung erwerben, wird der Höchstbetrag gem. § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG zusätzlich um einen fiktiven Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung gekürzt. Der unter Beachtung der Höchstbeträge ermittelte Betrag wird gem. § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG um den (vollen) steuerfreien Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung (§ 3 Nr. 62 EStG) gekürzt. Der verbleibende Betrag ist als Sonderausgabe abziehbar. Die folgenden zwei Beispiele sollen die Berechnung des als Sonderausgabe abziehbaren Betrages verdeutlichen:

Beispiel 2:

Die ledige, als Angestellte tätige Rechtsanwältin R hat in 2015 einen Arbeitnehmeranteil von 8 000 € in das berufsständische Versorgungswerk eingezahlt und in gleicher Höhe einen Arbeitgeberanteil erhalten.

Lösung 2:

Sie kann folgende Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgabe abziehen:

Arbeitnehmerbeitrag8 000 €
Arbeitgeberbeitrag8 000 €
Summe16 000 €
Höchstbeitrag22 172 €
Ansatz des niedrigeren Beitrags16 000 €
davon 20115 80 %12 800 €
abzgl. steuerfreier AG-Anteil./. 8 000 €
verbleibender Betrag4 800 €

R kann in 2015 4 800 € als Sonderausgabe bei der Basisversorgung abziehen.

Beispiel 3:

Der ledige Finanzbeamte F hat in 2015 14 000 € in eine private Leibrentenversicherung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG eingezahlt. Aus dem Beamtenverhältnis hatte er Bezüge i.H.v. 50 000 €.

Lösung 3:

Arbeitnehmerbeitrag0 €
Arbeitgeberbeitrag0 €
Private Leibrente14 000 €
Summe14 000 €
Höchstbeitrag22 172 €
abzgl. fiktiver Rentenversicherungs-Beitrag 18,7 %./. 4 146 €
gekürzter Höchstbetrag18 026 €
Ansatz des niedrigeren Betrags14 000 €
davon 2015 80 %11 200 €
abzgl. steuerfreier AG-Anteil0 €
verbleibender Betrag2 800 €

F kann in 2015 2 800 € als Sonderausgabe bei der Basisversorgung abziehen.

Fraglich ist, ob die Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) für die Basisversorgung bei den → Sonderausgaben aus systematischer Sicht an der richtigen Stelle geregelt sind. Da die späteren Auszahlungen gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu steuerpflichtigen Einkünften führen, müsste es sich eigentlich um vorweggenommene Werbungskosten und nicht um → Sonderausgaben handeln. Die Absicht des Gesetzgebers, die Aufwendungen lediglich im Rahmen des Sonderausgabenabzugs zu berücksichtigen, ist allerdings eindeutig (BFH Beschluss vom 1.2.2006, X B 166/05, BFH/NV 2006, 876).

3.3. Grundförderung

In § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b EStG werden die sonstigen Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) aufgezählt. Zu ihnen zählen gemäß Buchst. a Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, Kranken-, Pflege-, Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen; außerdem werden Beiträge zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen erfasst, sofern sie nicht bereits zur Basisversorgung i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zählen.

Unter § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG wird der Kreis der sonstigen Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) auf Beiträge zu (alten) Kapitallebens- und Rentenversicherungen erweitert, die nach bisheriger Rechtslage zum Abzug zugelassen waren (s. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb bis dd EStG a.F.); Voraussetzung ist, dass die Laufzeit vor dem 1.1.2005 begonnen hat und bis zum 31.12.2004 zumindest ein Versicherungsbetrag entrichtet worden ist. Die bekannten Einschränkungen bei diesen Altverträgen, insbesondere die Begrenzung des Abzugs bei den Kapital bildenden Lebensversicherungen auf 88 % der Beiträge, gelten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG fort. Von den ehemals geförderten Formen der → Lebensversicherung berechtigen damit bei Neuverträgen ab 2005 nur diejenigen Verträge noch zum Sonderausgabenabzug, die die Anforderungen an eine Basisversorgung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllen oder aber Risikoschutz für den Todesfall bieten (bisher in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa EStG a.F. geregelt).

Die sonstigen Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) sind gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG bis zur Höhe von 2 800 € abziehbar. Aufwendungen für Krankenversicherung sind nunmehr in voller Höhe absetzbar. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG, der besagt, dass diese Aufwendungen immer dann voll abziehbar sind, wenn sie den Höchstbetrag von 2 800 € übersteigen.

Bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben (insbesondere Beamte und im Rahmen der Familienversicherung mitversicherte Ehegatten und Kinder) oder für deren Krankenversicherung Leistungen i.S.d. § 3 Nr. 62 EStG oder § 3 Nr. 14 EStG erbracht werden (insbesondere sozialversicherungspflichtige → Arbeitnehmer), vermindert sich der Betrag gem. § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG auf 1 900 €. Bei zusammen veranlagten Ehegatten kommt ein gemeinsamer Höchstbetrag zur Anwendung, der sich gem. § 10 Abs. 4 Satz 3 EStG aus der Summe der den Ehegatten nach den Satz 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge ergibt.

3.4. Gemeinsame Voraussetzungen für den Abzug von Vorsorgeaufwendungen

Voraussetzung für den Abzug von Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) der Basisversorgung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und der Grundförderung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG) ist gem. § 10 Abs. 2 EStG, dass die Beiträge nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen (Nr. 1) und an bestimmte Empfänger geleistet werden (Nr. 2): Versicherungsunternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder aber der Erlaubnis zum Versicherungsgeschäft im → Inland (Buchst. a), berufsständische Versorgungseinrichtungen (Buchst. b) und Sozialversicherungsträger (Buchst. c).

3.5. Vorsorgepauschale

Die in § 10c Abs. 2 bis 4 EStG geregelte → Vorsorgepauschale für die Bezieher von → Arbeitslohn wurde aufgehoben. Somit gelten sowohl für Lohnempfänger als auch für Gehaltsempfänger einheitliche Regelungen. Für den Alleingesellschafter einer GmbH geht der BFH allerdings davon aus, dass dieser eine ihm erteilte Pensionszusage durch den korrespondierenden Verzicht auf den Gewinnanspruch ausschließlich selbst finanziert (BFH Urteil vom 16.10.2002, XI R 25/01, BStBl II 2004, 546); s. auch BFH vom 23.2.2005, XI R 29/03, BStBl II 2005, 634 zu gleich beteiligten Gesellschaftern.

3.6. Übergangsregelungen

Sowohl für die Berechnung des Höchstbetrages als auch für die Berechnung der → Vorsorgepauschale sind Übergangsregelungen geschaffen worden.

Der Höchstbetrag der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) kann gem. § 10 Abs. 4a EStG in den VZ 2005 bis 2019 noch nach dem bis zum VZ 2004 geltenden Verfahren berechnet werden. Dabei sinkt der anzusetzende Vorwegabzug allerdings ab dem Jahr 2011 kontinuierlich ab. Das Finanzamt hat eine entsprechende → Günstigerprüfung von Amts wegen vorzunehmen. Welche Aufwendungen in die Höchstbetragsrechnung einzubeziehen sind, richtet sich aber ausschließlich nach der ab 2005 gültigen Rechtslage!

Die Berechnung des Höchstbetrages gem. § 10 Abs. 3 EStG a.F. folgt dabei einem relativ komplizierten Schema, dessen systematische Rechtfertigung sich aus dem Gesetzestext kaum erschließt. Dies liegt u.a. daran, dass mit dem sog. Vorwegabzug individuelle Belastungsunterschiede bei der Aufbringung der Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) bei den Höchstbeträgen steuerlich ausgeglichen werden sollen. Der Vorwegabzug beträgt grundsätzlich 3 068 €. Bei Stpfl. mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit wird dieser Betrag um 16 % dieser Einnahmen gekürzt, wenn Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung entrichtet worden sind (Leistungen i.S.d. § 3 Nr. 62 EStG) oder der Stpfl. als sozialversicherungsfrei Beschäftigter, insb. als Beamter oder beherrschender → Gesellschafter-Geschäftsführer, Anspruch auf eine nicht allein von ihm selbst finanzierte Altersversorgung hat (Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG a.F.).

In welcher Höhe der → Arbeitgeber tatsächlich Zukunftssicherungsleistungen erbracht hat, ist dabei für die Kürzung des Vorwegabzugs ohne Bedeutung (BFH vom 16.10.2002, BStBl II 2003, 183). Insb. Selbstständigen bleibt der Vorwegabzug damit ungeschmälert erhalten, während den vorgenannten Personen dieser Vorwegabzug mit einem i.H.v. 16 % der Einnahmen pauschal ermittelten Vorteil gekürzt wird. Die Höchstbetragsprüfung gem. § 10 Abs. 3 EStG a.F. erfolgt nach folgendem Schema, wobei sich für zusammen veranlagte Ehepaare die Beträge jeweils verdoppeln.

Beispiel 4:

Ein lediger Abgeordneter erhält im VZ 2005 Bezüge gem. § 22 Nr. 4 EStG (Kürzung gem. § 10 Abs. 3 Nr. 2b EStG a.F.) i.H.v. 15 000 € und tätigt Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) i.H.v.14 000 €.

Lösung 4:

Vorsorgeaufwendungen14 000 €
Vorwegabzug3 068 €
Minderung Vorwegabzug./. 2 400 €
verbleibender Vorwegabzug668 €./. 668 €668 €
verbleibende Vorsorgeaufwendungen13 332 €
Grundhöchstbetrag1 334 €
Zusatzpflegeversicherung (maximal)+ 184 €1 518 €
verbleibende Vorsorgeaufwendungen11 814 €
davon 50 %5 907 €
maximal hälftiger Höchstbetrag667 €667 €
nach § 10 Abs. 3 EStG a.F. abziehbar2 853 €

Zusammen veranlagte Ehegatten werden als eine Einheit behandelt. Eine individuelle Kürzung des Vorwegabzuges findet deshalb nicht statt. Das (hohe) Gehalt eines der Ehegatten vermindert deshalb gegebenenfalls aufgrund der Zusammenrechnung der Gehälter auch den Vorwegabzug des anderen Ehegatten. Unzulässig ist es aber, in die Kürzung auch das Gehalt eines Ehegatten einzubeziehen, für den überhaupt keine Leistungen zur Zukunftssicherung i.S.v. § 3 Nr. 62 EStG erbracht worden sind und der auch nicht zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG gehört (vgl. BFH vom 3.12.2003, XI R 11/03, BStBl II 2004, 709). Das Gleiche gilt bei Einnahmen aus mehreren Arbeitsverhältnissen desselben Steuerpflichtigen (BFH vom 26.2.2004, XI R 25/03, BStBl II 2004, 720).

Für die → Vorsorgepauschale wurde in § 10c Abs. 5 EStG a.F. eine Parallelregelung geschaffen. Hier schmilzt der Betrag gemäß § 10c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG a.F. während des Übergangszeitraums beginnend mit dem Jahr 2011 ab.

Versucht man die Vorschrift § 10c Abs. 2–4 EStG a.F. vereinfacht zu katalogisieren, so behandelt Absatz 2 den »typischen → Arbeitnehmer«, der einzeln oder, wenn er verheiratet ist, getrennt nach § 26a EStG veranlagt wird und für den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung entrichtet werden. Die → Vorsorgepauschale ist hier mit 20 % des Arbeitslohnes an die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers angelehnt. Sie wird durch eine Höchstbetragsrechnung begrenzt, die der nach § 10 Abs. 3 EStG a.F. für die nachgewiesenen Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) entspricht. → Arbeitslohn i.S.d. Vorschrift ist gem. § 10c Abs. 2 Satz 4 EStG a.F. der um den → Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG und den → Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG verminderte → Arbeitslohn.

Absatz 3 betrifft dagegen ledige oder verheiratete, aber getrennt veranlagte Stpfl., die zumindest während eines Teils des VZ typischerweise keine eigenen Beiträge zur Sozialversicherung erbringen, insb. Beamte, sozialversicherungsfreie Geschäftsführer, Altersrentner und die Bezieher beamtenrechtlicher Versorgungsbezüge. Dementsprechend ist die für sie geltende → Vorsorgepauschale niedriger angesetzt. Sie beträgt zwar ebenfalls grundsätzlich 20 % des Arbeitslohnes, ist aber auf einen absoluten Betrag von 1 134 € begrenzt.

In Absatz 4 findet sich schließlich eine vom Wortlaut her kaum verständliche Vorschrift für die Berechnung der → Vorsorgepauschale bei zusammen veranlagten Ehegatten. Hilfreiche Berechnungsbeispiele dazu finden sich in H 10c EStH 2009. Das Gesetz unterscheidet drei mögliche Konstellationen. Für das VZ 2010 sind diese jedoch bedeutungslos geworden.

Zum einen in Satz 1 die Fälle, in denen entweder ohnehin nur einer der Ehegatten → Arbeitslohn bezogen hat, oder zwar beide Ehegatten → Arbeitslohn bezogen haben, sie aber beide einheitlich zum Personenkreis entweder des § 10c Abs. 2 EStG a.F. oder des § 10c Abs. 3 EStG a.F. gehören. In diesen Fällen werden zunächst gem. § 10c Abs. 4 Satz 1 EStG a.F. die Einzelbemessungsgrundlagen unter Berücksichtigung von § 10c Abs. 2 Satz 4 EStG a.F. ermittelt. Auf die sich aus deren Addition ergebende gemeinsame Bemessungsgrundlage ist sodann in Abhängigkeit von der Zugehörigkeit der Stpfl. entweder Abs. 2 oder Abs. 3 unter Verdopplung der dort festgelegten Beträge anzuwenden. Anzumerken ist der Vollständigkeit halber, dass dieses Verfahren gem. § 10c Abs. 4 Satz 3 EStG a.F. auch dann zur Anwendung kommt, wenn das besondere Splittingverfahren nach § 32a Abs. 6 EStG einschlägig ist.

Zum anderen werden in § 10c Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. die sog. Mischfälle geregelt, bei denen beide Ehegatten → Arbeitslohn bezogen haben, aber einer der Ehegatten zu den Personen i.S.v. Abs. 2 und der andere zu denen i.S.v. Abs. 3 gehört. Hier ist eine Alternativberechnung durchzuführen. Entweder wird die → Vorsorgepauschale nach Absatz 2 berechnet. Dazu muss die Ausgangsgröße bei dem unter § 10c Abs. 3 EStG fallenden Ehegatten statt auf 20 % des Arbeitslohnes (= der sich nach Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 ergebende Betrag) auf 1 134 € begrenzt werden. Oder es wird nach Abs. 3 berechnet, der Betrag von 1 134 € wird auch auf 2 268 € verdoppelt, der → Arbeitslohn des unter Abs. 2 fallenden Ehegatten bleibt aber bei der Ermittlung des Ausgangsbetrages ganz außer Ansatz. Als → Vorsorgepauschale ist dann der jeweils höhere Betrag anzusetzen.

4. Weitere Änderungen im Überblick

Für den Bereich der zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung (z.B. über eine Direktversicherung oder über eine Pensionskasse des Arbeitgebers) kommt für die kapitalgedeckte Variante ergänzend hinzu, dass die Beiträge nicht mehr der vorgezogenen Pauschalbesteuerung gem. § 40b EStG unterliegen, sondern umgekehrt in die Steuerfreiheit des § 3 Nr. 63 EStG (AG-Anteil) einbezogen sind. Auf Seiten des ArbN zählen sie zu den abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) gem. §§ 10, 10a EStG. Dabei ist wiederum Voraussetzung, dass es sich in der Auszahlungsphase um eine lebenslange Altersversorgung handeln muss.

Der typische Fall zur betrieblichen Altersversorgung ist die Gehaltsumwandlung:

Beispiel 5:

Zum 1.1.2006 wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Direktversicherung vereinbart, die zur Hälfte vom → Arbeitnehmer und zur anderen Hälfte vom → Arbeitgeber finanziert wird. Der Anteil des Arbeitgebers entspricht dem bisherigen 13. Monatsgehalt.

Lösung 5:

Für die Löhne ab 2006 liegt eine gültige Gehaltsumwandlung vor; eine evtl. Rückwirkung für 2005 wäre unzulässig.

Soweit eine Barlohnumwandlung des 13. Monatsgehalts in eine Direktversicherung erfolgt, liegt eine betriebliche Altersversorgung vor, die ab dem VZ 2005 zur Steuerfreiheit der Arbeitgeberanteile i.H.v. 4 % der dann maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze zzgl. 1 800 € führt.

Für die umlagefinanzierte betriebliche Altersversorgung bleibt es hingegen bei der alten Regelung, wonach die Beiträge pauschal gem. § 40b EStG versteuert werden und in der Auszahlungsphase die nachgelagerte Besteuerung mit dem Ertragsanteil greift.

In das neue Gesamtsystem fügen sich Vereinfachungen und steuerliche Erleichterungen für die staatlich geförderte private kapitalgedeckte Altersvorsorge (sog. Riester-Rente) ein. Gleichzeitig werden die Steuerprivilegien für die (nicht mehr passend befundene) Kapitallebensversicherung reduziert (Abschaffung des Sonderausgabenabzugs und Besteuerung des Unterschiedsbetrages zwischen der Versicherungsleistung und den Versicherungsbeiträgen zur Hälfte). Wegen der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung werden die Grundzüge der steuerlichen Förderung der Riester-Rente zusammengefasst:

Durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (AVmG) vom 26.6.2001 ist mit § 10a EStG ein zusätzlicher Sonderausgabenabzug (→ Sonderausgaben) für Altersvorsorgebeträge eingeführt worden. Der Abzug ist Teil eines Instrumentariums, mit dem Beziehern kleinerer Einkommen und kinderreichen Familien die Möglichkeit eröffnet werden sollte, eine staatlich geförderte Altersvorsorge aufzubauen. Sie stellte eine erste Reaktion auf die Absenkung des Leistungsniveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung dar. Unter den Begriff der privaten Altersvorsorge fallen in diesem Gesetzeskontext (§ 82 EStG) Zahlungen des Arbeitnehmers aus seinem individuell versteuerten Lohn, die er selbst in einen zertifizierten Vertrag einzahlt oder die durch den → Arbeitnehmer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung in eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds geleistet werden. Parallel dazu ist die Zulagenförderung nach dem XI. Abschnitt (§§ 79 ff. EStG) eingeführt worden.

§ 10a EStG führt – und dies ist die Hauptzielrichtung – im Zusammenwirken mit § 22 Nr. 5 EStG zu einer nachgelagerten Besteuerung, die erst dann greift, wenn später in der Auszahlungsphase die Versorgungsleistungen später zufließen. Erste Schritte in diese Richtung (private Altersvorsorge mit einer nachgelagerten Besteuerung) waren bereits 1995 durch koordinierte Ländererlasse zu einer arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge gemacht worden (»deferred compensation«).

Die nachfolgende Darstellung definiert zunächst den Kreis der Berechtigten für die private Altersvorsorge (→ Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge), um sodann auf die einzelnen Fördermechanismen (Sonderausgabenabzug (→ Sonderausgaben) bzw. Zulage) näher einzugehen. Abschließend werden die Sanktionen bei schädlicher Verwendung sowie allgemein die nachgelagerte Besteuerung des § 22 Nr. 5 EStG aufgezeigt. Specifica wie der Altersvorsorge-Eigenheimbetrag und der Pfändungsschutz runden diese Darstellung ab. Die persönliche Abzugsberechtigung knüpft – neben der unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 bis 3 EStG – in erster Linie an die Pflichtversicherteneigenschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung an. Hierzu gehören auch die pflichtversicherten Landwirte. Der von § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG begünstigte Personenkreis ist nachträglich auf die Empfänger von Bezügen nach dem BundesbesoldungsG wie Beamte, Richter, Soldaten und weitere Personen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erweitert worden, nachdem auch dort eine Absenkung des Leistungsniveaus bei der Versorgung vorgenommen wurde.

In den Kreis der Abzugsberechtigten werden klarstellend beurlaubte Beamte sowie Kindererziehende, die während der Kindererziehungszeiten einem vergleichbaren Alterssicherungssystem angehören, aufgenommen (§ 10a Abs. 1 Nr. 5 EStG). Außerdem werden Geistliche mit dem sozialversicherungsrechtlichen Status von § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VI mit konstitutiver Wirkung gem. § 10a Abs. 1 Nr. 3 EStG zu Abzugsberechtigten.

Neben den »vermögenden« Arbeitssuchenden, die zwar bei der Agentur für Arbeit gemeldet sind, aber keine Leistung nach den SGB beziehen (Rz. 6 des BMF-Schreibens vom 24.7.2013, BStBl I 2013, 1022), hat das BMF zusätzlich noch die deutschen Grenzgänger im → Ausland auch für deren Fall der Arbeitslosigkeit miteinbezogen (Rz. 7), wenn die Pflichtversicherung in der ausländischen Rentenversicherung fortbesteht.

Nachdem eine positive Fallgruppenbildung nahezu unmöglich ist, kann es als »Service« des BMF angesehen werden, wenn in Rz. 8 (inkl. Anlage 1, Buchst. C) klarstellend der Kreis der Nichtbegünstigten aufgeführt wird. Nicht abzugsberechtigt sind demnach:

  • → Arbeitnehmer und Selbstständige in ihrer Eigenschaft als Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, sofern sie von der gesetzlichen Versicherungspflicht befreit sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI),
  • freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 7 SGB VI),
  • von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung Befreite für die Zeit der Befreiung,
  • in der gesetzlichen Versicherungspflicht versicherungsfreie Personen und – ganz allgemein –
  • selbstständig Tätige und Handwerker ohne gesetzliche Rentenversicherungspflicht.

Weder einen Zulagenanspruch noch einen Anspruch auf Sonderausgabenabzug (→ Sonderausgaben) nach § 10a EStG haben gem. § 79 Satz 1 i.V.m. § 10a Abs. 1 Satz 4 EStG die Personen, die zwar pflichtversichert sind, aber zusätzlich bereits einen Anspruch auf eine beamtenähnliche Zusatzversorgung haben.

5. Zusammenfassung

Folgende Kernaussagen sind zu treffen:

  • Das Petitum des BVerfG vom 6.3.2002 (BVerfGE 105, 73) – die steuerliche Gleichbehandlung der Beamtenpensionen nach § 19 EStG und der → Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG – wird umgesetzt.
  • Die volle Gleichbehandlung erfolgt im Jahre 2040. Bis dahin gibt es (weiche) Übergangsregelungen für die Neufälle (neue Pensionsjahrgänge und neue »Rentenkohorten«).
  • Bei der Gleichstellung der beiden Grundversorgungssysteme befolgt das AltEinkG das Gebot der intertemporalen Leistungsfähigkeit, wonach das Lebenseinkommen nur einmal besteuert werden darf. Dabei wird die (weitgehende) Steuerfreistellung in den frühen Besteuerungsperioden der Anspar- und Durchführungsphase (mittels Sonderausgabenabzug (→ Sonderausgaben) bzw. Steuerfreiheit) in der späteren Auszahlungsphase nachgeholt. Damit ist das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung endgültig festgeschrieben, das bereits im Jahre 2001 mit §§ 10a, 22 Nr. 5 EStG eingeführt wurde (mit Wirkung ab VZ 2002).
  • Die »spätere« Besteuerung erfolgt ab/mit dem Leistungsbezug (Auszahlungsphase). Im VZ 2005 wird bereits die Rente der ersten Kohorte (Rentenerstbezug im Jahre 2005 oder davor) zu 50 % besteuert. Pro Jahr wird der Besteuerungsanteil zunächst um 2 % gesteigert, ab dem VZ 2020 um 1 % (Endphase: VZ 2040 mit 100 %).
  • Die Steuerfreistellung zur Bildung einer Anwartschaft auf eine Altersleibrente erfolgt in der Ansparphase bis zu einem Sonderausgaben-Höchstbetrag für Vorsorgeaufwendungen. Der Höchstbetrag beträgt in der Endstufe 20 000 € bis 31.12.2014, ab 1.1.2015 gekoppelt an den Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung (West) – für VZ 2015: 22 172 € (24,8 % von 89 400 €), für VZ 2016: 22 767 € (24,8 % von 91 800 €), für VZ 2017: 23 362 € (24,8 % von 94 200 €), für VZ 2018: 23 712 € (24,7 % von 96 000 €), für VZ 2019 24 304 € (24,7 % von 98 400 €); für VZ 2020 25 046 € (24,7 % von 101 400 €). (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen). Beginnend ab dem VZ 2005 beträgt der Prozentsatz der abzugsfähigen Altersvorsorgeaufwendungen 60 % (= 13 303 €). Der Satz erhöht sich jährlich um 2 %, um im VZ 2025 100 % des Höchstbetrages zu erreichen.
  • Das System der nachgelagerten Besteuerung der Altersbezüge führt in Teilbereichen zu einer Änderung der betrieblichen Altersversorgung. Während bislang bei den beiden Hauptformen, der Direktversicherung und der Pensionskasse, die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung des ArbG-Anteils gem. § 40b EStG bestand, hat sich der Gesetzgeber nunmehr für die Steuerfreiheit des ArbG-Anteils nach § 3 Nr. 63 EStG entschlossen. Umgekehrt werden Leibrenten hieraus in der Auszahlungsphase voll besteuert (und nicht mehr nur mit dem Ertragsanteil). Dies erfordert eine Einbeziehung der AG-Beiträge zur Direktversicherung in den Katalog des § 3 Nr. 63 EStG.
  • Für die (insb. Alt-)Renten, die ausschließlich durch den Einsatz von versteuertem Einkommen erworben wurden (d.h. deren Vorleistung nicht abzugsbegünstigt war), gilt weiterhin die Ertragsanteilsbesteuerung gem. § 22 EStG. Bereits nach dem bisherigen Verständnis enthalten diese Renten – neben dem steuerbaren Ertrag – die nicht steuerbare Rückzahlung des eingesetzten (und versteuerten) Kapitals.Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen wurden die Ertragsanteile gem. § 22 EStG auf ein niedrigeres Niveau herabgesetzt.
  • Die Änderungen zur steuerlichen Behandlung der Altersvorsorge führen auch zu Änderungen bzgl. der sonstigen Vorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) i.R.d. § 10 EStG, ohne dass sich diese Änderungen zwangsläufig aus dem neuen Steuerkonzept ableiten lassen.
  • Die steuerliche Attraktivität eines der gebräuchlichsten Versorgungsmodelle, der Kapitallebensversicherung, ist beschnitten worden.
  • Demgegenüber erfährt die private kapitalgedeckte Riester-Rente eine Aufwertung durch das AltEinkG (vereinfachtes Antragsverfahren, Reduzierung der Zertifizierungskriterien, Transparenz der Renditeberechnung). Die entstandene Versicherungslücke durch das Absenken der gesetzlichen Rente auf ein Niveau von 43 % kann mit dem Beitrag des AltEinkG geschlossen werden.

Demgegenüber halten sich die Nachteile (umfangreiche, bürokratische Regelung; kein Quellensteuerverfahren; nur ansatzweise Verbesserung der sog. Riester-Rente) in Grenzen.

6. Literaturhinweise

Schrehardt: Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Altersbezügen – BMF Schreiben vom 19.8.2013 und 10.10.2013, DStR 2013, 2541; Scholtz: Werden die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung sachgerecht besteuert?, DStR 2013, 75; Seckelmann: Ist das Alterseinkünftegesetz mit dem Grundgesetz zu vereinbaren?, DStR 2013, 69; Kilger, Prossliner: Das Recht der berufsständischen Versorgung seit dem Jahr 2010, NJW 2012, 3347; Breuers: Das System der vor- oder nachgelagerten Besteuerung in der Aufbau- und Versorgungsphase, FPR 2012, 330; Weber-Grellet: Rentenbesteuerung im Lichte der neueren BFH-Rechtsprechung – Bestandsaufnahme und Systematisierung, DstR 2012, 1253. Preißer, Die Steuerberaterprüfung, Bd. 1, 14. A., Teil A, Kap. V 1.3.8.

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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Nach § 24a EStG wird der Altersentlastungsbetrag einem Stpfl. gewährt, der vor dem Beginn des Kj., in dem er sein Einkommen bezogen hat, das 64. Lebensjahr vollendet hat

1. Voraussetzungen für die Gewährung des Altersentlastungsbetrages

Zur Berechnung des Lebensalters siehe → Fristen und Termine. Der Altersentlastungsbetrag ist ein Betrag von 40 % des → Arbeitslohn und der positiven Summe der Einkünfte, die nicht solche aus nichtselbstständiger Arbeit sind, höchstens jedoch insgesamt ein Betrag von 1 900 € für die Stpfl., die im Kj. 2004 das 64. Lebensjahr vollendet haben.

Nach Auffassung des FG Münster ist der Umstand, dass der Altersentlastungsbetrag erst ab einem Alter von 64 Jahren gewährt wird, keine unzulässige Ungleichbehandlung jüngerer Stpfl. (FG Münster Urteil vom 24.2.2016, 10 K 1979/15 E). Der 1952 geborene Kläger und die 1966 geborene Klägerin beantragten beim Finanzamt, im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2013 für beide Ehegatten einen Altersentlastungsbetrag zu berücksichtigen. Die Anknüpfung an das Alter sei eine nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) unzulässige Diskriminierung. Das Gericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Altersentlastungsbetrag den Zweck verfolge, für andere Einkünfte als Leibrenten und Versorgungsbezüge, die typischerweise im Alter bezogen werden und einer begünstigten Versteuerung unterliegen (Ertragsanteil bzw. Versorgungsfreibetrag), eine vergleichbare Entlastung herbeizuführen. Die Nichtzulassungsbeschwerde führte vor dem BFH nicht zum Erfolg (BFH Urteil vom 31.1.2017, III B 55/16). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht hinreichend dargelegt, wenn zwar bezüglich § 24a EStG verfassungsrechtliche Bedenken, ein Verstoß gegen das AGG und die Unvereinbarkeit mit EU-Recht geltend gemacht werden, aber eine substantiierte Auseinandersetzung mit der jeweiligen Problematik fehlt.

Die Frage der Europarechtswidrigkeit des § 24a EStG ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, denn es ist durch den EuGH bereits geklärt, dass die Besteuerung nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG fällt; vgl. BFH vom 3.9.2018, III B 74/17.

§ 24a EStG gewährt Stpfl. nach Vollendung des 64. Lebensjahres einen Altersentlastungsbetrag bei solchen Einkünften, die nicht wie Versorgungsbezüge z.B. von Beamten und Abgeordneten durch den Versorgungsfreibetrag (→ Versorgungsbezüge, → Versorgungsfreibetrag) bzw. wie bestimmte Leibrenten durch die Besteuerung lediglich des Ertragsanteils begünstigt werden (→ Besteuerung von Versorgungsleistungen, → Renten). Zu den begünstigten Einkünften, die deshalb bei der Bemessung des Altersentlastungsbetrages außer Betracht bleiben sollen, zählen (R 24a Abs. 1 und 2 EStR; H 24a [Berechnung des Altersentlastungsbetrages] EStH):

  1. → Versorgungsbezüge. Zu diesen Versorgungsbezügen i.S.d. § 19 Abs. 2 EStG zählen auch sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG, auf die § 19 Abs. 2 EStG wegen der Regelung des § 52 Abs. 34c EStG anzuwenden ist (→ Besteuerung von Versorgungsleistungen; BMF vom 23.5.2007, LEXinform 5230720).
  2. Einkünfte aus Leibrenten i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG (→ Renten). Zu den Leibrenten i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG gehören auch sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG (bis 31.12.2006: § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG), auf die § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG Anwendung findet (BMF vom 23.5.2007, a.a.O.);
  3. Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. b EStG (→ Abgeordnetenbezüge);
  4. Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG, soweit § 52 Abs. 34c EStG anzuwenden ist. Es handelt sich dabei um Leistungen aus einem Pensionsfonds, wenn bereits vor dem 1.1.2002 laufende Versorgungsleistungen aus einer Unterstützungskasse oder auf Grund einer Versorgungszusage gewährt wurden und die Versorgungsverpflichtung zwischenzeitlich auf diesen Pensionsfonds übertragen wurde (→ Besteuerung von Versorgungsleistungen);
  5. Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG. Es handelt sich um Leistungen aus einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung, soweit sie auf nicht gefördertem Kapital beruhen. Die der Leistung zu Grunde liegenden Versorgungszusage wurde nach dem 31.12.2004 erteilt (Neuzusage) und erfüllt die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen). Die Besteuerung erfolgt in diesen Fällen nicht nach § 22 Nr. 5 EStG, sondern nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG wie die Besteuerung einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Besteuerung von Versorgungsleistungen).

§ 24a Satz 2 EStG wurde durch das JStG 2008 vom 20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150) neu gefasst und ist ab dem Kj. 2008 anzuwenden. Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten ist der Altersentlastungsbetrag jedem Ehegatten, der die altersmäßigen Voraussetzungen erfüllt, nach Maßgabe der von ihm bezogenen Einkünfte zu gewähren (H 24a [Altersentlastungsbetrag bei Ehegatten] EStH).

Positive Summe der Einkünfte bedeutet, dass die übrigen Einkünfte saldiert werden und nur ein positiver Saldo in die Berechnung eingeht. Der Begriff ist nicht zu verwechseln mit dem Begriff Summe der positiven übrigen Einkünfte.

Der Altersentlastungsbetrag wird von der Summe der Einkünfte abgezogen (vgl. R 2 EStR), und zwar nach der Ermittlung der außerordentlichen Einkünfte, so dass er auf deren Berechnung keinen Einfluss nimmt (vgl. BFH Urteil vom 15.12.2005, IV R 68/04).

Der Altersentlastungsbetrag knüpft somit an die übrigen Einkünfte an mit der Folge, dass alle steuerlichen Begünstigungen (z.B. Freibeträge) berücksichtigt werden, die bei der Ermittlung der Einkünfte ermittelt wurden. Davon ausgenommen ist allerdings, was außerhalb der einzelnen Einkunftsarten abgezogen wird (z.B. Verlustabzug). Ob dies auch für ausgleichbare Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften gilt, hat der BFH offen gelassen (vgl. BFH Urteil vom 22.11. 2012, III R 66/11).

Nach einem Urteil des BFH (26.6.2014, VI R 41/13, BStBl II 2015, 39) ist der Altersentlastungsbetrag nicht auf steuerfreie Einkünfte anwendbar. Im Urteil des FG München vom 26.11.2015, 10 K 3384/14 wird bestätigt, dass die nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG steuerfreien Einnahmen nicht im Rahmen des Altersentlastungsbetrags nach § 24a EStG zu berücksichtigen sind.

2. Berechnung und Ermittlung des Altersentlastungsbetrages

2.1. Übergangsregelung ab 2005

Der Altersentlastungsbetrag wurde 1975 eingeführt und soll bei der Besteuerung solcher Einkünfte einen Ausgleich schaffen, die nicht wie Versorgungsbezüge und Leibrenten begünstigt sind. Der Altersentlastungsbetrag verliert dann seine Rechtfertigung, wenn in der Endstufe der nachgelagerten Besteuerung i.S.d. AltEinkG vom 5.7.2004 (BGBl I 2004, 1427) die Renten und Versorgungsbezüge zu 100 % besteuert werden.

Nach § 24a EStG wird der Altersentlastungsbetrag, abgestuft über einen Zeitraum von 35 Jahren, im gleichen Maße wie der Anstieg des Besteuerungsanteils der Renten abgeschafft; der Höchstbetrag des Altersentlastungsbetrages von bisher jährlich 1 908 € wird über einen Zeitraum von 35 Jahren auf 0 € abgesenkt. Nach der Tabelle des § 24a EStG wird der Prozentsatz des Altersentlastungsbetrag sowie der Höchstbetrag in dem auf die Vollendung des 64. Lebensjahres folgenden Jahres ermittelt und bleibt dann auf Dauer unverändert. Auch hier gilt somit das Kohortenprinzip.

Das auf die Vollendung des 64. Lebensjahres folgende KalenderjahrAltersentlastungsbetrag
in % der EinkünfteHöchstbetrag in €
200540,01 900
200638,41 824
200736,81 748
201327,21 292
201425,61 216
201524,01 140
201622,41 064
201720,8988
201819,2912
201917,6836
202313,6646
20390,838
20400,00

Abb.: Auszug aus der Tabelle zu § 24a EStG

Im Zusammenhang mit den Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 vom 25.3.2013 (BStBl I 2013, 276) wurde in R 24a Abs. 1 Satz 2 EStR 2012 für die Berechnung des Altersentlastungsbetrags festgelegt, dass Kapitalerträge, die nach § 32d Abs. 1 und § 43 Abs. 5 EStG dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen, in die Berechnung des Altersentlastungsbetrags nicht einzubeziehen sind.

Beispiel 1:

Ein lediger Stpfl. über 64 Jahre (Vollendung des 64. Lebensjahres im Kj. 2017), der einen Freibetrag i.S.d. § 32 EStG oder Kindergeld für ein Kind erhält, erzielt im VZ 2019 folgende Einkünfte:

Einkünfte aus § 13 EStG20 000 €
Einkünfte aus § 15 EStG./. 61 000 €
Einkünfte aus § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG40 000 €
Der Arbeitslohn beträgt 40 920 €.

Lösung 1:

Der → Gesamtbetrag der Einkünfte wird wie folgt ermittelt:

Summe der Einkünfte./. 1 000 €
abzgl. Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG: 19,2 % des Arbeitslohns i.H.v. 40 920 € = 7 856 €, höchstens./. 912 €
abzgl. Freibetrag nach § 13 Abs. 3 EStG./. 670 €
abzgl. → Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG./. 1 908 €
Gesamtbetrag der Einkünfte./. 4 490 €

Nach § 10d EStG ist Verlustabzug möglich. Der Altersentlastungsbetrag, der Freibetrag für Land- und Forstwirte und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende werden bei der Ermittlung des Verlustabzugs nicht berücksichtigt (R 10d Abs. 1 EStR). Der Betrag der negativen Einkünfte, der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen wird, entspricht der negativen Summe der Einkünfte, hier 1 000 €.

Beispiel 2:

Die Eheleute Albert und Beate werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Albert hat im Kj. 2017, Beate im Kj. 2018 das 64. Lebensjahr vollendet.

Albert erzielt ab dem Kj. 2017 Versorgungsbezüge i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG i.H.v. 13 000 € und jährliche Einkünfte aus § 21 Abs. 1 EStG. Der monatliche Versorgungsbezug beträgt ab Januar 2018 jeweils 1 500 €, ab Januar 2019 jeweils 1 600 €. Die Einkünfte aus § 21 EStG betragen im Kj. 2018 1 500 €, im Kj. 2019 3 000 € und im Kj. 2020 6 000 €.

Beate erzielt im VZ 2018 und 2019 jeweils Arbeitslohn i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.H.v. 8 000 € und Einkünfte aus § 15 Abs. 1 EStG i.H.v. ./. 2 000 €. Ab Januar 2020 erhält sie, statt des Arbeitslohns i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, monatliche Versorgungsbezüge i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG i.H.v. 800 €. Die Einkünfte aus § 15 EStG betragen ab dem VZ 2020 3 000 €.

Lösung 2:

Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten ist die Anwendung des Altersentlastungsbetrages für jeden Ehegatten gesondert zu prüfen (H 24a [Altersentlastungsbetrag bei Ehegatten] EStH).

Der Ehemann erhält ab dem VZ 2018, die Ehefrau ab dem VZ 2019 dem Grunde nach einen Altersentlastungsbetrag.

ErläuterungenVZ 2018VZ 2019VZ 2020
EhemannEhefrauEhemannEhefrauEhemannEhefrau
Ermittlung der Summe der Einkünfte des Ehemanns:

Versorgungsbezüge:

12 × 1 500 €18 000 €
12 × 1 600 €19 200 €19 200 €
abzüglich Versorgungsfreibetrag 2017:
höchstens./. 1 560 €./. 1 560 €./. 1 560 €
Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag./. 468 €./. 468 €./. 468 €
abzüglich Werbungskostenpauschbetrag./. 102 €./. 102 €./. 102 €
Einkünfte (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG)15 870 €17 070 €17 070 €
Einkünfte (§ 21 EStG)1 500 €3 000 €6 000 €
Summe der Einkünfte Ehemann17 370 €20 070 €23 070 €
Ermittlung der Summe der Einkünfte der Ehefrau:
Arbeitslohn8 000 €
abzüglich Arbeitnehmer-Pauschbetrag./. 1 000 €
Einkünfte (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG)7 000 €7 000 €
Einkünfte (§ 15 EStG)./. 2 000 €./. 2 000 €3 000 €
Versorgungsbezüge ab Januar 2020:
12 × 800 € =9 600 €
abzüglich Versorgungsfreibetrag:
16,0 % von 9 600 € =
1 536 €, höchstens./. 1 200 €
Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag./. 360 €
abzüglich Werbungskostenpauschbetrag./. 102 €
Einkünfte (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG)7 938 €
Summe der Einkünfte Ehemann/Ehefrau17 370 €5 000 €20 070 €5 000 €23 070 €10 938 €
Altersentlastungsbetrag des Ehemanns:

Nach der Tabelle des § 24a Satz 5 EStG beträgt der Altersentlastungsbetrag 19,2 % von

2018:1 500 € = 288 €, höchstens 912 €.

Versorgungsbezüge bleiben außer Ansatz

./. 288 €
2019:3 000 € = 576 €, höchstens 912 €../. 576 €
2020:6 000 € = 1 152 €, höchstens 912 €./. 912 €
Altersentlastungsbetrag der Ehefrau:

Nach der Tabelle des § 24a Satz 5 EStG beträgt der Altersentlastungsbetrag 17,6 % von

2019:8 000 € = 1 408 €, höchstens 836 €../. 836 €
2020:3 000 € = 528 €, höchstens 836 €../. 528 €
Zwischensumme17 082 €5 000 €19 494 €4 164 €22 158 €10 410 €
Gesamtbetrag der Einkünfte22 082 €23 658 €32 568 €

Der Altersentlastungbetrag nach § 24a EStG ist im Rahmen des Verlustausgleichs nach § 2 Abs. 3 EStG mit anderen Einkünften zu verrechnen und kann auch einen negativen Gesamtbetrag der Einkünfte erhöhen. Dieser Umstand ist bei der Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG zu berücksichtigen; vgl. FG Köln vom 12.12.2018, 10 K 1730/17.

2.2. Altersentlastungsbetrag und Abgeltungsteuer

Ab dem VZ 2009 sind nach § 2 Abs. 5b EStG Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 und § 43 Abs. 5 EStG (→ Einkünfte aus Kapitalvermögen, → Abgeltungsteuer) nicht in die Einkünfte für die Berechnung des Altersentlastungsbetrages einzubeziehen.

Das FG Münster musste sich mit der Frage beschäftigen, inwiefern Kapitalerträge nach Einführung der Abgeltungsteuer (ab dem VZ 2009) in die positive Summe der Einkünfte zur Berechnung des Altersentlastungsbetrages einzubeziehen sind.

Das FG kam in seinem Urteil vom 24.3.2012 (11 K 3383/11 E) zu dem Ergebnis, dass diese Rechtsfrage nach § 2 Abs. 5b EStG zu entscheiden ist. Gem. § 2 Abs. 5b Satz 1 EStG sind, soweit Rechtsnormen des EStG an die Begriffe Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte anknüpfen, Kapitalerträge, die von der Abgeltungsteuer gem. § 43 Abs. 5 EStG erfasst werden, nicht einzubeziehen. Sofern Kapitalerträge, die unstreitig dem Steuerabzug nach § 43 Abs. 5 EStG unterlegen haben, vorliegen, ist auf diese Erträge die Vorschrift des § 24a EStG, soweit sie an den Begriff der Einkünfte anknüpft, gem. § 2 Abs. 5b EStG nicht anzuwenden.

Im Zusammenhang mit den Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 vom 25.3.2013 (BStBl I 2013, 276) wurde in R 24a Abs. 1 Satz 2 EStR 2012 für die Berechnung des Altersentlastungsbetrags festgelegt, dass Kapitalerträge, die nach § 32d Abs. 1 und § 43 Abs. 5 EStG dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen, in die Berechnung des Altersentlastungsbetrags nicht einzubeziehen sind.

Beispiel 3:

Ein lediger, nicht der Kirche angehöriger Stpfl. (geboren am 12.3.1948) erzielt im VZ 2016 aus einer Leibrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Einkünfte i.H.v. unstreitig 8 000 € sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. unstreitig 4 000 €. Des Weiteren erhält er Kapitalerträge i.H.v. 4 000 €. Er hat der Bank keinen Freistellungsauftrag erteilt, so dass Kapitalertragsteuer i.H.v. 1 000 € sowie Solidaritätszuschlag i.H.v. 55 € einbehalten wurde. Aufgrund der Abgeltungswirkung der Kapitalertragsteuer hat A in seiner Einkommensteuererklärung keine Angaben zu den Kapitaleinkünften gemacht. Als Sonderausgaben kommen unstreitig 1 000 € zum Ansatz.

Lösung 3:

Ein Altersentlastungsbetrag kann vorliegend somit nur auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angewendet werden.

altersantlastungsbetrag vermietung verpachtung

Variante 1:

Der Stpfl. stellt einen Antrag gem. § 32d Abs. 4 EStG.

Lösung zu Variante 1:

Es ergibt sich zur Berechnung des Altersentlastungsbetrages das gleiche Ergebnis wie im Ausgangsbeispiel. Gem. § 2 Abs. 5b EStG sind, soweit Rechtsnormen des EStG an die Begriffe Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte anknüpfen, Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 EStG, die von dem gesonderten Steuertarif erfasst werden, nicht einzubeziehen. Auf diese Erträge ist die Vorschrift des § 24a EStG, soweit sie an den Begriff der Einkünfte anknüpft, gem. § 2 Abs. 5b EStG nicht anzuwenden.

altersentlastungsbetrag

Variante 2:

Der Stpfl. stellt einen Antrag gem. § 32d Abs. 6 EStG.

Lösung zu Variante 2:

Der Antrag nach § 32d Abs. 6 EStG ermöglicht es dem Stpfl., die Kapitalerträge den Einkünften i.S.d. § 2 EStG hinzuzurechnen und der tariflichen Einkommensteuer zu unterwerfen. Ergibt sich bei dieser Berechnung eine niedrigere Einkommensteuer als bei der Anwendung des Abs. 1, werden die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit dem individuellen Steuersatz versteuert. Die Kapitaleinkünfte sind dann in das Veranlagungsschema einzubeziehen. Schlussfolgernd ist auf diese Erträge die Vorschrift des § 24a EStG anzuwenden, so dass bei der Berechnung des Altersentlastungsbetrages die Einkünfte aus Kapitalvermögen einzubeziehen sind und der Altersentlastungsbetrag entsprechend zu erhöhen ist. In Grenzfällen führt dies sogar dazu, dass erst durch einen Antrag gem. § 32d Abs. 6 EStG und der damit verbundenen Erhöhung des Altersentlastungsbetrags die Versteuerung der Kapitalerträge mit dem individuellen Steuersatz günstiger ist.

altersantlastungsbetrag kapitalertraege

Nach einem Urteil des BFH vom 25.4.2017, III B 51/16 ist die Nichteinbeziehung von der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitalerträgen in die Bemessungsgrundlage des Altersentlastungsbetrages verfassungsgemäß. Die Rechtsfrage, ob die Nichteinbeziehung der nach § 32d Abs. 1 EStG besteuerten Kapitalerträge in die Bemessung des Altersentlastungsbetrages dem Grundgesetz widerspricht, ist jedoch nicht klärungsbedürftig. Denn sie ist offensichtlich so zu beantworten, wie es das FG getan hat; die Rechtslage ist mithin eindeutig. Das angefochtene Urteil steht auch im Einklang mit den Urteilen des FG Düsseldorf vom 13.10.2010, 15 K 2712/10 E, des FG Münster vom 28.3.2012, 11 K 3383/11 E und des FG München vom 6.6.2014, 8 K 2051/12. Die Verfassungsmäßigkeit der Nichtgewährung des Altersentlastungsbetrages für Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterlegen haben, wird auch in der Literatur nicht infrage gestellt.

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften.

1. Vorbemerkungen

Am 5.3.2012 hatte das BMF den Referentenentwurf für ein JStG 2013 veröffentlicht. Kernstück des Gesetzes war die Umsetzung der sog. europäischen Amtshilferichtlinie. Ferner sollte eine weitergehende Umsetzungsstufe des Mehrwertsteuerpaketes 2010–2015 verwirklicht werden und eine Umsetzung der Rechnungsrichtlinie erfolgen. Mit dem Gesetz sollte das deutsche Steuerrecht insbesondere an Recht und Rspr. der EU bzw. des EuGH sowie an internationale Entwicklungen (OECD) angepasst werden. Das JStG 2013 sollte ursprünglich zum 1.1.2013 in Kraft treten. Nachdem der Bundestag am 25.10.2012 das Gesetz angenommen hatte, hatte der Bundesrat in seiner Sitzung vom 23.11.2012 dem JStG 2013 seine Zustimmung verweigert, ohne den Vermittlungsausschuss anzurufen. Am 28.11.2012 hatte die Bundesregierung zum JStG 2013 (BT-Drs. 17/10000, BT-Drs. 17/10604, BT-Drs. 17/11220, BT-Drs. 17/11633) den Vermittlungsausschuss angerufen. Dies teilte die Regierung in einer Unterrichtung (BT-Drs. 17/11692) mit, nachdem der Bundesrat seine Zustimmung versagt hatte. Der Vermittlungsausschuss hatte am 12.12.2012 einen umfangreichen Einigungsvorschlag zum JStG 2013 beschlossen (Drs. 17/11844). Allerdings beruhte dieser nicht auf einem echten Kompromiss zwischen Bund und Ländern, sondern auf einem Mehrheitsentscheid des Ausschusses. In namentlicher Abstimmung hat der Bundestag am 17.1.2013 den Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom 12.12.2012 (17/11844) zum JStG 2013 abgelehnt. 306 Abgeordnete stimmten gegen, 256 für den Einigungsvorschlag, es gab fünf Enthaltungen. Insofern ist das JStG 2013 gescheitert.

Einige Vorschriften des ursprünglichen JStG 2013 fanden ihre Wiederaufnahme im Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz, das auch als JStG 2013 »light« bezeichnet wird (Drs. 17/12375, 17/12532). Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat beschloss am 5.6.2013 einen äußerst umfangreichen Kompromissvorschlag. Dieser ist als komplette Neufassung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes formuliert. Er integriert den im Dezember 2012 gefundenen Kompromiss zum JStG 2013 – mit Ausnahme der damals vorgeschlagenen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften, an der das Gesetzgebungsverfahren seinerzeit gescheitert war. Das neugefasste Gesetz ist im Grundsatz am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten, mithin am 30.6.2013 (vgl. BGBl I 2013, 1809). Zahlreiche Elemente aus dem JStG 2013 finden allerdings – wie ursprünglich geplant – bereits für den gesamten Veranlagungszeitraum 2013 Anwendung. Vereinzelte Vorschriften knüpfen auch an den Tag des Beschlusses durch den Bundestag.

Die Neufassung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes enthält eine Fülle von steuerrechtlichen Änderungen.

2. Zeitlicher Ablauf/aktuelle Hinweise

Der Bundestag hatte am 17.1.13 den Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses vom 13.12.2012, der die steuerliche Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften einschloss, abgelehnt und damit das JStG 2013 scheitern lassen. Daraufhin hat der Bundestag am 19.2.13 (BT-Drs. 17/12375) einen neu gefassten Entwurf eines Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetzes vorgelegt. Der Bundesrat hat am 22.2.2013 einen neuen Entwurf eines JStG 2013 auf den Weg gebracht, mit dem ebenfalls das einvernehmliche Teilergebnis des Vermittlungsverfahrens umgesetzt werden sollte. Beide Entwürfe führten dazu, dass der Vermittlungsausschuss erneut angerufen wurde. Dieser hat sich am 5.6.2013 über den Inhalt des Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetzes geeinigt. Der Bundestag hat das Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz am 6.6.2013 beschlossen und der Bundesrat bereits am 7.6.2013 zugestimmt.

3. Einführung des EU-Amtshilfegesetzes

3.1. Grundlagen

Mit dem Erlass des EU-Amtshilfegesetzes will der Gesetzgeber den Austausch von voraussichtlich erheblichen Informationen in Steuersachen zwischen Deutschland und den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erleichtern. Dieses steht im Zusammenhang mit der Umsetzung der europäischen Amtshilferichtlinie in deutsches Recht. Gleichzeitig wird das bisherige EG-Amtshilfe-Gesetz (EGAHiG) außer Kraft gesetzt. Mit der stufenweisen Einführung eines automatischen Informationsaustauschs soll vor allem ein wesentlicher Beitrag zur korrekten Festsetzung der Steuern bei grenzüberschreitenden Sachverhalten geleistet werden. Durch eine systematische Erhöhung des Entdeckungsrisikos soll der Steuerbetrug bekämpft werden. Insofern bezwecken die Änderungen vor allem eine effizientere Zusammenarbeit der Steuerbehörden der EU-Mitgliedstaaten, um Steuern bei grenzüberschreitenden Aktivitäten ordnungsgemäß festsetzen zu können. Die Neuerungen betreffen im Wesentlichen die Schaffung sog. zentraler Verbindungsbüros in allen Mitgliedstaaten und die stufenweise Entwicklung eines automatischen Informationsaustauschs.

3.2. Anwendungsbereich und grundsätzliche Abfolge

Infolge der Neufassung wird der bisherige Anwendungsbereich erheblich erweitert. Die aufgrund des Gesetzes mögliche Amtshilfe soll sich grundsätzlich auf jede Art von Steuern erstrecken, die von einem oder für einen Mitgliedstaat oder dessen Gebiets- oder Verwaltungseinheiten einschließlich der örtlichen Behörden erhoben werden (vgl. § 1 Abs. 1 EUAHiG). Ausgenommen sind hingegen ausdrücklich die Umsatzsteuer, Einfuhrumsatzsteuer, Zölle und entsprechend harmonisierte Verbrauchsteuern (vgl. § 1 Abs. 2 EUAHiG). Der Austausch der Informationen erfolgt dann, wenn diese voraussichtlich erheblich sind. Mit dieser weit gefassten Formulierung soll ausweislich der Gesetzesbegründung gewährleistet werden, dass ein Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten im größtmöglichen Umfang stattfindet.

Gem. §§ 3, 4 EUAHiG soll in allen Mitgliedstaaten ein sog. zentrales Verbindungsbüro eingerichtet werden. Dieses soll dann eine direkte Kontaktstelle sowohl für eingehende als auch für ausgehende Informationen und Dokumente zwischen den Mitgliedstaaten sein. Bei Ersuchen (vgl. § 6 EUAHiG) und spontanem Informationsaustausch (vgl. § 8 EUAHiG) sollen verbindlich festgelegte Übermittlungsfristen (vgl. § 5 EUAHiG) und elektronische Standardformblätter (vgl. § 17 EUAHiG) den Informationsaustausch beschleunigen. Der in § 4 Abs. 3 EUAHiG geregelte »Negativkatalog« legt fest, wann eine Informationserteilung an die Steuerbehörde des ersuchenden Mitgliedstaats zu unterbleiben hat. Mit diesem soll u.a. sowohl den schützenswerten Interessen der Stpfl. als auch dem öffentlichen Interesse Rechnung getragen werden. Ausdrücklich zu betonen ist, dass eine Ablehnungsbefugnis aufgrund von Bankgeheimnissen etc. nach aktuellen Plänen nicht vorgesehen ist.

3.3. Automatischer Informationsaustausch

Das zentrale Verbindungsbüro soll gem. § 7 EUAHiG verfügbare Informationen über in anderen Mitgliedstaaten ansässige Personen ohne vorheriges Ersuchen an andere Mitgliedstaaten auf elektronischem Weg übermitteln. Hierzu gehören z.B. Informationen zu Vergütungen aus unselbstständiger Arbeit, Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen, bestimmte Lebensversicherungsprodukte, Ruhegehälter (sowie Renten und ähnliche Zahlungen) und Eigentum an unbeweglichem Vermögen und Einkünfte daraus.

Der automatische Informationsaustausch soll spätestens am 1.1.2015 in Kraft treten. Einzelheiten sollen in einem BMF-Schreiben festgelegt werden.

3.4. Spontaner Informationsaustausch

Gestützt auf § 8 EUAHiG kann das zentrale Verbindungsbüro nach pflichtgemäßem Ermessen anderen Mitgliedstaaten spontan ohne Ersuchen alle Informationen übermitteln können, die für die anderen Mitgliedstaaten von Nutzen sein können. Gem. § 8 Abs. 2 EUAHiG ist eine Information zu erteilen, wenn z.B. Gründe für die Vermutung einer Steuerverkürzung in dem anderen Mitgliedstaat vorliegen. Gleiches gilt, wenn ein Sachverhalt vorliegt, aufgrund dessen eine Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung gewährt worden ist, und dies für den Stpfl. zu einer Besteuerung oder Steuererhöhung im anderen Mitgliedstaat führen könnte oder Gründe für die Vermutung vorliegen, dass durch künstliche Gewinnverlagerungen zwischen verbundenen Unternehmen eine Steuerersparnis eintritt. Die Übermittlung sollte unverzüglich erfolgen, spätestens jedoch einen Monat, nachdem die Informationen verfügbar geworden sind. Die Kommunikation im Zusammenhang mit dem spontanen Informationsaustausch erfolgt auf einem Standardformblatt.

3.5. Weitere bedeutsame Regelungen

Als weitere Formen der Verwaltungszusammenarbeit können die zentralen Verbindungsbüros der Mitgliedstaaten die Teilnahme und die Anwesenheit ihrer Bediensteten, bei behördlichen Ermittlungen im anderen Mitgliedstaat sowie die gleichzeitige Prüfung einer oder mehrerer Personen und die Zustellung aller Dokumente vereinbaren (vgl. §§ 10, 12 EUAHiG). Kritisch ist hierzu anzumerken, dass nicht ausdrücklich geregelt ist, ob die Verweigerung der Mitwirkung gegenüber einem ausländischen Bediensteten auch Auswirkungen auf inländische Bedienstete hat, was insbesondere bei der Frage etwaiger Zwangsmittel bedeutsam wäre.

Die von Deutschland erteilten Informationen dürfen gem. § 15 Abs. 1 EUAHiG nur für andere Zwecke verwendet werden, wenn die Verwendung in Deutschland zulässig wäre und der besondere Schutz durch die Abgabenordnung (§§ 30, 31, 31a und 31b AO) sichergestellt ist. Wenn Informationen nach Ansicht des zentralen Verbindungsbüros an einen dritten Mitgliedstaat weitergeleitet werden sollen, ist die Mitteilungsabsicht dem Staat, aus dem die Informationen stammen, mitzuteilen (vgl. § 15 Abs. 2 EUAHiG). Sollte der zu informierende Mitgliedstaat der Weitergabe an den dritten Mitgliedstaat nicht innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Eingang der Mitteilung widersprechen, kann das zentrale Verbindungsbüro die Informationen und Dokumente an den dritten Mitgliedstaat weiterleiten. Unter den in § 18 EUAHiG geregelten Voraussetzungen sollen von einem Drittstaat erhaltene Informationen an andere Mitgliedstaaten sowie von einem anderen Mitgliedstaat erhaltene Informationen an einen Drittstaat weitergeleitet werden können.

Für sämtliche Informationen, die aufgrund des dargestellten Gesetzes von anderen Staaten übermittelt werden, gelten das Steuergeheimnis und der Schutz, den die Abgabenordnung für entsprechende Informationen vorsieht.

4. Änderungen im Einkommensteuergesetz

4.1. Einkommensteuerpflicht der Leistungen im Rahmen des freiwilligen Wehrdienstes und des Bundesfreiwilligendienstes

Hierbei handelt es sich aktuell um einen wesentlichen Streitpunkt innerhalb der Regierungskoalition. Die bisher in § 3 Nr. 5 EStG geregelte Steuerfreiheit für den Freiwilligen Wehrdienst sollte laut dem Referentenentwurf zukünftig abgeschafft werden. Hintergrund dieses Vorhabens war es, dass die Steuerbefreiung nach ihrer ursprünglichen Zielsetzung nur für verpflichtende Dienste (insbesondere Wehrpflicht) konzipiert war. Insbesondere unter Berücksichtigung des Gleichheitsgebots und der Steuergerechtigkeit hielt die Bundesregierung eine Weiterführung der Steuerfreiheit beim Freiwilligen Wehrdienst für nicht gerechtfertigt. Bereits nach aktueller Rechtslage sind die Bezüge für den Bundesfreiwilligendienst steuerpflichtig. Allerdings wurden diese auf Grund einer Billigkeitsregelung der Verwaltung bisher als steuerfrei behandelt, um sie gegenüber den Bezügen für den Freiwilligen Wehrdienst nicht zu benachteiligen.

Der verabschiedete Wortlaut sieht nunmehr eine Neufassung des § 3 Nr. 5 EStG vor. Im Rahmen einer »Buchstabenaufzählung« werden sämtliche steuerfreien Zuflüsse abschließend aufgezählt. Die komplette Steuerfreiheit beim freiwilligen Wehrdienst soll nun ab 2013 abgeschafft werden, so dass nur noch der Gehaltsbestandteil Wehrsold steuerfrei bleibt. Der Wehrsold nach § 2 Abs. 1 des Wehrsoldgesetzes beträgt gegenwärtig ca. 280 bis 350 €. Weitere Bezüge – z.B. der Wehrdienstzuschlag, besondere Zuwendungen sowie unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung – werden dagegen künftig steuerpflichtig. Dafür werden im Gegenzug Eltern der freiwillig Wehrdienstleistenden bei Kindergeld und -freibetrag entlastet. Dies erfolgt durch die Anpassung in § 32 Abs. 4 EStG. Beim Bundesfreiwilligendienst wird künftig das gezahlte Taschengeld steuerfrei gestellt – derzeit monatlich bis zu 336 € – weitere Bezüge wie die unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung werden steuerpflichtig, sofern die sog. »Bufdis« den Grundfreibetrag von jährlich 8004 € übersteigen.

Ausweislich der speziellen Anwendungsnorm in § 52 Abs. 4f EStG ist die Neuregelung erstmals für den VZ 2013 anzuwenden. Die bisherige Gesetzesfassung soll weiterhin anzuwenden sein für freiwillig Wehrdienstleistende, die das Dienstverhältnis vor 2014 begonnen haben. Bei genauerer Betrachtung erscheint diese Übergangsregelung nicht logisch.

4.2. Änderung bei der Steuerfreiheit von Dividenden

Bei der Steuerfreiheit von Dividenden wird in § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG n.F. klargestellt, dass die Steuerbefreiung nur greift, soweit die Bezüge das Einkommen der leistenden Gesellschaft nicht gemindert haben. Ziel ist es, für hybride Finanzierungen unilateral ein Korrespondenzprinzip zur Vermeidung sog. »weißer Einkünfte« zu schaffen.

Die Neuregelung ist erstmals im VZ 2014 anzuwenden.

4.3. Nachteilsausgleich bei Elektrofahrzeugen bei privater Nutzung

Regelmäßig ist festzustellen, dass die Listenpreise von Elektrofahrzeugen i.S.d. § 9 Abs. 2 KraftStG über denen von Kraftfahrzeugen mit einem »herkömmlichen« Verbrennungsmotor liegen. Infolge der Bewertungsvorschriften hat dies auch nachteilige Auswirkungen bei der Bemessung der privaten Nutzung von betrieblichen Kraftfahrzeugen. Um diesen Nachteil der Elektroautos auszugleichen oder zu mildern, ist künftig der bei der Bewertung maßgebliche Listenpreis bzw. die gesamten Aufwendungen bei der Berücksichtigung der Fahrtenbuchmethode um Kosten für die Akkumulatoren (Batterie) zu kürzen. Gemeint sind hierbei Fahrzeuge mit Antrieb ausschließlich durch Elektromotoren, die ganz oder überwiegend aus mechanischen oder elektrochemischen Energiespeichern oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern betrieben werden, oder von extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen. Vorgesehen ist die Regelung für Anschaffungen von Elektrofahrzeugen bis zum 31.12.2022 (vgl. § 52 Abs. 16 Satz 11 EStG). Die Minderung sollte ursprünglich anhand der Angaben des Herstellers erfolgen. Im nunmehr verabschiedeten Gesetz heißt es hingegen, dass die Minderung für bis zum 31.12.2013 angeschaffte Kraftfahrzeuge um 500 € pro Kilowattstunde der Batteriekapazität zu erfolgen hat. Dieser Betrag mindert sich für in den Folgejahren angeschaffte Kraftfahrzeuge um jährlich 50 € pro Kilowattstunde der Batteriekapazität. Die Minderung pro Kraftfahrzeug beträgt höchstens 10 000 €. Dieser Höchstbetrag mindert sich für in den Folgejahren angeschaffte Kraftfahrzeuge um jährlich 500 €.

Vorbehaltlich einer Zustimmung zu dieser Regelung durch die EU ist der Nachteilsausgleich erstmals für den VZ 2013 anzuwenden. Bei Arbeitnehmern ist vorgesehen, dass diese Regelung sowohl für die Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zur privaten Nutzung als auch in den Fällen Anwendung findet, in denen der Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nutzt (§§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3, 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und 3, 8 Abs. 2 Satz 4 EStG).

4.4. Änderung im Bereich der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG

Neu aufgenommen wurde eine klarstellende Regelung zur Absicherung der bisherigen Verwaltungspraxis bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. In § 6 Abs. 7 EStG steht nunmehr, dass im Fall des § 4 Abs. 3 EStG bei der Bemessung der Absetzungen die sich bei der Anwendung der Teilwert-Regelung ergebenen Werte als Anschaffungskosten zugrunde zu legen und die Bewertungsvorschriften entsprechend anzuwenden sind.

4.5. Verlustabzug bei gewerblicher Tierzucht

Die ursprünglich geplante spezielle Verlustabzugsbeschränkung bei gewerblicher Tierzucht wurde nicht umgesetzt.

4.6. Steuerneutrale Abspaltung

Durch die Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 20 Abs. 4a EStG auf steuerneutrale Abspaltungen von Körperschaften sollen die Anteile an der übernehmenden Gesellschaft anteilig an die Stelle der übertragenden Gesellschaft treten. Dies entspricht der Zielsetzung, die Abgeltungsteuer für Stpfl. und Kreditinstitute praktikabler zu gestalten. Abweichend von §§ 13 und 15 UmwStG besteht somit kein Antragserfordernis auf Fortführung der Anschaffungskosten Die erhaltenen Anteile übernehmen den steuerlichen Status der Anteile an der übertragenden Gesellschaft. Die Aufgabe des Antragserfordernisses für die Fortführung der Anschaffungskosten soll bereits für Abspaltungen gelten, die im Jahr 2012 ins Handelsregister angemeldet werden (§ 20 Abs. 4a Satz 7 EStG n.F.).

4.7. Änderungen im Progressionsvorbehalt

Durch eine geplante Ergänzung des § 32b Abs. 2 EStG sollen Steuergestaltungen vermieden werden, die den negativen Progressionsvorbehalt gezielt zur Steuerersparnis ausnutzen (§ 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG). Derartige Gestaltungen sind auch unter dem Namen »Modell Goldfinger« bekannt. Nach dem neuen § 52 Abs. 43a Satz 11 EStG ist die Änderung des § 32b Abs. 2 EStG erstmals für Wirtschaftsgüter anzuwenden, die nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses (28.2.2013) angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.

4.8. Abuzg von Prozesskosten

In Umsetzung aktueller Rspr. wurde zudem gesetzlich verankert, dass Prozesskosten für die Führung eines Rechtsstreites grundsätzlich gem. § 33 Abs. 2 EStG vom Abzug ausgeschlossen sind, soweit es sich nicht um Aufwendungen handelt, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren.

4.9. Verschonungsregel beim Unterhalt

Neu aufgenommen wurde eine Verschonungsregelung für den Unterhaltsempfänger, indem ein angemessenes Hausgrundstück bei der Ermittlung des eigenen Vermögens im Rahmen von § 33a Abs. 1 EStG unberücksichtigt bleibt. Die Änderung ist rückwirkend auf alle noch nicht bestandskräftig veranlagten Einkommensteuerfälle anzuwenden, da es sich hierbei um eine gesetzliche Festschreibung der langjährigen Verwaltungspraxis handelt (s. R 33a.1 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 EStR 2008).

4.10. Pflegepauschbetrag

Gemäß § 33b Abs. 6 EStG kann ein Stpfl. dann wegen außergewöhnlicher Belastungen, die ihm durch die Pflege einer nicht nur vorübergehend hilflosen Person erwachsen, an Stelle einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG einen Pauschbetrag i.H.v. 924 € im Kalenderjahr geltend machen (Pflege-Pauschbetrag), wenn er dafür keine Einnahmen erhält. Mit der Neuregelung wird der Anwendungsbereich des Pflege-Pauschbetrages auf die häusliche persönlich durchgeführte Pflege im gesamten EU-/EWR-Ausland ausgeweitet und damit die Norm europarechtstauglich. Damit kann die persönliche Pflege nunmehr auch unabhängig vom Ort der Pflege steuerlich honoriert werden (§ 33b Abs. 6 Satz 5 EStG).

4.11. Gewerbesteueranrechnung

In die Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrages fließt die geminderte tarifliche Steuer mit ein. Ausländische Steuern auf Einkünfte aus Kapitalvermögen sind bislang nicht auf die Einkommensteuer angerechnet worden. Zukünftig soll bei der Ermittlung der geminderten tariflichen Steuer die nach § 32d Abs. 6 Satz 2 EStG anzurechnende ausländische Steuer als Minderungsbetrag berücksichtigt werden. (§ 35 Abs. 1 Satz 4 EStG). Ausweislich der Gesetzesbegründung ist jedwede Anrechnung ausländischer Steuern der Anwendung des § 35 EStG – mit einer entsprechenden nachteiligen Auswirkung auf die Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG – vorzuziehen.

4.12. Lohnsteuerabzugsverfahren

Als Folge der Einführung der elektronischen Abzugsmerkmale (ELStAM) soll der Arbeitnehmer ab dem Jahr 2014 beantragen können, dass der im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigende Freibetrag für zwei, statt derzeit für ein Kalenderjahr gelten soll (§ 39a Abs. 2 Satz 3 bis 5 EStG n.F.). Der Arbeitnehmer kann eine Änderung des Freibetrags innerhalb dieses Zeitraums beantragen, wenn sich die Verhältnisse zu seinen Gunsten ändern. Ändern sich die Verhältnisse zu seinen Ungunsten, ist er verpflichtet, dies dem Finanzamt umgehend anzuzeigen.

4.13. Lohnsteuer-Nachschau

Wie bereits i.R.d. JStG 2013 geplant, wurde nunmehr in § 42g EStG die Möglichkeit einer Lohnsteuer-Nachschau eingeführt. Die mit der Nachschau Beauftragten können damit während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Lohnsteuer-Außenprüfung Grundstücke und Räume betreten. Ziel der Lohnsteuer-Nachschau soll die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer sein und ein Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte sein. Betroffene der Lohnsteuer-Nachschau sind verpflichtet, dem mit der Nachschau Beauftragten auf Verlangen Lohn- und Gehaltsunterlagen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Lohnsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und weitere Auskünfte zu erteilen. Sollten die bei der Lohnsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung übergegangen werden. Diese muss normalerweise vorher schriftlich angekündigt werden – die neue Lohnsteuer-Nachschau würde hier also den Weg deutlich abkürzen. Eine ähnliche Regelung gibt es übrigens bereits mit der Umsatzsteuer-Nachschau, die zu einer Umsatzsteuer-Prüfung ausgeweitet werden kann.

4.14. Änderungen bei der Kapitalertragsteuer

Die Änderungen der §§ 43 bis 45d EStG beziehen sich neben einigen redaktionellen Folgeänderungen (z.B. Anpassung an die Mutter-Tochter-Richtlinie) insbesondere auf eine notwendige Anpassung resultierend aus der Umstellung des Kapitalertragsteuerverfahrens für Dividenden durch das OGAW-IV-UmsG. Durch das OGAW-IV-UmsG wurde die Steuerabzugsverpflichtung auf Dividenden inländischer sammel- und streifbandverwahrter Aktien von der Aktiengesellschaft auf die depotführende Stelle verlagert. Nach den geplanten Neuregelungen folgt der Steuerabzug bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG (Genussscheine, Erträgnisscheine, Teilschuldverschreibungen und Genussrechte) ebenfalls dieser Systematik.

Neben den aus dem OGAW-IV-UmsG resultierenden Änderungen sollen auch weitere Anpassungen helfen, Veranlagungsfälle zu vermeiden. Hier sind insbesondere die Einführung des § 44 Abs. 1a EStG und die Änderungen bzw. Ergänzungen der §§ 44a, 44b EStG zu nennen.

Der Großteil der geplanten Änderungen tritt bereits erstmals ab dem 1.1.2013 in Kraft.

4.15. Entlastung von Abzugssteuern

Sollte in einem DBA zwischen Deutschland und einem anderen Staat für Kapitalerträge geregelt sein, dass eine niedrigere Quellensteuer als die deutsche Kapitalertragsteuer zum Tragen kommt, hat der ausländische Gläubiger einen teilweisen oder vollständen Anspruch auf Erstattung der deutschen Kapitalertragsteuer. Entsprechendes gilt bei Vergütungen von beschränkt Steuerpflichtigen (vgl. § 50a EStG). Infolge der für Besteuerungszwecke unterschiedlichen Qualifikation des Gläubigers (»hybride« Gesellschaftsformen) der Kapitalerträge bzw. Vergütungen durch die beteiligten Vertragsstaaten sind Fälle denkbar, in denen diese Entlastung ins Leere läuft. Daher sieht die Neuregelung vor, dass der Quellenstaat dem ausländischen Antragsteller Entlastung von Abzugsteuern gewährt, dem der andere Staat nach seinem Steuerrecht die Einkünfte oder Gewinne zurechnet. Mit anderen Worten soll der Erstattungsanspruch dann derjenigen Person zustehen, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach den Steuergesetzen des anderen DBA-Vertragsstaates als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person zugerechnet werden. Nicht geregelt ist indes, wie genau die Erstattung in der Praxis erfolgen soll, so dass erhebliche Rechtsunsicherheiten bestehen bleiben.

Diese Regelung muss erstmals auf Zahlungen angewendet werden, die am Tag nach der Verkündung des Gesetzes zufließen (§ 50d Abs. 1 Satz 11 EStG).

Zudem ist zu beachten, dass in dem neu eingefügten § 51a Abs. 2c Nr. 3 und Abs. 2e EStG eine Verbesserung des automatischen Einbehalts von Kirchensteuer auf die Abgeltungsteuer geplant ist.

4.16. Lohnsteuerabzugsmerkmale

Aufgrund des Starts von ELSTAM werden in § 52b EStG Regelungen zur gestreckten Einführung des Verfahrens der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale sowie für den Übergangszeitraum geschaffen.

4.17. Besteuerung bestimmter Einkünfte und Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen

In der gestaltenden Besteuerungspraxis wird im Zusammenhang mit Wegzugsfällen seit Langem über die »Abschirmwirkung« und Ausgestaltung einer gewerblichen Personengesellschaften bei hoch werthaltigen, steuerrelevanten Kapitalgesellschaftsanteilen diskutiert. Um die bestehenden Rechtsunsicherheiten bei der doppelbesteuerungsrechtlichen Qualifikation von Personengesellschaften zu beseitigen, ist mit dem Ziel inländischer Steuersubstratabsicherung jedenfalls für »Altfälle« (Einlage in eine gewerblich geprägte Personengesellschaften vor Gesetzesverkündung) eine »gesetzliche Abschirmregelung« in § 50i EStG n.F. geschaffen worden. Durch § 50i EStG n.F. wird die Abschirmwirkung auch einer rein gewerblich geprägten (oder infizierten) Personengesellschaft ungeachtet etwaiger Treaty-override-Rechtsfragen in den betroffenen »Altfällen« aus Inländersicht gestärkt.

Der neue § 50i EStG hat drei Regelungsbereiche, in denen die Meinung der Finanzverwaltung zur doppelbesteuerungsrechtlichen Beurteilung von Personengesellschaften gegen den BFH für »Altfälle« abgesichert werden soll. Erstens will § 50i EStG n.F. die Veräußerungsgewinnbesteuerung an in eine Personengesellschaft eingebrachte Kapitalgesellschaftsanteile in Deutschland für Überführungen/Übertragungen vor dem Tag der Verkündung des Gesetzes unabhängig von einem (vergangenen oder zukünftigen) Wegzugstermin sicherstellen (Capital-gains-Besteuerung). Zweitens sollen in diesen Fällen auch die laufenden Einkünfte, die aus einer solchen Abschirm-Personengesellschaft erzielt werden, stets Deutschland zustehen. Drittens schließlich wird eine Sonderregelung vor allem für Betriebsaufspaltungen geschaffen.

5. Änderungen im Umsatzsteuergesetz

5.1. Ort der sonstigen Leistung an juristische Personen, die unternehmerisch und nicht unternehmerisch tätig sind

Bei sonstigen Leistungen an eine juristische Person, die unternehmerisch und nicht unternehmerisch tätig ist (z.B. gemischte Holding), stellt sich in der Praxis häufig die schwierige Frage, ob die sonstige Leistung für den unternehmerischen oder den nicht unternehmerischen Bereich bezogen wurde. Künftig sollen solche Leistungen stets dem Empfängerort-Prinzip des § 3a Abs. 2 (sog. B2B-Grundregel) unterfallen.

Dies soll nicht für bezogene Leistungen gelten, die für den privaten Bedarf des Personals bestimmt sind – hier wird § 3a Abs. 2 UStG auch in Zukunft ausschließlich in der unternehmerischen Sphäre Anwendung finden (bei nicht unternehmerischem Bezug gilt also weiterhin § 3a Abs. 1 UStG, also der Sitzort des leistenden Unternehmers).

5.2. Bestimmung des Ortes der sonstigen Leistung bei der Vermietung eines Beförderungsmittels oder eines Sportbootes

Die langfristige Vermietung eines Sportbootes an Nichtunternehmer unterliegt bislang der Umsatzbesteuerung am Sitz oder der Betriebsstätte des leistenden Unternehmers, wenn die Leistung von dieser tatsächlich erbracht wird (§ 3a Abs. 1 UStG). Dieser Leistungsort wird durch die Neufassung an den Ort verlagert, an dem das Sportboot dem Leistungsempfänger zur Verfügung gestellt wird. Dadurch soll eine Besteuerung am Verbrauchsort erreicht werden (vgl. § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG).

Ebenfalls bereits absehbar war die nunmehr geplante Änderung zur langfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels im B2C-Bereich. Der Ort dieser sonstigen Leistung soll künftig im Sitz-/Wohnsitzstaat des Leistungsempfängers umsatzbesteuert werden (vgl. § 3a Abs. 3 Nr. 6 UStG).

Beide Änderungen gelten – mangels einer speziellen Anwendungsregel – für Umsätze ab dem 30.6.2013, was speziell in grenzüberschreitenden Fällen zu Problemen führen kann, da einige Mitgliedsländer ihre Gesetze bereits zum 1.1.2013 umgestellt hatten.

5.3. Steuerbefreiung von Heilbehandlungsleistungen i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG

Nach dem neu gefassten § 4 Nr. 14 Buchst. c UStG sind mit Wirkung vom 1.7.2013 bei den Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin und der Krankenhausbehandlungen auch Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a und b UStG steuerfrei, die von Einrichtungen, mit denen Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b SGB V oder zur besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung nach § 73c SGB V bestehen, erbracht werden. Steuerfrei sind nunmehr z.B. die Leistungen der Träger von Einrichtungen, die eine nach den o.g. Vorschriften bestimmte Versorgungsform anbieten, und denen im Rahmen eines mit einer Krankenkasse geschlossenen Vertrags die vollständige bzw. teilweise ambulante und/oder stationäre Versorgung der Mitglieder der Krankenkasse übertragen wird.

Nach dem neuen § 4 Nr. 14 Buchst. e UStG sind mit Wirkung vom 1.7.2013 Leistungen steuerfrei, die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, durch einen Arzt oder eine Hygienefachkraft, an in den Buchst. a, b und d genannte Einrichtungen erbracht werden, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Abs. 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen.

5.4. Steuerbefreiung von Betreuungsleistungen i.S.d. § 4 Nr. 16 UStG

Der bisherige Buchst. k von § 4 Nr. 16 UStG wurde zum neuen Buchst. l, und in Buchst. k wurde mit Wirkung vom 1.7.2013 eine neue Steuerbefreiung für Leistungen von Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1896 Abs. 1 BGB bestellt worden sind, sofern es sich »nicht um Leistungen handelt, die nach § 1908i Abs. 1 i.V. mit § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden« eingeführt. Nach dem neuen § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG sind auch Einrichtungen, denen die rechtliche Betreuung nach § 1896 BGB durch Betreuungsbeschluss übertragen wurde, als begünstigte Einrichtungen anerkannt. Unionsrechtliche Grundlage der Neuregelung ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Damit erfasst die Steuerbefreiung grundsätzlich auch die nach §§ 1896 ff. BGB erbrachten Betreuungsleistungen und insbesondere solche, die von Vereinsbetreuern und Betreuungsvereinen, aber auch solche, die von Berufsbetreuern erbracht werden. Der bisherige Buchst. k in § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG wurde neuer Buchst. l und in diesem wurde mit Wirkung vom 1.7.2013 die Angabe »40 Prozent« durch die Angabe »25 Prozent« ersetzt. Dies bedeutet, dass die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen, die von Einrichtungen, bei denen im vorangegangenen Kalenderjahr die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 25 % (statt bisher 40 %) der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden sind, steuerfrei sind.

5.5. Steuerbefreiung von Umsätzen von Blinden

In § 4 Nr. 19 Buchst. a Satz 2 UStG wurden mit Wirkung vom 30.6.2013 nach den Wörtern »der Ehegatte« die Wörter »der eingetragene Lebenspartner« eingefügt. Nach § 4 Nr. 19 Buchst. a UStG sind die Umsätze der Blinden befreit, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten bislang der Ehegatte, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Durch die Änderung wird erreicht, dass auch ein eingetragener Lebenspartner i.S.d. § 1 LPartG nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist.

5.6. Steuerbefreiung für kulturelle Leistungen

Nach dem in § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG neu eingefügten Satz 3 gilt mit Wirkung vom 1.7.2013 eine neue Steuerbefreiung für Bühnenregisseure und -choreographen (die bisherigen Sätze 3 und 4 in § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG wurden Sätze 4 und 5). Danach sind »die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen i.S. der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen«, steuerfrei.

5.7. Steuerbefreiung für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe

§ 4 Nr. 25 Satz 3 UStG wurde mit Wirkung vom 1.7.2013 um einen weiteren Steuerbefreiungstatbestand ergänzt. Danach sind »Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt worden sind«, steuerfrei.

5.8. Steuerbefreiung von Umsätzen der Luftfahrt

Der Bundesrechnungshof hatte in seinen Bemerkungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung 2009 die Auffassung vertreten, der in § 8 Abs. 2 Nr. 1 UStG geregelte Ausschluss von der Umsatzsteuerbefreiung für Vorumsätze in der Luftfahrt an Luftfahrtunternehmer mit Ambulanzflügen müsse auch für inländische Luftfahrtunternehmen gelten, die neben internationalem Luftverkehr auch grenzüberschreitende Krankentransporte mit Luftfahrzeugen durchführen.

Die Neufassung der Vorschrift führt dazu, dass Luftfahrtunternehmen, die (in nicht unbedeutendem Umfang) rein inländische Beförderungen von kranken und verletzten Personen i.S.v. § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG ausführen, hinsichtlich ihrer Vorbezüge für das Unternehmen ab 1.7.2013 nicht besser gestellt sind, als andere Unternehmen, die (nur) Beförderungen von kranken und verletzten Personen i.S.v. § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG (z.B. mit Landfahrzeugen) ausführen. Für die Anwendung der Steuerbefreiung von Umsätzen für die Luftfahrt (§ 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 UStG) soll es zukünftig demnach nicht schaden, wenn der Leistungsempfänger »in unbedeutendem Umfang« nach § 4 Nr. 17 UStG befreite Krankentransporte innerhalb Deutschlands durchführt (derzeit ist laut Gesetzeswortlaut jegliche Betätigung dieser Art als schädlich anzusehen).

5.9. Ermäßigter Steuersatz auf Kunstgegenstände und Sammlerstücke

Im Anwendungsbereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes (§ 12 Abs. 2 UStG) kommt es ab 2014 zu einer Änderung für Kunstgegenstände und Sammlerstücke (kein ermäßigter Steuersatz mehr für gewerbliche Kunsthändler). Außerdem wird eine Pauschalmarge für Kunstgegenstände über § 25a Abs. 3 Satz 2 UStG eingeführt.

5.10. Neuerungen im Reverse-Charge-Verfahren gem. § 13b UStG

Die Definition des »im Ausland ansässigen Unternehmers« im Rahmen des Reverse-Charge-Verfahrens nach § 13b UStG dahingehend angepasst, dass sie künftig leichter für Einzelunternehmer und Selbständige Anwendung finden kann. So soll mangels eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte im Ausland stattdessen auch der im Ausland belegende Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt eine Ansässigkeit im Ausland i.S.d. § 13b UStG begründen können. Der Begriff des im Ausland ansässigen Unternehmers in § 13b Abs. 7 Satz 1 1. Halbsatz UStG wird hiermit an die EuGH-Rechtsprechung (EuGH vom 6.10.2011, C-421/10, Stoppelkamp,) angepasst.

Unterhält ein im Ausland ansässiger leistender Unternehmer eine Betriebsstätte im Inland und ist diese Betriebsstätte in die Erbringung der Leistung eingeschaltet, wird der Unternehmer nicht mehr als »im Ausland ansässig« behandelt. Dabei ist es ausreichend, wenn die Betriebsstätte an der Leistungserbringung beteiligt ist, eine alleinige Ausführung durch die Betriebsstätte soll nicht erforderlich sein.

Um das Merkmal der »Einschaltung in die Leistungserbringung« gegenüber der »alleinigen Ausführung« deutlicher abzugrenzen, stellt der Gesetzeswortlaut des § 13b Abs. 7 Satz 2 UStG künftig auf eine »Beteiligung« der Betriebsstätte ab (anstatt wie derzeit auf die »Ausführung«).

Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers wurde zudem auf Lieferungen von Gas (über das Erdgasnetz) und von Elektrizität durch einen im Inland ansässigen Unternehmer an einen anderen Unternehmer ausgeweitet werden, sofern er selbst derartige Leistungen erbringt (§ 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b und Abs. 5 Satz 2 UStG). Dagegen sollen Personenbeförderungsleistungen mit allen Landfahrzeugen aus der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ausgenommen werden (§ 13b Abs. 6 Nr. 2 UStG).

5.11. Neuerungen bei der Rechnungserteilung

Soweit ein leistender Unternehmer und sein Leistungsempfänger die Abrechnung durch den Leistungsempfänger per Gutschrift i.S.v. § 14 Abs. 2 UStG vereinbart haben, muss auf diesem Rechnungsdokument künftig das Wort »Gutschrift« vermerkt werden. Hiermit sollen die Vorgaben des Art. 226 Nr. 10a MwStSyStRL umgesetzt werden.

Führt ein im Ausland ansässiger Unternehmer eine im Inland steuerbare Leistung aus, für welche der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer im Inland schuldet, soll aufgrund eines neu eingeführten § 14 Abs. 7 UStG für die Rechnungserteilung (d.h. Formvorschriften, Rechnungsanforderungen etc.) fortan das lokale Recht des Ansässigkeitsstaates des leistenden Unternehmers Anwendung finden. Hiermit sollen die Vorgaben des Art. 229a Nr. 1 MwStSyStRL umgesetzt werden. Für die Erteilung von Gutschriften i.S.v. § 14 Abs. 2 UStG durch den im Inland ansässigen Leistungsempfänger sollen allerdings weiterhin die Regelungen des deutschen UStG einschlägig sein.

Nach Art. 222 Unterabs. 1 MwStSystRL ist für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 6a UStG) und für im Inland steuerpflichtige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers (§ 13b Abs. 1 UStG) spätestens am 15. Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Steuertatbestand eingetreten ist, eine Rechnung auszustellen. Die Neufassung des § 14a Abs. 1 UStG beruht auf Art. 219a Nr. 2 Buchst. a und Art. 222 MwStSystRL.

Die Neufassung des § 14a Abs. 5 UStG beruht auf Art. 219a Nr. 2 Buchst. a und Art. 226 Nr. 11a MwStSystRL. Führt ein im Inland ansässiger Unternehmer einen dem Reverse-Charge-Verfahren des § 13b Abs. 1 oder Abs. 2 UStG unterfallenden Umsatz aus, der im Inland oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerbar ist, muss die Rechnung zwingend die Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« enthalten. Soweit per Gutschrift i.S.v. § 14 Abs. 2 UStG abgerechnet wird, findet diese Regelung keine Anwendung.

Für Ausgangsumsätze i.S.d. § 3a Abs. 2 UStG, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerbar sind, soll der leistende Unternehmer verpflichtet sein, innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf des Monates, in dem die Leistung ausgeführt wurde, eine Rechnung auszustellen. Wird eine innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt, soll der leistende Unternehmer verpflichtet sein, innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf des Monats, in dem die Lieferung ausgeführt wurde, eine Rechnung auszustellen. Bei der Ausführung von Umsätzen nach § 25 UStG (Reiseleistungen) soll die Rechnung die Angabe »Sonderregelung für Reisebüros« enthalten. Für Rechnungen in den Fällen des § 25a UStG (Differenzbesteuerung) sollen, je nach veräußertem Gegenstand, die Zusätze »Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung«, »Kunstgegenstände/Sonderreglung« oder »Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung« verwendet werden.

5.12. Neuerungen beim Vorsteuerabzug

Durch eine Änderung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wurde der Vorsteuerabzug insoweit eingeschränkt, als dass ein Abzug der Umsatzsteuer für einen innergemeinschaftlichen Erwerb nur noch vorgenommen werden darf, soweit dieser auch im Inland bewirkt wurde. Hiermit sollen zwei aktuelle BFH-Urteile umgesetzt werden.

6. Änderungen im Körperschaftsteuerrecht und Gewerbesteuerrecht

Entsprechend den Änderungen in § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG n.F. erfolgt eine Regelung in § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG n.F. Auch hier kommt die Steuerbefreiung also nur in Betracht, sofern entsprechende Leistungen nicht das Einkommen der leistenden Gesellschaft gemindert haben.

Im Körperschaftsteuerrecht werden zudem in § 34 Abs. 10b KStG die Übergangsregelungen zur Auflösung von Beitragsrückstellungen von 2013 auf 2015 verlängert.

Die Neuregelung in § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG beinhaltet die Ausdehnung der seit dem Erhebungszeitraum 2009 bei der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags von Windkraftanlagenbetreibern bereits bestehenden Sonderregelung auf die Energieerzeugung aus solarer Strahlungsenergie i.S.d. § 3 Nr. 3 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Die allgemeine Beschränkung auf Gewerbetreibende, die ausschließlich Anlagen zur Energieerzeugung aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie betreiben, vermeidet Verwerfungen bei den kommunalen Messbetragsanteilen im Falle von Unternehmen, die neben diesen Anlagen noch andere betriebliche Tätigkeiten ausüben (z.B. Unternehmen mit industrieller Fertigung und einer Solaranlage auf einem Fabrikdach). Ferner regelt § 19 Abs. 4 UStDV n.F. eine Ausnahme bei der Hinzurechnung von Zinsen gem. § 8 GewStG für Kreditinstitute.

7. Änderungen im Außensteuerrecht

7.1. Anwendung auf Personengesellschaften und Betriebsstätten

§ 1 Abs. 1 Satz 2 AStG wird die Regelung aufgenommen, dass der Fremdvergleichsgrundsatz unmittelbar für Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften selbst gilt. Nach langjähriger deutscher Verwaltungsauffassung (z.B. Tz. 1.4.3 des Anwendungsschreibens zum AStG vom 14.5.2004, IV B 4 – S 1340 – 11/04, BStBl I Sondernr. 1/2004) ist § 1 Abs. 1 AStG grundsätzlich auch auf grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen anzuwenden, an denen Personengesellschaften beteiligt sind.

Mit dieser Regelung nimmt das Gesetz die ständige Rechtsprechung des BFH auf, nach der Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften selbständige Gewinnermittlungssubjekte sind. Aus diesem Grund ist es sachgerecht, für die Einkünfteermittlung Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften den Kapitalgesellschaften gleichzustellen. Dazu ist es erforderlich, sie für die Anwendung des § 1 AStG als Steuerpflichtige zu behandeln. Darüber hinaus regelt Satz 2, dass Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften auch nahestehende Personen i.S.d. § 1 Abs. 1 AStG sein können, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 AStG erfüllen (so schon BMF vom 23.2.1983, BStBl I 1983, 218, Tz. 1.3.2.2).

§ 1 Abs. 5 AStG regelt in Übereinstimmung mit den Überlegungen der OECD (»Authorized OECD Approach«) die Grundsätze, nach denen der international anerkannte Fremdvergleichsgrundsatz sowohl auf die Aufteilung der Gewinne zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte als auch auf die Ermittlung der Einkünfte einer inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens durchzuführen ist. Da der Fremdvergleichsgrundsatz für die Betriebsstättengewinnabgrenzung im nationalen Steuerrecht bisher nur unvollständig in § 4 Abs. 1 EStG und § 12 Abs. 1 KStG kodifiziert ist, wird hier eine Lücke zu dem AOA, wie er in dem neuen Art. 7 OECD-MA, dem Musterkommentar hierzu, sowie im OECD-Betriebsstättenbericht vom 22.7.2010 verstanden wird, geschlossen. Nach dem geänderten § 1 Abs. 5 AStG-E sollen »wirtschaftliche Vorgänge« zwischen Betriebsstätten als Geschäftsbeziehungen angesehen werden, für deren Verrechnungspreise der Fremdvergleichsgrundsatz gelten soll. Somit werden Betriebsstätten für die steuerliche Gewinnabgrenzung wie eigenständige und unabhängige Unternehmen behandelt.

Die Behandlung einer rechtlich unselbstständigen Betriebsstätte als fiktiv eigenständiges und unabhängiges Unternehmen und die entsprechende Anwendung der Verrechnungspreisgrundsätze kann dazu führen, dass z.B. eine Betriebsstätte

  1. Gewinne erzielt, obwohl das Unternehmen insgesamt Verluste hinnehmen muss (sogar dann, wenn das Unternehmen insgesamt nie einen Gewinn erzielt), oder
  2. Verluste hinnehmen muss, auch wenn das Unternehmen insgesamt Gewinne erzielt.

7.2. Tatbestände der Geschäftsbeziehung

In § 1 Abs. 4 AStG findet sich bisher die Konkretisierung des Schätzungsmaßstabes, sofern aufgrund einer tatsächlich festgestellten Fremdunüblichkeit der Verrechnungspreise eine Schätzung notwendig sein sollte. § 1 Abs. 4 AStG in seiner bisherigen Form wird aufgehoben, da er für Fälle von Verletzungen der Aufzeichnungspflichten keine praktische Bedeutung mehr hat. Der Regelungsinhalt ist in den allgemeinen Schätzungsregeln des § 162 AO enthalten; zu beachten ist insbesondere § 162 Abs. 3 AO. Die Regelungen des bisherigen Abs. 5 finden sich dann in modifizierter Form in Abs. 4 wieder.

In § 1 Abs. 4 Satz 1 AStG wird der bisher verwendete Begriff »schuldrechtliche Beziehung« durch den Begriff »wirtschaftlicher Vorgang« ersetzt. Dies folgt aus dem Umstand, dass in den Fällen des neu gefassten Abs. 5 (Verhältnis zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebsstätte) schuldrechtliche Beziehungen nicht möglich sind. Aber auch in diesen Fällen sind wirtschaftliche Vorgänge festzustellen, die ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter voneinander unabhängiger Unternehmen (Fremdvergleich) schon aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit als schuldrechtliche Beziehung ausgestaltet hätten. Der Begriff »wirtschaftlicher Vorgang« umfasst somit künftig alle rechtlichen Beziehungen und tatsächlichen Handlungen.

Zusätzlich wird klargestellt, dass eine Geschäftsbeziehung sowohl aus einem Geschäftsvorfall als auch aus mehreren wirtschaftlich zusammenhängenden Geschäftsvorfällen zwischen dem Stpfl. und der nahe stehenden Person bestehen kann. Unabhängig davon, dass Verrechnungspreise in der Regel auf einen Geschäftsvorfall bezogen zu prüfen sind, kann es nach dem Fremdvergleichsgrundsatz notwendig sein, den Preis für einen Geschäftsvorfall unter Einbeziehung anderer Geschäftsvorfälle zu bestimmen (z.B. unter Einbeziehung von Geschäftsvorfällen aus anderen Wirtschaftsjahren). Dies insbesondere dann, wenn voneinander unabhängige ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter unter vergleichbaren Umständen ebenso verfahren wären.

Die geplante Neufassung des § 1 Abs. 4 Satz 2 AStG stellt klar, dass Geschäftsbeziehungen ohne oder ohne nachweisbare schuldrechtliche Vereinbarungen so behandelt werden, als ob ihnen – wie regelmäßig zwischen voneinander unabhängigen Personen üblich – schuldrechtliche Vereinbarungen zugrunde lägen. Die gesetzliche Vermutung kann jedoch vom Stpfl. im Einzelfall widerlegt werden. Ergänzend regelt § 1 Abs. 4 Satz 3 AStG, dass auch wirtschaftliche Vorgänge zwischen einem Unternehmen und seiner in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte als Geschäftsbeziehungen i.S.d. § 1 AStG anzusehen sind. Da in diesen Fällen aus Rechtsgründen (eine Betriebsstätte besitzt als unselbstständiger Teil eines Unternehmens keine Rechtsfähigkeit) keine wirksame schuldrechtliche Vereinbarung abgeschlossen worden sein kann (»In-Sich-Geschäft«), ist regelmäßig Satz 2 anzuwenden. Vorgänge zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebsstätte werden gesetzlich als »anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen« definiert (international – OECD – wird von »dealings« gesprochen). Die Regelung gilt für inländische Unternehmen mit ausländischen Betriebsstätten und für ausländische Unternehmen mit inländischen Betriebsstätten.

7.3. Verordnungsermächtigung

Entsprechend der bisher in § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG gefassten Regelung wird gesondert im neuen § 1 Abs. 6 AStG geregelt, dass eine Verordnungsermächtigung für alle Bereiche der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes i.S.d. § 1 AStG gilt, auch für den neuen Abs. 5. In einer Verordnung können demnach Regelungen für Geschäftsbeziehungen zwischen einem Steuerpflichtigen und einer nahe stehenden Person nach § 1 Abs. 1 und 3 AStG (einschließlich Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften) getroffen werden, nun mehr aber auch für die Gewinnaufteilung bzw. Gewinnermittlung in Betriebsstättenfällen (neu: § 1 Abs. 5 AStG).

Hiermit sollen insbesondere Regelungen ermöglicht werden, die auf den im OECD-Betriebsstättenbericht 2010 enthaltenen, international anerkannten Grundsätzen für die Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten (Authorised OECD Approach) basieren.

7.4. Erweiterte beschränkte Steuerpflicht

Zukünftig sollen zudem auch erweitert beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die der gesonderte Steuersatz des § 32d Abs. 1 EStG anzuwenden ist, ausdrücklich vom Progressionsvorbehalt ausgenommen werden. Die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag soll auch im Rahmen der erweitert beschränkten Steuerpflicht – abgesehen von den in der Vorschrift genannten Ausnahmen – erhalten bleiben (§ 2 Abs. 5 AStG).

Die Neuregelung soll bereits erstmals für den Veranlagungszeitraum 2012 anzuwenden sein. Auf Antrag kann sie bereits für Veranlagungszeiträume ab 2009 Anwendung finden, bereits ergangene Steuerfestsetzungen sind aufzuheben oder zu ändern.

7.5. Hinzurechnungsbesteuerung

Die Möglichkeit der Anwendung des Motivtests im Rahmen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 EStG wird erweitert für Gesellschaften, die nicht inländisch beherrscht sind, aber Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter erzielen (§ 7 Abs. 6 AStG). Diese Änderung ist erstmals für hinzurechnungspflichtige Einkünfte anzuwenden, die in einem Wirtschaftsjahr der ausländischen Zwischengesellschaft entstanden sind, das nach dem 31.12.2012 beginnt (§ 8 Abs. 2 Satz 1 AStG).

7.6. Familienstiftungen

Die in Art. 5 des JStG 2013 dargestellten Änderungen des AStG sind deutlich umfangreicher ausgefallen, als ursprünglich erwartet wurde. Neben der Neuregelung des § 1 AStG wird auch die Vorschrift über die Familienstiftung in § 15 AStG im größeren Umfang geändert und ergänzt. In § 15 Abs. 1 AStG wird das Wort »Einkommen« durch das Wort »Einkünfte« ersetzt. Zurechnungsgegenstand ist damit nicht mehr das Einkommen der Stiftung. Vielmehr sind die Einkünfte der Stiftung für Zwecke der Zurechnung gesondert festzustellen (§ 18 Abs. 4 AStG). Damit wäre im Ergebnis ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte nicht mehr vortragsfähig, auch wenn sich ein positiver Einkommensbetrag ergeben sollte. Mit dem neu eingeführten § 15 Abs. 6 Satz 2 soll sichergestellt werden, dass der europarechtliche Schutz vor der Zurechnung nicht auf Einkünfte ausgedehnt wird, für die kein entsprechender Anspruch besteht.

Vor diesem Hintergrund wird das eine oder andere Stiftungsmodell kritisch untersucht werden müssen.

Durch Anpassungen in § 15 Abs. 7 AStG soll klargestellt werden, dass bestimmte Steuerbefreiungen nicht mehr anzuwenden sind, wie z.B. die Befreiung nach § 8b Abs. 1 und Abs. 2 KStG (Ausschüttungsprivileg). Ferner soll danach ein negativer Betrag nicht zugerechnet werden.

Spezielle Regelungen zu Stiftungen und der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung beinhalteten die Abs. 8 und 9. So wird in § 15 Abs. 8 AStG die Besteuerung der Einkünfte beim Hinzurechnungsverpflichteten geregelt. § 15 Abs. 9 AStG erklärt zudem die Grundsätze der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 bis 14 für anwendbar. Dadurch soll die Umgehung der Hinzurechnungsvorschriften durch Zwischenschaltung einer Stiftung ausgeschlossen werden.

8. Änderungen im Umwandlungssteuergesetz

Nach § 2 Abs. 1 UmwStG sind Einkommen und Vermögen des übertragenden Rechtsträgers und des übernehmenden Rechtsträgers so zu ermitteln, als wäre das Vermögen mit Ablauf des Stichtags der Übertragungsbilanz ganz oder teilweise auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen (Rückwirkungsfiktion). Dies gilt entsprechend für die Ermittlung des Gewerbeertrags. Nunmehr erfolgt eine Erweiterung des § 2 Abs. 4 UmwStG. Mit dieser Neuregelung soll eine weitere Beschränkung der Verlustverrechnung in Form einer »Verlustverrechnungssperre« eingeführt werden. Anknüpfungspunkt ist diesmal der übernehmende Rechtsträger. Der Ausgleich oder die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum mit Verlustpositionen des übernehmenden Rechtsträgers soll grundsätzlich ausgeschlossen werden. Die Neuregelung ist erstmals auf Umwandlungen und Einbringungen anzuwenden, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das maßgebende (Handels-)Register nach dem Tag des Beschlusses des Bundestages über die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses über das vorliegende Änderungsgesetz erfolgt, mithin nach dem 6.6.2013.

9. Erbschaftsteuerliche Änderungen

Der BFH hat bereits durch Beschluss vom 5.10.2011 (veröffentlicht am 15.11.2011) das BMF aufgefordert, dem beim BFH anhängigen Verfahren II R 9/11 beizutreten. In dem Verfahren ging es um die Besteuerung eines Erbfalls im Jahre 2009. Es war zu entscheiden,

  1. ob die auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (u.a. Geschwister, Neffen und Nichten) mit Personen der Steuerklasse III (fremde Dritte) verfassungsgemäß ist und
  2. ob § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b des ErbStG in der auf den 1.1.2009 zurückwirkenden Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22.12.2009 deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil die §§ 13a und 13b ErbStG es ermöglichen, durch bloße Wahl bestimmter Gestaltungen (gewerblich geprägte Personengesellschaft; Kapitalgesellschaft) die Steuerfreiheit des Erwerbs von Vermögen gleich welcher Art und unabhängig von dessen Zusammensetzung und Bedeutung für das Gemeinwohl zu erreichen.

Der BFH hat mittlerweile das diesbezügliche Streitverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (BFH Beschluss vom 27.9.2012, II R 9/11; veröffentlicht am 10.10.2012). Er ist der Ansicht, dass die im Erbschaftsteuergesetz vorgesehenen Begünstigungen für Betriebsvermögen verfassungswidrig sind. Eigentlich hatte der Kläger nur beanstandet, dass er in der Steuerklasse II demselben Steuersatz unterliegt wie in der Steuerklasse III. Insoweit hat der BFH keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der BFH hat den Fall jedoch genutzt, die gesamte Steuerverschonung für Betriebsvermögen auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand zu heben. Dabei hat der Senat in der 65 Seiten umfassenden Vorlage die aus seiner Sicht unvertretbaren Überprivilegierungen, Zielungenauigkeiten und Ungereimtheiten ausführlich dargelegt. Bereits der Beschluss des BFH vom 5.10.2011 enthielt deutliche Hinweise darauf, dass der BFH von der Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts ausgeht. So spricht der BFH von einer Verschärfung der verfassungsrechtlichen Problematik sogar gegenüber dem alten – seinerseits verfassungswidrigen – Recht und greift in seinem Beschluss außerdem Fragen auf, die in dem konkreten Fall gar keine Rolle spielen. Hierbei wird eine Reihe von Gestaltungsvarianten aufgezeigt, welche bei geschickter Gestaltung eine erhebliche Ersparnis bei der Steuerbelastung herbeiführen. Nach derzeitigem Recht besteht u.a. die Möglichkeit, private Zahlungsmittel durch Einlage in ein Betriebsvermögen erbschaftsteuerlich zu begünstigen (sog. Cash-GmbHs). Solche Cash-GmbHs sind vor allem ein Vehikel, um Vermögen Personen zu übertragen, die den Steuerklassen II und III unterliegen, also Geschwistern, Nichten, Neffen, nichtehelichen Lebenspartnern oder fremden Dritten. Deren persönlicher Freibetrag ist mit 20 000 € sehr gering bei gleichzeitig relativ hohen Eingangssteuersätzen.

Die Verfassungsverstöße führten – so der BFH – teils für sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die diejenigen Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen könnten, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt würden.

Auf Betreiben der Länderfinanzminister wurden nunmehr in das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) entsprechende verschärfende Regelungen aufgenommen. Zunächst soll in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG-E geregelt werden, dass Holdinggesellschaften auch dann die Lohnsummenkriterien zu erfüllen haben, wenn sie zwar weniger als 20 Beschäftigte haben, sie aber zusammen mit ihren Tochtergesellschaften diese Beschäftigtengrenze überschreiten.

Ferner wurde eine Regelung aufgenommen, die die sog. Cash-GmbHs von der Begünstigung ausnimmt. Dabei handelt es sich um eine Gestaltung, mit der nach geltendem Recht Geldvermögen zu 100 % steuerfrei übertragen werden kann. Bislang wurde das begünstigte Betriebsvermögen dieser Unternehmen unter bestimmten Bedingungen zu 85 % bzw. sogar zu 100 % von der Erbschaftsteuer befreit (→ Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer), wenn es zu nicht mehr als 50 % bzw. nur zu maximal 10 % aus sog. Verwaltungsvermögen bestand. Nach der nunmehr beschlossenen Änderung gelten Finanzmittel in einer Gesellschaft dann als schädlich für die Erbschaft- und Schenkungsteuer, wenn sie 20 % des Wertes der Gesellschaft übersteigen (vgl. § 13b Abs. 2 Nr. 4a ErbStG n.F.), wobei zunächst die betrieblichen Schulden abgezogen werden. Damit sollen die Cash-GmbHs, die (ihrem Namen entsprechend) nahezu vollständig aus Liquidität bestehen, nicht mehr zum Kreis der erbschaftsteuerlich begünstigten Unternehmen zählen. Mittelständische Betriebe sollen dagegen weiterhin von den Begünstigungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer profitieren, da ihre Finanzmittel nach Ansicht des Gesetzgebers die Schädlichkeitsgrenze von 20 % nicht übersteigen. Für konzerninterne Finanzierungsgesellschaften soll zudem eine Ausnahme gelten, um den weit verbreiteten Cash-Pooling-Konstruktionen Rechnung zu tragen. Die gesetzliche Neuregelung gilt für Übertragungen, bei denen die Steuer nach dem 6.6.2013 entsteht (Tag des Bundestagsbeschlusses über die Änderungen bei der Erbschaftsteuer).

10. Grunderwerbsteuerliche Änderungen

Mit einer Ergänzung in § 1 Abs. 3 GrEStG n. F. wurden nunmehr die sog. RETT-Blocker Modelle erschwert. Hintergrund dieser RETT-Blocker-Modelle (Real Estate Transfer Tax Blocker) war, dass bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen dann keine Grunderwerbsteuer in Bezug auf das im Gesellschaftsvermögen gehaltene Immobilienvermögen entstand, wenn weniger als 95 % der Geschäftsanteile auf einen Erwerber übertragen worden sind. Zu diesem Zweck wurden Gesellschafter implementiert, die einen Zwerganteil von 5,1 % halten sollten, um auf diesem Wege die Grunderwerbsteuerpflicht zu vermeiden. Im Vermittlungsausschuss hat man sich nun darauf geeinigt, dass dies nicht mehr möglich sein soll, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung die vom Zwerganteilsinhaber erworbenen Anteile an der Immobiliengesellschaft dem anderen, in der Regel Mehrheitserwerber, zuzurechnen sind.

Die Neuregelung ist auf alle Erwerbe anzuwenden, die nach dem 6.6.2013 verwirklicht werden.

11. Verfahrensrechtliche Änderungen

Bereits in 2010 hatte der BFH entschieden, dass das Finanzamt von einem Kreditinstitut im Regelfall erst dann die Vorlage von Kontoauszügen verlangen dürfe (§ 97 AO), wenn die Bank eine zuvor geforderte Auskunft über das Konto nicht erteilt hat, wenn die Auskunft unzureichend ist oder Bedenken gegen ihre Richtigkeit bestehen (§ 93 AO). Danach ist ein isoliertes Vorlageverlangen über Kontoauszüge zu einem genau bestimmten Konto ohne vorheriges Auskunftsersuchen grundsätzlich nicht mehr zulässig. Mit der nunmehr geplanten Änderung des § 97 AO-E sollen Auskunftsersuchen (§ 93 Abs. 1 AO) und Vorlageverlangen (§ 97 AO) im Ergebnis als gleichwertige Ermittlungsinstrumente eingestuft werden.

Die Finanzbehörde muss aber weiterhin im Einzelfall entscheiden, ob und inwieweit ein Aufklärungsbedarf besteht und inwieweit dann die Anforderung von Urkunden vom Beteiligten oder von Dritten erforderlich ist. Dritte sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

Erst in letzter Sekunde wurde zudem eine erhebliche Änderung der Aufbewahrungsfristen in den Gesetzentwurf aufgenommen. Durch die geplante Neufassung des § 147 AO-E müssen Unternehmen künftig Rechnungen und Belege nach der AO und dem UStG nicht mehr zehn Jahre aufbewahren, da von 2013 an eine Aufbewahrungsfrist von acht Jahren und ab 2015 dann von dauerhaft sieben Jahren gelten soll. Auch im HGB werden die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege entsprechend verkürzt. Welche Auswirkung diese Verkürzung auf etwaige Fälle der Steuerhinterziehung hat, ist bislang ungeklärt. Fragwürdig erscheint jedoch, wie bei Fortbestehen der zehnjährigen Festsetzungsfrist bei einer Steuerhinterziehung mit nicht mehr vorhandenen Belegen umgegangen werden soll.

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart. Josef Schneider u.a., Finanz und Steuern Band 16, Lexikon des Steuerrechts, 6. Auflage https://www.schaeffer-poeschel.de/isbn/978-3-7910-2833-0.html

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Die Anfechtungsklage im Einzelnen

1. Allgemeiner Überblick
Eine Klage ist grundsätzlich nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (→ Einspruchsverfahren) erledigt ist. Zu den einzelnen Klagearten siehe → Finanzrechtsweg. Als Klageart sieht § 40 Abs. 1 FGO u.a. die Anfechtungsklage vor.
Gegenstand des Verwaltungsverfahrens der Finanzverwaltung ist der → Verwaltungsakt (§ 118 AO). In den meisten Fällen wird das Begehren des Klägers darauf gerichtet sein, einen behördlichen Verwaltungsakt ganz oder teilweise zu beseitigen. Hierzu steht ihm die Anfechtungsklage, die häufigste und somit wichtigste Klageart, zur Verfügung (§ 40 Abs. 1 FGO).

Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat (§ 44 Abs. 2 FGO). Die Klage ist daher grundsätzlich nicht gegen die Einspruchsentscheidung als solche, sondern gegen den vorausgegangenen Verwaltungsakt zu richten.

Beispiel:

Ein Stpfl. hat eine ESt-Festsetzung von 10 000 € mit dem Einspruch angegriffen, weil er eine Steuerfestsetzung von 9 000 € für richtig hält. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Lösung:

Der Stpfl. kann die Anfechtungsklage mit dem Ziel erheben, die Steuer auf 9 000 € festzusetzen. Das Gericht kann den Betrag in anderer Höhe festsetzen (s.a. Ax, Finanz und Steuern Band 4, 21. A., Rz. 3189).

Eine Anfechtungsklage ist unabhängig davon zulässig, ob der Fehler nur zur Anfechtbarkeit des Verwaltungsakts führt oder ob er so gewichtig ist, dass er die Nichtigkeit des Verwaltungsaktes (§ 125 AO) nach sich zieht (→ Verwaltungsakt). Ein nichtiger Verwaltungsakt braucht zwar nicht angefochten zu werden, da er nicht wirksam ist (§ 124 Abs. 3 AO); aber der Betroffene kann, wenn sich die Behörde nicht zu der jederzeit möglichen Aufhebung (Beseitigung des Rechtsscheins) bereitfindet, durch Erhebung der Feststellungsklage (→ Finanzrechtsweg) erreichen, dass die Nichtigkeit des Verwaltungsakts festgestellt wird (§ 41 Abs. 1 Fall 2 FGO). Aus § 41 Abs. 2 Satz 2 FGO ergibt sich, dass zur Beseitigung des durch den nichtigen Verwaltungsakt ausgelösten Rechtsscheins die Feststellungsklage und die Anfechtungsklage wahlweise gegeben sind. Wird die Anfechtungsklage erhoben, so ist sie allerdings an die Klagefrist des § 47 FGO gebunden. Nach Ablauf der Frist ist nur noch die Feststellungsklage gegeben.

Die Monatsfrist für die Erhebung einer Anfechtungsklage beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (§ 47 Abs. 1, § 54 Abs. 2 FGO). Die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf in diesem Sinne ist die vollständige Einspruchsentscheidung. Fehlt eine Seite der Einspruchsentscheidung und wird dies vor Ablauf der regulären Klagefrist gerügt, so endet die Klagefrist erst einen Monat nach Bekanntgabe der fehlenden Seite (BFH Urteil vom 25.7.2007, III R 15/07, BStBl II 2008, 94). Näheres zur Bekanntgabe von Teilen der Einspruchsentscheidung s. → Einspruchsverfahren. Der Wortlaut des § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO deutet nicht darauf hin, dass bereits die Bekanntgabe von Teilen der Einspruchsentscheidung die Klagefrist beginnen lässt. Die Auslegung, dass die Klagefrist erst mit der Bekanntgabe der vollständigen Einspruchsentscheidung beginnt, ist auch aus Gründen der Rechtssicherheit geboten.

Eine Anfechtungsklage ist auch gegen einen unmittelbar begünstigenden Verwaltungsakt wie die Verfügung über die → Aussetzung der Vollziehung zulässig. Stpfl. können durch die Aussetzung der Vollziehung in ihren Rechten verletzt und damit i.S.v. § 40 Abs. 2 FGO beschwert sein. Zwar sind die Aussetzungsbescheide insofern begünstigend, als sie das FA hindern, im Umfang des ausgesetzten Betrags die angefochtenen Verwaltungsakte zu vollstrecken (§ 251 Abs. 1 Satz 1 AO). Eine Beschwer ist jedoch auch dann zu bejahen, wenn der nach seinem Regelungsgehalt (Verfügungssatz) begünstigende Verwaltungsakt für weitere Verfahren Bindungswirkung entfaltet und sich hieraus ein Nachteil für den Stpfl. ergeben kann (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 40 FGO Rz 58 f. m.w.N.). Hiervon ist in diesem Fall auszugehen, da nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO dann, wenn der Einspruch oder die Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt hat, der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung ausgesetzt worden ist, für jeden vollen Monat mit 1,5 % zu verzinsen ist und für die hiernach gebotene Zinsfestsetzung (§ 239 Abs. 1 Satz 1 AO) grundsätzlich auch einem rechtswidrigen Aussetzungsbescheid Bindungswirkung zukommt (sog. Tatbestandswirkung; vgl. BFH Urteil vom 31.8.2011, X R 49/09, BStBl II 2012, 219). Demnach ist dem Stpfl. zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG die Möglichkeit einzuräumen, diese Bindungswirkung im Wege einer Anfechtungsklage zu beseitigen (BFH vom 9.5.2012, I R 91/10, BFH/NV 2012, 2004).

3. Gegenstand und Umfang der Anfechtungsklage

Das Gericht kann, entsprechend den Regelungen im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren (§ 367 Abs. 2 AO) den Verwaltungsakt in vollem Umfange auf seine Rechtsmäßigkeit hin untersuchen und ist damit nicht am Vortrag des Sachverhalts des Klägers gebunden. Soweit Teil-Einspruchsentscheidungen bestandskräftig geworden sind, ist eine Abweichung durch das Gericht nicht mehr möglich.

Für das Finanzgericht besteht in der Urteilsfindung betragsmäßig eine Ober- und Untergrenze. Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO darf das Gericht nicht über das Klagebegehen hinausgehen. Ein geringerer als der vom Kläger begehrte Betrag darf also nicht festgesetzt werden. Außerdem wird aus der allgemeinen Rechtsschutzfunktion der Finanzgerichte abgeleitet, dass kein höherer als der bisher festgesetzte Steuerbetrag festgesetzt werden kann (Verbot der Verböserung). Innerhalb dieser Ober- und Untergrenze kann das Finanzgericht die zutreffende Steuer ermitteln und festsetzen.

Als weitere Beschränkung können gem. § 42 FGO Änderungs- und Folgebescheide nicht in weiterem Umfang angegriffen werden, als sie in dem außergerichtlichen Vorverfahren angefochten werden können. Damit gelten dieselben Grundsätze wie im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren. Dies bedeutet, dass die Anfechtungsbeschränkung des § 351 Abs. 1 AO zu berücksichtigen ist, nach der unanfechtbare Verwaltungsakte nur insoweit angegriffen werden können, als die Änderung reicht. Darüber hinaus können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (→ Gesonderte Feststellung) i.S.d. § 171 Abs. 10 AO nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden.

4. Einzelfälle

4.1. Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung

Die gegen die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung und auf Weitergewährung des Kindergeldes gerichtete Klage ist eine Anfechtungsklage (BFH vom 3.7.2014, III R 53/13, BStBl II 2015, 282).

4.2. Klageänderung von Anfechtungs- zu Verpflichtungsklage

Der Übergang von einer Anfechtungs- zu einer Verpflichtungsklage und nochmals zu einer Anfechtungsklage ist jeweils eine Klageänderung, wenn sich das Klagebegehren auf unterschiedliche Verwaltungsakte bezieht (BFH Beschluss vom 4.6.2014, VII B 180/13, BFH/NV 2014, 1723).

4.3. Einordnung der Klageart durch Auslegung

Für die Einordnung und Würdigung einer Klageart kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den Inhalt des Klagebegehrens, d.h. auf den Charakter des begehrten Urteilsausspruchs an, der ggf. im Wege der Auslegung zu ermitteln ist. Nach dem Gebot der rechtsschutzwahrenden Auslegung ist derjenige Rechtsbehelf als eingelegt anzusehen, der nach Lage der Sache in Betracht kommt und sachlich den Belangen des Rechtsschutzsuchenden entspricht (BFH Beschluss vom 30.5.2014, I B 118/13, BFH/NV 2014, 1556).

4.4. Übergang von Anfechtungs- zu Verpflichtungsklage im Revisionsverfahren

Der Übergang von einer Anfechtungsklage zu einer Verpflichtungsklage ist eine Klageänderung gemäß § 67 FGO (vgl. BFH vom 11.2.2009, X R 51/06, BStBl II 2009, 892), die im Revisionsverfahren unzulässig ist (BFH vom 7.5.2014, I R 81/12, BFH/NV 2014, 1593).

4.5. Anforderungen an die Darlegung des Klagebegehrens

Die Darlegung des Klagebegehrens setzt Angaben voraus, die es dem Gericht ermöglichen, die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis zu bestimmen und eine effektive und auf das erforderliche Maß beschränkte Sachaufklärung zu betreiben. Ermittlungen ins Blaue hinein muss das FG nicht anstellen. Entscheidend ist, ob das Gericht durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt wird, zu erkennen, worin die den Kläger treffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt (BFH Beschluss vom 13.5.2014, XI B 130/13, BFH/NV 2014, 1385).

4.6. Anfechtungsklage ist gegenüber der Verpflichtungsklage vorrangig

Erhebt ein Feststellungsbeteiligter gegen die – aus sachlichen Gründen erfolgte – Ablehnung der begehrten Feststellung vor dem FG Klage, so ist statthafte Klageart die Anfechtungsklage. Die Anfechtungsklage ist gegenüber der Verpflichtungsklage vorrangig (BFH vom 22.9.2011, IV R 3/10, BStBl II 2012, 14).

4.7. Anfechtungsklage gegen Prüfungsanordnung

Eine erst nach der Zusendung des Prüfungsberichtes gegen die Prüfungsanordnung erhobene Anfechtungsklage ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig (BFH Beschluss vom 6.10.2015, V B 23/15, BFH/NV 2016, 53).

4.8. Keine Klagebefugnis eines zum Einspruchsverfahren einer GmbH hinzugezogenen Gesellschafters gegen Schenkungsteuerbescheid

Hat das FA den Einspruch einer GmbH gegen einen ihr gegenüber ergangenen Schenkungsteuerbescheid als unbegründet zurückgewiesen, ist ein zum Einspruchsverfahren der GmbH hinzugezogener Gesellschafter nicht befugt, gegen die Einspruchsentscheidung und den Schenkungsteuerbescheid zu klagen (BFH Urteil vom 4.3.2015, II R 1/14, BStBl II 2015, 595). Eine Rechtsverletzung des Hinzugezogenen i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO ist gegeben, wenn er durch die Einspruchsentscheidung formell und materiell-rechtlich beschwert ist. Die formelle Beschwer setzt voraus, dass der Hinzugezogene Anträge im Verfahren des Hauptbeteiligten stellt und diese Anträge zurückgewiesen werden.

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart. Josef Schneider u.a., Finanz und Steuern Band 16, Lexikon des Steuerrechts, © Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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Das Anlagevermögen ist ein wesentlicher Bestandteil in der Bilanz.

  • Es bezieht sich auf Gegenstände, die Ihrem Unternehmen längerfristig von Nutzen sein sollten. Deshalb ist auch die klare Zweckbestimmung Ihres Wirtschaftsgutes von Bedeutung.
  • Man unterscheidet das Anlagevermögen zwischen abnutzbarem und nicht abnutzbarem Anlagevermögen.
  • Nicht abnutzbares Anlagevermögen:
    • Finanzanlangen und immaterielle Wirtschaftsgüter (Rechte, Patente, Lizenzen etc.)
  • Abnutzbares Anlagevermögen:
    • Gebäude, technisches Equipment, diverse Maschinen und die allgemeine Betriebsausstattung

1. Allgemeines

Nach § 247 Abs. 2 HGB gehören zum Anlagevermögen die WG, die bestimmt sind, dauernd dem Betrieb zu dienen (R 6.1 Abs. 1 EStR). Hierunter können immaterielle WG, Sachanlagen und Finanzanlagen fallen. Ob ein WG zum Anlagevermögen gehört, ergibt sich aus dessen Zweckbestimmung und nicht aus seiner Bilanzierung. Die Bilanzierung kann jedoch ein Indiz für die Zuordnung zum Anlagevermögen sein, insbesondere beim willkürbaren → Betriebsvermögen. WG, die zum Zweck der dauerhaften Einbindung in einen bereits bestehenden Geschäftsbetrieb erworben werden, sind – vorbehaltlich eines Gestaltungsmissbrauchs – auch dann im Anlagevermögen auszuweisen, wenn die gesamte organisatorische Einheit (Betrieb einschließlich erworbener WG) kurze Zeit später mit der Absicht ihrer Weiterführung veräußert wird (BFH Urteil vom 10.8.2005, VIII R 78/02, BStBl II 2006, 58; s. auch BFH Urteil vom 24.9.2015, IV R 30/13, BStBl II 2019, 591).

2. Gliederung des Anlagevermögens

Das Anlagevermögen gliedert sich in

  • abnutzbares Anlagevermögen (→ Abnutzbare Wirtschaftsgüter), wozu die WG gehören, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, da sie durch Gebrauch einem Wertverzehr unterliegen,
  • nicht abnutzbares Anlagevermögen, wozu die WG gehören, deren Nutzung zeitlich nicht begrenzt ist, da sie durch Gebrauch keinem Wertverzehr unterliegen.

Nach § 247 Abs. 1 HGB ist das Anlagevermögen in der → Bilanz gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern (siehe Gliederungsschema in § 266 Abs. 2 HGB).

3. Abnutzbares Anlagevermögen

3.1. Begriff

Als abnutzbare WG kommen insbesondere in Betracht (R 6.1 Abs. 1 Satz 5 EStR):

  • Gebäude,
  • technische Anlagen,
  • Maschinen,
  • Betriebs- und Geschäftsausstattung,
  • bestimmte immaterielle Wirtschaftsgüter wie z.B. der → Firmenwert, Patente oder auch Marken (vgl. BFH Urteil vom 2.3.2011, II R 5/09, BFH/NV 2011, 1147).

3.2. Bewertung

3.2.1. Bewertungsmaßstäbe

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sind die abnutzbaren WG des Anlagevermögens grds. mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gem. § 255 Abs. 1 bzw. 2 HGB (→ Anschaffungskosten, → Herstellungskosten), vermindert um die → Abschreibung nach § 7 EStG, anzusetzen. Zur Abgrenzung von Herstellungs-, Anschaffungs- und Erhaltungsaufwendungen siehe R 21.1 EStR sowie das BMF-Schreiben vom 18.7.2003 (BStBl I 2003, 386).

Zur Kaufpreisaufteilung beim Erwerb von bebauten Grundstücken vgl. BFH Urteil vom 16.9.2015 (IX R 12/14, BStBl II 2016, 397, BFHE 251, 214). Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung von Grundstück und Gebäude ist der Berechnung der AfA auf das Gebäude zugrunde zu legen, sofern sie zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen das FG auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint (→ Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO).

Der Regelwert des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG (AK/HK abzüglich Abschreibung) bildet die Obergrenze für den Bilanzansatz (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG im Umkehrschluss). Dies lässt sich auch aus dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ableiten. Danach dürfen nicht entstandene Gewinne nicht ausgewiesen werden (»Realisationsprinzip«).

3.2.2. Teilwertabschreibung

Bei einer nicht dauernden Wertminderung besteht sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich ein Abschreibungsverbot (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Eine → Teilwertabschreibung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nur bei einer dauernden Wertminderung möglich. Die in § 253 Abs. 3 HGB normierte handelsrechtliche Abschreibungspflicht bei dauernder Wertminderung ist für das steuerrechtliche Wahlrecht unbeachtlich (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG). Voraussetzung für die Ausübung des steuerlichen Wahlrechts ist gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG, dass dies in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen wird. Darin sind nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EStG der Tag der Anschaffung bzw. Herstellung, die AK bzw. HK, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen. Zur Dauerhaftigkeit einer Wertminderung von WG vgl. BMF vom 2.9.2016 (BStBl I 2016, 995). Danach liegt eine dauernde Wertminderung beim abnutzbaren AV insbesondere in folgenden Fällen vor:

  • Wertminderung aus besonderem Anlass (z.B. Katastrophe, technischer Fortschritt),
  • ohne besonderen Anlass, wenn der TW mindestens für die halbe Restnutzungdauer des WG unter dem planmäßigen Restbuchwert (= AK/HK abzüglich Abschreibung) liegt, weil z.B. ein allgemeiner Preisverfall durch ein Überangebot eingetreten ist.

Die Beweislast für den niedrigeren TW inkl. der Dauerhaftigkeit trägt der Stpfl.

Beispiel:

Der Gewerbetreibende G erwarb am 28.4.09 eine Maschine mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 25 Jahren für 300 T€ zuzüglich 57 T€ USt. Im Jahr 12 verfielen aufgrund eines Überangebotes die Preise für diese Maschinen. Zum 31.12.12 betragen die Wiederbeschaffungskosten (= TW) 40 T€. Marktteilnehmer gehen zu Recht davon aus, dass sich die Preise in den kommenden Jahren nicht mehr erhöhen werden.

Lösung:

Die Maschine gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, da sie ausschließlich im Betrieb verwendet wird (R 4.2 Abs. 1 EStR). Sie ist dem abnutzbaren Anlagevermögen zuzuordnen, da sie zur andauernden Nutzung (und nicht zur Weiterveräußerung) vorgesehen ist (§ 247 Abs. 2 HGB, R 6.1 Abs. 1 Satz 1 EStR) und sie durch Gebrauch einem Wertverzehr unterliegt (R 6.1 Abs. 1 Satz 5 EStR). Die steuerrechtliche Bewertung erfolgt grds. nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG mit den Anschaffungskosten abzüglich der AfA (sog. Regelwert). Da in den Jahren 09 bis 11 keine Besonderheiten hinsichtlich des Wertes zu erkennen sind, war daher dieser Regelwert anzusetzen. Die AK (vgl. § 255 Abs. 1 HGB) betragen 300 T€ (Nettowert, da G in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, § 9b Abs. 1 EStG). Die lineare AfA nach § 7 Abs. 1 EStG kann für das Jahr der Anschaffung nur zeitanteilig beansprucht werden (§ 7 Abs. 1 Satz 4 EStG). Zum 31.12.12 ergibt sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ein Regelwert von 255 000 €.

Dauerhaft niedrigerer Teilwert zum 31.12.12?

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG kann der niedrigere Teilwert angesetzt werden, sofern dieser von Dauer ist. Im vorliegenden Fall scheidet ein besonderer Anlass für die Dauerhaftigkeit des niedrigeren Teilwerts aus (keine Anhaltspunkte für eine »Katastrophe« oder einen technischer Fortschritt). Zu prüfen ist daher gem. Rn. 8 ff. des BMF-Schreibens vom 2.9.2016 (BStBl I 2016, 995), ob der Teilwert zum 31.12.12 (40 T€) so niedrig ist, dass er mindestens für die Hälfte der Restnutzungsdauer unter dem (fortentwickelten) Regelwert des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG liegen wird. Hierzu muss zunächst die Restnutzungsdauer (Rest-ND) zum Zeitpunkt der Teilwertminderung (am 31.12.12) berechnet und diese anschließend halbiert werden (Rest-ND = 21,25 Jahre, davon die Hälfte = 10,625 Jahre, aufgerundet 11 Jahre). Der geminderte Teilwert zum 31.12.12 ist daher mit dem fortentwickelten Regelwert zum 31.12.23 (11 Jahre nach dem Zeitpunkt der TW-Abschreibung) zu vergleichen. Da der Teilwert zum 31.12.12 (40 T€) unter dem fortgeführten Regelwert zum 31.12.23 (123 000 €) liegt, ist die Teilwertminderung von Dauer und es besteht ein steuerliches Wahlrecht zur TW-Abschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.

3.2.3. Bilanzansatz in den Folgejahren nach einer Teilwert-Abschreibung (Wertaufholungsgebot)

Nach einer TW-Abschreibung ist die AfA im Folgejahr neu zu berechnen. Der Restwert ist dabei auf die ggf. neu zu schätzende Restnutzungsdauer zu verteilen.

An jedem Bilanzstichtag, der einer TW-Abschreibung folgt, muss der gegenüber dem Regelwert (AK/HK abzüglich kumulierter Regelabschreibung) niedrigere Teilwert nachgewiesen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG). Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist der Teilwert gestiegen, so ist eine Zuschreibung max. bis zum Regelwert geboten (sog. »Striktes Wertaufholungsgebot«). Dies gilt gem. § 253 Abs. 5 HGB auch für die HB.

4. Nicht abnutzbares Anlagevermögen

4.1. Begriff

Als nicht abnutzbare WG kommen insbesondere in Betracht (R 6.1 Abs. 1 Satz 6 EStR):

  • Grund und Boden,
  • Beteiligungen (H 13 (1) [Beteiligungen] EStH) und andere Finanzanlagen wie
    • Anteile an Kapitalgesellschaften,
    • Anteile an Personengesellschaften,
    • Geldforderungen,
    • Wertpapiere,
  • bestimmte immaterielle Wirtschaftsgüter wie z.B. der Domain-Name, das Brennrecht oder auch Fernverkehrskonzessionen.

4.2. Bewertung

4.2.1. Bewertungsmaßstäbe

Nicht abnutzbare WG des Anlagevermögens sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG grds. mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gem. § 255 Abs. 1 bzw. 2 HGB zu bewerten (→ Anschaffungskosten, → Herstellungskosten). Abschreibungen (→ Abschreibung) sind nicht zulässig. Zur Abgrenzung von Herstellungs-, Anschaffungs- und Erhaltungsaufwendungen siehe R 21.1 EStR sowie das BMF-Schreiben vom 18.7.2003 (BStBl I 2003, 386). Zu den Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Grundstück siehe R 6.4 EStR und H 6.4 EStH. Der Regelwert des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG (AK/HK) bildet die Obergrenze für den Bilanzansatz (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG im Umkehrschluss). Dies lässt sich auch aus dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ableiten. Danach dürfen nicht entstandene Gewinne nicht ausgewiesen werden.

4.2.2. Teilwertabschreibung

Bei einer nicht dauernden Wertminderung besteht sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich ein Abschreibungsverbot (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Zur Dauerhaftigkeit einer Wertminderung von WG vgl. BMF vom 2.9.2016 (BStBl I 2016, 995). Eine → Teilwertabschreibung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG nur bei einer dauernden Wertminderung möglich. Die in § 253 Abs. 3 HGB normierte handelsrechtliche Abschreibungspflicht bei dauernder Wertminderung ist für das steuerrechtliche Wahlrecht unbeachtlich (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG). Voraussetzung für die Ausübung des steuerlichen Wahlrechts ist gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG, dass dies in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen wird. Darin sind nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EStG der Tag der Anschaffung bzw. Herstellung, die AK bzw. HK, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

Zur → Teilwertabschreibung bei börsennotierten Aktien, die als Finanzanlage gehalten werden, vgl. BMF vom 2.9.2016 (BStBl I 2016, 995, Rn. 17 ff.) Bei einer im Anlagevermögen gehaltenen Forderung (z.B. Darlehensforderung gegen Tochtergesellschaft), die nicht verzinst wird, ist eine → Teilwertabschreibung wegen der Unverzinslichkeit nicht gerechtfertigt, auch wenn bei der Darlehensnehmerin die Rückzahlungsverpflichtung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG abzuzinsen ist (BFH Urteil vom 24.10.2012, I R 43/11, BStBl II 2013, 162). Das Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Wertminderung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bezieht sich nur auf den Teilwert des betreffenden WG, hier der Forderung auf Rückzahlung der Darlehenssumme, und nicht darauf, ob das der Anschaffung des WG zugrunde liegende Rechtsgeschäft wirtschaftlich vorteilhaft oder nachteilig für den Bilanzierenden ist.

4.2.3. Bilanzansatz in den Folgejahren nach einer Teilwert-Abschreibung (Wertaufholungsgebot)

An jedem Bilanzstichtag, der einer Teilwertabschreibung folgt, muss der gegenüber dem Regelwert niedrigere Teilwert nachgewiesen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG). Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist der Teilwert gestiegen, so ist eine Zuschreibung max. bis zur Bewertungsobergrenze der AK oder HK geboten (sog. »Striktes Wertaufholungsgebot«). Dies gilt gem. § 253 Abs. 5 HGB auch für die Handelsbilanz.

5. Wechsel zwischen Anlage- und Umlaufvermögen

Ein WG des Anlagevermögens, dessen Veräußerung beabsichtigt ist, bleibt so lange Anlagevermögen, wie sich seine bisherige Nutzung nicht ändert, auch wenn bereits vorbereitende Maßnahmen zu seiner Veräußerung getroffen worden sind. Bei Grundstücken des Anlagevermögens, die bis zu ihrer Veräußerung unverändert genutzt werden, ändert somit selbst eine zum Zwecke der Veräußerung vorgenommene Parzellierung des Grund und Bodens oder Aufteilung des Gebäudes in Eigentumswohnungen nicht die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen (vgl. R 6.1 Abs. 1 EStR). Beschränkt sich der Veräußerer dagegen nicht auf die bloße Verkaufstätigkeit, sondern wirkt er an der Aufbereitung zum Bauland aktiv mit oder nimmt er darauf Einfluss, wechselt das Grundstück auch bei zunächst unveränderter Nutzung zum Umlaufvermögen (BFH Urteil vom 25.10.2001, IV R 47, 48/00, BStBl II 2002, 289). Umgekehrt muss ein WG des Umlaufvermögens dem Anlagevermögen zugeordnet und ggf. abgeschrieben werden, wenn z.B. Waren nicht mehr zum Verkauf stehen, sondern als Ausstellungsstück oder Vorführwagen beim Kfz-Händler genutzt werden.

6. Literaturhinweise

Schoor, Teilwertabschreibung und Wertaufholung, NWB 25/2015, 1865; Ronig, Zur Zulässigkeit von Teilwertabschreibungen, BBK 4/2015; Cremer, Außerplanmäßige Abschreibungen: Teilwert und beizulegender Wert – Bewertung des Vorratsvermögens nach der Subtraktions- und Formelmethode, NWB 13/2016, 13.

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1. Die gesetzlichen Anmeldungszeiträume

Nach den jeweiligen Einzelsteuergesetzen sind folgende Anmeldungszeiträume zu beachten:

  • der Kalendermonat bei der → Kapitalertragsteuer (§ 44 EStG); Die innerhalb eines Kalendermonats einbehaltene Steuer ist jeweils bis zum zehnten des folgenden Monats an das FA abzuführen, das für die Besteuerung des Schuldners der Kapitalerträge, der den Verkaufsauftrag ausführenden Stelle oder der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle nach dem Einkommen zuständig ist; bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ist die einbehaltene Steuer in dem Zeitpunkt abzuführen, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen.
  • § 41a Abs. 2 EStG: LSt-Anmeldungszeitraum ist grundsätzlich der Kalendermonat. Näheres siehe unter → Lohnsteueranmeldung.
  • § 8 Abs. 2 VersStG: der Kalendermonat. Hat die Steuer für das vorangegangene Kj. insgesamt nicht mehr als 3 000 € betragen, so ist Anmeldungszeitraum das Kalendervierteljahr;
  • § 8 FeuerschStG: der Kalendermonat. Hat die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr insgesamt nicht mehr als 2 400 € betragen, so ist Anmeldungszeitraum das Kalendervierteljahr. Hat die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr insgesamt nicht mehr als 400 € betragen, so ist Anmeldungszeitraum das Kalenderjahr.
  • § 48a EStG: Der Leistungsempfänger hat bis zum zehnten Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung i.S.d. § 48 EStG erbracht wird, eine Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, in der er den Steuerabzug für den Anmeldungszeitraum selbst zu berechnen hat. Der Leistungsempfänger hat die Anmeldung des Steuerabzugs nicht bei dem für ihn zuständigen Finanzamt, sondern bei dem für den Leistenden zuständigen Finanzamt vorzunehmen.

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1. Steuerermäßigung nach § 35b EStG bei Belastung mit Erbschaftsteuer

§ 35b EStG verringert bei Erbfällen eine Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer. Die Vorschrift kommt nur bei einer Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer innerhalb von fünf Jahren nach einem Erwerb von Todes wegen zur Anwendung.

Sind hiernach bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, wird sodann auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer, die auf diese Einkünfte entfällt, um einen nach § 35b Satz 2 EStG zu bestimmenden Prozentsatz ermäßigt.

Eine Doppelbelastung liegt beispielsweise vor, wenn ein Anspruch bereits im Todeszeitpunkt (Entstehung der ErbSt, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) entstanden ist und somit im Vermögensanfall erfasst wird. Der Zufluss erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt an den Erben und führt bei diesem zu steuerpflichtigen Einnahmen i.S.d. § 2 EStG.

Beispiel 1:

Im Nachlass des Erblassers gehört u.a. ein vermietetes Geschäftsgrundstück (Grundvermögen). Am Todestag bestanden Mietrückstände i.H.v. 2 000 €. Die rückständigen Mieten wurden zwei Monate später an die Erben gezahlt.

Lösung 1:

Die Mietforderungen sind als Kapitalforderungen im übrigen Vermögen zu erfassen. Eine sachliche Steuerbefreiung (§ 13 ff. ErbStG) kommt nicht in Betracht. Die Kapitalforderungen sind mit dem Nennwert (2 000 €) zu bewerten. Mit Zufluss bei den Erben liegen Einnahmen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vor, diese unterliegen der sachlichen Einkommensteuerpflicht. In diesem Fall liegt eine Doppelbelastung mit ErbSt und ESt vor, die auf die Kapitalforderung entfallende ErbSt kann gem. § 35b Satz 2 EStG auf die ESt angerechnet werden.

Kapitaleinnahmen, die im Rahmen der ESt unter die abgeltende Besteuerung fallen (z.B. Gewinnausschüttungen, Zinsen, §§ 32d Abs. 1, 43 Abs. 5 EStG) fallen nicht unter den Anwendungsbereich des § 35b EStG. Diese Einnahmen sind gem. § 2 Abs. 5b EStG nicht in die Veranlagung einzubeziehen. Um die Steuerermäßigung nach § 35b EStG in Anspruch nehmen zu können, wäre ein Antrag nach § 32d Abs. 6 EStG möglich (Günstigerprüfung).

Beispiel 2:

Der verstorbene Max Muster (M) war u.a. Gesellschafter der M-GmbH. M verstarb am 10.6.2019. Im Mai 2019 hatten die Gesellschafter über die Verwendung des Gewinns der GmbH entschieden und eine Ausschüttung beschlossen, auf M entfiel ein Gewinnanteil von 50 000 €. Die Auszahlung erfolgte im Juli 2019 an die Erben des M.

Lösung 2:

Da die Gewinnausschüttung noch vor dem Zeitpunkt der Entstehung der ErbSt (10.6.2019) beschlossen wurde, ist eine Kapitalforderung (Anspruch auf Auszahlung des Gewinns) im Vermögensanfall zu erfassen. Mit Auszahlung im Juli 2019 (§ 11 EStG) liegen Einnahmen aus Kapitalvermögen vor. Diese unterliegen grds. dem gesonderten Steuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG und werden nicht in die Veranlagung einbezogen, § 2 Abs. 5b EStG. Damit kommt eine Steuerermäßigung i.S.d. § 35b EStG nicht in Betracht. Eine Steuerermäßigung käme in den Fällen des § 32d Abs. 2 bzw. Abs. 6 EStG in Betracht.

Ein Anwendungsfall des § 35b EStG liegt bei Nutzungen und Leistungen vor (z.B. lebenslängliche Rente als Vermächtnis). Diese Ansprüche sind im Rahmen des Vermögensanfalls mit dem Kapitalwert zu bewerten und im Vermögensanfall des Berechtigten zu erfassen (§§ 13, 14 BewG). Gleichzeitig liegen mit dem Zufluss der Nutzungen bzw. Leistungen in aller Regel auch steuerpflichtige Einnahmen vor (z.B. Renten gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG). Auch Veräußerungstatbestände in Person des Erben können zur Anwendung des § 35b EStG führen, wenn beispielsweise der Veräußerungsvorgang der ESt unterliegt (z.B. § 16 EStG) und gleichzeitig eine Belastung mit ErbSt eintritt (z.B. Verstoß gegen Behaltensfrist, § 13a Abs. 6 ErbStG).

§ 35b EStG gilt nach seinem Wortlaut nur bei Erwerben von Todes wegen und nicht für Zuwendungen unter Lebenden, wozu auch die vorweggenommene Erbfolge zählt. Zu den Erwerben von Todes wegen zählt beispielsweise der Erbanfall, ein Vermächtnis oder auch ein Anspruch aus einem Vertrag zugunsten Dritter. § 35b EStG erscheint insoweit lückenhaft (s. Herzig/Joisten/Vossel, DB 2009, 584).

2. Anrechnung von ausländischer Erbschaft- und Schenkungsteuer

2.1. Grundsätzliches

Entsprechend dem Einkommensteuerrecht (§ 1 Abs. 1 EStG) knüpft das deutsche Erbschaftsteuerrecht im Falle der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 ErbStG) an den »Weltvermögensanfall« an. Dies hat zur Folge, dass es durch die Besteuerung durch die Belegenheitsstaaten (Staaten, in denen ein ausländischer Teil des »Weltvermögens« belegen ist) zur Doppelbesteuerung des nach ausländischer Sicht vorliegenden Inlandsvermögens kommt. Fehlt ein DBA, kann nach § 21 ErbStG die Belastung von Erwerben mit inländischer und ausländischer Steuer unilateral vermieden oder zumindest abgemildert werden (entsprechend § 34c EStG für die Einkommensteuer).

Was als Auslandsvermögen anzusehen ist, wird durch § 21 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 121 BewG näher bestimmt. Danach wird Grundvermögen, nicht jedoch Kapitalvermögen erfasst. Daher kommt z.B. die Anrechnung britischer Steuer auf ererbtes Kapitalvermögen nicht in Betracht (Kapitalvermögen wird in aller Regel nicht über § 121 Nr. 7 BewG erfasst, da grds. keine Sicherung durch Grundbesitz vorliegt). Der BFH hat im Urteil vom 19.6.2013 (II R 10/12, DB 2013, 1700) klargestellt, dass bei Fehlen eines DBA die auf Auslandskapitalvermögen gezahlte ausländische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer nicht angerechnet werden kann; es könne jedoch eine Billigkeitsmaßnahme geboten sein.

Sachverhalt:

A hat ihren Wohnsitz in Deutschland. In 2000 beerbte sie ihre Großtante, die ebenfalls in Deutschland lebte. Die Erbschaft bestand u.a. aus französischen Guthaben und Wertpapieren, die die Großtante von einer französischen Bank verwalten ließ. Der französische Notar musste 55 % des Wertes an die französische Staatskasse abführen. Das FA setzte nach deutschem Recht ebenfalls ErbSt fest, und zwar i.H.v. 29 % des Bruttoerbes. Damit stieg die Belastung auf 84 %, A verblieben lediglich noch 16 % des Erbes. Das FA erließ die Steuer teilweise wegen sachlicher Unbilligkeit, wodurch sich die Gesamtbelastung auf 71 % verringerte. Die von A erhobene Klage mit dem Ziel, die französische ErbSt auf die deutsche Steuer anzurechnen oder hilfsweise als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen, wies das FG zurück (s. FG Baden-Württemberg Urteil vom 21.12.2011, EFG 2012, 1290).

Entscheidung des BFH:

Der BFH verneint einen Verstoß gegen Unionsrecht. Er beruft sich auf die Rspr. des EuGH. Danach berührt das Unionsrecht die Autonomie der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der ErbSt nicht und es verpflichtet sie auch nicht, ihr Steuersystem den verschiedenen Systemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen. Die Nichtanrechnung der ausländischen ErbSt ist daher – unabhängig von dem ausländischen Steuersatz und der Gesamtbelastung – nicht gemeinschaftsrechtswidrig. Es liegt weder ein Verstoß gegen den unionsrechtlichen Eigentumsschutz noch gegen die Gewährleistung des Eigentums und des Erbrechts durch das GG vor. Zum einen handelt es sich beim Erbschaftsteuerrecht nicht um Unionsrecht, sondern um nationales (nicht unionsrechtlich determiniertes) Recht. Zum anderen wäre die Verpflichtung Deutschlands, die Belastung durch die Anrechnung der ausländischen Steuer zu vermeiden, als einseitige Maßnahme mit der Souveränität der Staaten zur Erhebung von Steuern unvereinbar.

Ebenso verneint der BFH einen Verstoß gegen das GG.

Die auf das Kapitalvermögen entfallende Erbschaftsteuer kann auch nicht als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Satz 1 ErbStG abgezogen werden. Dem Abzug steht § 10 Abs. 8 ErbStG entgegen, wonach die vom Erwerber zu entrichtende eigene Steuer nicht abzugsfähig ist (s. auch BFH Urteil vom 19.6.2013, II R 10/12, DB 2013, 1700). Dabei unterscheidet das Gesetz nicht zwischen der vom Erwerber zu entrichtenden eigenen deutschen und ausländischen Erbschaftsteuer. Dass § 10 Abs. 8 ErbStG nicht anwendbar sein soll, wenn und soweit die ausländische Steuer nicht nach § 21 ErbStG angerechnet werden kann, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen (FG Düsseldorf Urteil vom 13.5.2009, 4 K 155/08 Erb, EFG 2009, 1310). Eine dem § 34c Abs. 3 EStG vergleichbare Vorschrift zum Abzug ausländischer Steuer, wenn die Voraussetzungen der Anrechnung nicht vorliegen, enthält § 21 ErbStG nicht.

2.2. Anrechnungsmöglichkeiten ausländischer Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer

Eine Anrechnung ausländischer ErbSt und SchenkSt kommt nur bei Erbfällen und Schenkungen mit unbeschränkter – einschließlich erweitert unbeschränkter – Steuerpflicht in Betracht (§ 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Die in der Vorschrift vorausgesetzte Eigenschaft des Inländers bestimmt sich im Einzelnen bei natürlichen Personen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG. Bei Stiftungen oder Vereinen ist erforderlich, dass sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland haben.

Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG sind Erwerber anrechnungsberechtigt, die durch die Vermögensübertragung begünstigt sind. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist die Anrechnung der ausländischen Steuer subsidiär. Die Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer kann daher nur dann erfolgen, »sofern« nicht die Vorschriften eines DBA anzuwenden sind. Hierzu sind derzeit lediglich mit sechs Staaten solche DBA vereinbart (Dänemark, Frankreich, Griechenland, Schweden, Schweiz und USA).

Eine Liste der bestehenden DBA enthält H E 2.1 »Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet des ErbStG« ErbStH sowie die jährlich vom BMF veröffentlichte Liste zum Stand der DBA insgesamt (zuletzt BMF vom 15.1.2020).

2.3. Anrechnungsvolumen

Anrechenbar ist nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG nur eine ausländische Steuer, die der deutschen Erbschaftsteuer entspricht. Gegenstand dieser ausländischen Steuer muss das Auslandsvermögen sein. Die Höhe des Auslandsvermögens ist vom Erwerber nachzuweisen (§ 21 Abs. 3 ErbStG). Der Umfang des zu berücksichtigenden Auslandsvermögens bestimmt sich danach, ob der Erblasser zum Todeszeitpunkt Inländer war oder nicht (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 ErbStG). Besteht der Erwerb nur zum Teil aus Auslandsvermögen, also daneben auch zum Teil aus Inlandsvermögen, ist das Aufteilungsgebot nach § 21 Abs. 1 Satz 2 ErbStG zu beachten, mit der Folge der Aufteilung der deutschen ErbSt im Verhältnis des steuerpflichtigen Auslandsvermögens zum steuerpflichtigen Gesamtvermögen.

Das Auslandsvermögen ist mit den Werten anzusetzen, die für die inländische Besteuerung maßgebend sind. Dazu hat der EuGH allerdings entschieden, dass die unterschiedliche Bewertung von Inlands- und Auslandsvermögen EU-rechtswidrig ist (EuGH Urteil vom 17.1.2008, C-256/06, BFH/NV Beilage 2008, 120).

2.4. Begrenzung der Anrechnung

Zur Vermeidung von Missbräuchen ist nur die festgesetzte, auf den Erwerber entfallende, gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Steuer anrechenbar (§ 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Diese Voraussetzung hat der Erwerber durch Vorlage entsprechender Urkunden nachzuweisen (§ 21 Abs. 3 ErbStG). Drei Berechnungsbeispiele zur Anrechnung sind in H E 21 »Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer« ErbStH dargestellt.

2.5. Umfang der Anrechnung ausländischer Schenkungsteuer

Problematisch ist der Umfang der Anrechnung ausländischer Schenkungsteuer im Falle von mehreren Übertragungen von Auslandsvermögen innerhalb von zehn Jahren. Hier kann der Umfang der Anrechnung ausländischer Schenkungsteuer problematisch werden, wenn ein Erwerber in einem ausländischen Staat mit seinem Auslandsvermögen zu einer der deutschen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer entsprechenden Steuer herangezogen wurde und bei der Berechnung der deutschen Schenkungsteuer für den Erwerb des Auslandsvermögens Vorschenkungen berücksichtigt wurden, für die ebenfalls jeweils ausländische Schenkungsteuer entrichtet wurde. Hier stellt sich die Frage, wie die Berücksichtigung früherer Erwerbe (→ Erbschaftsteuer: Berücksichtigung früherer Erwerbe) nach § 14 ErbStG zu behandeln ist. Der BFH hat in seinem Urteil vom 7.9.2011 entschieden, dass bei der Festsetzung der inländischen Schenkungsteuer für einen Erwerb, der auch in den Niederlanden der Schenkungsteuer unterliegt, die Berücksichtigung von ebenfalls in den Niederlanden besteuerten Vorerwerben nach § 14 ErbStG nicht zu einer Anrechnung der für die gesamten Vorerwerbe gezahlten niederländischen Steuer führt. Die in den Niederlanden gezahlte Schenkungsteuer sei nur insoweit nach § 21 ErbStG anzurechnen, als sie auf die besteuerte Zuwendung (Letzterwerb) entfällt (BFH Urteil vom 7.9.2011, II 58/09, BStBl II 2012, 40).

Dies gelte auch dann, wenn die ausländische Schenkungsteuer für die Vorerwerbe bei der Festsetzung der inländischen Schenkungsteuer für die Vorerwerbe nicht oder nur zum Teil angerechnet werden konnte, weil für den jeweiligen Vorerwerb entweder keine deutsche Schenkungsteuer festzusetzen oder die deutsche Schenkungsteuer niedriger als die ausländische Schenkungsteuer war. Eine Anrechnung nicht ausgenutzter ausländischer Schenkungsteuer könne insoweit nicht bei der Besteuerung von Nacherwerben nachgeholt werden. Der BFH hat in seinem o.g. Urteil auch festgestellt, dass die Regelungen der §§ 14, 21 ErbStG nicht gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit verstoße.

3. Verfahrensfragen

Sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Anrechnung ausländischer ErbSt gem. § 21 ErbStG gegeben, stellt sich verfahrensrechtlich die Frage, ob eine Anrechnung auch dann noch in Betracht kommt, wenn der inländische Erbschaft- oder Schenkungsteuerbescheid bereits bestandskräftig ist. Der BFH hatte zu klären, ob die Erstattung ausländischer Quellensteuer als rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO anzusehen ist oder eine Änderung der Anrechnung nur wegen neuer Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich ist. Die Beantwortung dieser Frage hat Bedeutung für die Festsetzungsverjährung. Während bei § 173 AO die vierjährige Festsetzungsverjährung mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem die Anzeige des (inländischen) Erwerbs (§ 30 ErbStG) erfolgt, beginnt die vierjährige Verjährungsfrist gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO mit Ablauf des Jahres, in dem das maßgebliche Ereignis stattfindet, also der Erlass des Bescheids über die ausländische Erbschaftsteuer.

Der BFH sieht in der Zahlung der ausländischen Steuer ein rückwirkendes Ereignis mit Wirkung für die Vergangenheit, so dass der deutsche Steuerbescheid auch nach Eintritt der Bestandskraft nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern ist (BFH vom 22.9.2010, II R 54/09, BFH/NV 2011, 377). Im konkreten Fall zahlte der Steuerpflichtige tessinische Schenkungsteuer, nachdem das deutsche Finanzamt Schenkungsteuer festgesetzt hatte.

Die Anwendung des § 175 AO ergibt sich schon aus dem Umstand, dass eine ausländische Steuer notwendigerweise erst nach dem Tod des Erblassers festgesetzt und gezahlt worden sein kann, sodass die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer auf den Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer im Moment des Todes des Erblassers zurückwirkt. Entsprechendes gilt für die Schenkungsteuer.

Sachverhalt:

Die Mutter des Klägers wandte diesem am 2.5. und 31.10.1994 jeweils einen Geldbetrag zu. Ihr Wohnsitz befand sich zum Zeitpunkt der Zuwendungen im Kanton Tessin (Schweiz). Der Kläger war Inländer i.S.d. § 2 Abs. 1 ErbStG. Nachdem der Kläger die Zuwendung dem FA gegenüber erklärt hatte, setzte das FA Schenkungsteuer fest. Es berücksichtigte dabei mehrere Vorschenkungen.

Die Finanzbehörde des Kantons Tessin setzte ebenfalls nach sieben Jahren Schenkungsteuer für die Zuwendungen fest. Der Kläger zahlte diese Schenkungsteuer und beantragte beim FA, sie auf die deutsche Schenkungsteuer anzurechnen. Das FA lehnte dies ab, da die Festsetzung und Zahlung der tessinischen Schenkungsteuer den Tatbestand einer Korrekturnorm der AO nicht erfülle. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Entscheidung:

Der BFH sah die Voraussetzungen des § 21 ErbStG im konkreten Fall als erfüllt an. Damit stellt sich die Frage, ob die zuerst ergangenen deutschen Schenkungsteuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern waren, also ob es sich bei der Zahlung der festgesetzten tessinischen Schenkungsteuer um ein rückwirkendes Ereignis handelte. Dies bejaht der BFH, weil nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers der Zahlung festgesetzter ausländischer Steuer Wirkung für die Vergangenheit zukommen soll (s. dazu BFH Urteil vom 18.10.2000, II R 46/98, BFH/NV 2001, 420). Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 21 ErbStG, folgt jedoch aus dem materiell-rechtlichen Regelungsgehalt des § 21 ErbStG.

Die Finanzverwaltung hat sich mittlerweile der Auffassung des BFH angeschlossen und geht ebenfalls bei der Zahlung von ausländischer Erbschaftsteuer nach Bestandskraft des inländischen Steuerbescheides von einem rückwirkenden Ereignis i.S.d. § 17 Abs. 1 Nr. 2 AO aus (R E 21 Abs. 4 ErbStR).

Hinweis:

Bei Erlass, Aufhebung oder Änderung eines ausländischen Erbschaftsteuerbescheids ist der deutsche Erbschaftsteuerbescheid nicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG von Amts wegen zu korrigieren. Es handelt sich nämlich nicht um einen Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung i.S.d. § 171 Abs. 10 AO. Es bedarf damit eines Änderungsantrags des Steuerpflichtigen.

Die ausländische Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer ist nach § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG nur anrechenbar, wenn die deutsche Erbschaftsteuer für das Auslandsvermögen innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung der ausländischen Erbschaftsteuer entstanden ist. Bestehen zwischen dem ausländischen und dem deutschen Recht Unterschiede hinsichtlich der Steuerentstehung, kann dies zum Verlust der Anrechnung führen.

4. Literaturhinweise

Hechtner, Neuregelung des § 35b EStG durch das ErbStRG – Ermittlung der Steuerermäßigung und ökonomische Belastungsanalyse, BB 2009, 486; Herzig/Joisten/Vossel, Die Vermeidung der Doppelbelastung mit ESt und ErbSt nach Einführung des § 35b EStG, DB 2009, 584; Lüdicke/Fürwentsches, Das neue Erbschaftsteuerrecht, DB 2009, 17; Viskorf/Haag, Überblick über die wichtigsten Neuregelungen der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011, DStR 2012, 219.

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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Ermittlung und Begriff der Anschaffungskosten (AK) haben eine zentrale Bedeutung für das Ertragsteuerrecht.

1. Bedeutung

Zusammen mit den → Herstellungskosten (HK) ergeben sie die Grundlage für die Bilanzierung und Bewertung der im → Betriebsvermögen eingesetzten Wirtschaftsgüter.

Für beide Einkunftsarten – für die betrieblichen Gewinneinkünfte ebenso wie für die privaten Überschusseinkünfte – bilden die AK die → Bemessungsgrundlage für die → Abschreibung. Sie definieren – zusammen mit den HK – für alle abnutzbaren Vermögensgegenstände das Volumen der Absetzung für Abnutzung (AfA), soweit nicht nachträglich wertverändernde Maßnahmen durchgeführt werden.

Den AK kommt jedoch auch im Bereich der Überschusseinkünfte eine besondere Bedeutung zu:

  • Zum einen sind sie im Geltungsbereich der → Werbungskosten die → Bemessungsgrundlage für die → Arbeitsmittel.
  • Zum anderen bilden sie neben dem Veräußerungspreis (und den Veräußerungskosten) die maßgebliche Größe für die Ermittlung des privaten Veräußerungsgewinns nach § 23 EStG (→ Private Veräußerungsgeschäfte) ebenso wie bei § 17 EStG.

2. Begriff der Anschaffungskosten

2.1. Anschaffungskosten lt. Handelsrecht

Die Definition der AK ergibt sich aus § 255 Abs. 1 HGB. Danach sind AK die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den AK gehören auch die Nebenkosten und die nachträglichen AK. Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen. Nach der gesetzlichen Definition der AK gehören zum Anschaffungsvorgang

  • der Erwerb und
  • die Versetzung des angeschafften Vermögensgegenstands in den Zustand der Betriebsbereitschaft.

2.1.1. Kosten des Erwerbs

Unter Erwerb versteht man die Überführung eines Vermögensgegenstands aus einem fremden in den eigenen Verfügungsbereich. Maßgebend für den Zeitpunkt der Anschaffung ist die Erlangung der Verfügungsmacht.

2.1.2. Kosten der Betriebsbereitschaft

Der Zeitpunkt der Betriebsbereitschaft ist bei Gegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens unterschiedlich zu beurteilen. Bei Anlagegegenständen kommt es auf den Zeitpunkt der Nutzbarkeit an, während bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens die Verbrauchbarkeit, Verwertbarkeit oder Veräußerbarkeit das entscheidende Merkmal ist.

Gem. § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB sind auch nachträgliche AK zu berücksichtigen, s.a. → Nachträgliche Anschaffungskosten. Damit wird sichergestellt, dass nachträgliche Erhöhungen des Kaufpreises und der Nebenkosten in die AK einbezogen werden. Auch die Aufwendungen für eine spätere Änderung der Betriebsbereitschaft fallen unter die nachträglichen AK. Nachträglich eingetretene Minderungen sind folgerichtig von den AK abzusetzen (§ 255 Abs. 1 Satz 3 HGB).

2.2. Anschaffungskosten lt. Steuerrecht – allgemein

Im Steuerrecht fehlt es an einer gesetzlichen Definition der AK. Die Finanzverwaltung bedient sich infolgedessen der handelsrechtlichen Begriffsbestimmung (H 6.2 [Anschaffungskosten] EStH). Ergänzende Regelungen zu den AK ergeben sich aus der Rspr. und einschlägigen Verwaltungsanweisungen. Der in § 17 Abs. 2 EStG verwendete Begriff der Anschaffungskosten ist i.S.d. § 6 EStG und des § 255 Abs. 1 HGB auszulegen. Danach sind Anschaffungskosten u.a. Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in den betriebsbereiten Zustand zu versetzen (BFH vom 14.1.2020, IX R 5/18, NV, DStRE 2020, 843; LEXinform 0951901).

2.2.1. Einzelkosten/Gemeinkosten

Im Rahmen der AK sind nur die bei der Anschaffung angefallenen Einzelkosten anzusetzen, nicht dagegen die Gemeinkosten. Die Aufwendungen müssen dem Wirtschaftsgut direkt zugeordnet werden können. Das gilt grundsätzlich auch bei der Herstellung der Betriebsbereitschaft. Gelegentlich wird befürwortet, ausnahmsweise auch Gemeinkosten anzusetzen, wenn für die Betriebsbereitschaft umfangreiche Installationen erforderlich sind, deren Erstellung unter HK-Gesichtspunkten zu beurteilen ist. In diesem Fall wäre die Installation mit den HK zu bewerten, was dann zum Ansatz von Gemeinkosten führen würde.

Die herrschende Meinung begnügt sich aber damit, dass auch bei betriebsinternen Nebenkosten nur die angefallenen Einzelkosten zu berücksichtigen sind.

2.2.2. Gesamtkaufpreis für mehrere Wirtschaftsgüter

Der Gesamtkaufpreis ist aufzuteilen im Verhältnis der objektiven Werte (BFH Urteil vom 10.10.2000, BStBl II 2001, 183; BFH Urteil vom 31.7.2001, BFH/NV 2002, 324; BFH Urteil vom 27.7.2004, BStBl II 2006, 9).

Zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises bei Erwerb eines bebauten Grundstücks s. die Arbeitshilfe des BMF (www.bundesfinanzministerium.de unter »Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein unbebautes Grundstück«, Stand März 2020). Zur Anwendung der Arbeitshilfe des BMF s. auch das anhängige Verfahren beim BFH (Az: IX R 26/19). Hier geht es um folgende Rechtsfrage: »Ist die von den obersten Finanzbehörden der Länder und des Bundesministeriums der Finanzen als Excel-Datei zur Verfügung gestellte Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung) vom 13.5.2019, abrufbar über die Internetseite www.bundesfinanzministerium.de und erleichternd zu finden über den Suchbegriff »Kaufpreisaufteilung«, in diesem Zusammenhang grds. für die o.g. Wertaufteilung geeignet?« Der Senat hat das BMF zum Beitritt zu diesem Verfahren aufgefordert (BFH vom 21.1.2020, IX R 26/19, BStBl II 2020, 278; LEXinform 5022830).

Eine vertraglich geregelte Kaufpreisaufteilung eines Grundstücks auf Boden und Gebäude ist nur dann beachtlich, wenn eine Gesamtwürdigung der Umstände nicht zu dem Ergebnis kommt, dass die realen Wertverhältnisse nicht in grundsätzlicher Weise verfehlt werden und diese keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt (BFH vom 16.9.2015, IX R 12/14, BStBl II 2016, 397 und BFH vom 29.10.2019, IX R 38/17, BFH/NV 2020, 720; LEXinform 0951703).

Beispiel 1:

Der → Unternehmer A erwirbt ein bebautes Grundstück. Der Kaufpreis für das Gesamtgrundstück beträgt 700 000 €. Ein Sachverständiger schätzt den Verkehrswert des Grund und Bodens auf 500 000 € und den des Gebäudes auf 300 000 €.

Lösung 1:

Der Gesamtkaufpreis i.H.v. 700 T€ ist auf den Grund und Boden sowie das Gebäude nach dem Verhältnis der Verkehrswerte aufzuteilen:

Grund und Boden
500 000 € × 100=62,5 %
800 000 €
Gebäude
300 000 € × 100=37,5 %
800 000 €
Grund und Boden62,5 % des Gesamtkaufpreises437 500 €
Gebäude37,5 % des Gesamtkaufpreises262 500 €
gesamt700 000 €

2.2.3. Übernahme von Verbindlichkeiten

Bei Anschaffung durch Übernahme von Verbindlichkeiten hat die spätere Veränderung der Verbindlichkeiten (z.B. Fortfall einer Rentenverpflichtung) keine Auswirkungen auf die Höhe der AK.

2.2.4. Anschaffung in Fremdwährung

Ist der Kaufpreis (ebenso: Nebenkosten) in ausländischer Währung zu entrichten, ist für die Höhe der AK der Kurs der Fremdwährung im Zeitpunkt der Anschaffung maßgebend (vgl. auch § 244 HGB). Wird die Kaufpreisschuld in ausländischer Währung nicht sofort entrichtet (d.h. zunächst Verbindlichkeit), sind diese sowie das angeschaffte Wirtschaftsgut als zwei getrennte Bilanzposten mit voneinander unabhängiger Entwicklung anzusehen (vgl. Grundsatz der Einzelbewertung).

Spätere Kursänderungen bei der Fremdwährung verändern nicht die entstandenen AK des angeschafften Wirtschaftsguts (vgl. H 6.2 »Ausländische Währung« EStH, erster Strich).

2.2.5. Umsatzsteuer (Vorsteuer)

Die umsatzsteuerrechtlich abziehbare Vorsteuer ist gem. § 9b Abs. 1 EStG nicht Teil der (ertragsteuerlichen) AK. Die umsatzsteuerrechtlich nicht abziehbare Vorsteuer gehört hingegen zu den AK.

Bei Berichtigung der Vorsteuer in einem späteren → Wirtschaftsjahr stellen der Mehrbetrag und bei betrieblicher Veranlassung auch der Minderbetrag → Betriebseinnahmen bzw. → Betriebsausgaben dar (§ 9b Abs. 2 Satz 1 EStG). Die AK oder HK hingegen bleiben hiervon unberührt (§ 9b Abs. 2 Satz 2 EStG).

Beispiel 2:

Der → Unternehmer U erwirbt eine Maschine für 10 000 € + 1 900 € USt. Wie hoch sind die AK der Maschine, wenn der Unternehmer

  1. zu 100 % zum → Vorsteuerabzug berechtigt ist,
  2. gar nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist,
  3. zu 70 % zum Vorsteuerabzug berechtigt ist?

Lösung 2:

Die AK betragen im Fall

  1. 10 000 €,
  2. 11 900 €,
  3. 10 570 €.

2.2.6. Garantierückbehalt

Die Minderung der AK tritt nur im Fall der endgültigen Einbehaltung der Garantiesumme (ohne eigene oder fremde Nachbesserung) ein.

2.2.7. Zuschüsse zur Anschaffung oder Herstellung von Anlagegütern

Wird für die Anschaffung oder Herstellung ein Zuschuss gewährt, hat der Steuerpflichtige das Wahlrecht, den Zuschuss als Betriebseinnahme (→ Betriebseinnahmen) oder Minderung der AK zu erfassen (R 6.5 EStR); s.a. → Zuschüsse. Bei der Gewährung eines Zuschusses in einem späteren → Wirtschaftsjahr (Wj.) besteht das Wahlrecht zwischen der Buchung als Betriebseinnahme oder Minderung der ursprünglichen AfA-Bemessungsgrundlage bzw. des Buchwerts (R 6.5 Abs. 3 EStR).

Wird der Zuschuss in einem Wj. vor der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes (WG) gewährt, so hat der Steuerpflichtige das Wahlrecht zwischen der Erfassung als Betriebseinnahme oder der Bildung einer steuerfreien → Rücklage (Zuschussrücklage gem. R 6.5 Abs. 4 EStR).

2.2.8. Nachträgliche Minderung der Anschaffungskosten

Rabatte und Boni mindern die AK im Zeitpunkt der Entstehung der Ansprüche. Bei Skonti tritt die Minderung der AK erst im Zeitpunkt der Zahlung des Kaufpreises ein (BFH Urteil vom 27.2.1991, BStBl II 1991, 456). Wird ein WG, das im Zeitpunkt der Anschaffung nicht unter die GWG-Regelung des § 6 Abs. 2 EStG fällt, erst im folgenden Wirtschaftsjahr unter Abzug eines Skontos bezahlt und fallen dadurch die AK unter die GWG-Grenze, kann kein Sofortabzug in Anspruch genommen werden. Maßgebend sind die AK im Wirtschaftsjahr der Anschaffung.

2.2.9. Anschaffungskosten bei zinsloser Stundung des Kaufpreises

Das erworbene Wirtschaftsgut sowie die durch den Erwerb ausgelöste Schuld sind als eigenständige Wirtschaftsgüter getrennt zu betrachten (vgl. wie bei Erwerb in Fremdwährung). Werden im angemessenen Rahmen Zinsen berechnet, bestimmt der Kaufpreis (zugleich der zu verzinsende Betrag) die Anschaffungskosten. Bei Anschaffung eines WG und zinsloser Stundung des Kaufpreises ermitteln sich dessen AK durch Abzinsung der unverzinslichen Verbindlichkeit, abzüglich der abzugsfähigen Vorsteuer. Zur Abzinsung vgl. BMF vom 26.5.2005, BStBl I 2005, 699.

3. Sonderfälle der Anschaffungskosten Ermittlung

3.1. Gebäudeabbruch im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks

Wird mit dem Abbruch eines Gebäudes innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb begonnen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Erwerber das Gebäude in der Absicht erworben hat, es abzureißen (BFH Urteil vom 6.2.1979, BStBl II 1979, 509). Nach BFH-Urteil vom 13.11.1979, BStBl II 1980, 69 erfolgt die Unterscheidung somit danach, ob das Gebäude in Abbruchsabsicht oder ohne Abbruchsabsicht erworben wurde.

Nachfolgend ist davon auszugehen, dass ein bebautes Grundstück mit der Absicht des Abbruchs des aufstehenden Gebäudes erworben wurde. Dabei gibt es folgende Alternativen:

Sonderfälle der Anschaffungskosten

Abb.: Schema Gebäudeabbruch

Die vorstehenden Ausführungen sind sinngemäß auch auf Teilabbrüche anzuwenden. Der Restbuchwert des abgebrochenen Gebäudeteils ist ggf. im Wege der → Schätzung zu ermitteln (BFH Urteil vom 20.4.1993, BStBl II 1993, 504).

Wenn der Steuerpflichtige das Gebäude (→ Gebäude, Begriff) selbst erbaut oder mehr als drei Jahre vor dem Abbruch erworben hat, ist der Restbuchwert des abgebrochenen Gebäudes durch Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG abzuschreiben und sind die Abbruchkosten laufende → Betriebsausgaben (BFH Urteil vom 28.3.1973, BStBl II 1973, 678). Diese Regelung gilt sowohl dann, wenn der Gebäudeabbruch zum Zweck des anschließenden Neubaus eines Gebäudes erfolgt als auch dann, wenn er zwecks Freimachung des Grund und Bodens vorgenommen wird.

In einer wichtigen Entscheidung vom 16.4.2002 (BFH Urteil vom 16.4.2002, IX R 50/00, BStBl II 2002, 805) zum Fall von Abbruchkosten eines selbstgenutzten Gebäudes weicht der IX. Senat in den Voraussetzungen und Rechtsfolgen von den o.g. Grundsätzen ab. Wenn – wie im Fall der Selbstnutzung – das Gebäude vorher nicht zur Erzielung von Einkünften genutzt wurde, dann stehen die Abbruchkosten dieses Gebäudes im Zusammenhang mit der Errichtung des Neubaus und bilden HK des neuen Gebäudes (vgl. auch BFH Urteil vom 22.1.2003, BStBl II 2003, 464, zu Vorkosten gem. § 10e Abs. 6 EStG, wenn das Gebäude nicht in Abbruchabsicht erworben wurde).

3.2. Anschaffungskosten bei Vorratsvermögen

Abweichend von dem Grundsatz der Einzelbewertung der WG gibt es für das Vorratsvermögen (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Waren) vereinfachte Verfahren zur Bewertung, die die Einzel-AK ersetzen.

Im Rahmen der vereinfachten Bewertung kommen zwei Verfahren zur Anwendung:

  • die Durchschnittsbewertung und
  • das Verbrauchsfolgeverfahren.

3.2.1. Die Durchschnittsbewertung

3.2.1.1. Handelsrechtliche Regelung

Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden können jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden (§ 240 Abs. 4 HGB).

3.2.1.2. Steuerrechtliche Regelung

Enthält das Vorratsvermögen am Bilanzstichtag WG, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt werden (vertretbare WG) und bei denen die Anschaffungs- oder → Herstellungskosten wegen Schwankungen der Einstandspreise im Lauf des Wj. im Einzelnen nicht mehr einwandfrei festzustellen sind, so ist der Wert dieser WG zu schätzen. In diesen Fällen stellt die Durchschnittsbewertung (Bewertung nach dem gewogenen Mittel der im Laufe des Wj. erworbenen und ggf. zu Beginn des Wj. vorhandenen WG) ein zweckmäßiges Bewertungsverfahren dar (R 6.8 Abs. 3 EStR).

Beispiel 3:

Zum Vorratsvermögen eines Unternehmers (→ Unternehmer) gehören WG gleicher Art, die im Verlauf des Wj. zu unterschiedlichen AK erworben wurden. Der Endbestand besteht aus zwei Einheiten.

DatumEinheitenPreis/EinheitGesamtpreis
Anfangsbestand1.1.4300 €1 200 €
Einkäufe5.3.4400 €1 600 €
2.7.3500 €1 500 €
9.9.3567 €1 701 €
gesamt146 001 €
Verkäufe4.4.2
16.8.7
8.11.3

Lösung 3:

  1. Bewertung mit dem gewogenen Mittel:
    6 001 €=428,65 €/Einheit
    14 Einheiten

    Bewertung des Endbestands:

    2 Einheiten i.H.v. 428,65 €/Einheit = 857,30 €.

  2. Permanente Durchschnittsbewertung (Staffelmethode):
    MengePreis/EinheitGesamtpreisDurchschnittswert
    Bestand 1.1.4300,00 €1 200,00 €
    Zugang 5.3.4400,00 €1 600,00 €
    82 800,00 €× 1/8 = 350,00 €
    Abgang 4.4.2350,00 €700,00 €
    6(350,00 €)2 100,00 €
    Zugang 2.7.3500,00 €1 500,00 €
    93 600,00 €× 1/9 = 400,00 €
    Abgang 16.8.7400,00 €2 800,00 €
    2(400,00 €)800,00 €
    Zugang 9.9.3567,00 €1 701,00 €
    52 501,00 €× 1/5 = 500,20 €
    Abgang 08.11.3500,20 €1 500,60 €
    Bestand 31.12.2500,20 €1 000,40 €

3.2.2. Verbrauchsfolgeverfahren

3.2.2.1. Handelsrechtliche Regelung

Soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, kann für den Wertansatz gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens unterstellt werden, dass die zuerst oder dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände zuerst oder in einer sonstigen bestimmten Folge verbraucht oder veräußert worden sind (§ 256 Abs. 1 Satz 1 HGB).

3.2.2.2. Steuerrechtliche Regelung

Personen, die ihren Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, können für den Wertansatz gleichartiger WG des Vorratsvermögens unterstellen, dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten WG zuerst verbraucht oder veräußert worden sind, soweit dies den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht (§ 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG; Lifo-Verfahren).

3.2.2.3. Unterschied Handelsrecht/Steuerrecht

Während im Handelsrecht die Verbrauchsfolgeunterstellung nach verschiedenen Methoden (Lifo und Fifo) zulässig ist, beschränkt sich diese Bewertungsvereinfachung im Steuerrecht ausschließlich auf die Lifo-Methode (einschränkend hierzu BFH Urteil vom 20.6.2000, BStBl II 2001, 636: kein Lifo-Verfahren bei Gebrauchtwagen).

3.2.2.4. Vorratsbewertung nach der Lifo-Methode

Gem. R 6.9 Abs. 4 EStR kann die Bewertung durch das »permanente Lifo-Verfahren« oder durch das »Perioden-Lifo-Verfahren« durchgeführt werden.

Das permanente Lifo-Verfahren setzt eine laufende mengen- und wertmäßige Erfassung aller Zu- und Abgänge voraus. Beim Perioden-Lifo-Verfahren wird der Bestand nur zum Ende des Wj. bewertet.

Für das Perioden-Lifo-Verfahren sind drei Fälle zu unterscheiden:

  1. der Endbestand entspricht mengenmäßig dem Bestand am Anfang des Jahres,
  2. der Endbestand ist mengenmäßig kleiner als der Bestand am Anfang des Jahres,
  3. der Endbestand ist mengenmäßig größer als der Bestand am Anfang des Jahres.

Wenn der Endbestand dem Anfangsbestand entspricht oder mengenmäßig kleiner ist als der Anfangsbestand, dann wird der Stückpreis des Vorjahresbestandes übernommen. Das bedeutet, dass die Abgänge des laufenden Jahres mit den Einstandspreisen der Zugänge des laufenden Jahres verrechnet werden.

Beispiel 4: Perioden-Lifo-Verfahren (gleichbleibender Bestand)

Anfangsbestand2 000 kg à 25 €/kg= 50 000 €
Zugänge4 000 kg
Abgänge4 000 kg

Lösung 4:

Endbestand2 000 kg à 25 € / kg= 50 000 €

Bei Bestandserhöhungen gibt es zwei Möglichkeiten der Bewertung:

  1. Der Mehrbestand wird mit dem Altbestand verschmolzen und es wird ein neuer, gewogener Durchschnittswert des Gesamtbestands ermittelt (Durchschnittsmethode);
  2. der Mehrbestand wird als sog. Layer (= Ableger für Mehrbestand des Wirtschaftsjahres) selbstständig fortgeführt; dadurch entsteht ein zweiter Bestandsposten, der abweichend vom Anfangsbestand bewertet wird.

Beispiel 5: Perioden-Lifo-Verfahren (erhöhter Endbestand)

Anfangsbestand2 000 kg à 25 €/kg= 50 000 €
Zugang I1 500 kg à 40 €/kg= 60 000 €
Zugang II1 500 kg à 30 €/kg= 45 000 €
Abgänge2 000 kg
Endbestand3 000 kg

Marktpreis am Bilanzstichtag: 45 € pro kg

Lösung 5:

1. Durchschnittsmethode

2 000 kg à 25 €50 000 €
+ 1 000 kg à 40 €+ 40 000 €
Summe90 000 €

2. Layer-Methode

Layer I = Anfangsbestand2 000 kg à 25 €50 000 €
+ Layer II1 000 kg à 40 €40 000 €
Summe90 000 €

Die Fortentwicklung sieht wie folgt aus:

Beispiel 6: Fortentwicklung im Folgejahr (Layer-Methode)

AnfangsbestandLayer I2 000 kg50 000 €
Layer II1 000 kg40 000 €
Summe90 000 €
Zugängeà 35 €4 000 kg140 000 €
Abgänge4 500 kg
Endbestand2 500 kg

3.2.3. Festwert

3.2.3.1. Handelsrechtliche Regelung

Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können, wenn sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, mit einer gleich bleibenden Menge und einem gleich bleibenden Wert angesetzt werden, sofern ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Jedoch ist in der Regel alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen (§ 240 Abs. 3 HGB).

3.2.3.2. Steuerrechtliche Regelung

Für das Steuerrecht gilt die gleiche Regelung wie im Handelsrecht (vgl. H 6.8 [Festwert] EStH). Zur nachrangigen Bedeutung des Gesamtwertes hat die Finanzverwaltung (BMF vom 8.3.1993, BStBl I 1993, 276) wie folgt Stellung genommen: Der Gesamtwert, der für einen einzelnen → Festwert in Frage kommenden WG ist für das Unternehmen grundsätzlich von nachrangiger Bedeutung, wenn er im Durchschnitt der dem Bilanzstichtag vorangegangenen fünf Bilanzstichtagen 10 % der Bilanzsumme nicht übersteigt.

In der Regel ist alle drei Jahre, spätestens nach fünf Jahren, eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen (R 5.4 Abs. 3 EStR). Dann erfolgt ein Vergleich zwischen Inventurwert und Festwert/Anhaltewert.

Für den festgestellten Wert gilt das Folgende (H 6.8 [Festwert] EStH mit Hinweis auf R 5.4 Abs. 3 Satz 2–5 EStR):

  1. Übersteigt der Inventurwert den bisherigen → Festwert um mehr als 10 %, so ist der ermittelte Wert als neuer Festwert maßgebend. Der bisherige Festwert ist so lange um die AK oder HK der im Festwert erfassten und nach dem Bilanzstichtag des vorangegangenen Wj. angeschafften oder hergestellten WG aufzustocken, bis der neue Festwert erreicht ist.
  2. Übersteigt der bei der → Inventur ermittelte Wert den Festwert um nicht mehr als 10 %, so kann der bisherige Festwert beibehalten werden.
  3. Ist der Inventurwert niedriger als der bisherige Festwert, so kann der ermittelte Wert nach R 5.4 Abs. 3 Satz 4 EStR als neuer Festwert angesetzt werden. Das gilt uneingeschränkt nur, wenn der Bestand mengenmäßig geringer geworden ist. In Fällen eines nur wertmäßig niedrigeren Inventurwerts ist eine Teilwertabschreibung nur zulässig, wenn die Wertminderung voraussichtlich von Dauer ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Bei Unternehmern (→ Unternehmer), die ihren Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, ist das Niederstwertprinzip gem. § 253 Abs. 3 Satz 1 und 2 HGB zu beachten.

Beispiel 7:

In einem Unternehmen ergab die Bestandsaufnahme bei einer Gruppe des Vorratsvermögens auf den 31.12.01 einen Festwertansatz von 100 000 €. Die Bilanzansätze auf den 31.12.01 bis 03 beliefen sich zutreffenderweise auf 100 000 €; die Zukäufe 02 und 03 wurden in voller Höhe als Aufwand gebucht. In den folgenden Jahren lagen an Zukäufen vor:

0410 000 €
055 000 €
0620 000 €

Die Bestandsaufnahme auf den 31.12.04 ergibt – alternativ – folgende Werte:

  1. 110 000 €,
  2. 90 000 € und
  3. 120 000 €.

Lösung 7:

  1. Die Werterhöhung beträgt nicht mehr als 10 %; der bisherige → Festwert kann beibehalten werden (R 5.4 Abs. 3 Satz 5 EStR).
  2. Der Inventurwert ist niedriger als der Festwert; der niedrigere Inventurwert muss in der Handelsbilanz angesetzt werden (Niederstwertprinzip nach § 253 Abs. 3 HGB). Steuerlich darf der niedrigere Inventurwert nur angesetzt werden, wenn die Wertminderung voraussichtlich von Dauer ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG; R 5.4 Abs. 3 Satz 4 EStR).
  3. Der Inventurwert übersteigt den Festwert um mehr als 10 %. Der Inventurwert ist als neuer Festwert maßgebend. Der bisherige Festwert ist aus den AK der im Festwert erfassten WG aufzustocken, bis der neue Festwert erreicht ist (R 5.4 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStR):
    Festwert 1.1.04100 000 €
    Zukäufe 0410 000 €
    Festwert 31.12.04110 000 €
    Zukäufe 055 000 €
    Festwert 31.12.05115 000 €
    aus den Zukäufen 065 000 €
    Festwert 31.12.06120 000 €

3.3. Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)

Bei unangemessener Kaufpreisvereinbarung zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter sind die AK zu korrigieren.

Beispiel 8:

Der Steuerpflichtige E ist Bauunternehmer (Einzelunternehmer) und außerdem als Alleingesellschafter an der Schöner-Bauen-GmbH beteiligt. E ist → Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH. Im Februar 02 verkaufte E der GmbH gebrauchte Büromaschinen und Büromöbel aus seinem Einzelunternehmen zu einem Preis von 20 000 € zuzüglich 19 % USt. Der Buchwert der veräußerten Wirtschaftsgüter betrug am 31.12.01 5 000 €; der gemeine Wert abzgl. USt ist mit 10 000 € anzunehmen.

Bei der Lösung wird von folgenden Fallalternativen ausgegangen:

  1. Die Beteiligung gehört zum → Betriebsvermögen des E.
  2. Die Beteiligung gehört zum Privatvermögen des E.

Lösung 8:

I.H.d. Differenz zwischen dem gemeinen Wert (abzgl. USt) der Anlagegüter und dem gezahlten Preis liegt eine vGA i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor s.a. → Gewinnausschüttung.

a)

Im Einzelunternehmen E
Erlös aus der Veräußerung von Anlagegütern10 000 €
Erträge aus Beteiligungen10 000 €
steuerbefreit i.H.v. 40 % gem. § 3 Nr. 40 EStG
Bei der GmbH
AK für Anlagegüter10 000 €
VGA10 000 €
zunächst Aufwand; aber Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung

b)

Im Einzelunternehmen E
Erlös aus der Veräußerung von Anlagegütern10 000 €
Einlage10 000 €
Beim Steuerpflichtigen E
Einnahmen aus Kapitalvermögen10 000 €
steuerbefreit i.H.v. 40 % gem. § 3 Nr. 40 EStG
Bei der GmbH
AK für Anlagegüter10 000 €
vGA10 000 €
zunächst Aufwand; aber Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung

3.4. Tausch

Bei Anschaffung eines einzelnen WG bemessen sich die AK gem. § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG nach dem gemeinen Wert des hingegebenen WG (abzüglich der darin enthaltenen USt), beim Tausch (→ Tausch und tauschähnlicher Umsatz: Besonderheiten bei der Umsatzsteuer) zuzüglich geleisteter Ausgleichszahlung bzw. abzüglich empfangener Ausgleichszahlung.

Beispiel 9:

A und B schließen ein Tauschgeschäft ab. B liefert an A einen neuen Lkw (Gemeiner Wert abzgl. USt: 300 000 €) und erhält von A ein gebrauchtes Fahrzeug (gemeiner Wert abzgl. USt: 200 000 €)). A zahlt zusätzlich an B einen Betrag von 119 000 € (einschließlich USt). B erteilt dem A folgende Rechnung:

Lieferung eines LKW300 000 €
+ 19 % Umsatzsteuer+ 57 000 €
Summe357 000 €
Inzahlungnahme eines Altfahrzeugs200 000 €
+ 19 % Umsatzsteuer38 000 €./. 238 000 €
noch zu entrichten119 000 €

Lösung 9:

AK bei A:

gemeiner Wert des hingegebenen Altfahrzeugs200 000 €
+ geleistete Zahlung+ 100 000 €
gesamt300 000 €

AK bei B:

gemeiner Wert des hingegebenen Neufahrzeugs300 000 €
./. erhaltene Zahlung./. 100 000 €
gesamt200 000 €

3.5. »Fiktive« Anschaffungskosten in Fällen des unentgeltlichen Erwerbs

Der unentgeltliche Erwerb eines Betriebs, eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmer-Anteils wird mit den Buchwerten des Rechtsvorgängers (§ 6 Abs. 3 EStG) bewertet. Diese Behandlung schließt es aus, im Übergang der Verbindlichkeiten des übertragenen Betriebs ein Entgelt zu sehen (BFH Beschluss vom 5.7.1990, BStBl II 1990, 847).

Bei unentgeltlichem Erwerb eines einzelnen WG (→ Unentgeltlicher Erwerb; → Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern) aus betrieblichem Anlass aus einem anderen → Betriebsvermögen erfolgt die Bewertung mit dem gemeinen Wert (§ 6 Abs. 4 EStG).

Beispiel 10:

Ein Großhändler veranstaltet für seine Kunden (Einzelhändler) einen Verkaufswettbewerb mit Campingartikeln. Der Gewinner des Wettbewerbs erhält nach Beendigung der Aktion kostenlos ein Hauszelt übereignet. Das Zelt hat im Zeitpunkt der Übereignung einen gemeinen Wert von 1 190 €. Als Kaufpreis hat der Großhändler für das Zelt 1 000 € + 19 % USt entrichtet.

Lösung 10:

Bei dem Großhändler liegt Werbeaufwand vor. Das Zelt stellt kein Geschenk i.S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG dar, weil der Hingabe des Gegenstands eine Gegenleistung (Durchführung der Verkaufsaktion) gegenübersteht. Aus diesem Grund ist der Vorgang bei dem Großhändler auch umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig.

Beim Einzelhändler ist ein unentgeltlicher Erwerb (→ Unentgeltlicher Erwerb) i.S.v. § 6 Abs. 4 EStG gegeben. Das Zelt ist mit dem gemeinen Wert abzüglich USt als Wareneingang zu erfassen. Die in dem gemeinen Wert enthaltene USt stellt abzugsfähige Vorsteuer dar. Die Gegenbuchung (gemeiner Wert einschließlich USt) ist auf dem Konto »sonstige betriebliche Erträge« zu erfassen.

Bei unentgeltlichem Erwerb von Privatvermögen bemisst sich die AfA grundsätzlich nach den AK bzw. HK des Rechtsvorgängers (§ 11d Abs. 1 EStDV). Entgegen der langjährigen, durch ein BMF-Schreiben vom 13.1.1993 (BStBl I 1993, 80, geändert durch BMF vom 26.2.2007, BStBl I 2007, 269) geregelten Rechtspraxis sind nach dem Urteil des BFH vom 9.7.2013 (IX R 43/11, BStBl II 2014, 878) auch etwaige Anschaffungsnebenkosten des Rechtsnachfolgers (Erbauseinandersetzungskosten, Notargebühren usw.) im Wege der AfA zu berücksichtigen, soweit sie der Überführung von der fremden in die eigene Verfügungsmacht dienen und demgemäß zur alleinigen Verwirklichung des Tatbestands der Einkünfteerzielung beitragen. § 11d Abs. 1 EStDV steht dem nicht entgegen, da diese Vorschrift lediglich die AK bzw. HK des Rechtsvorgängers, nicht jedoch eigene Anschaffungskosten des Rechtsnachfolgers regelt.

3.6. Unentgeltlicher Erwerb im Privatvermögen und Einlage in das Betriebsvermögen

Der unentgeltliche Erwerb hat in der Regel private Gründe. Unentgeltlich erworbene WG gelangen infolgedessen durch eine → Einlage aus dem Privatvermögen in das → Betriebsvermögen. Die Frage des entgeltlichen oder unentgeltlichen Erwerbs im Bereich des Privatvermögens hat insofern nur Bedeutung im Hinblick auf die Bewertung der Einlage. Die Einlage von unentgeltlich erworbenen WG ist gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG mit dem Teilwert zu bewerten (Ausnahme: wesentliche Kapitalbeteiligungen i.S.v. § 17 Abs. 1 EStG). Bei der → Einlage von entgeltlich oder teilentgeltlich erworbenen WG gilt gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 EStG eine Beschränkung des Einlagewerts auf die (fortgeschriebenen) AK, wenn die Einlage innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung oder Herstellung erfolgt oder (unabhängig vom Einlagezeitpunkt) wenn ein Kapitalgesellschaftsanteil i.S.d. § 17 EStG eingelegt wird.

Die Schenkung unter Auflage stellt einen unentgeltlichen Erwerb dar (BFH Urteil vom 26.11.1985, BStBl II 1986, 161). Unter Auflage unentgeltlich erworbene Gegenstände sind deshalb stets mit dem Teilwert einzulegen.

Die gemischte Schenkung ist als teilentgeltlicher Erwerb zu behandeln (BFH Urteil vom 26.11.1985, a.a.O.). Bei Gegenständen, die der Steuerpflichtige durch eine gemischte Schenkung erworben hat, gilt deshalb die Einschränkung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 EStG, sodass im Falle des Erwerbs innerhalb von drei Jahren vor dem Einlagetag die anteiligen (fortgeschriebenen) AK für die Bewertung der → Einlage maßgebend sind.

Beispiel 11:

Der pensionierte Hochschullehrer V schenkt seiner Tochter T ein unbebautes Grundstück. Da er sich seinen lange gehegten Wunsch einer Weltreise erfüllen möchte, lässt er sich von seiner Tochter einen Teil des Grundstückswerts in bar vergüten. Der Zeitwert (Teilwert) des Grundstücks beträgt nach einem Sachverständigengutachten 100 000 €. Die Zahlung der Tochter beläuft sich auf 10 000 €.

T legt das Grundstück 2 1/2 Jahre nach der Schenkung in das → Betriebsvermögen ihres Einzelunternehmens ein. Das Grundstück hat zu diesem Zeitpunkt einen Zeitwert (Teilwert) von 120 000 €.

Lösung 11:

Es handelt sich um eine gemischte Schenkung im Privatvermögen. Zwecks Ermittlung des Einlagewerts bei T ist die Schenkung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen:

Gesamtwert des Grundstücks100 000 €
Zahlung von T (= 10 % des Gesamtwerts)10 000 €
Ermittlung des Einlagewertes:
90 % des Teilwerts108 000 €
+ AK von T+ 10 000 €
Einlagewert gesamt118 000 €

3.7. Anschaffungskosten eines unverzinslichen Darlehens

Unverzinsliche betriebliche Verbindlichkeiten aus Darlehen, die ein Angehöriger einem Gewerbetreibenden, Selbstständigen oder Land- und Forstwirt gewährt, sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen, wenn der Darlehensvertrag unter Heranziehung des Fremdvergleichs steuerrechtlich anzuerkennen ist (vgl. BFH vom 13.7.2017, VI R 62/15, BStBl II 2018, 15; Verfassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BVerfG: 2 BvR 2706/17).

3.8. Verschiedenes

Einzelne praxisbedeutsame Fälle zu den AK werden im Folgenden in alphabetischer Form aufgelistet:

  • Ausgleichszahlungen, die ein Miterbe im Rahmen der Erbauseinandersetzung für das »Mehr« an Erwerb – verglichen mit seiner Erbquote – an die Miterben entrichtet, stellen für ihn AK für den (vererbten) Mitunternehmeranteil dar (BMF vom 14.3.2006, BStBl I 2006, 253, Rz. 14).
  • Belieferungsrechte, die entgeltlich erworben sind und die Belieferung mit konkreten WG (z.B. Zeitungen) zum Gegenstand haben, sind als immaterielle Wirtschaftsgüter (→ Immaterielle Wirtschaftsgüter) mit den AK zu erfassen (BFH Urteil vom 9.7.1981, BStBl II 1989, 407).
  • → Nachträgliche Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG durch Bürgschaftsinanspruchnahme nach der zivilrechtlichen Neuordnung des Kapitalersatzrechts durch das MoMiG (BFH Urteil vom 11.7.2017, IX R 36/15, BStBl II 2019, 208): Mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG ist die gesetzliche Grundlage für die bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG entfallen. Aufwendungen des Gesellschafters aus seiner Inanspruchnahme als Bürge für Verbindlichkeiten der Gesellschaft führen nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung. Die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen sind weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum Tag der Veröffentlichung dieses Urteils geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist (BFH vom 10.12.2019, IX R 1/19, BFH/NV 2020, 504). Zur Anwendung der neuen Rspr. vgl. das BMF-Schreiben vom 5.4.2019 (BStBl I 2019, 257). Danach ist das BMF-Schreiben vom 21.10.2010 (IV C 6 – S 2244/08/10001 –/– 2010/0810418, BStBl I 2010, 832) zur Behandlung nachträglicher AK im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG aus Vertrauensschutzgründen weiterhin in allen offenen Fällen anzuwenden, bei denen auf die Behandlung des Darlehens/der Bürgschaft die Vorschriften des MoMiG anzuwenden sind, wenn die bisher als eigenkapitalersetzend angesehene Finanzierungshilfe bis einschließlich 27.9.2017 gewährt wurde oder wenn die Finanzierungshilfe bis einschließlich 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden ist. Ein Darlehen ist nach den Vorschriften des MoMiG zu behandeln, wenn das Insolvenzverfahren bei einer GmbH nach dem 31.10.2008 eröffnet wurde oder wenn Rechtshandlungen, die nach § 6 AnfG der Anfechtung unterworfen sind, nach dem 31.10.2008 vorgenommen wurden.
  • Die Gewährung eines krisenbestimmten Darlehens an die AG durch einen Aktionär, der an der Gesellschaft unternehmerisch beteiligt ist, führt zu nachträglichen AK der Beteiligung (BFH Urteil vom 6.12.2016, IX R 12/15, BStBl II 2017, 388).
  • Setzen sich bei einer Erbauseinandersetzung die Miterben im Fall der zivilrechtlichen Nachlassspaltung unter Einbeziehung aller personengleichen Erbengemeinschaften in einem einheitlichen Vorgang in der Weise auseinander, dass sie sämtliche Nachlassgegenstände gleichzeitig vollständig unter sich verteilen, ist auch für die ertragsteuerliche Beurteilung, ob insgesamt eine neutrale Realteilung oder ob teilweise Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge anzunehmen sind, auf diesen einheitlichen Vorgang und auf den gesamten Nachlass abzustellen (BFH Urteil vom 10.10.2018, IX R 1/17, BStBl II 2019, 170; LEXinform 0951640).
  • Bei einem → Erbbaurecht berechtigt nur eine Einmalzahlung zur Aktivierung als WG; bei dem regulär vereinbarten laufenden Erbbauzins liegt kein Anschaffungsvorgang vor.
  • Bei der vorweggenommenen Erbfolge führen Gleichstellungsgelder und übernommene Schulden zu AK, nicht hingegen Versorgungsleistungen (→ Besteuerung von Versorgungsleistungen); (zuletzt BMF vom 26.2.2007, BStBl I 2007, 269);
  • Bei der → Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG erfolgt die Zuweisung der einzelnen WG (bzw. der funktionellen Einheiten) grundsätzlich unentgeltlich, soweit dadurch der Auseinandersetzungsanspruch konkretisiert wird (vgl. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG).
  • Die durch den Wechsel im Gesellschafterbestand ausgelösten Grunderwerbsteuern (→ Grunderwerbsteuer) sind keine Anschaffungs(-neben)kosten der erworbenen Kommanditanteile (BFH Urteil vom 2.9.2014, IX R 50/13, BStBl II 2015, 260). Sie stellen sofort abzugsfähige → Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG dar und sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gesondert festzustellen.
  • Beim Erwerb von Wertpapieren sind immer die Anschaffungsnebenkosten (Courtagen und Spesen) zu berücksichtigen.

4. Literaturhinweise

Marx, Anschaffungs- und Herstellungskosten, Steuer und Studium 2/2017, 115; Ahrensfeld und Hilbert, Abzinsung von Angehörigendarlehen im Betriebsvermögen – Zugleich Besprechung des BFH-Urteils v. 13.7.2017, VI R 52/15 – NWB 11/2018, 731.

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Ansparrücklage bilden, sofern unter den gegebenen Umständen noch mit einer Anschaffung der bezeichneten WG für den Restbetrieb zu rechnen ist.

1. Neuregelung des § 7g EStG ab 2008

Im Zuge der Unternehmensteuerreform 2008 (Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007, BGBl I 2007, 1912) werden die bisherigen Regelungen zu den Ansparabschreibungen umgestaltet und vereinfacht. Im Rahmen dieser Umgestaltung wird auf die Existenzgründerrücklage verzichtet. Zu den Neuregelungen s. → Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG.

Bei Ansparabschreibungen, die in vor dem 18.8.2007 endenden Wirtschaftsjahren gebildet worden sind und Wirtschaftsgütern, die vor dem 1.1.2008 angeschafft oder hergestellt worden sind, ist § 7g EStG in der bisherigen Fassung weiter anzuwenden.

Nach dem BFH-Urteil vom 13.10.2009, VIII B 62/09, BStBl II 2010, 180, ist es nicht ernstlich zweifelhaft, dass Steuerpflichtige mit Einkünften aus selbstständiger Arbeit für 2007 keine Ansparabschreibung nach § 7g EStG a.F. geltend machen können, sondern – bei Einhaltung der in § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a und c EStG n.F. genannten Größenmerkmale – den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG n.F. Auch bei summarischer Prüfung sei es eindeutig, dass die Neufassung des § 7g EStG auch für Freiberufler bereits im Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden sei. Dafür sprächen sowohl der Wortlaut der Vorschrift als auch der Zweck des Gesetzes. Die Einkommensteuer sei nach § 2 Abs. 7 EStG eine Jahressteuer, deren Grundlagen jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln seien. Eine Ausnahme hiervon sehe § 4a EStG nur für Land- und Forstwirtschaft und Gewerbetreibende vor, die ihren steuerlichen Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr ermittelten, das nicht unbedingt mit dem Kalenderjahr übereinstimmen müsse. Steuerpflichtige mit Einkünften aus selbstständiger Arbeit fielen nicht unter den Anwendungsbereich des § 4a EStG. Ihr Gewinn sei stets nach dem Kalenderjahr zu ermitteln, sofern nicht ausnahmsweise (z.B. bei Gründung, Aufgabe oder Veräußerung einer Praxis) ein Rumpf-Wirtschaftsjahr zu bilden sei. § 4a EStG normiere daher Ausnahmen vom Jahresprinzip; soweit die Regelung nicht greife, bleibe es beim Grundsatz des § 2 Abs. 7 EStG.

2. Allgemeine Voraussetzungen

2.1. Sinn und Zweck sowie Verwaltungsauffassung im BMF-Schreiben

Die Ansparrücklage gem. § 7g Abs. 3 EStG dient der Förderung kleinerer und mittlerer Betriebe. Das BMF-Schreiben vom 25.2.2004 (BStBl I 2004, 337) behandelt Zweifelsfragen zu Ansparabschreibungen nach § 7g Abs. 3 ff. EStG. S. dazu auch Meyer u.a., FR 2004, 984. Mit BMF-Schreiben vom 30.10.2007 (BStBl I 2007, 790) wird das BMF-Schreiben vom 25.2.2004 (BStBl I 2004, 337) in mehreren Punkten geändert. Insbes. betroffen sind

  • die Rücklagenbildung im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe,
  • die Benennung des Investitionszeitpunktes,
  • der buchmäßige Nachweis gebildeter Ansparabschreibungen,
  • die Anwendbarkeit der Steuerermäßigung nach § 34 EStG.

2.2. Rücklage für künftige Anschaffung

Für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen WG des Anlagevermögens (→ Anlagevermögen) kann eine den Gewinn mindernde → Rücklage (Ansparrücklage) gebildet werden.

2.3. Frist für die Anschaffung des Wirtschaftsguts

Das WG muss bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wj. angeschafft oder hergestellt werden.

Die Bildung einer Ansparrücklage gem. § 7g Abs. 3 EStG setzt nicht voraus, dass der Stpfl. glaubhaft macht, die Investition sei wirklich beabsichtigt (BFH Urteil vom 12.12.2001, XI R 13/00, BStBl II 2002, 385).

2.4. Rücklagenhöchstbeträge

Die Rücklage darf 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des WG nicht übersteigen. Insgesamt dürfen die am Bilanzstichtag gebildeten Rücklagen 154 000 € nicht übersteigen.

2.5. Erhöhung der Rücklage

Eine Erhöhung einer Rücklage ist nach § 7g EStG zulässig, wenn die beabsichtigte Investition im Zeitpunkt der Rücklagenbildung noch möglich ist. Die Erhöhung oder Bildung einer Rücklage ist auch dann kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (→ Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO), wenn die Rücklagenbildung auch dazu dient, andere steuerliche Vorteile (z.B. Einhaltung der zur Eigenheimförderung maßgeblichen Einkunftsgrenze) zu erlangen (FG Düsseldorf Urteil vom 18.11.2002, DStRE 10/2003, 580, rkr.).

2.6. Finanzierungszusammenhang

Nach dem BFH-Urteil vom 14.8.2001 (XI R 18/01, BStBl II 2004, 181) muss ein Finanzierungszusammenhang zwischen Bildung der Ansparrücklage und der Investition, für die dieses Rücklage gebildet wurde, bestehen, sodass die konkrete Rücklagenbildung die Finanzierung der beabsichtigten Investition erleichtert. Ein Finanzierungszusammenhang ist auch bei relativ geringfügigen Anschaffungskosten nicht ausgeschlossen (BFH Urteil vom 24.10.2012, I R 13/12).

2.7. Die weiteren Voraussetzungen für die Rücklagenbildung im Überblick

Die weiteren Voraussetzungen für die Rücklagenbildung sind:

  • Gewinnermittlung nach den §§ 4 Abs. 1, 5 und 4 Abs. 3 EStG.
  • Anschaffung oder Herstellung eines fabrikneuen, beweglichen und abnutzbaren WG des Anlagevermögens (WG i.S.d. § 7g Abs. 1 EStG). Unbeachtlich ist, dass das betreffende WG voraussichtlich auch privat mitbenutzt werden wird (z.B. Pkw). Die Voraussetzung der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung ergibt sich nämlich aus § 7g Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG und ist erst für die Gewährung bzw. Nichtgewährung von Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG beachtlich. Auch die beabsichtigte Anschaffung oder Herstellung eines geringwertigen WG berechtigt zur Bildung einer Rücklage. Software ist ein immaterielles Wirtschaftsgut und stellt kein bewegliches Wirtschaftsgut dar. Die Bildung einer Ansparrücklage kommt somit nicht in Betracht (vgl. BFH Urteil vom 18.5.2011, X R 26/09, BStBl II 2011, 865; vgl. auch → Computer).

    Umstritten ist bisher, ob für die Rücklagenbildung nach § 7g Abs. 2 EStG auch die in § 7g Abs. 2 EStG genannten Voraussetzungen vorliegen müssen. Das BMF äußert im Schreiben vom 25.2.2004 (BStBl I 2004, 337) die Ansicht, die Rücklagenbildung nach Abs. 3 sei unabhängig von den Voraussetzungen des Abs. 2 des § 7g EStG zulässig. A.A. dagegen sind die FG Niedersachsen mit rkr. Urteil vom 9.11.2005 (1 K 201/03, EFG 2006, 726) und München mit rkr. Urteil vom 26.9.2006 (13 K 3004/04, EFG 2007, 173), die davon ausgehen, dass für die Bildung einer nach § 7g EStG begünstigten Rücklage keine anderen Voraussetzungen gelten können als für die Vornahme einer nach § 7g EStG begünstigten Sonderabschreibung nach Abs. 1 und es daher für die Rücklagenbildung erforderlich ist, dass die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt sind. Obwohl in beiden FG-Urteilen die Revision zugelassen worden ist, wurden sie ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens rkr.

    Mit Urteil vom 18.5.2010 (1 K 487/07, EFG 2010, 2073, LEXinform 5010506) hat das FG München erneut entschieden, dass für die Bildung der Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG auch die Voraussetzungen des § 7g Abs. 2 EStG erfüllt sein müssen. Gegen diese Entscheidung ist unter dem Az. IV R 27/10 (LEXinform 0927786) ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig, der klären muss, ob ein Landwirt eine Rücklage nach § 7g EStG für die Anschaffung eines Traktors bilden kann, wenn er seinen Betrieb anschließend im Wege einer sogenannten Eisernen Verpachtung (→ Eiserne Verpachtung) zur Vorbereitung der Hofübergabe an seinen Sohn verpachtet und der Sohn die Anschaffung tatsächlich vornimmt.

    Für Tiere des Anlagevermögens kann die Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG ohne Ansatz eines Schlachtwerts gebildet werden. Sobald für die begünstigten Tiere Abschreibungen vorgenommen werden dürfen, ist die Rücklage nach § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG in vollem Umfang auch insoweit aufzulösen, als der Rücklagenbetrag das spätere Abschreibungsvolumen übersteigt; vgl. BFH Urteil vom 31.8.2006, IV R 26/05, BStBl II 2006, 910.

  • Eine Rücklage kann auch gebildet werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht. Die in einem Jahr insgesamt gebildeten Rücklagen dürfen je Betrieb des Stpfl. den Betrag von 154 000 € nicht übersteigen (§ 7g Abs. 3 Satz 4 und 5 EStG).
  • Eine Rücklagenbildung im Wj. der Anschaffung oder Herstellung des WG ist nicht möglich (BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Rz. 6). Die Rücklage muss den Gewinn mindern. Die Rücklage kann somit nicht innerhalb eines Wj. gebildet und am Ende wieder aufgelöst werden.
  • Betriebsgröße i.S.d. § 7g Abs. 2 EStG; das Betriebsvermögen beträgt am Schluss des Wj., das der Bildung der Rücklage vorangeht nicht mehr als 204 517 €; diese Voraussetzung gilt bei Betrieben, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, als erfüllt. In der 2002 geltenden Fassung konnte die Ansparabschreibung auch für Wirtschaftsgüter einer ausländischen Betriebsstätte gebildet werden; vgl. BFH Urteil vom 15.2.2012, I B 124/11.
  • Buchmäßiger Nachweis der Rücklage.

    Die Investitionsabsicht ist jeweils glaubhaft zu machen. Hierzu muss weder ein Investitionsplan vorgelegt noch eine feste Bestellung eines bestimmten WG nachgewiesen werden. Es reicht aus, wenn das WG, das angeschafft oder hergestellt werden soll, seiner Funktion nach benannt und der beabsichtigte Investitionszeitpunkt sowie die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angegeben werden (BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Rz. 8). Für einen erst zu eröffnenden Betrieb ist allerdings Voraussetzung für die Bildung der Ansparrücklage, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen bestellt sind (s.u.). Das BFH-Urteil vom 6.9.2006 (XI R 28/05, DStR 2007, 19) weicht insofern von der Verwaltungsmeinung in Rz. 8 des BMF-Schreibens vom 25.2.2004 (a.a.O.) ab, in dem der BFH entschied, dass die Ansparrücklage nicht voraussetzt, dass der voraussichtliche Investitionszeitpunkt in der Buchführung oder den Aufzeichnungen für die Gewinnermittlung auszuweisen ist. Bei einer Betriebsprüfung mussten die Voraussetzungen und Auflösungstatbestände für das einzelne Wirtschaftsgut eindeutig ersichtlich sein. Die Dokumentation in anderen Unterlagen unabhängig von der Buchführung reichte nicht aus. In der Bilanz konnten aber mehrere Rücklagen zu einem Bilanzposten zusammengefasst werden.

  • Die Bildung von Ansparrücklagen ist ausschließlich bei Betrieben möglich, die aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen und eine in diesem Sinne werbende Tätigkeit ausüben. Stpfl., die ihren Betrieb ohne Aufgabeerklärung durch Verpachtung im Ganzen fortführen, können die Regelungen des § 7g EStG nicht in Anspruch nehmen (BFH Urteil vom 27.9.2001, X R 4/99, BStBl II 2002, 136; BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Rz. 1). Für einen aktiven Betrieb sind grds. alle wesentlichen Betriebsgrundlagen und die reelle Betriebseröffnung erforderlich. Zwar kann auch vor Abschluss der Betriebseröffnung (Eröffnungsphase) eine Rücklage gebildet werden. Allerdings bedarf es hierzu einer hinreichend konkretisierten Investitionsentscheidung. Hierfür ist anhand einer Plausibilitätskontrolle am Maßstab des bisher verfolgten Betriebskonzepts eine besondere Darlegung der Investitionsabsicht erforderlich. Entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung und teilweise auch des BFH (BFH vom 26.7.2012, III R 37/11) ist eine verbindliche Bestellung des anzuschaffenden Wirtschaftsgutes oder des Beginn der Herstellung nicht mehr erforderlich.
  • Die Bildung von Ansparrücklagen kann auch für Wirtschaftsgüter erfolgen, die für eine im Ausland belegene Betriebsstätte angeschafft werden sollen (BFH Urteil vom 10.8.2011, I R 45/10, BStBl II 2012, 118).
  • Sollen für mehrere Wirtschaftsgüter Ansparrücklagen gem. § 7g Abs. 3 EStG gebildet werden, so sind die einzelnen Rücklagen in der Buchführung jeweils getrennt zu behandeln. Sammelbuchungen für mehrere Wirtschaftsgüter sind nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn die Anschaffung vollkommen gleichartiger Wirtschaftsgüter geplant ist und die Summe der voraussichtlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht über den für einen einzelnen Bilanzstichtag in § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG statuierten Höchstbetrag der begünstigten Investition hinausgeht; vgl. BFH Urteil vom 31.3.2009, X B 226/08, sowie FG Sachsen-Anhalt vom 29.1.2014, 3 K 1222/11.
  • Eine Partnerschaftsgesellschaft, die weder rechtlich selbstständige noch im Rahmen der Mitunternehmerschaft einkommensteuerrechtlich gesondert zu betrachtende Rechtsanwaltskanzleien in verschiedenen Städten betreibt und hieraus ausschließlich Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielt, unterhält nur einen »Betrieb«; BFH vom 13.7.2016, VIII R 56/13, BStBl II 2016, 936.

2.8. Wechsel der Gewinnermittlung von § 4 Abs. 3 EStG zur Bilanzierung

Wechselt der Stpfl. zu Beginn eines Wj. von Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich, gilt kraft der Fiktion des § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Halbsatz 2 EStG das für die Ansparrücklage vorausgesetzte Größenmerkmal auch dann als erfüllt, wenn das Betriebsvermögen ausweislich der Eröffnungsbilanz mehr als 204 517 € beträgt (BFH Urteil vom 16.9.2004, X R 5/02, BStBl II 2005, 43 sowie Anmerkung von Paus, DStZ 2005, 308). Bei einem Wechsel von § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) entschied das FG München (Urteil vom 10.2.2006, 8 K 3164/03), dass im Interesse einer korrekten Erfassung des Totalgewinns im ersten Jahr nach dem Wechsel von der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG Ansparrücklagen gem. § 7g EStG als Übergangsgewinn zu erfassen sind.

3. Voraussichtliche Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsgutes

3.1. Grundsatz

Nach dem BFH-Urteil vom 12.12.2001 (BStBl II 2002, 385) sind die folgenden Grundsätze zu beachten (BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Tz. 7 ff.):

  • Für jedes einzelne WG, das voraussichtlich angeschafft oder hergestellt wird, ist eine gesonderte Rücklage zu bilden.
  • Bei mehreren künftigen Investitionen sind die einzelnen Rücklagen in der Buchführung jeweils getrennt zu behandeln.
  • Die Investition, für deren Finanzierung die Rücklage gebildet wurde, kann nicht durch eine andere Investition ersetzt werden.
  • Die voraussichtliche Investition muss bei Bildung jeder einzelnen Rücklage so genau bezeichnet werden, dass im Investitionsjahr festgestellt werden kann, ob eine vorgenommene Investition derjenigen entspricht, für deren Finanzierung die Rücklage gebildet wurde. Auch bei der Einnahmen-Überschussrechnung muss die Bildung und die Auflösung der Ansparrücklage wie in der Buchführung verfolgt werden können (BFH Urteil vom 6.3.2003, VI R 23/01, BStBl II 2004, 187). Bei mehreren geplanten Investitionen ist die Gesamtsumme der Ansparrücklagen zwecks der gebotenen eindeutigen Zuordenbarkeit der jeweiligen Ansparrücklage zu den betreffenden einzelnen Investitionsvorhaben auf die einzelnen WG zu verteilen (BFH Beschluss vom 16.6.2004, X B 172/03, BFH/NV 2004, 1528). Ohne die Aufteilung der Gesamtansparrücklage auf die einzelnen Investitionsvorhaben ist nicht nachvollziehbar, welcher Betrag der Gesamtansparrücklage auf welches einzelne WG entfällt und mithin kann im Investitionsjahr nicht festgestellt werden, ob eine vorgenommene Investition mit derjenigen korrespondiert, für deren Finanzierung die Ansparrücklage gebildet wurde. Durch die Angabe »für die Anschaffung neuer betrieblicher Kraftfahrzeuge und sonstige bewegliche WG« ist das Investitionsvorhaben weder für eine Existenzgründerrücklage noch für eine Ansparrücklage hinreichend spezifiziert (FG Hamburg Urteil vom 18.8.2005, III 404/04, DStRE 2006, 265, rkr.).

    Für jedes einzelne WG, das voraussichtlich angeschafft und hergestellt wird, ist eine gesonderte Rücklage zu bilden (Niedersächsisches FG Urteil vom 2.7.2013, 3 K 1/13). Bei mehreren künftigen Investitionen sind die einzelnen Rücklagen in der Buchführung jeweils getrennt zu behandeln. Die voraussichtliche Investition ist bei Bildung jeder einzelnen Rücklage/Ansparabschreibung so genau zu bezeichnen, dass im vorgesehenen Investitionsjahr festgestellt werden kann, ob eine Investition derjenigen entspricht, für deren Finanzierung die Rücklage gebildet wurde. Die Anschaffung einer neuen Heizungsanlage anstelle der ursprünglich geplanten Anschaffung eines Schleppers ist durch § 7g EStG nicht begünstigt.

3.2. Rücklagenbildung in Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung

Der BFH stellt im Urteil vom 25.4.2002, IV R 30/00, BStBl II 2004, 182 fest, dass die Bildung einer Ansparrücklage für einen erst zu eröffnenden Betrieb voraussetzt, dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert ist. Sollen die wesentlichen Betriebsgrundlagen erst noch angeschafft werden, so setzt die Bildung der Rücklage die verbindliche Bestellung dieser wesentlichen Betriebsgrundlagen voraus (BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Rz. 17; BFH Urteil vom 17.11.2004, X R 38/02, BFH/NV 2005, 846; BFH Beschluss vom 11.5.2005, XI B 49/04, BFH/NV 2005, 1551; BFH Urteil vom 29.4.2008, VIII R 75/05, BStBl II 2008, 817).

Das Tatbestandsmerkmal »voraussichtlich« des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG, das auch für eine Existenzgründerrücklage nach § 7g Abs. 7 EStG gilt, erfordert eine Prognoseentscheidung über das künftige Investitionsverhalten des Stpfl. Die Prognoseentscheidung ist bei Stpfl., die den Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG ermitteln, aus der Sicht des jeweiligen Bilanzstichtags und bei Stpfl., die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, aus der Sicht des Endes des Gewinnermittlungszeitraums zu treffen. Hieraus folgt, dass die voraussichtliche Investition von Gesetzes wegen hinreichend konkretisiert sein muss. Wird die Ansparrücklage für die Anschaffung wesentlicher Betriebsgrundlagen eines noch zu eröffnenden Betriebes gebildet, setzt die hinreichende Konkretisierung voraus, dass diese wesentlichen Betriebsgrundlagen am maßgeblichen Stichtag bereits verbindlich bestellt worden sind (BFH Urteil vom 28.6.2006, III R 40/05, BFH/NV 2006, 2058).

Dem Stpfl. steht kein Wahlrecht zu, ob er die »normale« Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG oder die Existenzgründerrücklage gem. § 7g Abs. 7 EStG in Anspruch nehmen will (BFH Urteil vom 29.4.2008, VIII R 75/05, BStBl II 2008, 817).

3.3. Wesentliche Erweiterung eines bereits bestehenden Betriebs

3.3.1. Allgemeines

Zur Ansparrücklage im Zusammenhang mit einer wesentlichen Erweiterung eines bereits bestehenden Betriebs nimmt das BMF-Schreiben vom 16.11.2004, BStBl I 2004, 1063 ausführlich Stellung. S. dazu auch Paus, FR 2005, 800.

3.3.2. Definition der wesentlichen Erweiterung

Einer Betriebseröffnung gleichzusetzen ist die geplante wesentliche Erweiterung eines bereits bestehenden Betriebs (BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Rz. 17 Satz 2). Von einer wesentlichen Betriebserweiterung kann u.a. dann ausgegangen werden, wenn

  • ein neuer Geschäftszweig eröffnet,
  • eine Produktionsstätte erheblich erweitert,
  • eine neue Betriebsstätte errichtet,
  • neue Märkte erschlossen oder
  • das Sortiment oder
  • die Produktpalette um ein Produkt erweitert werden, das wesentliche Unterschiede zu bisherigen Produkten aufweist und nicht lediglich eine bestehende Produktlinie modifiziert.

Mit Urteil vom 31.1.2013 (III R 15/10) entschied der BFH, dass eine wesentliche Erweiterung in Betracht zu ziehen ist, wenn der Steuerpflichtige seinen Unternehmensgegenstand auf einen weiteren Geschäftszweig ausdehnen will oder eine »wesentliche« Kapazitätserweiterung plant. Eine wesentliche Betriebserweiterung infolge einer Kapazitätserweiterung liegt nur dann vor, wenn eine »wesentliche« und »außerordentliche« Kapazitätserweiterung eintreten soll. Es müssen sprunghafte Erweiterungen von außerordentlicher Art und wesentlicher Bedeutung geplant sein, die zu einer Diskontinuität in der Entwicklung des Unternehmens führen. Kriterien hierfür sind u.a. die absolute Höhe der geplanten Investition und ihr Anteil an dem Anlagevermögen des Gesamtunternehmens, die mögliche Veränderung der Eigenkapitalstruktur und die Umsatzentwicklung sowie die Gewinnerwartung. Eine wesentliche Betriebserweiterung ist nicht schon dann gegeben, wenn sich aufgrund der geplanten Investition die Gesamtleistung einer Photovoltaik-Anlage auf das Drei- bis Vierfache erhöhen soll. Auch die Gründung einer neuen Betriebsstätte muss nicht zwangsläufig zu einer wesentlichen Betriebserweiterung führen.

3.3.3. Beginn und Ende der wesentlichen Erweiterung

Die wesentliche Erweiterung beginnt mit den Tätigkeiten, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der wesentlichen Betriebserweiterung gerichtet sind und endet, wenn alle für die Erweiterung wesentlichen Betriebsgrundlagen angeschafft oder hergestellt wurden (Erweiterungszeitraum).

3.3.4. Bildung der Rücklagen

Es gelten die unter dem Gliederungspunkt »Rücklagenbildung in Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung« dargestellten Grundsätze entsprechend, d.h., die Rücklagenbildung für wesentliche Betriebsgrundlagen setzt die verbindliche Bestellung voraus.

Die o.g. Regelungen gelten nicht für bewegliche WG des Anlagevermögens, die nicht im Zusammenhang mit der wesentlichen Erweiterung stehen.

Mit Urteil vom 14.4.2015, GrS 2/12, entschied der BFH, dass eine Ansparabschreibung nach § 7g EStG 2002 in der bis zum Inkrafttreten des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) geltenden Fassung nicht gebildet werden darf, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim Finanzamt bereits feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird.

3.4. Ernsthafte Investitionsabsicht

Die Gewährung einer Ansparrücklage setzt zum Bilanzstichtag eine ernsthafte Investitionsabsicht voraus. Die Betriebsaufgabe im Folgejahr ist ein Indiz gegen eine solche Absicht (BFH Urteil vom 13.5.2004, IV R 11/02, BFH/NV 2004, 1400 und BFH Urteil vom 17.11.2004, X R 41/03, BFH/NV 2005, 849). Gibt der Stpfl. eine Einnahmen-Überschussrechnung für das Vorjahr ab, nachdem er eine Woche zuvor die Betriebsaufgabe erklärt hat, darf der Gewinn des Vorjahres nicht um eine Ansparrücklage für eine bis zur Betriebsaufgabe nicht mehr durchgeführte Investition gemindert werden. Ist dem FA bei abschließender Zeichnung der Veranlagung die Betriebsaufgabe nicht bekannt und gewährt es deshalb die beantragte Ansparrücklage, ist der Bescheid zum Nachteil des Stpfl. zu ändern (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO), wenn das FA später von der Betriebsaufgabe erfährt. S.a. BFH Urteil vom 20.12.2006 (X R 31/03, DStR 2007, 430).

Veräußert ein Steuerberater seinen Mandantenstamm als (einzige) wesentliche Betriebsgrundlage, behält sich aber einzelne von ihm auch künftig betreute Mandate zurück und/oder ist er für den Erwerber des Mandantenstammes weiterhin als Steuerberater selbstständig tätig, kann er im Jahr vor der beabsichtigten Veräußerung eine sog. Ansparrücklage bilden, sofern unter den gegebenen Umständen noch mit einer Anschaffung der bezeichneten WG für den »Restbetrieb« zu rechnen ist. Eine Ansparrücklage kann insbes. nicht mehr gebildet werden, wenn die voraussichtlich im »Restbetrieb« ausgeübte Tätigkeit nicht mehr der in der bisherigen Steuerberaterpraxis ausgeübten entsprechen wird, mangels Gewinnerzielungsabsicht der »Restbetrieb« voraussichtlich eine sog. → Liebhaberei sein wird oder das anzuschaffende WG aufgrund seiner voraussichtlich überwiegend privaten Nutzung nicht zum notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen des »Restbetriebes« gehören wird (BFH Urteil vom 1.8.2007, XI R 47/06, LEXinform 0588011).

Hat der Stpfl. bereits im Zeitpunkt des Einreichens des entsprechenden Jahresabschlusses, in dem die Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG gebildet wurde, den Beschluss gefasst, seinen Betrieb zu veräußern oder aufzugeben, so ist regelmäßig nicht mehr mit der Anschaffung oder Herstellung des jeweiligen WG im Rahmen dieses Betriebes zu rechnen (vgl. z.B. BFH Urteile vom 20.12.2006, X R 42/04, BFH/NV 2007, 883; vom 13.5.2004, IV R 11/02, BFH/NV 2004, 1400; vom 17.11.2004, X R 41/03, BFH/NV 2005, 848). Dies beruht auf der Erkenntnis, dass die Ansparrücklage betriebs- und nicht personenbezogen ist und bei geplanter Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe typischerweise nicht mehr in den Betrieb investiert wird. Besteht allerdings gleichwohl objektiv noch ernsthaft die Möglichkeit, dass die Investition vor der Veräußerung vorgenommen wird (z.B. kleinere Investitionen), so ist die Bildung der Ansparrücklage nicht per se ausgeschlossen, es sei denn, es sollte ein sog. Gestaltungsmissbrauch vorliegen (§ 42 AO). Auch in Fällen, in denen der Stpfl. bei Abgabe der Gewinnermittlung für das Rücklagejahr bereits seinen Betrieb veräußert hat oder den Entschluss hierzu gefasst hat, kann eine Investition »voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wj.« getätigt werden, wenn der Betriebsveräußerer mit zurückbehaltenem »Restbetriebsvermögen« seinen Betrieb – wenn auch in geringem Umfang – fortführt. Zwar wird in diesem Fall eingehend zu prüfen sein, ob mit der Anschaffung oder Herstellung des WG unter Berücksichtigung der Gesamtumstände noch zu rechnen ist; so werden z.B. bei sehr geschrumpftem Betrieb künftig größere Investitionen eher unwahrscheinlich sein als kleinere. Allerdings schließt allein die Tatsache, dass nur ein »Restbetrieb« fortgeführt wird, nicht die künftige Anschaffung oder Herstellung des WG aus.

Weder die teilweise Steuerfreiheit (§ 16 Abs. 4 EStG) noch die Tarifbegünstigung (§ 18 Abs. 3, § 16, § 34 EStG) des im Folgejahr verwirklichten Betriebsveräußerungsgewinns stehen der Bildung der Ansparrücklage entgegen, solange die geplante Investition im fortbestehenden »Restbetrieb« objektiv möglich und wahrscheinlich ist. Zwar setzt die Annahme des Betriebsveräußerungsgewinns nach dem Wortlaut des Gesetzes die Veräußerung des »ganzen« Gewerbebetriebes oder eines Teilbetriebes oder »des Vermögens oder eines selbstständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen« (§ 16 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 3 EStG) oder die Aufgabe des Betriebes (§ 16 Abs. 3 EStG) voraus (→ Betriebsveräußerung, → Betriebsaufgabe). Rein sprachlich besteht nach der Betriebsveräußerung oder -aufgabe in der Hand des Stpfl. kein Betrieb mehr. Nach ständiger Rspr. reicht für eine Betriebsveräußerung aber die Veräußerung aller – qualitativ oder quantitativ – wesentlichen Betriebsgrundlagen aus (vgl. z.B. BFH Urteile vom 1.2.2006, XI R 41/04, BFH/NV 2006, 1455; vom 24.6.1976, IV R 200/72, BStBl II 1976, 672). Nicht erforderlich ist, dass alle WG, die zum Betriebsvermögen des Betriebes gehörten, veräußert werden; es ist möglich, dass einzelne WG, die nicht die Eigenschaft von wesentlichen Betriebsgrundlagen haben, als Betriebsvermögen zurückbehalten und erst später – und dann nach § 24 Nr. 2 EStG nicht tarifbegünstigt – verwertet werden. Eine Betriebsveräußerung liegt danach auch vor, wenn ein Steuerberater einzelne Mandate zurückbehält, auf die in den letzten drei Jahren weniger als 10 % der gesamten Einnahmen entfielen, und er diese nach der Veräußerung weiter betreut (BFH Urteile vom 18.5.1994, I R 109/93, BStBl II 1994, 925; vom 7.11.1991, IV R 14/90, BStBl II 1992, 457).

Wird der Stpfl. nach der (steuerbegünstigten) Betriebsveräußerung unter Einsatz des bei der Veräußerung zurückbehaltenen (nicht wesentlichen) Betriebsvermögens weiterhin der Art nach wie bisher tätig, so begründet er keinen anderen Betrieb, sondern führt seinen bisherigen, wenn auch in geringerem Umfang fort. In diesem Sinne spricht der BFH – wenn auch in anderem Zusammenhang – vom »Restbetriebsvermögen« des veräußerten oder aufgegebenen Betriebes (vgl. Urteil vom 25.1.2001, IX R 27/97, BStBl II 2001, 573; vom 6.3.2002, XI R 9/01, BStBl II 2002, 737) und von der »Fortführung« der freiberuflichen Tätigkeit (vgl. auch z.B. Urteile vom 29.10.1992, IV R 16/91, BStBl II 1993, 182; vom 8.6.2000, IV R 63/99, BFH/NV 2000, 1341). Auch zurückbehaltene Forderungen oder Verbindlichkeiten können Restvermögen des bisherigen Betriebes bleiben. Soweit der BFH das »Restbetriebsvermögen« als »Betriebsvermögen ohne Betrieb« bezeichnet (BFH Urteil vom 30.1.2002, X R 56/99, BStBl II 2002, 387), betraf dies nicht die Fälle, in denen der Stpfl. nach Veräußerung noch – in geringem Umfang – tatsächlich unternehmerisch tätig war.

Eine gesetzliche Regelung, wonach die Bildung einer Ansparrücklage bei (künftiger) Inanspruchnahme von § 16 Abs. 4 oder § 34 EStG ausscheidet – wie es § 34 Abs. 1 Satz 4 EStG umgekehrt für die Rücklagen nach § 6b und § 6c EStG regelt – besteht nicht. Im Übrigen besteht kein Zweifel, dass ein Stpfl. eine Ansparrücklage unter den in § 7g Abs. 3 EStG genannten Voraussetzungen auch bilden kann, wenn er für die Veräußerung eines Teilbetriebes eine Steuerbegünstigung in Anspruch nimmt.

Mit Urteil vom 6.9.2006 (XI R 28/05, DStR 2007, 19) hat der BFH wie folgt entschieden: Wurde für die Anschaffung eines WG eine Ansparrücklage (§ 7g Abs. 3 EStG) gebildet, ohne innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums die geplante Investition zu realisieren, kann für dasselbe Wirtschaftsgut nur dann wieder eine Rücklage gebildet werden, wenn der Stpfl. eine einleuchtende Begründung dafür abgibt, weshalb die Investition trotz gegenteiliger Absichtserklärung bislang nicht durchgeführt wurde, gleichwohl aber weiterhin geplant ist (Abgrenzung von BFH-Urteil vom 12.12.2001 XI R 13/00, BStBl II 2002, 385).

Mit Urteil vom 26.5.2011 hat das FG Münster (3-K1416/08-E-G-EZ) entschieden, dass eine Ansparrücklage gem. § 7g EStG aufzulösen ist, wenn die Durchführung der Investition in einem Einzelunternehmen nach dessen Einbringung in eine Personengesellschaft objektiv nicht mehr möglich ist, weil die beiden Betriebe selbstständig und nicht als Einheit zu betrachten sind. Das Verfahren ist beim BFH anhängig (Az. X R 31/11). Der BFH wird die Frage zu klären haben, ob die im Einzelunternehmen gebildete Ansparrücklage nach § 7g EStG nicht aufzulösen ist, wenn dieses zu Buchwerten in eine Personengesellschaft eingebracht wird (vollumfänglicher Eintritt in die Rechtsstellung des Übertragenden und damit weiterhin Betriebsbezogenheit) oder die voraussichtliche Investition objektiv nicht mehr möglich ist, weil das Einzelunternehmen nicht mehr existiert, die geplante Investition dort nicht mehr durchführbar ist und es daher an dem erforderlichen Finanzierungszusammenhang mangelt.

3.5. Finanzierungszusammenhang

Nach dem BFH-Urteil vom 14.8.2001, XI R 18/01, BStBl II 2004, 181 muss ein Finanzierungszusammenhang zwischen Bildung der Ansparrücklage und der Investition, für die dieses Rücklage gebildet wurde, bestehen. Ein solcher Finanzierungszusammenhang ist nicht mehr gegeben, wenn die Bildung der Rücklage erst später als zwei Jahre nach Anschaffung der WG geltend gemacht wird.

3.6. Betriebsbezogenheit der Größenmerkmale

Hat der Stpfl. mehrere Betriebe, ist für jeden Betrieb gesondert zu prüfen, ob die Grenzen des § 7g EStG überschritten werden.

Ein Steuerberater, der in mehreren Städten Büros betreibt, die nicht als Zweigstelle geführt werden und die jeweils einen eigenen Mandantenstamm, eigene Angestellte, eigene Mietverträge und eigene Kontoverbindungen haben, hat mehrere eigenständige Betriebe. Ein eigenständiger Betrieb eines Steuerberaters ist nach dem BFH dann zu bejahen, wenn die Büros nach Erwerb von verschiedenen Steuerberatern im Wesentlichen jeweils unverändert fortgeführt werden könnten (BFH Urteil vom 20.3.2014, VIII S 13/13). Als Folge dessen kann der Steuerberater für jedes einzelne Büro eine Ansparrücklage (im Streitfall ging es noch um das Jahr 2003) bilden und dabei pro Büro bis 2006 den Höchstbetrag von 154 000 € ausschöpfen, da insoweit eine sog. betriebsbezogene und keine personenbezogene Betrachtung gilt.

4. Auflösung der Rücklage

4.1. Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts

Bei Anschaffung oder Herstellung des begünstigten WG ist die Rücklage zwingend im Wj. der Anschaffung oder Herstellung i.H.v. 40 % der tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend aufzulösen (§ 7g Abs. 4 Satz 1 EStG, BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Tz. 24 und 25). Dieser Gewinnerhöhung stehen allerdings die Abschreibungen (→ Abschreibung) gegenüber.

4.2. Auflösung nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG

4.2.1. Keine gleichartig durchgeführte Investition

Sind die beabsichtigte Investition, für welche die Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG gebildet worden ist, und die später tatsächlich durchgeführte Investition nicht gleichartig, ist die Rücklage bis zum Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wj. in vollem Umfang gewinnerhöhend aufzulösen.

Vor dem BFH (III R 22/15) ist die Rechtsfrage zur unterlassenen Auflösung einer Rücklage anhängig: Überwiegt die Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen, eine richtige und vollständige sowie deutliche und klare Steuererklärung abzugeben, bei der im Rahmen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gebotenen Abwägung einen möglichen Ermittlungsfehler des FA? Hat das FA bereits aus dem Fortbestand einer Rücklage in der Gewinnermittlung weitere Schlüsse zu ziehen und zusätzliche Ermittlungen anzustellen, um keine Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht zu begehen?

In dem Urteil vom 22.3.2016, VIII R 58/13, BStBl II 2016, 774, entschied der BFH Folgendes: Löst ein Steuerpflichtiger mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die von ihm gebildete Ansparabschreibung für die geplante Anschaffung eines Wirtschaftsguts nicht spätestens durch Ansatz einer entsprechenden Betriebseinnahme in seiner Gewinnermittlung für den zweiten auf die Bildung folgenden Veranlagungszeitraum auf, so kann das FA den erklärungsgemäß für jenes Jahr ergangenen Einkommensteuerbescheid nicht nach Maßgabe des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO unter Hinweis auf das spätere Bekanntwerden der Nichtanschaffung des Wirtschaftsguts ändern. Denn die Nichtanschaffung ist kein Tatbestandsmerkmal für die Auflösung der Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. und daher insoweit keine rechtserhebliche Tatsache.

4.2.2. Freiwillige Auflösung

Der Stpfl. hat die Möglichkeit, die Ansparrücklage auch vorzeitig aufzulösen, d.h. bereits am Ende des ersten Wj. nach ihrer Bildung. Dies setzt voraus, dass der Stpf. seine Investitionsabsicht nach der Rücklagenbildung aufgegeben hat. Deshalb kann die vorzeitige Auflösung der Ansparrücklage nicht auf einen Teil der Rücklage beschränkt werden, sondern umfasst zwangsläufig die volle, für das jeweilige einzelne Investitionsvorhaben gebildete Rücklage (BFH Urteil vom 21.9.2005, X R 32/03, BStBl II 2006, 66). Das Recht zur vorzeitigen Auflösung der Ansparrücklage kann längstens bis zum Eintritt der Bestandskraft derjenigen Steuerfestsetzung ausgeübt werden, auf welche sich die Auflösung auswirken soll.

4.2.3. Ablauf der Investitionsfrist

Nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG sind Rücklagen zwingend am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wj. (Investitionszeitraum) gewinnerhöhend aufzulösen.

4.2.4. Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe

Die Ansparrücklage ist aufzulösen, wenn der Betrieb, für den sie gebildet worden ist, in eine Personengesellschaft eingebracht wird (FG Münster Urteil vom 15.5.2003, 14 K 7166/01 E, EFG 2003, 1368, rkr.). S.a. BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Rz. 39.

Besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Auflösung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG und der Veräußerung des Betriebs, so ist der Ertrag aus der Auflösung nicht dem laufenden Gewinn des Wj., sondern dem begünstigten Veräußerungsgewinn (§ 16 Abs. 1 EStG) zuzurechnen (BFH Urteile vom 10.11.2004, XI R 56/03, BFH/NV 2005, 845 und XI R 69/03, BStBl II 2005, 596). Die Auflösung der Rücklage ist wirtschaftlich betrachtet Folge der Veräußerung und nicht des Ablaufs des Wj. Das BFH-Urteil widerspricht der Verwaltungsauffassung (vgl. BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Rz. 30). Mit Urteil vom 20.12.2006 (X R 31/03, DStR 2007, 430) bestätigt der BFH seine bisherige Rspr., nach der die Auflösung einer Ansparrücklage grundsätzlich den steuerbegünstigten Aufgabegewinn erhöht. S. auch hierzu Niedersächsisches FG vom 14.6.2016, 13 K 33/15.

Die Auflösung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG wegen der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft führt zur Erhöhung des tarifbegünstigten Einbringungsgewinns. Das gilt auch für den Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 EStG (BFH Urteil vom 10.11.2004, XI R 69/03, BFH/NV 2005, 438).

Steht bei Einreichung des Jahresabschlusses beim Finanzamt fest, dass der Betrieb aufgegeben oder veräußert wird, kann eine Ansparabschreibung nicht mehr gebildet werden; vgl. BFH vom 20.12.2006, X R 31/03. Für einen zurückbehaltenen »Restbetrieb« kann allerdings im Jahr vor der beabsichtigten Veräußerung noch eine Ansparrücklage gebildet werden, wenn mit der Anschaffung für den verbleibenden, in geringerem Umfang fortgeführten identischen »Restbetrieb« noch gerechnet werden kann (das ist z.B. bei einem veränderten »Restbetrieb«, der der Liebhaberei zuzurechnen ist, nicht mehr der Fall).

Mit Urteil vom 28.11.2007 (X R 43/06) hat der BFH zur Bildung einer Ansparrücklage (§ 7g EStG a.F.) entschieden: Der Ertrag aus der im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung vollzogenen Auflösung einer Ansparrücklage erhöht grds. den (steuerbegünstigten) Betriebsveräußerungsgewinn und nicht den laufenden Gewinn des letzten (Rumpf-)Wirtschaftsjahres. Der Stpfl. kann eine Ansparrücklage nicht mehr bilden, wenn die Vornahme der von ihm am Bilanzstichtag bzw. am Ende des betreffenden Wj. (vorgeblich) geplanten Investitionen im Zeitpunkt der Erstellung des entsprechenden Jahresabschlusses und dessen Einreichung beim Finanzamt wegen zwischenzeitlicher Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs nicht mehr realisiert werden konnte. Entsprechendes gilt, wenn der Stpfl. seinen Betrieb im maßgebenden Zeitpunkt der Einreichung des Jahresabschlusses beim Finanzamt zwar noch nicht veräußert oder aufgegeben, jedoch bereits einen dahingehenden Entschluss gefasst hatte. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass eine Betriebsveräußerung im Hinblick auf ihre Tragweite und ihre komplexen und einschneidenden Wirkungen und Rechtsfolgen (nicht nur steuerrechtlicher Art) von längerer Hand geplant sowie sorgfältig beraten und vorbereitet wird, bevor der eigentliche Verkaufsvertrag geschlossen wird.

4.2.5. Gewinnzuschlag

In den oben genannten Fällen ist der Gewinn des Wj., in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wj., in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 % des aufgelösten Rücklagebetrages zu erhöhen (§ 7g Abs. 4 Satz 2 EStG; BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Rz. 33 ff.).

Die unschädliche Auflösung einer Ansparabschreibung beschränkt sich nicht auf die Höhe des tatsächlich gewählten Prozentsatzes der geplanten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (FG Berlin-Brandenburg vom 17.6.2014, 10 V 10102/13). Die Auflösung der Rücklage i.H.v. 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten wird gem. § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG unabhängig vom gewählten Prozentsatz angeordnet. Damit fällt der Gewinnzuschlag an, wenn die Investition völlig unterbleibt oder wenn der Steuerpflichtige die Ansparabschreibung i.H.v. 40 % der geplanten Anschaffungs- oder Herstellungskosten gebildet hat und die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinter den geplanten Kosten zurückbleiben, nicht aber, wenn der Steuerpflichtige einen niedrigeren Prozentsatz für die Ansparabschreibung gewählt hat und die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zwar niedriger, aber noch so hoch sind, dass die gebildete Ansparabschreibung i.R.d. 40 %-Grenze liegt.

Am 17.6.2014 (10 V 10102/13) entschied das FG Berlin-Brandenburg über die Höhe des Gewinnzuschlags nach § 7g Abs. 5 EStG Folgendes: Die unschädliche Auflösung einer Ansparabschreibung beschränkt sich nicht auf die Höhe des tatsächlich gewählten Prozentsatzes der geplanten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Die Auflösung der Rücklage i.H.v.40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten wird gem. § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG unabhängig vom gewählten Prozentsatz angeordnet. Damit fällt der Gewinnzuschlag an, wenn die Investition völlig unterbleibt oder wenn der Steuerpflichtige die Ansparabschreibung i.H.v. 40 % der geplanten Anschaffungs- oder Herstellungskosten gebildet hat und die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinter den geplanten Kosten zurückbleiben, nicht aber, wenn der Steuerpflichtige einen niedrigeren Prozentsatz für die Ansparabschreibung gewählt hat und die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zwar niedriger, aber noch so hoch sind, dass die gebildete Ansparabschreibung im Rahmen der 40 %-Grenze liegt.

4.2.6. Keine Auflösung der Ansparabschreibung einer GbR bei Betriebsübernahme durch einen Einzelunternehmer

Eine im Rahmen einer zweigliedrigen Personengesellschaft im Gesamthandsvermögen gebildete Ansparrücklage nach § 7g EStG geht gem. nrkr. Urteil des FG Köln vom 20.2.2014, 3 K 2164/12 (Az. vor dem BFH: VIII R 23/14), nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters auf das dann verbleibende Einzelunternehmen des letzten Gesellschafters über. In der Revision entschied der BFH, dass der Rechtsnachfolger zum »Steuerpflichtigen« i.S.d. § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. wird, wenn im Betrieb des Rechtsvorgängers eine Ansparabschreibung besteht und der Betrieb im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge auf den Rechtsnachfolger übergeht.

5. Einnahmen-Überschussrechner

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (→ Einnahmen-Überschussrechnung) wird die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe und die Auflösung der Rücklage als Betriebseinnahme behandelt.

Eine Ansparrücklage kann nur dann im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung als Betriebsausgabe abgezogen werden, wenn die voraussichtliche Investition innerhalb des Investitionszeitraums von zwei Jahren hinreichend konkretisiert und in der Gewinnermittlung nachgewiesen wird. Wird die Rücklage für mehrere WG gebildet, muss der Rücklagebetrag in einer Anlage zur Einnahmen-Überschussrechnung bezogen auf jedes einzelne WG aufgeschlüsselt werden (BFH Beschluss vom 4.8.2004, IV B 238/02, BFH/NV 2005, 44).

Für den Betriebsausgabenabzug nach § 7g Abs. 6 EStG genügt es, wenn die notwendigen Angaben zur Funktion des WG und zu den voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten – und im Falle eines Gesamtpostens die entsprechenden Aufschlüsselungen – in einer zeitnah erstellten Aufzeichnung festgehalten werden, die in den steuerlichen Unterlagen des Stpfl. aufbewahrt wird und auf Verlangen jederzeit zur Verfügung gestellt werden kann (BFH Urteil vom 13 12.2005, XI R 52/04, DStR 2006, 739).

Eine unter Nichtbeachtung der gesetzlichen Höchstgrenze gebildete Ansparrücklage ist auch dann gem. § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG in voller Höhe erfolgswirksam aufzulösen, wenn der Stpfl. seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und das FA die Höhe der Rücklage nicht beanstandet hat. Der Auflösungsbetrag unterliegt in vollem Umfang dem Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG (BFH Urteil vom 28.4.2005, IV R 30/04, BStBl II 2005, 704).

Die Aufzeichnungspflichten galten durch die Bezugnahme in § 7g Abs. 6 EStG a.F. auf § 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Dafür waren die einzelnen Rücklagen getrennt auszuweisen (z.B. auf einem Konto »Ansparabschreibungen«) und in einer Anlage einzeln aufzuschlüsseln sowie jedes Wirtschaftsgut und das voraussichtliche Investitionsjahr einzeln zu benennen. Eine Zusammenfassung mehrerer Konten zu einem Sammelkonto (z.B. Bilanzposten »Ansparabschreibungen«) oder der getrennten Buchungen der Einzelrücklagen in Sammelbuchungen war zulässig (bei zeitnah erstellten Aufzeichnungen der erforderlichen Angaben in den steuerlichen Unterlagen).

Mit Urteil vom 26.2.2008, VIII R 82/05, BStBl II 2008, 481, entschied der BFH, dass Ansparrücklagen nach § 7g Abs. 3 EStG bei Gewinnermittlung durch Überschussrechnung ebenso wie bei Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nur zum Ende, nicht aber während eines Wirtschaftsjahres aufgelöst werden können (Anschluss an BFH-Urteil vom 6.3.2003, IV R 23/01, BFHE 202, 250, BStBl II 2004, 187).

Mit Urteil vom 3.8.2016, X R 21/15, entschied der BFH Folgendes: Löst ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, eine Ansparabschreibung nach § 7g EStG in der bis 2006 geltenden Fassung trotz unterbliebener Investition nicht zum Ablauf der zweijährigen Investitionsfrist auf und wird der erklärungsgemäß ergangene Einkommensteuerbescheid bestandskräftig, kann das FA diesen Bescheid später nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern, weil die Nichtanschaffung eines Wirtschaftsguts nicht als rechtserhebliche Tatsache anzusehen ist (Anschluss an das BFH-Urteil vom 22.3.2016, VIII R 58/13). Je nach den Umständen des Einzelfalls kann der Steuerpflichtige den Bescheid aber durch unlautere Mittel erwirkt haben, sodass eine Korrekturmöglichkeit nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO besteht.

Löst ein Stpfl. mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die von ihm gebildete Ansparabschreibung für die geplante Anschaffung eines Wirtschaftsguts nicht spätestens durch Ansatz einer entsprechenden Betriebseinnahme in seiner Gewinnermittlung für den zweiten auf die Bildung folgenden Veranlagungszeitraum auf, so kann das FA den erklärungsgemäß für jenes Jahr ergangenen Einkommensteuerbescheid nicht nach Maßgabe des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO unter Hinweis auf das spätere Bekanntwerden der Nichtanschaffung des Wirtschaftsguts ändern. Denn die Nichtanschaffung ist kein Tatbestandsmerkmal für die Auflösung der Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. und daher insoweit keine rechtserhebliche Tatsache; vgl. BFH Urteil vom 22.3.2016, VIII R 58/13, BStBl II 2016, 774.

6. Existenzgründer

Für Existenzgründer wurde die Ansparrücklage ab dem 1.1.1997 verbessert (§ 7g Abs. 7 EStG):

  • Die Anschaffung der WG kann bis zum Ablauf des fünften auf die Bildung der Rücklage folgenden Wj. Erfolgen.
  • Die Auflösung der Rücklage ist auch erst mit Ablauf des fünften Jahres erforderlich.
  • Bei fehlender Investition erfolgt kein Gewinnzuschlag von 6 %.
  • Der Rücklagenhöchstbetrag beträgt 307 000 €.

Existenzgründer i.S.d. Vorschrift sind solche Personen, die in den letzten fünf Jahren vor Betriebseröffnung weder Gewinneinkünfte erzielt haben noch an einer Kapitalgesellschaft zu mehr als 10 % beteiligt waren (§ 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG). Bei der Beurteilung, ob jemand Existenzgründer ist, sind Gewinneinkünfte aus Beteiligungen an mehreren Mitunternehmerschaften von jeweils weniger als 1 % schädlich; auf die Höhe und die Art der Gewinneinkünfte kommt es nicht an (BFH Urteil vom 2.8.2006, XI R 44/05, BStBl II 2006, 903).

Eine Personengesellschaft ist nach § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG nur dann als »Existenzgründer« anzusehen, wenn sämtliche Mitunternehmer als natürliche Personen die Voraussetzungen eines Existenzgründers nach § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG erfüllen.

Für sensible Sektoren ist die Förderfähigkeit ausgeschlossen. Die sensiblen Sektoren sind in § 7g Abs. 8 Nr. 1 bis 8 EStG aufgeführt.

Geht das Finanzamt bei einem Stpfl. rechtsirrig davon aus, er sei Existenzgründer i.S.d. § 7g Abs. 7 EStG, erkennt es diesen Irrtum aber später, so kann es die Veranlagung für die Vorjahre gem. § 174 Abs. 3 AO ändern und die Rücklage gem. § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG bereits nach zwei Jahren auflösen (BFH Urteil vom 6.9.2011, VIII R 38/09, BStBl II 2012, 23). Im Streitfall erklärte der Stpfl. Betriebsausgaben für Existenzgründerrücklagen nach § 7g Abs. 7 EStG i.H.v. 65 000 DM (1997), 60 000 DM (1998) und 50 000 DM (1999), insgesamt 175 000 DM. Die Ansparabschreibung 1997 wurde 1998 i.H.v. 25 000 DM aufgelöst, d.h. als Betriebseinnahme behandelt; im Jahr 2000 erfolgte eine weitere Auflösung der Ansparabschreibung i.H.v. 30 000 DM. Da der Kläger 2001 seine Praxis aus gesundheitlichen Gründen aufgab, behandelte er die verbliebene Ansparabschreibung i.H.v. 120 000 DM im nämlichen Jahr als Betriebseinnahme. Aufgrund einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass der Stpfl. die Voraussetzungen des § 7g Abs. 7 EStG nicht erfülle. Demgemäß änderte das Finanzamt den Steuerbescheid 2001 unter Minderung der Betriebseinnahmen. Für die Jahre 1999 und 2000 ergab sich eine Gewinnerhöhung aufgrund der Änderung nach § 174 Abs. 3 AO. Die gegen die Änderungsvorschrift gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das FG entschieden, dass die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO vorliegen, weil das FA den Kläger zunächst irrig als Existenzgründer angesehen und deshalb erkennbar davon abgesehen hat, die Ansparabschreibung des Klägers schon nach zwei Jahren aufzulösen.

Mit Urteil vom 2.2.2012, IV R 16/09, BStBl II 2012, 766 entschied der BFH, dass eine GmbH & Co. KG keine Rücklage für Existenzgründer gem. § 7g Abs. 7 EStG a.F. bilden kann, wenn an der Komplementär-GmbH eine natürliche Person beteiligt ist, die kein Existenzgründer i.S.d. § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG a.F. ist. Eine zu Unrecht gebildete Ansparrücklage ist vorrangig durch Änderung der Steuerfestsetzung des Jahres rückgängig zu machen, in dem die Rücklage gebildet wurde. Kann dieser Bescheid nach den Korrekturvorschriften der AO nicht mehr geändert werden, liegt eine rechtswidrig, aber wirksam gebildete Ansparrücklage vor, die gem. § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. i.V.m. § 7g Abs. 5 EStG a.F. spätestens am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend mit einem Gewinnzuschlag aufzulösen ist.

Nach dem Urteil des BFH vom 14.3.2012, IV R 22/11, ist auch eine GmbH & Co. KG als Existenzgründerin i.S.d. § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG anzusehen, wenn alle an ihr beteiligten Mitunternehmer ihrerseits die Voraussetzungen eines Existenzgründers nach dieser Vorschrift erfüllen. In der Situation der Betriebseröffnung kann von einer hinreichenden Konkretisierung des Investitionsvorhabens mit Blick auf die wesentlichen Betriebsgrundlagen erst dann ausgegangen werden, wenn diese Wirtschaftsgüter verbindlich bestellt worden sind. Wesentliche Betriebsgrundlagen eines noch zu eröffnenden Betriebs sind im Anwendungsbereich des § 7g EStG diejenigen Anlagegüter, ohne die der Betrieb nicht geführt werden kann. Entsprechend rechnen zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen einer (geplanten) Betriebserweiterung die Anlagegüter, die für die Erweiterung des Betriebs erforderlich sind.

7. Rücklagenbildung bei Betriebsneugründungen

Nach § 7g Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des Kleinunternehmerförderungsgesetztes vom 31.7.2003 (BGBl I 2003, 1550) ist bei Existenzgründern i.S.d. § 7g Abs. 7 EStG für das Wj., in dem mit der Betriebseröffnung begonnen wird, die Bildung einer Ansparrücklage nicht erforderlich. Für die angeschafften neuen beweglichen WG des Anlagevermögens ist die Sonderabschreibung des § 7g Abs. 1 EStG auch ohne Bildung einer Ansparabschreibung zulässig.

Für die in den folgenden Wj. beabsichtigten Investitionen ist am Ende des Wj., in dem mit der Betriebseröffnung begonnen wird, für diese beabsichtigten Investitionen eine Ansparrücklage zu bilden. Nach dem BFH-Urteil vom 25.4.2002 (IV R 30/00, BStBl II 2004, 182) kann die Ansparrücklage auch im Jahr der Betriebsgründung gebildet werden. Es ist in diesen Fällen in Ermangelung einer Einheitswertfeststellung davon auszugehen, dass der Betrieb die in § 7g Abs. 2 Nr. 1 EStG genannten Größenverhältnisse nicht überschreitet (BFH Urteil vom 21.7.1999, I R 57/98, BStBl II 2001, 127).

Mit Urteil vom 17.5.2006 (X R 43/03, BStBl II 2006, 868) hat der BFH entschieden, das ein Stpfl. – entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung – Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG für im Jahr der Betriebseröffnung angeschaffte oder hergestellte WG auch dann in Anspruch nehmen kann, wenn er kein Existenzgründer i.S.v. § 7g Abs. 7 EStG ist und wenn er keine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 ff. EStG bilden konnte. In dem entschiedenen Fall war der Stpfl. kein Existenzgründer, weil er zuvor bereits Einkünfte aus einem anderen Gewerbebetrieb erzielt hatte; er konnte auch keine Ansparrücklage bilden, weil er die Sonderabschreibung für ein WG beanspruchte, das er sofort in seinem gerade neu eröffneten Betrieb einsetzte. Der BFH geht davon aus, dass der Gesetzgeber den Stpfl. nicht benachteiligen wollte, der einen Betrieb gründet. Nach einem Erlass des FinMin des Saarlands vom 18.4.2007 (B/2-3 – 55/2007 – S 2183b, DStR 2007, 1082) ist das BFH-Urteil vom 17.5.2006 (X R 43/03, a.a.O.) in allen offenen Fällen anzuwenden.

Kommt es nicht zum Abschluss der Betriebseröffnung, ist die Rücklage unter Berücksichtigung des Gewinnzuschlags (§ 7g Abs. 5 EStG) zum Schluss des Jahres gewinnerhöhend aufzulösen, in dem erstmals feststeht, dass der Betrieb nicht eröffnet werden wird. Der dabei anfallende Gewinn ist nicht nach § 16 Abs. 4 und § 34 EStG begünstigt (BMF vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337, Rz. 23).

Sollen die wesentlichen Betriebsgrundlagen eines erst zu eröffnenden Betriebs angeschafft werden, setzt eine hinreichende Konkretisierung der Investitionen als Voraussetzung für eine Ansparabschreibung nach § 7g EStG a.F. die verbindliche Bestellung der betreffenden Investitionsgüter voraus (FG München Urteil vom 16.12.2013, 5 V 2000/13). Das gilt auch für Existenzgründer i.S.v. § 7g Abs. 7 EStG a.F. und auch dann, wenn der Steuerpflichtige durch Investitionen eine wesentliche Erweiterung seines bereits bestehenden Betriebes plant. Eine verbindliche Bestellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann nicht durch unverbindliche, zu einem späteren Zeitpunkt eingeholte Kostenvoranschläge und Verhandlungen über Anmietungen ersetzt werden.

8. Ansparabschreibung und Insolvenzrecht

Hat der Insolvenzverwalter eine Ansparabschreibung gebildet und den Gewerbebetrieb des Insolvenzschuldners zu einem späteren Zeitpunkt freigegeben, so führt gem. rkr. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 13.11.2014 (6 K 2046/11, EFG 2015, 230) die durch den Insolvenzschuldner nach der Freigabe vorgenommene Auflösung der Ansparabschreibung dazu, dass die daraus resultierende Steuer eine insolvenzfreie Forderung ist und nicht eine Forderung gegen die Insolvenzmasse.

9. Ansparabschreibung und Elterngeld

In einer Entscheidung des SG München vom 4.2.2010, S 30 EG 176/08, wurde der Gewinn anhand des Steuerbescheids für den letzten Veranlagungszeitraum herangezogen. Hier bildete der Elterngeldberechtigte jedoch eine gewinnmindernde Ansparabschreibung (§ 7g EStG). Infolgedessen fiel sein Elterngeld niedriger aus. Das Gericht urteilte, dass die gewinnmindernde Rücklage für die Elterngeldberechnung nicht außen vor bleiben dürfe. Es sei nicht möglich, einerseits zur Minderung von Steuerlasten legale Gestaltungsmöglichkeiten wahrzunehmen, und diese dann andererseits bei der Erhöhung des Elterngelds auszublenden.

10. Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG im Zusammenhang mit § 7g EStG

Mit Urteil vom 6.2.2014 (VI R 34/12, BStBl II 2014, 619) entschied der BFH, dass Unterhaltsaufwendungen nur dann als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen. Zum Nettoeinkommen gehören im Wesentlichen alle steuerpflichtigen Einkünfte und alle steuerfreien Einnahmen. Das Nettoeinkommen ist um den in § 7g EStG geregelten Investitionsabzugsbetrag zu erhöhen. Das Urteil ist entsprechend auf den § 7g EStG a.F. (Ansparabschreibung) entsprechend anzuwenden.

11. Literaturhinweise

Mrosek, Die Nachweispflichten bei Ansparrücklagen nach § 7g EStG, DStR 2000, 1423; Rosarius, Das Betriebsvermögen i.S.d. § 7g EStG, INF 2001, 484; Meyer u.a., Inanspruchnahme der § 7g-Rücklagen beim Wechsel der Gewinnermittlungsart, FR 2001, 1049; Meyer u.a., Zur Anwendung des § 7g EStG bei Personengesellschaften, INF 2001, 71; Weßling u.a., Neues zur Ansparabschreibung, DStR 2002, 1753; Ramb u.a., Die Einnahmen-Überschussrechnung von A–Z, 3. A.; Beck, Die Bildung einer Ansparrücklage nach Durchführung einer steuerlichen Betriebsprüfung, Steuerwarte 2003, 43; Schoor, Übungen: Ansparabschreibung für kleine und mittlere Betriebe, Steuer & Studium 2004, 106; Pauls u.a., Unterjährige Auflösung der Ansparrücklage und Gewinnzuschlag, NWB Fach 3, 13849; Kratzsch, Sonderabschreibung nach § 7g EStG im Jahr der Betriebseröffnung, NWB Fach 3, 14201; Alvermann u.a., Unzulässige Ansparabschreibungen im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung – alte, aber ungelöste Probleme, FR 2008, 489.

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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Anteilsbewertung – Wird dein GmbH-Anteil übertragen, muss der Wert des GmbH-Anteils ermittelt werden.

1. Vorbemerkungen
Die Bewertung von Anteilen wurde zuletzt mit Wirkung zum 1.1.2009 geändert. Die Änderungen führten zu einer rechtsformneutralen Ausgestaltung der Bewertung von Betriebsvermögen, Anteilen an einem Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften. Die Bewertung wird seither – unabhängig von der Vermögensart – am gemeinen Wert ausgerichtet und soll den Marktwert des Vermögens abbilden.

Für Personenunternehmen (Einzelunternehmen, Personengesellschaften) erfolgt die Anbindung an den gemeinen Wert über §§ 157 Abs. 5, 109 BewG. Für das anzuwendende Bewertungsverfahren verweist § 109 BewG auf die Bewertungsverfahren für Anteile an Kapitalgesellschaften.

Für Betriebsvermögen, Anteile an einem Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften erfolgt die Bewertung am Marktniveau, daher sind die anzuwenden Verschonungsregelungen wichtige Ergänzungen zur Bewertungsebene. Während bei Bewertung des Vermögens eine Ungleichbehandlung von verschiedenen Vermögensarten verfassungswidrig ist, kann der Gesetzgeber im Rahmen der Verschonung einzelne Vermögensteile besonders begünstigen. Die Verschonungsregelungen für Anteile sind in den §§ 13a ff. ErbStG geregelt. Zu beachten ist hierbei, dass für Anteile an Kapitalgesellschaften eine Beteiligungsquote von mehr als 25 % vorliegen muss, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG. Diese Mindestbeteiligung gilt für Anteile an Personengesellschaften nicht, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Bei Anteilen an Personengesellschaften reicht eine Mitunternehmerstellung aus.

In den weiteren Kapiteln wird ausschließlich die Bewertungsebene dargestellt. Sofern ErbStR angeführt werden, beziehen sich die Zitate auf die ErbStR 2019.

2. Bewertung mit dem Kurswert

Anteile einer Kapitalgesellschaft, die am Stichtag an einer inländischen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten Börsenkurs der Anteile am Bewertungsstichtag angesetzt, § 11 Abs. Satz 1 BewG. Der Kurswert kann nur für Aktien in Betracht kommen, nicht aber für GmbH-Anteile.

3. Bewertung mit dem gemeinen Wert

Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Kurswert nach § 11 Abs. 1 BewG nicht existiert, sind gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Dieser ist nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG vorrangig aus Verkäufen abzuleiten, die ausgehend vom Besteuerungszeitpunkt weniger als ein Jahr zurückliegen. Ist eine Ableitung aus Verkäufen nicht möglich, ist der gemeine Wert zu schätzen. Hier sieht § 11 Abs. 2 BewG die folgenden Bewertungsverfahren vor:

  • Gutachten anhand der Ertragsaussichten des Unternehmens oder einer anderen branchenüblichen Bewertungsmethode,
  • vereinfachtes Ertragswertverfahren,
  • mindestens: Substanzwert.

Das vereinfachte Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG) ist nur zulässig, sofern der Betrieb auch im außersteuerlichen Bereich nach den Ertragsausschichten zu bewerten ist. Andernfalls kommt nur ein Wert laut Gutachten bzw. der Substanzwert in Betracht.

Der Substanzwert ist als Mindestwert anzusetzen, wenn die Bewertung anhand eines Gutachtens oder nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren erfolgt. Bei der Ableitung aus Verkäufen ist der Mindestwert nicht zu prüfen, vgl. auch R B 11.5 Abs. 1 Satz 2 ErbStR.

4. Ableitung aus Verkäufen

Für die Ableitung des gemeinen Wertes aus Verkäufen dürfen ausschließlich Verkäufe unter fremden Dritten, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen sind, berücksichtigt werden. Unbeachtlich sind damit Verkäufe innerhalb der Familie und Notverkäufe. Die Verkäufe müssen vor dem Bewertungsstichtag stattgefunden haben und zwar innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag. Damit sind Verkäufe, die durch die Erben stattfinden unbeachtlich.

Im Ausnahmefall kann auch ein einzelner Verkauf zur Ableitung herangezogen werden, R B 11.2 Abs. 1 Satz 3 ErbStR.

Zu beachten ist, dass ein im Kaufpreis enthaltener Zuschlag für die Beteiligungshöhe herauszurechnen ist (R B 11.2 Abs. 1 Satz 7 ErbStR). Andererseits ist ein sogen. Paketzuschlag zu berücksichtigen, wenn der Kaufpreis den Beteiligungscharakter des zu bewertenden Anteils nicht berücksichtigt. Einzelheiten zum Paketzuschlag enthält R B 11.8 ErbStR. Allgemein ist ein Zuschlag bei einem Anteil von mehr als 25 % vorzunehmen, R B 11.8 Abs. 3 ErbStR.

5. Vereinfachtes Ertragswertverfahren

5.1. Allgemeines

Das vereinfachte Ertragswertverfahren wurde in das BewG aufgenommen (§ 11 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. §§ 199 ff. BewG) und ersetzt das bisher als Stuttgarter Verfahren bekannte Schätzungsverfahren aus den ErbStR. Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist für alle Rechtsformen anwendbar. Voraussetzung ist, dass der gemeine Wert nach den Ertragsaussichten zu ermitteln ist und die Anwendung nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (vgl. § 199 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BewG).

Die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahren ist nicht zwingend, das Verfahren kann angewendet werden, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Damit besteht ein Wahlrecht zwischen der Wertermittlung im Rahmen eines Gutachtens oder des vereinfachten Ertragswertverfahrens (vgl. auch R B 199.1 Abs. 1 ErbStR). Zu beachten ist jedoch, dass in beiden Fällen der Substanzwert als Mindestwert zum Tragen kommt, § 11 Abs. 2 Satz BewG.

5.2. Aufbau des Verfahrens

§ 200 BewG enthält die einzelnen Bewertungsschritte:

  • Abs. 1 = Ertragswert des Unternehmens (Jahresertrag x Kapitalisierungsfaktor),
  • Abs. 2 = gemeiner Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens,
  • Abs. 3 = gemeiner Wert der betriebsnotwendigen Beteiligungen,
  • Abs. 4 = gemeiner Wert des jungen Betriebsvermögens.

Während der Ertragswert des Unternehmens gem. § 200 Abs. 1 BewG im Rahmen einer Gesamtbewertung ermittelt wird (Jahresertrag × Kapitalisierungsfaktor = Ertragswert), werden bestimmte Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Rahmen einer Einzelbewertung – gesondert – mit dem gemeinen Wert angesetzt.

5.3. Ertragswert nach § 200 Abs. 1 BewG

Der gemeine Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft bzw. Personengesellschaft wird im Rahmen der Gesamtbewertung nach § 200 Abs. 1 BewG ermittelt. Abgegolten sind hierdurch alle Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Gesellschaft, die nicht ausdrücklich unter die Einzelbewertung nach den Absätzen 2 bis 4 fallen.

Der Ertragswert ist das Produkt aus dem nachhaltig erzielbaren Jahresertrag (§ 201 BewG) und dem Kapitalisierungsfaktor (§ 203 BewG).

Der nachhaltig erzielbare Jahresertrag basiert grds. auf den Betriebsergebnissen der letzten drei vor dem Stichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre, § 201 Abs. 2 Satz 1 BewG. In Ausnahmefällen kann ein verkürzter Ermittlungszeitraum in Betracht kommen, vgl. hierzu § 201 Abs. 3 BewG.

Die Betriebsergebnisse sind auf Basis der Gewinne des Unternehmens (§ 4 Abs. 1 EStG oder auch § 4 Abs. 3 EStG) zu berechnen, § 202 Abs. 1 Satz 1 BewG.

Beispiel 1:

Der nach den Grundsätzen des BV-Vergleichs ermittelte Gewinn einer Kapitalgesellschaft beträgt 90 000 €. Im Wirtschaftsjahr wurden 20 000 € nicht abzugsfähige Betriebsausgaben als Aufwand gebucht (z.B. Gewerbesteuer, Geschenke, Bewirtungskosten). Die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben werden außerbilanziell hinzugerechnet.

Lösung:

Ausgangswert gem. § 202 Abs. 1 Satz 1 BewG ist der in der Bilanz ausgewiesene Gewinn von 90 000 €. Die außerbilanziellen Hinzurechnungen bleiben (gewinnmindernd) berücksichtigt. Maßgebend ist also der Saldo des steuerlichen G+V-Kontos.

Um eine möglichst objektive Bewertung zu erreichen, sind Hinzurechnungen (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BewG), Kürzungen (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BewG) sowie weitere Korrekturen (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BewG) vorzunehmen.

Häufige Hinzurechnungen (Nr. 1):

  • Sonderabschreibungen,
  • Teilwertabschreibungen,
  • Zuführungen zu steuerfreien Rücklagen,
  • außerordentliche Aufwendungen,
  • Ertragsteueraufwand,
  • Aufwand im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern, die nach § 200 Abs. 2 und Abs. 4 BewG gesondert anzusetzen sind.

Häufige Kürzungen (Nr. 2):

  • Auflösungen aus steuerfreien Rücklagen,
  • außerordentliche Erträge,
  • angemessener Unternehmerlohn (betrifft Personenunternehmen),
  • Ertragsteuererstattungen,
  • Erträge im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern, die nach § 200 Abs. 2 bis Abs. 4 BewG gesondert anzusetzen sind.

Weitere Korrekturen (Nr. 3):

  • verdeckte Gewinnausschüttungen,
  • verdeckte Einlagen.

Beispiel 2:

Fortsetzung Beispiel 1.

Ausgangswert ist der steuerliche Gewinn i.H.v. 90 000 €. Gewerbesteueraufwand wurde i.H.v. 10 000 € als Aufwand gebucht. Weiterhin wurde Sonderabschreibungen i.H.v. 5 000 € als Aufwand gebucht. Aus dem Verkauf von Anlagegütern ist ein einmaliger Gewinn i.H.v. 4 000 € entstanden und zutreffend als Ertrag erfasst worden.

Lösung:

Ausgangswert gem. § 202 Abs. 1 Satz 1 BewG ist der Gewinn von 90 000 €. Die als Aufwand gebuchte Gewerbesteuer wird gem. § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. e BewG hinzugerechnet. Die Sonderabschreibung ist ebenfalls hinzuzurechnen, § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a BewG. Zu kürzen ist der einmalige Gewinn aus der Veräußerung der Anlagegüter, § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b BewG.

Das vorläufige Betriebsergebnis beträgt nach den Hinzurechnungen und Kürzungen 101 000 €.

Die Belastung aus Ertragsteuer (KSt, GewSt) wird zunächst neutralisiert, weil bei positiven Betriebsergebnissen gem. § 200 Abs. 3 BewG ein pauschaler Abschlag für Ertragsteueraufwand von 30 % angesetzt wird. Durch diesen pauschalen Abschlag soll die Belastung mit KSt, GewSt, ESt, SoliZ abgegolten sein. Unabhängig von der tatsächlichen Steuerbelastung (z.B. unterschiedliche Hebesätze bei der GewSt oder auch fehlender Gewerbesteuerpflicht). Bei negativen Betriebsergebnissen wird – typisierend – kein Abzug für Ertragsteueraufwand angenommen. Einzelheiten zu den notwendigen Korrekturen enthält R B 202 Abs. 3 ErbStR.

Beispiel 3:

Fortsetzung Beispiel 2.

Das vorläufige Betriebsergebnis beträgt nach den Hinzurechnungen und Kürzungen 101 000 €. Weitere Korrekturen kommen nicht in Betracht. Wie hoch ist das Betriebsergebnis?

Lösung:

Ausgehend von einem positiven vorläufigen Betriebsergebnis in Höhe von 101 000 € ist ein pauschaler Abschlag in Höhe von 30 % für die Belastungen mit Ertragsteuern vorzunehmen (= 30 300 €). Das Betriebsergebnis beträgt somit 70 700 €.

Ohne eine Gewichtung einzelner Jahre vorzunehmen, ist der Durchschnitt der Betriebsergebnisse der Jahresertrag, § 201 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 BewG.

Beispiel 4:

Bewertungsstichtag ist der 1.4.2020. Das Betriebsergebnis des Wirtschaftsjahres 2019 beträgt 70 700 €, des Jahres 2018 50 000 € sowie des Jahres 2017 -10 000 €.

Lösung:

Der Durchschnitt der Betriebsergebnisse beträgt 36 900 €, § 201 Abs. 2 Satz 3 BewG. Eine besondere Gewichtung der einzelnen Jahre erfolgt nicht. Der Jahresertrag beträgt 36 900 €, § 201 Abs. 2 Satz 4 BewG.

Der Kapitalisierungsfaktor beträgt gem. § 203 Abs. 1 BewG 13,75.

Beispiel 5:

Bewertungsstichtag ist der 1.4.2020. Der Jahresertrag einer Kapitalgesellschaft beträgt 36 900 € (s. Beispiel 4). Wie hoch ist der Ertragswert nach § 200 Abs. 1 BewG?

Lösung:

Der Ertragswert der Kapitalgesellschaft beträgt 507 375 € (36 900 × 13,75). Hierdurch sind grds. alle Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft abgegolten (Gesamtbewertung).

Für Bewertungstichtage zwischen dem 1.1.2009 und 31.12.2015 ergab sich der Kapitalisierungsfaktor aus einem variablen Basiszins und einem Zuschlag von 4,5. Dies ergab in Zeiten niedriger Zinsen einen sehr hohen Kapitalisierungsfaktor (z.B. für Stichtage in 2015 = 18,2149). Mit der Anpassung des § 203 BewG sollte eine überhöhte Bewertung in Niedrigzinsphasen verhindert werden. § 203 Abs. 2 BewG enthält eine Ermächtigungsgrundlage zur Anpassung des Kapitalisierungsfaktors an die Entwicklung der Zinsstrukturdaten.

Anmerkung: Unterstellt, im Beispiel 5 wäre der Bewertungsstichtag im Jahr 2015, so würde der Ertragswert 672 129 € betragen. Aus dem variablen Basiszins von 0,99 % und dem festen Zuschlag von 4,5 % ergibt sich für 2015 ein Kapitalisierungsfaktor von 18,2149 (100/5,49).

5.4. Gesonderte Wertansätze nach § 200 Abs. 2–4 BewG

Bestimmte Wirtschaftsgüter sind durch den Gewinn und damit den Ertragswert nicht ausreichend abgebildet. Daher hat der Gesetzgeber die Ergänzung des Ertragswertes durch eine Einzelbewertung dieser Wirtschaftsgüter eingeführt. In den besonderen Fällen des § 200 Abs. 2 bis Abs. 4 BewG erfolgt für die dort genannten Fälle eine Einzelbewertung mit dem gemeinen Wert. Der Ertragswert nach § 200 Abs. 1 BewG ist danach um den gemeinen Wert der Einzelwirtschaftsgüter zu erhöhen.

Beispiel 6:

Bewertungsstichtag ist der 1.4.2020. Der Ertragswert der Kapitalgesellschaft beträgt 500 000 €. Die Kapitalgesellschaft ist Eigentümer eines fremd vermieteten Geschäftshauses. Der Grundbesitzwert dieses Grundstücks beträgt 250 000 €. Im Betriebsvermögen ist außerdem ein zu eigenbetrieblichen Zwecken genutztes Grundstück (gemeiner Wert 300 000 €). Schulden im Zusammenhang mit dem vermieteten Grundstück sind in Höhe von 50 000 € passiviert. Wie hoch ist der Wert im vereinfachten Ertragswertverfahren?

Lösung:

Das vermietete Grundstück zählt zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen und ist gesondert anzusetzen, § 200 Abs. 2 BewG (= Ansatz gesondert festgestellter Grundbesitzwert). Abzuziehen sind die damit im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten. Das eigengenutzte Grundstück der Kapitalgesellschaft ist durch den Ertragswert abgegolten, ein gesonderter Ansatz erfolgt nicht (eine Ausnahme wäre nur ein Fall des § 200 Abs. 4 BewG).

Der Wert im vereinfachten Ertragswertverfahren beträgt folglich 700 000 €.

Zu beachten ist hier, dass alle Aufwendungen (z.B. Gebäude-AfA, Schuldzinsen, Grundsteuer) sowie Erträge (z.B. Mieterträge) im Zusammenhang mit dem vermieteten Grundstück bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses zu neutralisieren sind, vgl. § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. f sowie Nr. 2 Buchst. f BewG.

Weitere Fälle der Einzelbewertung sind alle Beteiligungen. Betriebsnotwendige Beteiligungen fallen unter § 200 Abs. 3 BewG, nicht betriebsnotwendige Beteiligungen sind bereits nach § 200 Abs. 2 BewG gesondert anzusetzen. Zu den Beteiligungen vgl. auch Ausführungen in R B 200 Abs. 3 ErbStR.

Auch sog. junges Betriebsvermögen ist gesondert anzusetzen. Hierunter fallen betriebsnotwendige Wirtschaftsgüter, die innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Bewertungsstichtag eingelegt worden sind. Nicht erfasst werden hier neue Wirtschaftsgüter, die aus betrieblichen Mitteln angeschafft worden sind (durch Aktiv-Tausch oder auch Aktiv-Passiv-Tausch).

Sofern nicht der Substanzwert als Mindestwert zum Tragen kommt, ist der Wert im vereinfachten Ertragswertverfahren gem. § 97 Abs. 1b BewG die Ausgangsgröße für den Anteilswert. Der Anteilswert bestimmt sich bei Kapitalgesellschaften nach dem Verhältnis des zu bewertenden Anteils am Nennkapital der Gesellschaft zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft. In Ausnahmefällen kann eine abweichende Verteilung erfolgen. Das Gesetz nennt hier eine vom Nennkapital abweichende Gewinnverteilung, § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG. Verfügungsbeschränkungen sind – nach Auffassung der Finanzverwaltung – hingegen kein Grund für eine abweichende Verteilung, weil diese gem. § 9 Abs. 3 BewG bei der Ermittlung des gemeinen Wertes unberücksichtigt bleiben.

Beispiel 7:

Der im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte gemeine Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft beträgt 700 000 €. Zu bewerten ist ein Anteil am Stammkapital von 30 %. Die Gewinnverteilung entspricht dem Anteil am Nennkapital.

Lösung:

Der Anteilswert beträgt gem. § 97 Abs. 1b Satz 1 BewG 210 000 €.

Beispiel 8:

Zu bewerten ist ein Kommanditanteil. Der gemeine Wert des Gesamthandsvermögens der KG beträgt 800 000 € (z.B. Wert im vereinfachten Ertragswertverfahren). Sonderbetriebsvermögen ist i.H.v. 100 000 € vorhanden, hiervon entfällt auf den zu bewertenden Anteil 80 000 €. Die Summe der Kapitalkonten im Gesamthandsvermögen beträgt 500 000 €, auf den zu bewertenden Anteil entfallen hiervon 200 000 €. Es gibt drei Kommanditisten, die zu je 1/3 am Gewinn beteiligt sind.

Lösung:

Bei Anteilen an einem Betriebsvermögen gilt § 97 Abs. 1a BewG. Zunächst ist das Gesamthandsvermögen auf die Gesellschafter zu verteilen. Hierbei ist zunächst jedem Gesellschafter die Summe seiner Kapitalkonten (fest und variabel) zuzurechnen, § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG. Übersteigende Beträge sind nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zu verteilen, § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG. Sonderbetriebsvermögen ist gesondert mit dem gemeinen Wert anzusetzen und dem jeweiligen Gesellschafter unmittelbar zuzurechnen, § 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG. Hiernach ergibt sich folgende Berechnung des Anteilswertes:

Anteil
Gesamthandsvermögen800 000 €
vorab Kapitalkonten, § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG./. 500 000 €+ 200 000 €
verbleibender Betrag300 000 €
Verteilung nach Schlüssel 1/3, § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG+ 100 000 €
Zwischensumme Gesamthandsvermögen0 €300 000 €
Sonderbetriebsvermögen, § 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG+ 80 000 €
Anteilswert, § 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG380 000 €

6. Substanzwert

§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG sieht den Ansatz des Substanzwertes als Mindestwert vor. Die Mindestwertprüfung gilt insbes. bei der Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren. Beim Substanzwert ist das Betriebsvermögen im Rahmen einer Einzelbewertung mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Dabei sind besondere Bewertungsverfahren, insbesondere für Betriebsgrundstücke, zu beachten. Betriebsgrundstücke sind mit dem maßgebenden Grundbesitzwert anzusetzen (§ 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligungen sind mit dem jeweiligen Anteilswert (§ 151 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 BewG) anzusetzen.

Die ErbStR enthalten Vereinfachungen zur Bewertung von beweglichem abnutzbaren Anlagevermögen sowie für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, vgl. hierzu R B 11.5 Abs. 7 und Abs. 8 ErbStR.

Zu beachten ist, dass handelsrechtlich gebotene Rückstellungen, für die steuerlich ein Passivierungsverbot besteht, abzugsfähig sind. Bewertungsrechtlich soll der Marktpreis des Betriebsvermögens abgebildet werden. Hierbei ist aus Sicht eines gedachten Käufers die Berücksichtigung handelsrechtlicher Rückstellungen zwangsläufig (vgl. auch R B 11.5 Abs. 3 Satz 3 ErbStR). Rücklagen sind hingegen keine abzugsfähigen Schuldpositionen, § 103 Abs. 3 BewG (insbes. Rücklage nach § 6b EStG).

7. Gesonderte Feststellung des Werts der Anteile

Die Werte von Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 11 Abs. 2 BewG sind gem. § 151 Abs. 1 Nr. 3 BewG gesondert festzustellen. Eine gesonderte Feststellung ist dann durchzuführen, wenn der Wert für die ErbSt bzw. SchenkSt oder eine weitere Feststellung i.S.d. BewG von Bedeutung ist. Eine gesonderte Feststellung ist u.a. durchzuführen, wenn sich die Anteile im Vermögen einer Personengesellschaft oder anderer Kapitalgesellschaften befinden (Beteiligungen gem. § 200 Abs. 2 oder Abs. 3 BewG).

Zuständig für die gesonderte Feststellung des Werts der nicht notierten Anteile an Kapitalgesellschaften ist nach § 152 Nr. 3 BewG das FA, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung bzw. der Sitz der Kapitalgesellschaft befindet.

Die Feststellungserklärung kann nach § 153 Abs. 3 BewG nur von der Kapitalgesellschaft angefordert werden.

Nach § 154 Abs. 2 BewG ist der Feststellungsbescheid auch der Kapitalgesellschaft bekannt zu geben.

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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