Steuerliche Berücksichtigung von Kosten für einen Computer.

  • Arbeitsmittel (wie der Computer) sind Wirtschaftsgüter, die unmittelbar zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben dienen. Sie zählen zu den Werbungskosten.
  • Ein privat angeschaffter und in der privaten Wohnung aufgestellter PC kann ein Arbeitsmittel sein. Dies ist dann der Fall, wenn lediglich ein privater – unbedeutender – Nutzungsanteil von bis zu rd. 10 % gegeben ist.
  • In diesem Zusammenhang betont der Bundesfinanzhof ausdrücklich, dass es weder eine Vermutung für eine überwiegende Privatnutzung noch Erfahrungssätze für bestimmte (private) Nutzungsanteile gibt.
  • Deshalb: Wird ein Computer nur zu 10 % oder weniger privat genutzt, dürfen trotzdem 100 % der Kosten abgesetzt werden. Die Kosten werden in diesem Fall nicht aufgeteilt.

1.1. Abschreibungsmöglichkeiten

Die Nutzungsdauer bei Computern und Computerprogrammen beträgt drei Jahre (BStBl I 2000, 1532). Ausnahme: Trivialprogramme, bei denen die Anschaffungskosten nicht mehr als 410 € betragen. Bei ihnen handelt es sich um geringwertige Wirtschaftsgüter (R 5.5 Abs. 1 Satz 3 EStR; BFH Urteil vom 15.6.2004, VIII R 42/03, BFH/NV 2004, 1527). Nach dem BFH-Urteil vom 15.6.2004 kann ein Office-Programm als selbstständiges WG behandelt werden, wenn es bei Anschaffungskosten von nicht mehr als 410 € (→ Geringwertige Wirtschaftsgüter) zu den sog. Trivialprogrammen gehört. Die Grenze für Trivialprogramme richtet sich m.E. nach der GWG-Regelung. Nach der Änderung des § 6 Abs. 2 EStG durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) muss daher die Grenze für Trivialprogramme auf 150 € abgesenkt werden. Computerprogramme, deren Anschaffungskosten 150 € übersteigen, wären danach nicht selbstständig nutzungsfähig und daher auch nicht nach § 6 Abs. 2a EStG in den Sammelposten einzustellen und nach dieser Vorschrift über fünf Jahre abzuschreiben. Die Anschaffungskosten dieser Computerprogramme über 150 € wären weiterhin über drei Jahre zu verteilen.

Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 (BGBl I 2009, 3950) wird die GWG-Regelung des § 6 Abs. 2 und Abs. 2a EStG ab 2010 geändert und die GWG-Regelung bis 410 € nach § 6 Abs. 2 EStG wieder eingeführt (GWG-Regelung bis 2007). Somit liegen auch wieder bis zur Grenze von 410 € Trivialprogramme vor.

angeschafft/hergestelltAnschaffungskosten bzw. Herstellungskosten in €
bis 150/250 €bis 410 800 €bis 1 000über 1 000
ab 1.1.2010/ab 1.1.2018§ 6 Abs. 2 EStGKann-GWG bis 410 €/800 € nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG oderAfA nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG oderAfA nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 EStGAfA nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG
§ 6 Abs. 2a EStGSofortabzug nach § 6 Abs. 2a Satz 4 EStG und150,01/250 € € bis 1 000 €
AfA nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 EStGSammelposten § 6 Abs. 2a Satz 1 bis 3 EStG

Abb.: Übersicht über die GWG-Regelung ab 1.1.2010 bis 31.12.2017

Am 27.4.2017 hat der Bundestag dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen zugestimmt. Nach der anstehenden Zustimmung des Bundesrats kann das Gesetz in Kraft treten. Trotz des Namens beinhaltet das Gesetz eine für die Praxis bedeutsame Anhebung der Grenzwerte für geringwertige Wirtschaftsgüter.

Die wesentlichen Neuerungen des Gesetzes im Hinblick auf GWG sind:

  • Die neue gesetzliche Regelung hebt die vorgenannten Grenzwerte im Wesentlichen an. Der neue Grenzwert für Geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG beträgt zukünftig 800 €. Bei der Aufzeichnungsflicht nach § 6 Abs. 2 Satz 4 verbleibt es aber bei den 150 €. Die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als GWG bleiben unverändert.
  • Für die Alternative des Sammelpostens nach § 6 Abs. 2a Satz 1 EStG beträgt der untere Grenzwert zukünftig 250 €, der obere von 1 000 € bleibt unverändert. Unverändert bleiben die übrigen Voraussetzungen und Folgen der Bildung des Sammelpostens.
  • Zudem können gem. § 6 Abs. 2a Satz 4 EStG Wirtschaftsgüter, die einer selbstständigen Nutzung fähig sind, bei einem Wert von 250 € (statt bislang 150 €) in voller Höhe im Jahr der Anschaffung oder Herstellung als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Nach einem Urteil des FG Saarland (Urteil vom 25.6.2012, 2 K 1363/11) richtet sich die Abziehbarkeit von Aufwendungen für einen zu Ausbildungszwecken genutzten Computer nach den Grundsätzen, die für die Berücksichtigung solcher Aufwendungen als Werbungskosten maßgebend sind. Wird die ausschließliche berufliche Nutzung nicht nachgewiesen, ist regelmäßig im Wege der Schätzung von einer je hälftigen Nutzung für private und Ausbildungszwecke auszugehen.

Der Austausch einzelner Komponenten einer PC-Anlage – z.B. neuer Monitor – ist aber in Höhe des Anteils der beruflichen Nutzung als Werbungskosten zu berücksichtigen. Im Privatvermögen wird nämlich nicht von einer – zu Anschaffungskosten führenden – wesentlichen Verbesserung des WG auszugehen sein. Der Austausch von Drucker und Scanner (jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter) führt hingegen zu einem neuen dreijährigen Abschreibungszeitraum ab Anschaffung des Druckers oder Scanners (vgl. auch BFH Urteil vom 15.7.2010, BFH/NV 2010, 2253).

Notebook, Monitor und Tastatur sind ein einheitliches, selbstständig nutzbares WG. Auch ein später angeschaffter Drucker ist nicht selbstständig nutzbar; die für ihn aufgewendeten Anschaffungskosten sind deshalb nicht nach § 6 Abs. 2 EStG sofort abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und damit auch keine sofort berücksichtigungsfähigen ausbildungsbedingten Mehraufwendungen i.S.v. § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 5 EStG (BFH Urteil vom 15.6.2004, VIII R 42/03, BFH/NV 2004, 1527; → Einkünfte und Bezüge von Kindern, → Geringwertige Wirtschaftsgüter).

Beispiel 1:

Einzelunternehmer A schafft am Ende des Wj. 01 für sein Anlagevermögen einen PC an. Die Anschaffungskosten betragen 500 €. Im Wj. 02 erfolgt die Anschaffung eines Druckers – welcher neben dem Drucken keine weiteren Funktionen ausführen kann – sowie einer PC-Maus, die bisher nicht im Lieferumfang des PC enthalten war. Die Anschaffungskosten für den Drucker betragen 180 € und für die PC-Maus 25 €. A wendet in 01 und 02 die Regelungen zum Sammelposten gem. § 6 Abs. 2a EStG an.

Lösung 2:

S.a. das Beispiel in Rz. 11 des BMF-Schreibens vom 30.9.2010 (BStBl I 2010, 755).

Der PC ist selbstständig nutzungsfähiges WG des Anlagevermögens. Befindet sich der PC im Betriebsvermögen, ist er im Sammelposten des Wj. 01 zu erfassen. Eine Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer kommt nicht in Betracht, da A sich für die Anwendung der Regelungen zum Sammelposten entschieden hat (einheitliche Wahlrechtsausübung).

Befindet sich der PC im Privatvermögen, ist die Bildung eines Sammelpostens nicht möglich, da nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG lediglich § 6 Abs. 2 EStG und nicht auch Abs. 2a EStG entsprechend anzuwenden ist. Die Anschaffungskosten des PC sind in diesen Fällen nach § 7 Abs. 1 EStG über die Nutzungsdauer zu verteilen.

Dagegen ist der Drucker zwar ein selbstständig bewertungsfähiges, aber ein nicht selbstständig nutzungsfähiges WG (vgl. BFH Urteil vom 19.2.2004, VI R 135/01, BStBl II 2004, 958). Die Aufwendungen stellen keine nachträglichen Anschaffungskosten des PC dar. Der Drucker ist einzeln nach den Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu bewerten und die Anschaffungskosten sind über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben (s.a. BFH Urteil vom 15.7.2010, III R 70/08, BFH/NV 2010, 2253, LEXinform 0179289). Demgegenüber bildet die ebenfalls nicht selbstständig nutzungsfähige PC-Maus eine Nutzungseinheit mit dem PC. Daher sind die Aufwendung für die PC-Maus nachträgliche Anschaffungskosten des PC und im Sammelposten des Wj. 02 zu erfassen (vgl. R 6.13 Abs. 5 Satz 2 EStR).

Als Vorinstanz der Revisionsentscheidung des BFH vom 19.2.2004 (VI R 135/01, BStBl II 2004, 958) hat das FG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 24.9.2001 (5 K 1249/00, EFG 2001, 159, LEXinform 0573178) entschieden, dass Verbindungskabel und andere Kleinteile nicht selbstständig nutzungsfähig und somit keine geringwertigen WG sind. Bei der AfA-Berechnung hat das FG diese Kleinteile im Wert von insgesamt ca. 90 € aber den Anschaffungskosten der PC-Anlage zugeordnet und sich auf das BFH-Urteil vom 25.11.1999 (III R 77/97, BFH/NV 2000, 658, LEXinform 0553103) berufen. Der BFH hat in seiner Revisionsentscheidung vom 19.2.2004 (VI R 135/01, BStBl II 2004, 958) diese Berechnungsgrundlage des FG unbeanstandet übernommen.

Es stellt sich nun die Frage, bis zu welchem Betrag die »Kleinteile« aus Vereinfachungsgründen der AfA-Berechnung zugrunde gelegt werden können. Der BFH hat in einem weiteren Urteil vom 15.6.2004 (VIII R 42/03, BFH/NV 2004, 1527, LEXinform 5900209) einen Monitor und die Tastatur für insgesamt 145 € der AfA-Berechnung zugrunde gelegt. M.E. können nicht selbstständig nutzungsfähige Kleinteile bis zu 100 € den Anschaffungskosten der PC-Anlage zugerechnet werden.

1.2. Computerkurse

Mit Urteil vom 24.10.2005 (5 K 1944/03) hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass Aufwendungen für einen Computerkurs als Werbungskosten abziehbar sind, wenn der Steuerpflichtige weder die beruflich erforderlichen Computerkenntnisse noch einen privaten Computer besitzt. Die Aufwendungen wurden im Einzelfall subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt, da der Kläger unstreitig privat nicht über einen Computer verfügt und daher glaubhaft war, dass er den Computerkurs nur mit Rücksicht auf seinen Beruf absolviert hat. Zwar sei nicht auszuschließen, dass der Kläger sich zukünftig einen Computer anschafft und seine erworbenen Kenntnisse dann auch privat nutzt oder dass er außerhalb des häuslichen Bereichs an fremden Computern seine Kenntnisse für private Zwecke nutzt. Die theoretische Möglichkeit einer privaten Nutzung schließt allerdings die Berücksichtigung als Werbungskosten nicht aus. Außerdem spricht auch nicht der Umstand, dass der Kläger den Kurs mit einer Prüfung und einem entsprechenden Ausbildungszertifikat abschloss, gegen, sondern sogar für die berufliche Veranlassung, da das Zertifikat die entsprechende Qualifikation nachweist, wofür es regelmäßig nur im beruflichen Bereich ein Erfordernis gibt.

1.3. Computerzeitschriften

Mit Urteil vom 21.7.2014 (5 K 2767/13 E) entschied das FG Münster, dass Aufwendungen für Computerzeitschriften keine Werbungskosten darstellen. Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung Kosten für diverse Computerzeitschriften als Fachliteratur geltend. Gegen die Versagung dieser Kosten wandte er sich mit der Begründung, dass seine Tätigkeit als Netzwerkadministrator in einem weltweit operierenden Unternehmen die ständige Fortbildung im IT-Bereich erfordere. Das FG kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht ausreichend dargelegt habe, die konkreten Zeitschriften weitaus überwiegend beruflich zu verwenden. Ein allgemeiner Hinweis auf die Notwendigkeit der Weiterbildung genügt hierfür nicht. Nach einer Begutachtung aktueller Ausgaben der benannten Zeitschriften ist der Senat zu dem Schluss gekommen, dass diese zu einem beachtlichen Teil Artikel enthalten, die auch für private Computernutzer von Interesse sind, etwa in Bezug auf Computerspiele oder eBay-Verkäufe. Auch die Artikel, die sich mit Fragen der Programmierung befassen, sind gleichermaßen für den Privatgebrauch von Interesse und in einer für Laien verständlichen Sprache abgefasst. Sie dienen daher nicht in erster Linie der Vermittlung von Fachwissen.

2. Software

2.1. Betriebswirtschaftliche Softwaresysteme

Zur bilanzsteuerrechtlichen Beurteilung von Aufwendungen zur Einführung eines betriebswirtschaftlichen Softwaresystems s. BMF vom 18.11.2005 (BStBl I 2005, 1025).

Das Betriebswirtschaftliche Softwaresystem (ERP-Software – Enterprise Resource Planning Software) ist ein Softwaresystem, das zur Optimierung von Geschäftsprozessen eingesetzt und aus verschiedenen Modulen (z.B. Fertigung, Finanzen, Logistik, Personal, Vertrieb) zusammengestellt wird. Wesensmerkmal eines ERP-Systems ist die Funktion zur umfassenden Integration und Steuerung verschiedener Unternehmensaktivitäten. Für den betrieblichen Einsatz ist es notwendig, die Programme an die unternehmensspezifischen Belange anzupassen. Der Gesamtvorgang der Einführung der ERP-Software wird als Implementierung bezeichnet.

ERP-Software ist regelmäßig Standardsoftware und bei entgeltlichem Erwerb ein aktivierungspflichtiges immaterielles WG des Anlagevermögens. Dabei bilden alle Module zusammen – wegen ihres einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs – ein Softwaresystem (d.h. ein Wirtschaftsgut). Dies gilt auch, wenn die Module zu unterschiedlichen Zeitpunkten oder von unterschiedlichen Softwareherstellern erworben werden, es sei denn, der Stpfl. weist nach, dass einzelne Module nicht in das Gesamtsystem zur Steuerung der Geschäftsprozesse integriert werden, also selbstständig nutzbar sind. Der Stpfl. erwirbt mit der Software entsprechende Lizenzrechte vom Anbieter (Softwarehersteller oder ein von diesem berechtigter Unternehmer).

Ist Gegenstand der Verträge mit dem Anbieter und/oder mit Dritten ein eingerichtetes Softwaresystem (Erwerb einer Standardsoftware und ihre Implementierung), liegt ein aktivierungspflichtiger Anschaffungsvorgang vor. Dies gilt auch, wenn die erworbene Standardsoftware ganz oder teilweise mit eigenem Personal implementiert wird (Herstellung der Betriebsbereitschaft).

Die erforderliche Implementierung der ERP-Software macht diese nicht zu einer Individualsoftware und führt damit nicht zu einem Herstellungsvorgang, wenn keine wesentlichen Änderungen am Quellcode vorgenommen werden; die Anpassung an die betrieblichen Anforderungen (sog. Customizing) erfolgt regelmäßig ohne Programmierung. Insofern kann von einer Selbstherstellung und infolgedessen von einem Aktivierungsverbot nicht ausgegangen werden. Ein Indiz für wesentliche Änderungen am Quellcode ist gegeben, soweit diese Auswirkungen auf die zivilrechtliche Gewährleistung des Software-Herstellers haben.

Das ERP-Softwaresystem ist ein immaterielles WG und kann gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG nur linear abgeschrieben werden. Als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer wird grundsätzlich ein Zeitraum von fünf Jahren angenommen.

2.2. Investitionsabzugsbetrag für Standardsoftware

Software ist ein immaterielles Wirtschaftsgut. Dies gilt auch für Standardsoftware, die auf einem Datenträger gespeichert wurde (vgl. BFH Urteil vom 18.5.2011, X R 26/09, BStBl II 2011, 865 sowie BMF vom 20.11.2013, IV C 6 – S 2139-b/07/10002, Rz. 3). Stpfl. können für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines WG einen den Gewinn mindernden Investitionsabzugsbetrag abziehen. Die Berücksichtigung erfolgt außerbilanziell. Die Software, die der Kläger anzuschaffen beabsichtigte (Erwerb von Systemsoftware), stellte kein bewegliches Wirtschaftsgut dar. Ein Investitionsabzugsbetrag ist somit nicht zu gewähren. Beweglich oder unbeweglich können nach allgemeiner Auffassung nur materielle Wirtschaftsgüter sein. Ist beabsichtigt, künftig immaterielle Wirtschaftsgüter anzuschaffen, kann folglich kein Investitionsabzugsbetrag vorgenommen werden. Materielle Wirtschaftsgüter seien körperliche Gegenstände. Immaterielle Wirtschaftsgüter unterscheiden sich davon durch ihre Unkörperlichkeit; es handele sich zumeist um geistige Werte, z.B. Ideen und Rechte. Bei einheitlichen Wirtschaftsgütern, die sich aus materiellen und immateriellen Komponenten zusammensetzen, entscheide die im Vordergrund stehende wirtschaftliche Bedeutung über die Qualifikation. Entscheidend sei, ob es dem Erwerber überwiegend auf den materiellen oder den immateriellen Gehalt ankommt, ob der Verkörperung eine eigenständige Bedeutung zukommt oder ob sie lediglich als »Träger« den immateriellen Gehalt festhalten soll. Computerprogramme jedweder Art seien grundsätzlich auch dann, wenn sie auf einem Datenträger gespeichert und demnach aus materiellen und immateriellen Elementen zusammengesetzt sind, unkörperlicher Natur und daher immaterielle Wirtschaftsgüter. Denn der materielle Gehalt des zu erwerbenden Wirtschaftsguts beschränke sich auf den Datenträger, der lediglich dazu diene, die Software zu transportieren und in einen Computer zu übertragen. Eine weitere Funktion oder einen nennenswerten wirtschaftlichen Wert besitze der Datenträger nicht. Er verliere in der Regel mit der einmaligen Übertragung des Programms in einen Datenspeicher des Computers seine Bedeutung, sei allenfalls mit einer schützenden Verpackung vergleichbar.

Das FG Köln entschied mit Urteil vom 17.2.2009, 1 K 1171/06, EFG 2009, 1540 wie folgt: Im Hinblick auf die Abgrenzung von materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern ist bei Software zwischen Standard- und Individualprogrammen zu unterscheiden. Fixe Standardprogramme sind materielle bewegliche Wirtschaftsgüter. Entscheidend ist allein, dass es sich bei dieser Art von Software um eine vorgefertigte Software handelt, die standardmäßig für eine Vielzahl von Nutzern gedacht ist.

3. Private Nutzung betrieblicher Personalcomputer

3.1. Nutzung durch Arbeitnehmer

Stellt ein ArbG seinen ArbN einen betrieblichen Computer kostenlos zur privaten Nutzung zur Verfügung, hat das keine lohnsteuerlichen Auswirkungen (§ 3 Nr. 45 EStG).

Nutzt der Arbeitnehmer seinen privaten PC auch für berufliche Zwecke, ist für einen etwaigen Arbeitgeberersatz keine besondere Steuerbefreiung vorgesehen. Steuerfreiheit käme nach den Vorschriften zum Auslagenersatz nur dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer die beruflich entstandenen Kosten im Einzelnen nachweist und der Arbeitgeber diesen Nachweis als Beleg zum Lohnkonto nimmt. Es handelt sich deshalb um steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ohne Einzelnachweis der beruflichen Kosten einen laufenden Barzuschuss dafür zahlt, dass dieser seinen privaten PC beruflich nutzt.

3.2. Nutzung durch Arbeitgeber (Unternehmer)

Aufwendungen einschließlich der AfA sind, soweit sie der privaten Nutzung des WG zuzurechnen sind, keine Betriebsausgaben (R 4.7 Abs. 1 Satz 1 EStR). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG handelt es sich dabei um eine Nutzungsentnahme (→ Entnahme). Die Aufwendungen einschließlich der AfA, soweit sie der privaten Nutzung des WG zuzurechnen sind, sind keine Betriebsausgaben. Es handelt sich dabei um Kosten der Lebensführung (→ Lebensführungskosten) i.S.d. § 12 Nr. 1 EStG, die bei der Ermittlung der Einkünfte nicht berücksichtigt werden dürfen.

Eine private Mitbenutzung eines PC ist für den vollständigen Betriebsausgabenabzug unschädlich, wenn diese einen Anteil von etwa 10 % nicht übersteigt. Bei einem höheren privaten Nutzungsanteil sind die Kosten eines gemischt genutzten PC aufzuteilen (H 12.1 [Personalcomputer] EStH).

Die Nutzungsentnahme ist als fiktive Betriebseinnahme zu behandeln. Nach dem BFH-Urteil vom 21.6.2006 (XI R 50/05, DStR 2006, 1498) besteht keine Steuerfreiheit für die Vorteile aus der privaten Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten für Selbstständige. Die Steuerfreiheit des § 3 Nr. 45 EStG bleibt auf ArbN beschränkt.

4. Übereignung eines Computers einschließlich Zubehör und Software an den Arbeitnehmer

Überträgt ein ArbG einen Computer kostenlos oder verbilligt in das Eigentum des ArbN, liegt ein geldwerter Vorteil (§ 8 Abs. 2 bzw. Abs. 3 EStG) vor, für den grundsätzlich Steuern fällig werden (→ Sachbezüge). Für PC und Telekommunikationsgeräte gilt jedoch § 3 Nr. 45 EStG: Die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen sind steuerfrei. Mit dem Änderungsgesetz zum Gemeindefinanzreformgesetzes vom 8.3.2012 wurde der Begriff des »PC« erweitert durch den Begriff »Datenverarbeitungsgeräte«. Damit kann der Arbeitgeber auch Geräte wie Smartphones oder Tablets steuerfrei überlassen. Regelmäßig nicht begünstigt sind hingegen Smart TV, Konsole, MP3-Player, Spielautomat, E-Book-Reader, Gebrauchsgegenstand mit eingebautem Mikrochip, Digitalkamera und digitaler Videocamcorder, weil es sich nicht um betriebliche Geräte des Arbeitgebers handelt. Nicht begünstigt ist auch ein vorinstalliertes Navigationsgerät in einem zur privaten Nutzung überlassenen Firmenwagen (BFH Urteil vom 16.2.2005, BStBl II 2005, 563).

Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 45 EStG gilt nicht nur für die private Nutzung von Computern mit Internetanschluss im Betrieb des Arbeitgebers, sondern auch für die private Nutzung von Laptops, Notebooks, Netbooks, Tablets sowie von Computern in der Wohnung des Arbeitnehmers, wenn die Geräte im Eigentum des Arbeitgebers bleiben. Der Umfang der privaten Nutzung spielt keine Rolle. Die Steuerbefreiung umfasst auch die Privatnutzung solcher Geräte, die nicht »internettauglich« sind, wie z.B. Personalcomputer und Laptops ohne Internetzugang. Die Steuerbefreiung gilt auch für die vom Arbeitgeber getragenen Verbindungsentgelte für die Telekommunikation (Grundgebühr und sonstige laufende Kosten). Steuerfrei sind zudem die im Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten einschließlich Zubehör und von System- und Anwendungsprogrammen erbrachten Dienstleistungen des Arbeitgebers. Begünstigt sind hierbei insbes. die Installation, Inbetriebnahme und Reparatur der Geräte und Programme durch einen IT-Service des Arbeitgebers.

5. Pauschalierung der Lohnsteuer

Die LSt kann mit einem Pauschsteuersatz von 25 % für die unentgeltliche oder verbilligte Übereignung von Personalcomputern und Zubehör sowie für Zuschüsse zu Aufwendungen des Arbeitnehmers für Internetnutzung (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG; → Pauschalierung der Lohnsteuer) erhoben werden.

Die Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG kommt bei Sachzuwendungen des ArbG in Betracht. Hierzu rechnet die Übereignung von Hardware einschließlich technischem Zubehör und Software als Erstausstattung oder als Ergänzung, Aktualisierung und Austausch vorhandener Bestandteile. Die Pauschalierung ist auch möglich, wenn der ArbG ausschließlich technisches Zubehör oder Software übereignet. Telekommunikationsgeräte, die nicht Zubehör eines Personalcomputers sind oder nicht für die Internetnutzung verwendet werden können, sind von der Pauschalierung ausgeschlossen. Hat der ArbN einen Internetzugang, sind die Barzuschüsse des ArbG für die Internetnutzung des ArbN nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG pauschalierungsfähig. Zu den Aufwendungen für die Internetnutzung in diesem Sinne gehören sowohl die laufenden Kosten (z.B. Grundgebühr für den Internetzugang, laufende Gebühren für die Internetnutzung, Flatrate), als auch die Kosten der Einrichtung des Internetzugangs (z.B. ISDN-Anschluss, Modem, Personalcomputer). Aus Vereinfachungsgründen kann der ArbG den vom ArbN erklärten Betrag für die laufende Internetnutzung (Gebühren) pauschal versteuern, soweit dieser 50 € im Monat nicht übersteigt. Der ArbG hat diese Erklärung als Beleg zum Lohnkonto aufzubewahren. Soweit die pauschal besteuerten Bezüge auf Werbungskosten entfallen, ist der Werbungskostenabzug grundsätzlich ausgeschlossen. Zugunsten des ArbN sind die pauschal besteuerten Zuschüsse zunächst auf den privat veranlassten Teil der Aufwendungen anzurechnen. Aus Vereinfachungsgründen unterbleibt zugunsten des ArbN eine Anrechnung auf seine Werbungskosten bei Zuschüssen bis zu 50 € im Monat (R 40.2 Abs. 5 LStR).

Auch nach den LStR 2015 ist die Pauschalierung aber nach wie vor bei der Übereignung von Telekommunikationsgeräten ausgeschlossen, die nicht Zubehör eines Datenverarbeitungsgeräts sind oder nicht für die Internetnutzung verwendet werden können (z.B. sog. Senioren-Handys; R 40.2 Abs. 5 Satz 4 LStR).

6. Umsatzsteuersatz von Computerzeitschriften

Bei Computerzeitschriften, die ausschließlich mit beigehefteter CD angeboten werden, handelt es sich um Warenzusammenstellungen in Aufmachungen für den Einzelverkauf, deren Charakter durch die Zeitschrift bestimmt wird und die deshalb insgesamt, d.h. einschließlich der mitgelieferten CD-ROM, dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Werden Zeitschriften wahlweise sowohl ohne als auch gegen einen Aufpreis von ca. 42 bis 100 % mit CD angeboten, so stellen die Zeitschriften mit CD ebenfalls gemischte Lieferungen dar, deren Charakter wesentlich durch die Zeitschrift bestimmt wird; auch sie unterliegen einheitlich dem ermäßigten Steuersatz (FG Hamburg vom 30.6.2005, VI 323/03, EFG 2005, 1812; vgl. auch FG München vom 30.1.2003, 14 K 3152/00, EFG 2003, 808).

7. Literaturhinweise

Onderka, Kehrtwende bei der einkommensteuerrechtlichen Behandlung privat angeschaffter Computer, DStR 2001, 2145; Siegle, Die Behandlung geringwertiger Wirtschaftsgüter ab 2010, DStR 2010, 1068.

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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Corona-Krise – Steuerliche Maßnahmen nach dem heutigen Erkenntnisstand.

Zunächst hatten das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und die obersten Finanzbehörden der Länder durch verschiedene Erlasse eine Vielzahl verschiedener steuerlicher Erleichterungen beschlossen, um die von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen Stpfl. zu entlasten. Hauptziel dieser Maßnahmen war und ist es, die Liquidität bei den Unternehmen zu verbessern, die durch die Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Diese Maßnahmen gelten für alle Stpfl., die von der Corona-Krise wirtschaftlich betroffen sind. Insbesondere können Unternehmen und Selbstständige, aber beispielsweise auch Vermieter, deren Einnahmen/Umsätze in Folge der Beschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise ganz oder teilweise wegfallen, die Maßnahmen in Anspruch nehmen.

Ergänzt wurden bzw. werden diese Erlasse zwischenzeitlich durch das mittlerweile verabschiedete (Erste) Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.6.2020 (BGBl I 2020, 1385) und das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz vom 29.6.2020 (BGBl I 2020, 1512).

Ich weise darauf hin, dass in diesem Beitrag nur die bei Aktualisierung des Beitrags (30.9.2020) dem Autor bekannt gewordenen (steuerlichen) Maßnahmen eingearbeitet wurden.

Es wird daher jedem empfohlen, die weiteren Entwicklungen zu verfolgen. Insbes. wird auf die laufend aktualisierten Informationen auf der Homepage des BMF und auf den vom BMF zur Corona-Krise veröffentlichten Fragen- und Antwortenkatalog (FAQs Corona Steuer) hingewiesen.

1. Verfahrensrecht

1.1. Stundungen

Stpfl., die durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerhebliche wirtschaftliche Schäden erleiden, können ab sofort, längstens bis zum 31.12.2020, Anträge auf eine – im Regelfall zinsfreie – Stundung von bereits fälligen oder bis zum 31.12.2020 fällig werdenden Steuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und Umsatzsteuer) stellen. Dabei legt die Finanzverwaltung keinen strengen Maßstab an die Darstellung der Voraussetzungen, es reicht aus, wenn aus dem Antrag auf Stundung ein Bezug zu der Corona-Krise erkannt werden kann und welche fällige Steuer (Steuerart, Zeitraum, Fälligkeitstermin sollte benannt werden) gestundet werden soll (BMF vom 19.3.2020, BStBl I 2020, 262). Dabei wird von der Finanzverwaltung auf die Gestellung von Sicherheitsleistungen bei der Stundung der Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer im Regelfall verzichtet.

In den meisten Bundesländern wird die Möglichkeit der Stundung auch auf die Landessteuern wie Grunderwerbsteuer und die Erbschafts– und Schenkungsteuer ausgeweitet. Hierbei sind ggf. länderspezifische Besonderheiten zu beachten. So hatte beispielsweise Bayern zunächst nur für die in der Zeit vom 1.1.2020 bis 30.4.2020 verwirklichten Erwerbsvorgänge und für Vorgänge, für die die Steuer in diesem Zeitraum entsteht, eine zinslose Stundung der Grunderwerbsteuer vorgesehen. Nun wurde der Zeitraum der stundungsfähigen Erwerbsvorgänge von dem 1.1.2020–31.7.2020 ausgeweitet (https://www.stmfh.bayern.de/service/finanzielle_hilfen/corona_2020/, Stand: 19.6.2020). Hessen (s.a. Hessisches Ministerium der Finanzen, FAQ Steuern in Zeiten der Corona-Pandemie, II.1 Stand 26.5.2020) verlangt diese Einschränkung dagegen nicht.

Die zinslose Stundung ist jedoch – derzeit – bis längstens zum 31.12.2020 vorgesehen.

Eine Stundung der Lohnsteuer (mit Ausnahme der pauschalierten Lohnsteuer) bleibt ausgeschlossen (vgl. § 222 Satz 4 AO). Gleiches gilt für die Kapitalertragsteuer.

Die Stundungsanträge sollten über Mein ELSTER online an das FA übermittelt werden, alternativ bieten die Landesfinanzbehörden auf ihren Homepages hierfür auch vereinfachte Vordrucke an, deren Verwendung die Antragsbearbeitung beschleunigt. Der Antrag kann auch formlos (jedoch schriftlich) gestellt werden. Telefonisch kann keine Stundung beantragt werden.

Grundsätzlich werden Stundungen ohne Angabe einer beantragten Stundungsdauer zunächst für einen Zeitraum von drei Monaten gewährt. Im Stundungsantrag sollten bereits Angaben zu möglichen Zahlungsmodalitäten (z.B. Ratenzahlung) gemacht werden. Anschlussstundungen sind unter Berücksichtigung der dargestellten Besonderheiten bis zum 31.12.2020 möglich.

Voraussetzung für einen Stundungsantrag ist jedoch die vorhergehende Festsetzung und Fälligkeit der entsprechenden Steuer.

Bereits angemeldete oder festgesetzte und bereits geleistete Steuern können nicht aufgrund von Stundungsanträgen erstattet werden.

Eine Stundung ist selbst dann möglich, wenn das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO geschätzt hat. Jedoch kommt in diesen Fällen eine Stundung nur so weit und so lange in Betracht, wie die betreffende Steuererklärung, die trotz der erfolgten Schätzung weiterhin abzugeben ist, aufgrund der Beeinträchtigungen durch die Corona-Krise nicht eingereicht werden kann.

Stundungsanträge zur Gewerbesteuer sind (bis auf die Stadtstaaten) nicht an das FA, sondern unmittelbar an die Gemeinde zu richten (gleichlautender Ländererlass vom 19.3.2020, BStBl I 2020, 281).

1.2. Erlass

Eine besondere Regelung zu Erlassanträgen wegen der Corona-Krise seitens der Finanzverwaltung gibt es nicht. Daher werden Erlassanträge von der Finanzverwaltung weiterhin nach den allgemeinen Grundsätzen behandelt.

1.3. Vollstreckungsmaßnahmen

Bei von der Corona-Krise betroffenen Stpfl. soll längstens bis zum 31.12.2020 von der Vollstreckung rückständiger oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdender Steuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer, Lohnsteuer und Umsatzsteuer) abgesehen werden. Das setzt jedoch voraus, dass das FA über die Situation des Stpfl. informiert wird.

Auch in diesen Fällen werden die zwischen dem 19.3.2020 und längstens dem 31.12.2020 kraft Gesetzes verwirkten Säumniszuschläge erlassen (BMF vom 19.3.2020, BStBl I 2020, 262).

Wurden bereits Vollstreckungsmaßnahmen bei einem nicht unerheblich von der Corona-Krise betroffenen Steuerpflichtigen ausgebracht, kann ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub gestellt werden. Diesem wird grundsätzlich längstens bis zum 31.12.2020 von Seiten der Finanzverwaltung stattgegeben.

Zu einer bereits vor Beginn der Corona-Krise ausgebrachten Pfändungsverfügung hat im Rahmen einer einstweiligen Anordnung das FG Münster am 13.5.2020 (Az. I V 1286/20, EFG 2020, 897) entschieden, dass diese rechtswidrig ist, soweit sie die Beträge der Corona-Soforthilfe umfasst. So handelt es sich bei der Corona-Soforthilfe aufgrund ihrer Zweckbindung um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 399 Alternative 1 BGB regelmäßig nicht pfändbare Forderung (BFH vom 9.7.2020, VII S 23/20 (AdV), DStR 2020, 1734).

Jedoch ist nicht zu beanstanden, dass die Finanzbehörden die Regelungen des BMF-Schreibens betreffend »Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung des Coronavirus COVID-19/SARS-CoV-2« vom 19.3.2020 (BStBl I 2020, 262) nicht auf Vollstreckungsmaßnahmen anwendet, die bereits vor Bekanntgabe dieses Schreibens durchgeführt worden sind. Steuerschuldner, gegen die bereits vor Bekanntgabe dieses Schreibens vollstreckt worden ist, können um Rechtsschutz nur nach den allgemeinen Regeln (z.B. § 258 AO) ersuchen (BFH vom 30.7.2020, VII B 73/20 (AdV), juris).

Insolvenzanträge, die von den Finanzbehörden bereits vor Beginn der Corona-Krise gestellt wurden, werden nur in begründeten Ausnahmefällen zurückgenommen bzw. für erledigt erklärt, da davon auszugehen ist, dass der Insolvenzgrund bereits vor Ausbruch der Corona-Krise vorgelegen hat.

1.4. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Falls die Nichteinhaltung einer gesetzlichen Frist auf den Folgen der Corona-Krise beruht, wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt (§ 110 AO). Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Dabei muss die versäumte Handlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt werden (§ 110 Abs. 2 AO).

1.5. Fristverlängerungen

1.5.1. Fristverlängerung für die Abgabe von Steuererklärungen

Stpfl., die nicht steuerlich beraten sind, haben ihre Steuererklärungen für das Kj. 2019 am 31.7.2020, nicht beratene Land- und Forstwirte mit abweichendem Wj. am 31.1.2021 abzugeben (§ 149 Abs. 2 AO). Sollte ein steuerlich nicht beratener Stpfl. aufgrund der Corona-Krise nicht in der Lage sein, diese Frist einzuhalten, kann er bei seinem FA eine Fristverlängerung beantragen.

Steuerlich beratene Stpfl. haben ihre Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2019 bis zum Ablauf des Monats Februars 2021 abzugeben (beratene Land- und Forstwirte mit abweichendem Wj. bis zum Ablauf des Monats Juli 2021; § 149 Abs. 3 AO).

Kann ein Steuerberater Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2018 wegen der Belastungen durch die Corona-Krise – unverschuldet – nicht pünktlich abgeben, konnte rückwirkend ab dem 1.3.2020 Fristverlängerung beantragt werden. Die Fristverlängerungen wurden in diesen Fällen zunächst bis längstens zum 31.5.2020 gewährt. Wurden in diesen Fällen bereits Verspätungszuschläge festgesetzt, werden diese insoweit erlassen.

1.5.2. Fristverlängerung für die Lohnsteueranmeldungen

Nachdem zunächst einzelne Bundesländer wie z.B. Bayern und Nordrhein-Westfalen (FinMin NRW Pressemitteilung vom 2.4.2020) auf Antrag den von der Corona-Pandemie betroffenen Arbeitgebern eine zweimonatige Fristverlängerung für die zum 10.4.2020 abzugebenden Lohnsteueranmeldungen (dieser Stichtag betraf die LSt-Anmeldung 3/2020 bzw. die LSt-Anmeldung für das 1. Quartal 2020) gewährt haben, wurde diese Praxis nun bundeseinheitlich ausgeweitet und verlängert. So können ArbG auf Antrag die Fristen zur Abgabe monatlicher oder vierteljährlicher Lohnsteuer-Anmeldungen während der Corona-Krise im Einzelfall nach § 109 Abs. 1 AO verlängert werden, soweit sie selbst oder der mit der Lohnbuchhaltung und Lohnsteuer-Anmeldung Beauftragte nachweislich unverschuldet daran gehindert sind, die Lohnsteuer-Anmeldungen pünktlich zu übermitteln. Die Fristverlängerung darf maximal zwei Monate betragen (BMF vom 23.4.2020, BStBl I 2020, 474).

1.6. Verspätungszuschläge

Wurde durch den Steuerberater, Lohnsteuerhilfeverein oder eine andere zu Beratung befugte Person eine Fristverlängerung (s. Tz. I.5.1) zur Abgabe der Steuererklärung 2018 bis zum 30.5.2020 beantragt und gewährt, wird für die Steuererklärungen für 2018 kein Verspätungszuschlag festgesetzt, wenn diese bis zum 2.6.2020 abgegeben wurden.

In allen anderen Fällen einer Verspätung erfolgt bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags eine Einzelfallprüfung durch das Finanzamt unter Abwägung der persönlichen Situation des Betroffenen. Hierzu sollten bereits bei der verspäteten Abgabe einer Steuererklärung die Gründe mitgeteilt werden, die zu der Verspätung geführt haben.

1.7. Außenprüfungen

Die Durchführung von Außenprüfungen ist grundsätzlich auch während der Corona-Krise noch zulässig und kann – unter Berücksichtigung der Situation des Unternehmens – angeordnet werden. So gibt es durchaus Unternehmen, die von der Corona-Krise nur wenig oder gar nicht betroffen sind. Nachdem die Außenprüfungen während des Lockdowns jedoch regelmäßig an Amtsstelle und nicht mehr in den Geschäftsräumen von Unternehmen oder Angehörigen der steuerberatenden Berufe durchgeführt wurden, finden nun wieder – soweit dies mit den erforderlichen Hygiene- und Abstandsregelungen möglich ist, Außenprüfungen in den Unternehmen statt. Wird der Beginn einer Außenprüfung auf Antrag des Stpfl. verschoben, hemmt dies den Eintritt des Ablaufs der Verjährung bei den zu prüfenden Steuern (§ 171 Abs. 4 AO).

Laufende Außenprüfungen können wegen der aktuellen Situation des Unternehmens/des Steuerberaters durchaus – auf Antrag – unterbrochen werden.

Schlussbesprechungen mit persönlicher Anwesenheit vor Ort sind – soweit die dafür erforderlichen Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln gewährleistet sind – wieder möglich. Ansonsten können diese auch telefonisch oder per Videokonferenz durchgeführt werden, soweit dies technisch möglich ist. Bei Bedarf kann die Schlussbesprechung auch zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Ferner kann die Übersendung der Prüfungsfeststellungen auch schriftlich erfolgen, ggf. kann der Stpfl. auf eine Schlussbesprechung verzichten (§ 201 Abs. 1 Satz 1 AO).

2. Ertragsteuerliche Maßnahmen

2.1. Kurzarbeitergeld

Das Kurzarbeitergeld ist als sog. Lohnersatzleistung steuerfrei (§ 3 Nr. 2 Buchst. a EStG). Es wirkt sich jedoch im Rahmen des Progressionsvorbehalts (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG) auf den Steuersatz aus.

Die Aufstockung des Kurzarbeitergelds durch den Arbeitgeber war in der Vergangenheit nicht nach § 3 Nr. 11 EStG begünstigt (BMF vom 9.4.2020, BStBl I 2020, 503).

Nach dem (Ersten) Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.6.2020 (BGBl. I 2020, 1385) wurde in § 3 Nr. 28a EStG eine Befreiung für die Aufstockungsbeträge zum Kurzarbeitergeld eingefügt. Danach sind Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld nach § 3 Nr. 28a EStG steuerfrei, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 % des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III (= vereinfacht 80 % des letzten Nettogehalts) nicht übersteigen. Die Steuerbefreiung wird auf die Zuschüsse begrenzt, die für Lohnzahlungszeiträume von März bis Dezember 2020 geleistet werden (§ 3 Nr. 28a EStG). Damit wird die vielfach in Tarifverträgen vereinbarte oder auch freiwillige Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber gefördert werden.

Der Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2020 sieht eine Verlängerung der Befristung für die Befreiung der Aufstockungsbeträge zum Kurzarbeitergeld um ein Jahr vor. Die Steuerfreiheit würde dann für Lohnzahlungszeiträume gelten, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 1.1.2022 enden.

Stocken steuerbegünstigte (gemeinnützige) Organisationen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG für ihre Beschäftigten das Kurzarbeitergeld aus eigenen Mitteln bis zu einer Höhe von 80 % auf, führt dies nicht zu einer Mittelfehlverwendung, wenn diese Aufstockung für alle Arbeitnehmer einheitlich erfolgt (BMF vom 9.4.2020, BStBl I 2020, 498).

2.2. Beihilfen/Unterstützungszahlungen an Arbeitnehmer (§ 3 Nr. 11a EStG)

Zunächst hatte das BMF mit Schreiben vom 9.4.2020 (BStBl I 2020, 503) die durch einen ArbG an seine ArbN gezahlten Beihilfen und Unterstützungen (z.B. Prämie für den Mehreinsatz; sog. Corona-Prämien) für die Zeit vom 1.3.2020–31.12.2020 als Leistung i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG eingestuft, die bis zu einem Betrag von 1 500 € steuerfrei gestellt werden können.

Da jedoch an dieser Rechtsauslegung durch die Verwaltung Zweifel hinsichtlich deren Rechtmäßigkeit geäußert wurden, wurde durch das (Erste) Corona-Steuerhilfegesetz für diese Leistungen eine neue Befreiungsvorschrift (§ 3 Nr. 11a EStG) in das EStG aufgenommen.

Danach sind die in der Zeit vom 1.3.2020–31.12.2020 von einem ArbG aufgrund der Corona-Krise gewährte Beihilfen und Unterstützungen (z.B. Prämie für den Mehreinsatz etc.) in Form von Geld- oder Sachleistungen an seine ArbN bis zu einem Betrag von 1 500 € steuerfrei (§ 3 Nr. 11a EStG). Voraussetzung ist, dass diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Es handelt sich um einen Freibetrag, d.h. höhere Beihilfen und Unterstützungen sind hinsichtlich des den Freibetrag von 1 500 € übersteigenden Teils grundsätzlich steuer- und beitragspflichtig.

Da § 3 Nr. 11a EStG nicht an den Lohnzahlungszeitraum, sondern an die tatsächliche Zahlung des Corona-Bonus anknüpft, greift die Steuerbefreiung für einen Corona-Bonus nur dann, wenn dieser in dem Begünstigungszeitraum 1.3.–31.12.2020 auch tatsächlich ausgezahlt wurde.

Für die Annahme eines steuerfreien Corona-Bonus ist zudem erforderlich, dass dieser zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet wird.

So fallen Zuschüsse, die ein Arbeitgeber zum Kurarbeitergeld zahlt, nicht unter die Steuerbefreiung. Entsprechendes gilt für Zuschüsse, die ein Arbeitgeber als Ausgleich zum Kurzarbeitergeld wegen Überschreitens der Bemessungsgrenze leistet. Auch diese fallen weder unter § 3 Nr. 11a EStG noch unter § 3 Nr. 2 Buchst. a EStG.

Die steuerfreien Leistungen nach § 3 Nr. 11a EStG sind im Lohnkonto aufzuzeichnen. Andere Steuerbefreiungen bleiben davon unberührt und können neben der Befreiung nach § 3 Nr. 11a EStG in Anspruch genommen werden (analog BMF vom 9.4.2020, BStBl I 2020, 503).

2.3. Übungsleiterfreibetrag (§ 3 Nr. 26 EStG)

Im Rahmen der Corona-Krise wurden bereits im Ruhestand befindliche oder aus sonstigen Gründen, wie etwa Elternzeit, nicht mehr aktive Ärztinnen und Ärzte oder auch Pflegerinnen und Pfleger aufgefordert und gebeten, bei der Versorgung von erkrankten Personen zu helfen. Erhalten diese freiwilligen Helfer für ihre Tätigkeiten eine Vergütung, ist diese i.H.v. bis zu 2 400 € im Kj. steuerfrei nach § 3 Nr. 26 EStG. So zählt die ärztliche Versorgung von kranken Menschen zu den begünstigten Tätigkeiten des § 3 Nr. 26 EStG, wenn folgende weitere Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die regelmäßige Wochenarbeitszeit beträgt nicht mehr als 14 Stunden.
  • Der Auftraggeber ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts (zum Beispiel ein Gesundheitsamt oder ein staatliches Krankenhaus) oder eine wegen der Förderung steuerbegünstigter Zwecke (gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich) anerkannte Einrichtung (etwa ein gemeinnütziges Krankenhaus).

Übt jedoch die Ärztin oder der Arzt bzw. die Pflegerin oder der Pfleger mehrere begünstigte nebenberufliche Tätigkeiten aus, wird der Übungsleiterfreibetrag nur einmal gewährt. Die Einnahmen aus allen begünstigten Tätigkeiten sind bis 2 400 € steuerfrei. Hatte der Helfer Ausgaben getätigt, die mit der begünstigten Tätigkeit in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, können diese steuerlich nur berücksichtigt werden, soweit sie den Übungsleiterfreibetrag übersteigen.

Entsprechendes gilt für die Pflege kranker oder alter Menschen. Auch die dafür aktivierten freiwilligen Pflegerinnen und Pfleger erhalten den Übungsleiterfreibetrag unter den gleichen Voraussetzungen.

2.4. Soforthilfe

Zur schnellen Überbrückung von Liquiditätsengpässen hatte der Bund ein Zuschussprogramm für kleinere Unternehmen und Soloselbständige aufgelegt. So konnte ein Soloselbständiger bzw. ein kleineres Unternehmen, das wegen der Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, Zuschüsse aus dem Soforthilfeprogramm wie folgt erhalten:

  • max. 9 000 € bei Unternehmen mit bis zu fünf Arbeitnehmern und
  • max. 15 000 € bei Unternehmen mit bis zu zehn Arbeitnehmern.

Die Zuschüsse für die Soforthilfe waren in dem Bundesland zu beantragen, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, da die Zuschussgewährung von den Bundesländern abgewickelt wurde. Die Zuschüsse des Bundes aus dem Soforthilfe-Programm wurden von den Ländern häufig noch um eigene Zuschussprogramme ergänzt bzw. erweitert. So ergänzte beispielsweise Hamburg die Zuschüsse des Bundes um eigene Zuschussbeträge (in €) wie folgt:

maximale FörderbeträgeBundHamburgSumme
Solo-Selbstständige9 0002 50011 500
mehr als 1 bis 5 Mitarbeiter9 0005 00014 000
mehr als 5 bis 10 Mitarbeiter15 0005 00020 000
mehr als 10 bis 50 Mitarbeiter025 00025 000
mehr als 50 bis 250 Mitarbeiter030 00030 000

Bei der Beantragung der Zuschüsse sollte daher immer auch geprüft werden, ob es noch landeseigene Zuschussprogramme gibt, die zusätzlich beantragt werden können.

Die erhaltenen Zuschüsse sind als stpfl. Einnahmen im Rahmen der Gewinnermittlung zu erfassen. Sie unterliegen als echte Zuschüsse jedoch nicht der Umsatzsteuer.

Die Möglichkeit zur Beantragung einer Corona-Soforthilfe lief Ende Mai 2020 aus.

2.5. Corona-Überbrückungshilfe

Die Soforthilfe wurde durch die Corona-Überbrückungshilfe abgelöst. Anders als bei der pauschal gezahlten Soforthilfe erfolgt nun eine Verknüpfung mit den tatsächlichen Kosten des zu fördernden Unternehmens. Zunächst wurde die Corona-Überbrückungshilfe für die Monate Juni bis August 2020 (1. Phase) gewährt. Dabei bemaß sich die Förderhöhe nach den erwarteten Umsatzeinbrüchen der Fördermonate Juni, Juli, August 2020 im Verhältnis zu den jeweiligen Vergleichsmonaten.

Die Überbrückungshilfe erstattet einen Anteil in Höhe von

  • 80 % der förderfähigen Fixkosten bei einem Umsatzeinbruch > 70 %
  • 50 % der förderfähigen Fixkosten bei einem Umsatzeinbruch ≥ 50 % und ≤ 70 %; und
  • 40 % der förderfähigen Fixkosten bei einem Umsatzeinbruch ≥ 40 % und < 50 %

im Fördermonat im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Die Berechnung wurde dabei jeweils für jeden Monat einzeln vorgenommen. Liegt der Umsatzeinbruch in einem Fördermonat bei weniger als 40 % gegenüber dem Vergleichsmonat, entfällt die Überbrückungshilfe für den jeweiligen Fördermonat.

Die maximale Förderung betrug 50 000 € pro Monat.

Bei Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten beträgt der maximale Erstattungsbetrag 3 000 € pro Monat, bei Unternehmen bis zu zehn Beschäftigten 5 000 € pro Monat.

Die maximalen Erstattungsbeträge für kleine Unternehmen konnten in begründeten Ausnahmefällen überschritten werden. Unternehmer- oder Unternehmerinnenlohn war nicht förderfähig.

Die Überbrückungshilfe wurde nun um eine 2. Phase verlängert. Diese umfasst die Fördermonate September bis Dezember 2020. Anträge für die 2. Phase können voraussichtlich ab Oktober gestellt werden.

Ein Antrag auf Gewährung einer Überbrückungshilfe darf nur durch einen prüfenden Dritten i.S.d. § 3 Steuerberatungsgesetz (Steuerberatende inklusive Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfende, vereidigte Buchprüfende, Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt) gestellt werden. Die Antragsstellung ohne prüfenden Dritten ist nicht zulässig. Auf der Basis der bei der Antragstellung gemachten Angaben erfolgt die Auszahlung der Überbrückungshilfe für die gesamten drei Monate. Im Nachgang erfolgt gleichfalls über einen prüfenden Dritten eine Schlussabrechnung über die tatsächlichen Umsatzeinbrüche und angefallenen Fixkosten. Gegebenenfalls zu viel gezahlte Hilfen sind zurückzuzahlen. Eine nachträgliche Aufstockung der Überbrückungshilfen erfolgt nicht. Der Antrag ist elektronisch über eine digitale Schnittstelle an die Bewilligungsstellen der Länder zu übermitteln.

Wichtig: Anträge für die 1. Phase der Überbrückungshilfe (Fördermonate Juni bis August 2020) mussten bis spätestens zum 30.9.2020 gestellt werden. Es ist nicht möglich, nach dem 30.9.2020 noch rückwirkend einen Antrag für die 1. Phase zu stellen.

Die Corona-Überbrückungshilfe ist im Rahmen der Gewinnermittlung als steuerpflichtige Einnahme zu erfassen, die jedoch als echter Zuschuss nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

2.6. Dienstwagenbesteuerung

Die Bemessungsgrundlage für die mit Wirkung ab dem VZ 2020 eingeführte begünstigte Besteuerung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs (sog. 1 %-Regelung), das keine CO2-Emissionen hat (wie Elektrofahrzeuge; Brennstoffzellenfahrzeuge), wurde durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz von bisher 40 000 € auf nun 60 000 € angehoben. Die Anhebung des Höchstbetrags soll zum einen die Nachfrage an entsprechenden Fahrzeugen beleben und hat auch das Ziel der Förderung einer nachhaltigen Mobilität. Die Anhebung der Bemessungsgrundlage gilt für alle begünstigten Fahrzeuge, die nach dem 31.12.2018 angeschafft wurden.

2.7. Degressive AfA

Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wieder eingeführt.

Danach kann für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in 2020 oder 2021 angeschafft oder hergestellt wurden, anstelle der linearen Abschreibung eine degressive Abschreibung i.H.v. bis zu 25 %, höchstens dem Zweieinhalbfachen der linearen Abschreibung, in Anspruch genommen werden (§ 7 Abs. 2 EStG).

Eine degressive Abschreibung kann – wie auch die lineare Abschreibung – bei einem beweglichen Wirtschaftsgut des Anlagevermögens, welches erst im Laufe des Jahres 2020 oder 2021 angeschafft oder hergestellt wurde, im Jahr der Anschaffung oder Herstellung nur zeitanteilig geltend gemacht werden.

2.8. Verlängerung der Investitionsfristen

Sowohl § 7g EStG (Investitionsabzugsbetrag) als auch § 6b EStG (Reinvestitionsrücklage) sieht Fristen für eine (Re-)Investition vor. Diese Fristen wurden durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz verlängert.

Danach wurde die Frist für eine nach § 6b EStG erforderliche Reinvestition um ein Jahr verlängert, wenn eine Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG, die am Schluss eines nach dem 29.2.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wj. noch vorhanden ist und nach § 6b Abs. 3; Abs. 8 Nr. 1 EStG aufzulösen wäre, noch weiterhin besteht. Diese muss nun erst am Schluss des darauffolgenden Wj. reinvestiert sein (Verlängerung der Reinvestitionsfrist).

Die Verlängerung der Reinvestitionsfrist nach § 6b EStG kann durch eine ebenfalls neu aufgenommene Rechtsverordnung bei einer anhaltenden Auswirkung der Corona-Krise um ein weiteres Jahr verlängert werden (§ 52 Abs. 14 EStG).

Darüber hinaus wurde die Frist für die Wahrnehmung eines Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG um ein Jahr für die Investitionsabzugsbeträge verlängert, deren Investitionsfrist Ende 2020 ausläuft. D.h. ein in 2017 gebildeter Investitionsabzugsbetrag bräuchte nicht mehr zwingend bis Ende 2020 investiert werden, um die ansonsten eintretende negativen Steuerfolgen zu vermeiden.

2.9. Betriebsausgabenabzug für Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen

Wendet ein Stpfl. aufgrund der Corona-Krise einem davon unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen Geschäftspartner zur Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen unentgeltlich Leistungen aus seinem Betriebsvermögen zu, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abzugsfähig. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG findet aus Billigkeitsgründen insoweit keine Anwendung.

Entsprechend führt die Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geld), für die dem Grunde nach die Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug (§ 4 Abs. 4 EStG) nicht erfüllt sind, an durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich geschädigte Unternehmen oder die mit der Bewältigung der Krise beschäftigten Unternehmen (z.B. Krankenhäuser), ohne Rücksicht auf § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG zu abzugsfähigen Betriebsausgaben.

Bei dem Empfänger sind die empfangenen Wirtschaftsgüter, Nutzungen und Leistungen nach § 6 Abs. 4 EStG als Betriebseinnahmen mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen (BMF vom 9.4.2020, BStBl I 2020, 498).

2.10. Homoffice – Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer

Wer wegen der Corona-Krise seinen Büroarbeitsplatz nicht mehr aufsuchen kann und im Home-Office arbeiten muss, kann nur dann Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen, wenn das häusliche Arbeitszimmer die Bedingungen des § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG erfüllt. Der Homeoffice-Arbeitsplatz muss die grundsätzlichen Anforderungen für ein häusliches Arbeitszimmer erfüllen. So wäre ein Arbeiten mit dem Notebook in der häuslichen Küche bereits dem Grunde nach nicht geeignet, um Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen zu können. Zudem muss das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilden. Die Frage der Abziehbarkeit solcher Aufwendungen kann daher erst im Rahmen der Veranlagung geklärt werden.

2.11. Verluste

2.11.1. Verlustrücktrag

Der Höchstbetrag für einen Verlustrücktrag (§ 10d EStG) wurde durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz für die in den Jahren 2020 und 2021 erzielten Verluste von bisher 1 Mio. € auf 5 Mio. € sowohl für die Einkommensteuer als auch Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 KStG) erhöht. Bei einer Zusammenveranlagung beträgt der mögliche Verlustrücktrag nun anstelle von den bisherigen 2 Mio. € nun 10 Mio. €.

Ab 2022 ist ein Verlustrücktrag in das Vorjahr nur wieder in der bisherigen Höhe, d.h. nur noch bis max. 1 Mio. € (bzw. 2 Mio. € bei einer Zusammenveranlagung) möglich.

2.11.2. Berücksichtigung eines Verlustrücktrags bei der Veranlagung 2019

Der Verlustrücktrag setzt grundsätzlich voraus, dass eine Veranlagung durchgeführt wird, die zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte führt (§ 10d EStG).

D.h. ein Verlustrücktrag in das Jahr 2019 ist nur möglich, wenn die Veranlagung für 2020 zu einem rücktragsfähigen Verlust führt.

Durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz wurde – um einen vorgezogenen pauschalierten Verlustrücktrag in das Jahr 2019 vornehmen zu können – der § 111 EStG in das EStG aufgenommen.

Danach kann auf Antrag des Stpfl. ein vorläufiger Verlustabzug für 2020 vorgenommen werden, der den Gesamtbetrag der Einkünfte 2019 mindert. Der vorläufige Verlustrücktrag beträgt nach § 111 Abs. 1 EStG pauschal 30 % des Gesamtbetrags der Einkünfte 2019, ohne die darin enthaltenen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG).

Begehrt ein Stpfl. einen höheren vorläufigen Verlustabzug, muss er seine in 2020 voraussichtlich erzielten (negativen) Einkünfte anhand detaillierter Unterlagen (z.B. betriebswirtschaftliche Auswertungen, etc.) nachweisen.

Weitere Voraussetzung für einen vorläufigen Verlustrücktrag in das Jahr 2019 ist, dass die Vorauszahlungen für 2020 auf 0 € herabgesetzt wurden (siehe hierzu auch Tz. II.16.2. Herabsetzung von Vorauszahlungen).

Auch kann der vorläufige Verlustrücktrag nur maximal i.H.v. 5 Mio. € bzw. 10 Mio. € bei einer Zusammenveranlagung vorgenommen werden (§ 111 Abs. 3 EStG).

Wurden bereits die Vorauszahlungen 2019 nach § 110 EStG herabgesetzt (siehe hierzu auch Tz. II.16.2.) und führt die Veranlagung 2019 zu einer Nachzahlung, weil beispielsweise der Gesamtbetrag der Einkünfte 2019 höher ist, als der im Vorauszahlungsbescheid angesetzte, kann diese auf Antrag des Stpfl. zinslos gestundet werden (§ 111 Abs. 4 EStG). Die zinslose Stundung endet spätestens einen Monat nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2020.

Wer einen Antrag nach § 111 EStG stellt, ist verpflichtet für 2020 eine Einkommensteuer-/Körperschaftsteuererklärung abzugeben.

Wird später die Veranlagung 2020 durchgeführt, wird zwingend auch die Veranlagung 2019 geändert. Dabei wird zum einen der bisher vorläufig berücksichtigte Verlustabzug wieder dem Gesamtbetrag der Einkünfte 2019 hinzugerechnet. Zum anderen kann der in 2020 erzielte tatsächliche Verlust im Rahmen des § 10d EStG berücksichtigt werden.

Der Antrag nach § 111 EStG kann für die Steuerfestsetzung 2019 grundsätzlich bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist ausgeübt werden. Jedoch schränkt die Bestandskraft eines Steuerbescheids die Wahlrechtsausübung an. Ist also die Veranlagung 2019 endgültig durchgeführt worden, kann ein Antrag nach § 111 EStG i.d.R. nicht mehr gestellt werden.

Jedoch lässt § 111 EStG zu, dass bei einer Steuerfestsetzung 2019, die 14 Tage vor oder nach dem Inkrafttreten des Gesetzes bestandskräftig geworden ist, die Stpfl. innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten des Gesetzes noch einen Antrag auf Berücksichtigung eines vorläufigen Verlustabzug in 2019 stellen können.

Nach Durchführung der Veranlagung 2020 und der damit verbundenen regulären Anwendung des § 10d EStG scheidet die Möglichkeit eines Antrags nach § 111 EStG aus.

M.E. kann ein Antrag nach § 111 EStG auch dann nicht gestellt werden, wenn die Steuerpflicht in 2019 endet (z.B. durch Tod des Stpfl. oder Liquidation der Gesellschaft). So fehlt es in diesen Fällen an einer – vom Gesetzgeber gewollten – wirtschaftlichen Belastung durch die Corona-Krise, die zu einem rücktragsfähigen Verlust führt.

2.12. Spendenabzug (§ 10b EStG)

Im Rahmen eines sog. Katastrophen-Erlasses hat das BMF (BMF vom 9.4.2020, BStBl I 2020, 498) den vereinfachten Zuwendungsabzug für Zuwendungen auf ein Sonderkonto von inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder eines amtlich anerkannten inländischen Verbands der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen zugelassen, wenn dieses Sonderkonto der Unterstützung von von der Corona-Krise Betroffenen dient (§ 50 Abs. 5 EStDV).

Begünstigt sind alle Zuwendungen in der Zeit vom 1.3.2020–31.12.2020, selbst wenn diese mehr als 200 € betragen, die auf eines dieser Sonderkonten gespendet werden.

Als Nachweis für den Spendenabzug (ohne betragsmäßige Begrenzung) genügt der Bareinzahlungsbeleg oder der Buchungsbeleg eines Kreditinstituts wie z.B. der Kontoauszug oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking. Eine gesonderte Zuwendungsbestätigung (§ 50 Abs. 1 EStDV) ist für diese Zuwendungen nicht erforderlich.

Die für den Nachweis der Zuwendung erforderlichen Unterlagen sind nur auf Verlangen des Finanzamts vorzulegen und vom Zuwendenden bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung aufzubewahren (§ 50 Abs. 8 EStDV).

Verzichten ArbN auf die Auszahlung eines Teil ihres Arbeitslohns oder eines angesammelten Wertguthabens zugunsten einer Zahlung des ArbG auf ein Spendenkonto einer steuerbegünstigten Einrichtung (sog. Arbeitslohnspende), bleiben diese Lohnbestandteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der ArbG die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Weder für den ArbG noch für den ArbN ist für diese Beträge ein Spendenabzug zulässig (der ArbG hat gleichwohl einen entsprechenden Lohnaufwand).

Verzichtet ein Aufsichtsratsmitglied vor Fälligkeit oder Auszahlung auf Teile seiner Vergütung, gilt das Gleiche. Bei der Gesellschaft ist jedoch darauf zu achten, dass der gespendete Teil der Vergütung bei ihr auch weiterhin im Rahmen des § 10 Nr. 4 KStG nur zu 50 % als Betriebsausgabe abzugsfähig ist.

2.13. Sonderregelungen für Grenzpendler

Wenn Grenzpendler, die normalerweise täglich von ihrem Wohnsitz aus in einen anderen Staat zur Arbeit fahren, nun aufgrund der Corona-Krise ihrer Tätigkeit im Homeoffice nachgehen, kann die zu einem Wechsel des Besteuerungsrechts führen, wenn das zwischen den beteiligten Staaten abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf die Anzahl der Tage abstellt, an denen der eigentliche Tätigkeitsstaat nicht aufgesucht wird. Dies ist in DBA jedoch nicht einheitlich geregelt ist. So spielt beispielsweise die Anzahl der Homeoffice-Tage nach dem DBA Frankreich keine Rolle für das Besteuerungsrecht. Anders sieht es beispielsweise mit Luxemburg, Niederland und Österreich aus.

Das BMF hat mit einer Vielzahl der betroffenen Anrainerstaaten entsprechende Konsultationsvereinbarungen abgeschlossen. Diese haben das Ziel, dass zeitlich befristet die betroffenen Grenzpendler für den Zeitraum der Corona-Krise so behandelt werden, als hätten sie ihrer Arbeit wie gewohnt an ihrem eigentlichen Tätigkeitsort nachgehen können. Arbeitstage, an denen grenzüberschreitend Beschäftigte aufgrund einer Maßnahme zur Bekämpfung der Corona-Krise im Homeoffice gearbeitet haben, gelten dann als in dem Vertragsstaat erbracht, in dem die Beschäftigten ihre Tätigkeit ohne diese Maßnahme ausgeübt hätten (Tatsachenfiktion). Damit würden die Homeoffice-Tage wegen der Corona-Krise keine steuerlich nachteiligen Folgen für die betroffenen Grenzpendler auslösen.

Für Arbeitstage, die unabhängig von diesen Maßnahmen im Homeoffice verbracht werden, weil die Beschäftigten sowieso laut arbeitsvertraglicher Regelungen im Homeoffice tätig wären oder weil diese Arbeitstage in einem Drittstaat verbracht worden wären, gilt dies nicht.

Entsprechende Konsultationsvereinbarungen wurden mit Luxemburg (am 3.4.2020), den Niederlanden (am 6.4.2020), Österreich (am 15.4.2020) und Belgien (6.5.2020) abgeschlossen.

Über den aktuellen Stand der abgeschlossenen Konsultationsvereinbarungen kann man sich auf der BMF-Homepage informieren.

2.14. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde für die Jahre 2020 und 2021 der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 2 100 € auf 4 008 € angehoben. Der Erhöhungsbetrag nach § 24b Abs. 2 EStG für die weiteren Kinder beträgt jedoch weiter unverändert 240 €.

Alleinerziehende haben daneben auch die Möglichkeit, dass sie sich den Erhöhungsbetrag als Freibetrag im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigen lassen können. Dies soll unmittelbar und automatisch durch das für den Alleinerziehenden örtlich zuständigen FA erfolgen (soweit die technischen Voraussetzungen dafür vorliegen). Ggf. könnte man sich durch einen entsprechenden Antrag beim örtlich zuständigen FA der Freibetrag eintragen lassen.

2.15. Erstattung von Kinderbetreuungskosten/Pflegekosten für Angehörige (§ 3 Nr. 34a EStG)

Wegen der Schließung der Kindertagesstätten und Schulen bzw. durch den Wegfall der Pflege für nahe Angehörige stehen eine Vielzahl von Beschäftigten vor dem Problem, wie sie ihren Beruf und die Kinderbetreuung/Pflege der Angehörigen miteinander vereinbaren können.

Beteiligt sich der ArbG an außergewöhnlichen Betreuungsleistungen, die aufgrund der Corona-Krise für pflegebedürftige Angehörige und Kinder entstehen, können zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Arbeitgeberleistungen bis zu einem Betrag von 600 € im Kj. je ArbN steuerfrei bleiben (§ 3 Nr. 34a EStG). Jedoch muss der zusätzliche Betreuungsbedarf aus Anlass einer zwingenden und beruflich veranlassten kurzfristigen Betreuung eines Kindes unter 14 Jahren entstehen. Bei behinderten Kindern, die außer Stande sind, sich selbst zu unterhalten, und bei denen die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist, gilt dies auch, wenn das Kind 14 Jahre oder älter ist. Begünstigte Betreuungsleistungen liegen auch vor, wenn sich der ArbN um einen pflegebedürftigen Angehörigen kümmert, auch wenn dies im privaten Haushalt des ArbN stattfindet.

Das Vorliegen eines zusätzlichen Betreuungsbedarfes wird unterstellt, wenn der ArbN aufgrund der Corona-Krise zu außergewöhnlichen Dienstzeiten arbeitet oder die Regelbetreuung der Kinder infolge der zur Eindämmung der Corona-Krise angeordneten Schließung von Schulen und Betreuungseinrichtungen (aktuell z.B. Kindertagesstätten, Betriebskindergärten, Schulhorte) weggefallen ist.

Von einer kurzfristig zu organisierenden Betreuung ist so lange auszugehen, bis die entsprechenden Betreuungseinrichtungen ihren regulären Betrieb wieder aufnehmen können.

Bei Barleistungen des Arbeitgebers müssen dem ArbN entsprechende Aufwendungen entstanden sein. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen.

2.16. Kinderbonus 2020 und Kinderfreibetrag

Das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz regelt für 2020 auch die Zahlung einer Einmalzahlung (Kinderbonus 2020) in Höhe von 300 € für jedes Kind, für das für mindestens einen Monat in 2020 ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Dieser Kinderbonus 2020 wird i.H.v. 200 € im September 2020 und i.H.v. 100 € im Oktober 2020 ausgezahlt (§ 66 Abs. 1 EStG; § 6 Abs. 3 Bundeskindergeldgesetz).

Kinder, für die im September 2020 kein Anspruch auf Zahlung eines Kindergelds bestand, für die jedoch für mindestens einem anderen Kalendermonat 2020 ein Anspruch auf Kindergeld besteht, steht ebenfalls der Kinderbonus 2020 zu.

Der Kinderbonus wird bei der nach § 31 EStG vorgesehenen Günstigerprüfung bei der Gewährung des Kinderfreibetrags mit einbezogen. D.h. ein Kinderfreibetrag wird erst dann steuerlich berücksichtigt, wenn die sich daraus ergebende Steuerminderung höher ist, als das Kindergeld zusammen mit dem Kinderbonus 2020.

Bei den einkommensabhängigen Sozialleistungen sowie den Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ist der Kinderbonus 2020 nicht als ein zusätzliches Einkommen zu berücksichtigen.

Der Kinderbonus 2020 wird nur einmal pro Kind gezahlt.

2.17. Herabsetzung von Vorauszahlungen

2.17.1. Vorauszahlungen VZ 2020

Auf Antrag können die Steuervorauszahlungen (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer nebst Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer) durch das FA herabgesetzt werden, wenn absehbar ist, dass aufgrund sinkender Umsätze die Gewinne durch die Corona-Krise deutlich geringer ausfallen als bisher angenommen (BMF vom 19.3.2020, BStBl I 2020, 262; gleichlautender Ländererlass vom 19.3.2020, BStBl I 2020, 281). Für den Antrag sollte das Online-FA Mein ELSTER verwendet werden, alternativ können die von den Finanzverwaltungen der Länder bereitgestellten Vordrucke genutzt werden, die ebenfalls die Antragsbearbeitung erleichtern und somit auch beschleunigen. Ansonsten können die Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen auch formlos gestellt werden. Diese sollte jedoch entsprechend begründet werden, insbes. sollte die voraussichtlich für 2020 erwartete Minderung des Gewinns/der Einkünfte beziffert werden.

Der Herabsetzungsantrag kann auch die bereits fälligen Vorauszahlungszeiträume 2020, also für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer den 10.3.2020 bzw. für die Gewerbesteuer den 15.2.2020 und 15.5.2020, umfassen, wenn – in Abhängigkeit vom erwarteten zu versteuernden Einkommen 2020 bzw. erwarteten Gewerbeertrag 2020 – die Herabsetzung dazu führt, dass bereits entrichtete Vorauszahlungen erstattet werden.

2.17.2. Pauschalierter Verlustrücktrag für den VZ 2019

Nachdem zunächst das o.g. BMF-Schreiben vom 19.3.2020 auch einen pauschalierten Verlustrücktrag für die Vorauszahlungen 2019 geregelt hat, wurde diese Verwaltungsregelung ersetzt durch den im Rahmen des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes für diese Zwecke neu in das EStG aufgenommenen § 110 EStG.

Danach kann auf Antrag ein in 2020 aufgrund der Corona-Krise erwarteter Verlust bereits bei den Vorauszahlungen 2019 durch den Abzug eines pauschalen ermittelten vorläufigen Verlustes berücksichtigt werden. Jedoch setzt ein Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen 2019 voraus, dass die Vorauszahlungen 2020 auf 0 € herabgesetzt wurden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 EStG).

Die Herabsetzung der Vorauszahlungen 2019 erfolgt durch eine pauschalierte Minderung des Gesamtbetrags der Einkünfte um 30 %. Dabei sind die im Gesamtbetrag der Einkünfte enthaltenen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) nicht zu berücksichtigen.

Beispiel

Im Rahmen der Festsetzung der Vorauszahlungen 2019 wurden bei A folgende Einkünfte berücksichtigt:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb2 400 000 €
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit560 000 €
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung340 000 €
Gesamtbetrag der Einkünfte3 300 000 €

Aufgrund der Corona-Krise erwartet A in 2020 einen hohen Verlust aus seinem Gewerbebetrieb, der voraussichtlich zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte 2020 führen wird. Er lässt daher zum einen die Vorauszahlungen für 2020 auf 0 € herabsetzen und stellt daneben einen Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019 nach § 110 Abs. 1 EStG.

Die Vorauszahlungen 2019 können – soweit die Vorauszahlungen 2020 auf 0 € herabgesetzt wurden – pauschal wie folgt gemindert werden:

Gesamtbetrag der Einkünfte lt. Vorauszahlungsbescheid3 300 000 €
abzgl. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit./. 560 000 €
Verbleibt2 740 000 €
davon 30 %822 000 €

Danach können die ESt-Vorauszahlungen 2019 mit einem um 822 000 € geminderten Gesamtbetrag der Einkünfte (= 2 478 000 €) berechnet und festgesetzt werden.

Erwartet ein Stpfl. für 2020 einen höheren als den pauschaliert ermittelten Verlust, kann dieser bei der Festsetzung der Vorauszahlungen 2019 berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige diesen durch dafür geeignete Berechnungen und Unterlagen nachweisen kann (§ 110 Abs. 2 EStG).

Die Minderung der Einkünfte in 2019 darf jedoch den gesetzlichen Höchstbetrag eines Verlustrücktrags von 5 Mio. € (bzw. 10 Mio. € bei einer Zusammenveranlagung) nicht überschreiten (s.a. Tz. 2.11 Verluste).

Erfolgt später die Veranlagung für 2019, entfällt der im Rahmen der Vorauszahlung 2019 pauschal berücksichtigte vorläufige Verlustabzug. Der Steuerpflichtige kann dann jedoch einen Antrag nach § 111 EStG auf Berücksichtigung eines pauschaliertem Verlustrücktrags für die Veranlagung 2019 stellen. Auf die Tz. 2.10.2 Berücksichtigung eines Verlustrücktrags bei der Veranlagung 2019 wird wegen weiterer Einzelheiten hingewiesen.

2.18. Besonderheiten für steuerbegünstigte (gemeinnützige) Einrichtungen

Steuerbegünstigte (gemeinnützige) Einrichtungen (= Körperschaften die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit sind) dürfen in der Zeit vom 1.3.2020–31.12.2020 Zuwendungen (Spenden) annehmen und bestätigen und auch Tätigkeiten zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene durchführen, selbst wenn sie nach ihrer Satzung keine dafür in Betracht kommenden steuerbegünstigten Zwecke (wie Förderung des Gesundheitswesens, der Wohlfahrt, mildtätige Zwecke) verfolgen, ohne dass sie damit ihre Steuerbegünstigung gefährden (BMF vom 9.4.2020, BStBl I 2020, 498). Bei den ausgestellten Zuwendungsbestätigungen ist jedoch auf die Sonderaktion hinzuweisen.

Nicht zulässig ist jedoch die Unterstützung von von der Corona-Krise besonders betroffenen Unternehmen, Selbständigen bzw. Hilfsfonds von Kommunen. Die Unterstützung anderer steuerbegünstigter Einrichtungen, die sich in der Corona-Krise engagieren (wie z.B. Krankenhäuser), ist jedoch unschädlich.

Die entgeltliche Zurverfügungstellung von Personal, Räumlichkeiten, Sachmitteln oder anderen Leistungen in Bereichen, die für die Bewältigung der Corona-Krise notwendig sind (z.B. an Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime), wird – unabhängig von den eigenen satzungsmäßigen Zwecken der überlassenden Einrichtung – sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich einem Zweckbetrieb nach § 65 AO zugeordnet.

Soweit für diese Leistungen keine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14, 16, 18, 23 und 25 UStG greift, käme der ermäßigte Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG in Betracht.

Bei einer unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und einer unentgeltlichen Personalgestellung an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten (wie z.B. Krankenhäuser, Ärzte, Rettungsdienste, Pflegeeinrichtungen etc.), wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen.

Erzielt eine steuerbegünstigte (gemeinnützige) Einrichtung in ihrem stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) bis zum 31.12.2020 einen Verlust, dessen Ursache nachweislich in der Corona-Krise zu finden ist, kann dieser Verlust – unschädlich für die Steuerbegünstigung – mit sämtlichen anderen Mitteln des Vereins (ideeller Bereich, Gewinne aus Zweckbetrieben, Erträge aus der Vermögensverwaltung etc.) ausgeglichen werden. Entsprechendes gilt für Verluste aus der Vermögensverwaltung (BMF vom 9.4.2020, BStBl I 2020, 498).

2.19. Gewerbesteuer

2.19.1. Gewerbesteueranrechnung (§ 35 EStG)

Die pauschalierte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer nach § 35 EStG wurde durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz ab 2020 auf das Vierfache des Gewerbesteuermessbetrags (bisher das 3,8-Fache) angehoben. Mit dieser Erhöhung wird den vielfach gestiegenen Gewerbesteuer-Hebesätzen in den Gemeinden Rechnung getragen.

Bis zu einem Hebesatz von 420 % wird nun eine vollständige Entlastung der Gewerbesteuer für Personenunternehmen erreicht.

2.19.2. Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen

Der Freibetrag für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsaufwendungen nach § 8 Nr. 1 GewStG wurde durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz mit Wirkung ab dem EZ 2020 (dauerhaft) von 100 000 € auf 200 000 € angehoben.

3. Umsatzsteuerliche Maßnahmen

3.1. Temporäre Absenkung der Umsatzsteuersätze

Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde der Regelsteuersatz von bisher 19 auf 16 % und der ermäßigte Umsatzsteuersatz von bisher 7 auf 5 % für ein halbes Jahr abgesenkt.

Die Absenkung der Steuersätze soll für alle Lieferungen und sonstige Leistungen, die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 erbracht werden, gelten.

Die doch sehr kurzfristige Absenkung der Steuersätze führte bei viele Unternehmen zu Problemen, ihre Buchführungs-, Kassen- und Abrechnungssysteme rechtzeitig an die geänderten Steuersätze anzupassen.

Zu den Problemen im Zusammenhang mit der Steuersatzsenkung wurde am 30.6.2020 ein erläuterndes BMF-Schreiben herausgegeben (BStBl I 2020, 584).

Maßgebend für die Anwendung der abgesenkten Umsatzsteuersätze ist stets der Zeitpunkt, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird. Es kommt also weder auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung noch auf den Zeitpunkt der Entgeltsvereinbarung an.

Die abgesenkten Umsatzsteuersätze gelten auch bei der Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer, für alle Einfuhren, die zwischen dem 1.7.–31.12.2020 vorgenommen werden.

Hat ein Unternehmer Teilentgelte (Abschlagszahlungen) erhalten, richtet sich die auf die Teilentgelte abzuführende Höhe des Umsatzsteuersatzes ebenfalls nach dem Zeitpunkt, in dem die (Teil-)Leistung erbracht wurde.

Wird für ein Teilentgelt (Abschlagszahlung) bereits vor dem 1.7.2020 eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erteilt, kann in dieser bereits der reduzierte Umsatzsteuersatz ausgewiesen werden, wenn die (Teil-)Leistung, für die das Teilentgelt/die Abschlagszahlung gezahlt wurde, in der Zeit vom 1.7.–31.12.2020 erbracht wird. Wurde in der Abrechnung über das Teilentgelt ein falscher (zu hoher) Steuersatz ausgewiesen und berechnet, muss diese Abrechnung berichtigt werden.

Aus Vereinfachungsgründen sieht das BMF-Schreibens zur Absenkung der Umsatzsteuersätze vom 30.6.2020 vor, dass eine Rechnung mit einem fehlerhaften (überhöhten) Umsatzsteuerausweis nicht berichtigt werden muss, wenn diese von dem leistenden Unternehmer für eine nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.8.2020 an einen anderen Unternehmer erbrachte Leistung ausgewiesen und diesen Steuerbetrag abgeführt hat. Entsprechend wird einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen i.S.v. § 14c Abs. 1 UStG unrichtigen Rechnungen auch für die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.8.2020 seitens eines Unternehmers erbrachte Leistung ein Vorsteuerabzug auf Grundlage des ausgewiesenen Steuersatzes gewährt. Damit entspricht das BMF der Empfehlung des Finanzausschusses in seinem Beschluss vom 24.6.2020 (BT-Drs. 19/20332, Seite 29).

3.2. Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Gastronomiebetriebe

Gastronomiebetriebe wie Restaurants, Cafés, Gaststätten usw. hatten bisher auf Speisen und Getränke, die vor Ort verzehrt werden, 19 % Umsatzsteuer abzuführen. Für Gerichte, die der Gast mitnimmt oder nach Hause bestellt werden, fallen in der Regel nur 7 % an (sog. Außer-Haus-Verkäufe).

Durch das (Erste) Corona-Steuerhilfegesetz wurde der Steuersatz für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken, die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2021 erbracht werden, auf den ermäßigten Steuersatz abgesenkt (§ 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG). Dieser beträgt 5 % für den Zeitraum vom 1.7.2020–31.12.2020 und 7 % für den Zeitraum vom 1.1.2021–30.6.2021. Die Absenkung des Steuersatzes für diese Leistungen ist nach Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL mit dem EU-Recht vereinbar. Von dieser Absenkung sind nicht nur die Restaurants und Gaststätten begünstigt, sondern auch alle anderen Einrichtungen, in denen Speisen vor Ort abgegeben werden, wie beispielsweise Campingplätze, der Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien oder Metzgereien, soweit sie bisher mit der Abgabe verzehrfähiger Speisen Umsätze zum Regelsteuersatz erbracht haben.

3.3. USt-Sondervorauszahlung bei Dauerfristverlängerung

Auf Antrag kann die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung (§ 47 UStDV) für die Dauerfristverlängerung (§ 18 Abs. 6 UStG) bei der Umsatzsteuer für das Jahr 2020 ganz oder teilweise durch die Finanzämter herabgesetzt werden. Die Dauerfristverlängerung bleibt auch bei einer Herabsetzung bestehen.

Wer unmittelbar und nicht unerheblich von der Corona-Krise betroffen ist und bislang noch keine Dauerfristverlängerung hat, kann sie neu beantragen. Damit erreicht er eine einmonatige zinslose Stundung seiner USt-Vorauszahlung.

3.4. Übergangsregelung zur Anwendung des § 2b UStG

Durch das (Erste) Corona-Steuerhilfegesetzes wurde die in § 27 Abs. 22 UStG vorgesehene Übergangsregelung zur Anwendung des § 2b UStG bis zum 31.12.2022 verlängert. Das Gesetz folgt damit einer entsprechenden Aufforderung des Bundesrats (Beschluss vom 20.12.2019; BR-Drs. 492/19). Bisher hätten juristische Personen des öffentlichen Rechts, die eine Option zur Anwendung der alten Regelung des § 2 Abs. 3 UStG ausgeübt haben und bisher nicht zu der Neuregelung des § 2b UStG gewechselt sind, auf ihre Leistungen ab dem 1.1.2021 § 2b UStG anwenden müssen.

4. Sonstige steuerliche Maßnahmen

4.1. Passive Grenzverletzung bei Investmentfonds

Nach § 2 Abs. 6 und 7 InvStG müssen Aktienfonds und Mischfonds eine bestimmte Quote ihres Aktivvermögens fortlaufend in Kapitalbeteiligungen halten (Aktienfonds mehr als 50 %; Mischfonds mehr als 25 %). Wird diese Grenze wesentlich unterschritten, endet die Einstufung als Aktien- bzw. Mischfonds.

Ein Unterschreiten dieser Grenze kann nicht nur aktiv durch eigene Handlungen, sondern – beispielsweise aufgrund fallender Kurse – auch passiv geschehen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt bei einer passiven Grenzverletzung noch kein wesentlicher (schädlicher) Verstoß vor, wenn ein Aktien- oder Mischfonds in einem Geschäftsjahr nicht mehr als an 20 Geschäftstagen diese Grenze unterschreitet (BMF vom 21.5.2019, BStBl I 2019, 527, Rz. 2.19).

Im Zusammenhang mit der Corona-Krise hat nun das BMF am 9.4.2020 (Homepage BMF; EStB 2020, 131) dem Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) und anderen Verbänden mitgeteilt, dass eine passive Grenzverletzung zwischen dem 1.3.2020 und dem 30.4.2020 eines Investmentfonds grundsätzlich keinen wesentlichen Verstoß gegen die Anlagebestimmungen darstellt und auch nicht auf die 20-Geschäftstage-Grenze i.S.d. Rz. 2.19 des BMF-Schreibens vom 21.5.2019 (BStBl I 2019, 527) angerechnet wird.

Auch bei einem Spezial-Investmentfonds gilt eine passive Grenzverletzung zwischen dem 1.3.2020 und 30.4.2020 grundsätzlich nicht als wesentlicher Verstoß gegen die Anlagebestimmungen des § 26 InvStG.

4.2. Rückwirkungszeiträume im UmwStG

Durch das Covid-19-Gesetz (vom 27.3.2020, BGBl I 2020, 569) wurde die in § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG geregelte Frist für den Stichtag der bei einer Umwandlung vorzulegenden Bilanz von acht auf zwölf Monate verlängert, wenn der Antrag auf Eintragung in das Handelsregister in 2020 gestellt wird.

Über § 2 UmwStG schlägt die verlängerte Frist auch auf Umwandlungen nach den §§ 3, 11, und 15 UmwStG (Verschmelzung, Auf- oder Abspaltung) durch. Da jedoch § 9 Satz 3 UmwStG (Formwechsel in eine Personengesellschaft) und § 20 Abs. 6 Satz 1 UmwStG (Einbringung in eine Kapitalgesellschaft) eigene Achtmonatsfristen enthalten, erfolgte durch das (Erste) Corona-Steuerhilfegesetz eine entsprechende Verlängerung des Rückwirkungszeitraums auch für die darin geregelten Umwandlungsfälle. So wurde in § 9 Satz 3 und § 20 Abs. 6 Satz 1 und 3 UmwStG an Stelle eines Zeitraums von acht Monaten nun ein Zeitraum von zwölf Monaten gesetzt. Damit wird ein Gleichlauf der zivilrechtlichen und der steuerlichen Rückwirkungszeiträume erreicht. Auch hierbei gilt die Verlängerung der Fristen nur dann, wenn die Anmeldung zur Eintragung oder der Abschluss des Einbringungsvertrags im Jahr 2020 erfolgt.

Über die mit dem (Ersten) Corona-Steuerhilfegesetz ebenfalls aufgenommene Verordnungsermächtigung (§ 27 Abs. 15 Satz 2 UmwStG-E) kann eine Verlängerung des Rückwirkungszeitraums bis höchstens zum 31.12.2021 erfolgen, soweit die Erleichterungen in § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG durch Rechtsverordnung verlängert werden.

4.3. Erhöhung der Bemessungsgrundlage im Forschungszulagengesetz

Durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz erfolgte eine Anhebung der steuerlichen Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Forschungszulage nach dem Forschungszulagengesetz (FZulG). So wurde die Bemessungsgrundlage für alle nach dem Forschungszulagengesetz förderungswürdigen Maßnahmen, die nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2026 entstanden sind, von 2 Mio. € auf dann 4 Mio. € angehoben. Das führt im Ergebnis zu einer Verdoppelung der Forschungszulage (= 25 % der förderfähigen Bemessungsgrundlage) von bisher 500 000 € auf nun 1 Mio. € (§ 3 Abs. 5 FZulG-E).

4.4. Tabaksteuergesetz

Bei der Berechnung der Mindeststeuersätze für Zigaretten, Feinschnitt und Zigarren/Zigarillos (§ 2 Tabaksteuergesetz) würde die temporäre Absenkung des Umsatzsteuersatzes von 19 auf 16 % für den Zeitraum vom 1.7.2020 – 31.12.2020 zu einem erheblichen Aufwand führen. Zudem beinhaltet das Tabaksteuergesetz eine Schutzfrist von 12 Wochen für Steuertarifänderungen.

Daher regelt das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz, dass für die Berechnung des Mindeststeuer für Zigaretten, Feinschnitt und Zigarren/Zigarillos weiterhin der bisherige Umsatzsteuersatz von 19 % anzuwenden ist (§ 2 Abs. 3a Tabaksteuergesetz).

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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1. Erstellung von Jahresabschlüssen als Aufgabenbereich des Steuerberaters

1.1. Befugnis des Steuerberaters

Die Befugnis des Steuerberaters zur Erstellung von Jahresabschlüssen ergibt sich aus § 33 StBerG. Steuerberater haben ihre Auftraggeber im Rahmen ihres Auftrags in Steuersachen zu beraten, sie zu vertreten und ihnen bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten. Dazu gehören auch die Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten, die aufgrund von Steuergesetzen bestehen, insbesondere die Aufstellung von Steuerbilanzen und deren steuerrechtliche Beurteilung (vgl. § 33 StBerG).

Bei wörtlicher Anwendung des Gesetzes würde sich die Frage ergeben, ob der Steuerberater überhaupt befugt ist, einen Jahresabschluss nach handelsrechtlichen Vorschriften zu erstellen. Da Gewerbetreibende, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, bei der Erstellung der Steuerbilanz die handelsrechtlichen Vorschriften gemäß § 5 Abs. 1 EStG (Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz) zu beachten haben, ergibt sich hieraus (quasi zwangsläufig) auch die Befugnis des Steuerberaters, den Jahresabschluss des Mandanten nach handelsrechtlichen Vorschriften aufzustellen. Die Aufstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses, der maßgebliche Grundlage für die Besteuerung wird, wird in der Literatur der Steuerberatung als klassische Hauptaufgabe bezeichnet (vgl. Steuerberater Handbuch 2007, Bonn/Berlin, 2007, 25; die überzeugende Darstellung ist jedoch im Steuerberater Handbuch 2009, Berlin, 2009, nicht mehr enthalten.) Für die Aufstellung eines Lageberichts i.S.v. § 289 HGB gibt es im StBerG keine gesetzliche Grundlage. Der Lagebericht ist ein eigenständiges Instrument der Rechnungslegung und, wie sich unzweifelhaft aus § 264 Abs. 1 HGB ergibt, nicht Bestandteil des Jahresabschlusses. Die gesetzlichen Vertreter von → Kapitalgesellschaften im Sinne des Zweiten Abschnitts des Dritten Buches des HGB sind zur Aufstellung des Lageberichts verpflichtet, sofern es sich um mittelgroße oder große Kapitalgesellschaften i.S.v. § 267 Abs. 2, 3 HGB handelt. Der Lagebericht soll die Sicht der Vertretungsorgane der Gesellschaft wiedergeben (vgl. WP Handbuch 2012 Bd. 1, Düsseldorf 2012, F. Tz. 1091; Deussen/Deussen, Jahresabschluss und Lagebericht, 4. Aufl. 2019, 167; Deussen, StuB 2007, 795, 798; klarstellend inzwischen auch BStBK: Hinweise zur Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen in Bezug auf Gegebenheiten, die der Annahme der Unternehmensfortführung entgegenstehen, vom 13./14.3.2018, Tz. 70). Auch aus diesem Grunde wird es als unzulässig anzusehen sein, dass der Lagebericht durch den Steuerberater der Gesellschaft aufgestellt wird (vgl. IDW Standard: Grundsätze für die Erstellung von Jahresabschlüssen IDW S 7, Tz. 10, IDW Fachnachrichten 2009, 624). Dagegen wird es nicht zu beanstanden sein, wenn der Steuerberater das Vertretungsorgan der Gesellschaft bei der Aufstellung des Lageberichtes berät (an der Aufstellung mitwirkt), sofern dabei die Grenzen der betriebswirtschaftlichen Beratung nicht überschritten werden.

Für die Befugnis des Steuerberaters zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nach den Vorschriften der §§ 290 ff. HGB ist eine Rechtsgrundlage nicht erkennbar. Der Konzernabschluss bildet keine Grundlage für die Besteuerung eines Unternehmens. Zu einer anderen Schlussfolgerung kann man ggf. kommen, wenn die ab 2008 gültige Vorschrift zur Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Zinsaufwendungen nach § 4h EStG (→ Zinsschranke) zur Anwendung gelangt. Dann nämlich ist zur Durchführung des Eigenkapitalvergleichs (§ 4h Abs. 2c EStG) ein Konzernabschluss aufzustellen, wenn dieser nicht bereits nach den Vorschriften der §§ 290 ff. HGB aufzustellen ist. Dies wird regelmäßig aber nur dann der Fall sein, wenn der steuerrechtliche »erweiterte Konzernbegriff« zum Tragen kommt. Dann handelt es sich aber regelmäßig um Konzernabschlüsse, die nicht aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung des § 290 HGB aufzustellen sind. Die Befugnis des Steuerberaters, einen Konzernabschluss nach §§ 290 ff. HGB aufzustellen, kann demnach aus § 4h EStG nicht abgeleitet werden.

Wegen des fehlenden gesetzlichen Charakters kann die Erstellung eines Konzernabschlusses durch den Steuerberater auch nicht aus der »Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen« vom 12./13.4.2010 (DStR 2010, Beihefter zu Heft 16, 17, Tz. 4) abgeleitet werden (nachfolgend auch Verlautbarung BStBK vom 12./13.4.2010).

Für die Aufstellung eines Konzernabschlusses nach § 11 PublG besteht ebenso wenig eine rechtliche Grundlage.

Ob daraus jedoch der Schluss zu ziehen ist, dass Steuerberater einen Konzernabschluss nicht aufstellen dürfen, muss offenbleiben. Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften, die einem bestimmten Personen- oder Berufskreis die Aufstellung des Konzernabschlusses als Vorbehaltsaufgabe zuweisen (auch nicht § 2 WPO). Andererseits erscheint es widersprüchlich, anzunehmen, dass die berufsmäßige Aufstellung eines Konzernabschlusses durch jedermann erfolgen darf, also z.B. durch einen Buchhaltungshelfer, dem es aber aus guten Gründen untersagt ist, einen Jahresabschluss im Auftrag eines Mandanten aufzustellen.

1.2. Verantwortlichkeit für die Aufstellung des Jahresabschlusses

Die Verantwortlichkeit für die Aufstellung des Jahresabschlusses liegt grundsätzlich beim Kaufmann, der das Handelsgewerbe betreibt. § 41 GmbHG weist dem Geschäftsführer die Verantwortlichkeit für die Aufstellung des Jahresabschlusses zu. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass der Kaufmann oder der Geschäftsführer den Jahresabschluss seines Handelsgewerbes bzw. der Gesellschaft persönlich aufstellen muss. Der genannte Personenkreis ist lediglich primär verantwortlich dafür, dass der Jahresabschluss vollständig, richtig und zeitgemäß aufgestellt wird. Die Aufgabe zur Aufstellung des Jahresabschlusses kann auf den Steuerberater delegiert werden, nicht jedoch die Entscheidungen über die Ausübung von Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. IDW S 7, Tz. 1, a.a.O., 624; Verlautbarung der BStBK zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen, Tz. 1). Die Ausübung von Gestaltungsmöglichkeiten obliegt dem Kaufmann bzw. den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft. Das betrifft insbesondere die Ansatz-, Ausweis- und Bewertungswahlrechte.

Die Verantwortlichkeit für den Kaufmann bzw. den Geschäftsführer für die Erstellung des Jahresabschlusses bleibt grds. auch bestehen, wenn der Steuerberater nicht beauftragt werden kann, da das Geld für das Honorar nicht mehr ausreicht. Der Kaufmann hat nach Auffassung des BGH rechtzeitig Sorge dafür zu tragen, dass auch in der Krise des Unternehmens der Jahresabschluss erstellt wird (BGH vom 20.10.2011, 1 StR 354/11). Jedenfalls soll der bloße Hinweis auf fehlende Mittel, wie es bei früherer Rechtsprechung akzeptiert wurde, nicht mehr ausreichen (St. Meyer/Chrobok, StBW 2012, 185). Der Steuerberater wird in Fällen, in denen er mit Verweis auf Zahlungsrückstände den Jahresabschluss nicht erstellt oder die Führung der Bücher von der Bezahlung abhängig macht, zu prüfen haben, ob seitens des Mandanten Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO besteht. Hierüber muss der Steuerberater den Mandanten ggf. beweiskräftig informieren.

Mit Annahme des Auftrages zur Aufstellung des Jahresabschlusses rückt der Steuerberater in den Kreis der Verantwortlichen auf, wobei sich die Verantwortung darauf beschränkt, nicht gegen gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Vorschriften zu verstoßen. Stellt der Steuerberater den Jahresabschluss fehlerhaft auf, weil sein Auftraggeber ihm unzutreffende Angaben gemacht hat, so ist dieser Fehler allein dem Auftraggeber zuzuordnen, es sei denn, dass der Steuerberater den Fehler kannte oder ihm wegen grober Fahrlässigkeit oder Vorsatzes die Kenntnis des Fehlers zuzurechnen ist.

Eine besondere Risikolage für den Steuerberater ergibt sich aus dem möglichen Verstoß gegen gesetzliche Aufstellungsfristen bei der Erstellung des Jahresabschlusses. Das Handelsgesetzbuch schreibt für Kaufleute lediglich vor, dass diese den Jahresabschluss innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Wirtschaftsjahres aufzustellen haben. Welche Frist angemessen ist, kann nicht generell beantwortet werden. Die Aufstellungsfrist wird grundsätzlich auch von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens abhängen. Ist die wirtschaftliche Lage angespannt, muss davon ausgegangen werden, dass die Pflicht zur alsbaldigen Aufstellung des Jahresabschlusses engere Grenzen vorsieht als bei einem Unternehmen, welches keine Bankkredite in Anspruch nimmt und über eine hohe Eigenkapitalquote verfügt. Eine Aufstellungsfrist von mehr als einem Jahr wird jedoch in jedem Fall als gesetzlicher Verstoß zu qualifizieren sein (vgl. Wiedmann, Bilanzrecht Kommentar, 3. A. München 2014, § 243 Tz. 17 ff.).

Wesentlich kürzere Aufstellungsfristen ergeben sich nach § 264 Abs. 1 HGB für Kapitalgesellschaften und Kapital & Co. Gem. § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB haben Kapitalgesellschaften und Kapital & Co. (i.V.m. § 264a HGB) den Jahresabschluss in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Kleine Kapitalgesellschaften können den Jahresabschluss auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entspricht und eine Frist von sechs Monaten nicht überschritten wird. Entgegen weitläufiger Meinung ist dies keine allgemeine Öffnungsklausel. Insbesondere kann eine längere Aufstellungsfrist nicht durch Gesellschaftsvertrag festgelegt werden. Es bedarf für die spätere Aufstellung jeweils nachvollziehbarer Gründe (vgl. Wiedmann/Böcking/Gros, Bilanzrecht 3. Aufl., § 264 Rn. 15; Ziemons/Jaeger/Deussen (Beck’scher Online-Kommentar GmbHG, § 42a Rn 38). Eine generelle Verlängerung der Aufstellungsfrist ist unzulässig (BayObLG, BB 1987, 869 und 1638).

Zu Fragen der Haftung des Steuerberaters in der insolvenznahen Beratung vgl. Theiselmann/Verhoeven, GmbH-StB 2015, 83 und GmbH-StB 2015, 142.

2. Art und Umfang des Auftrags

2.1. Rechtsverhältnis zwischen Steuerberater und Mandant

Der Steuerberater hat mit dem Auftraggeber die Art und den Umfang seines Auftrags eindeutig zu klären. Seewald/Will-Brinkmann (in: Steuerberater Handbuch 2007, a.a.O., 25, in Ausgabe 2009 leider nicht mehr enthalten) weisen zu Recht darauf hin, dass das Qualitätsmanagement einen schriftlichen Auftrag erfordert (vgl. auch: Verlautbarung der BStBK zur Qualitätssicherung in der Steuerberaterpraxis vom 8/9. Juni 1998, Punkt 3.2. sowie Verlautbarung der BStBK zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen durch den Steuerberater; B.1.). Die Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems dient dazu, berufliche Fehlleistungen zu vermeiden. Diese können bei der Aufstellung eines Jahresabschlusses konkret darin bestehen, dass der Steuerberater einen Jahresabschluss nach Art und Umfang erstellt, der von dem Auftraggeber anders erwartet wurde. Es entspricht daher dem Grundsatz der Gewissenhaftigkeit der Berufsausübung (§ 4 Abs. 1 BOStB), dass vor Beginn der Auftragsabwicklung auf Veranlassung des Steuerberaters ein entsprechender Beratungsvertrag mit dem Auftraggeber abgeschlossen wird. Im Beratungsvertrag ist der Umfang der Tätigkeit des Steuerberaters zu regeln. Hierzu gehören insbesondere Festlegungen, ob der Jahresabschluss ohne Beurteilungen (vgl. Verlautbarung BStBK vom 12./13.4.2010, Tz. 32 ff.), mit Plausibilitätsbeurteilung (vgl. a.a.O., Tz. 37 ff.) oder mit umfassenden Beurteilungen (vgl. a.a.O., Tz. 45 ff.) aufgestellt werden soll. Sofern der Auftrag mündlich erteilt wurde, empfiehlt sich die schriftliche Auftragsbestätigung (vgl. WP Handbuch 2012, Band I, Düsseldorf 2012, A. Tz. 599). Die Auffassung der BStBK vom 12./13.4.2010 (a.a.O., Tz. 13), dass bei wiederholter Beauftragung ohne wesentliche Veränderung des Auftragsinhalts eine erneute schriftliche Auftragsbestätigung nicht erforderlich sei, ist wenig hilfreich. In einem Honorarprozess wird regelmäßig eine Beauftragung bestritten, sodass der Steuerberater seine Beauftragung (und den Inhalt der Beauftragung) nicht beweisen kann. Eine klare Aussage der BStBK zu diesem Thema hätte dem Steuerberater die Möglichkeit eröffnet, eine schriftliche Auftragsvereinbarung gegenüber einer bestimmten Gruppe von Mandanten rechtfertigen zu können. Dem Steuerberater ist daher zu raten, sich an die »Verlautbarung der BStBK zur Qualitätssicherung in der Steuerberaterpraxis« vom 8./9.6.1998 (a.a.O., Punkt 3.2) zu halten, die den Abschluss schriftlicher Verträge empfiehlt.

Unklar ist, ob die Erstellung eines Jahresabschlusses durch den Steuerberater den Charakter eines Werkvertrags (§§ 631 ff. BGB), eines Dienstvertrags (§§ 611 ff. BGB) oder eines Geschäftsbesorgungsvertrags (§ 675 BGB) hat. Dies hängt auch von der Frage ab, ob zwischen Mandant und Berater ein Vertrag zur Erledigung aller anfallenden Arbeiten besteht, oder ob der Jahresabschluss auf Grundlage einer gesonderten Vereinbarung erfolgt (vgl. Beck’sches Steuerberater-Handbuch 2017/18, Abschnitt U, Tz. 1–4b; Mutschler, Die zivilrechtliche Einordnung des Steuerberatervertrags als Dienst- oder Werkvertrag, DStR 2007, 550). Buchhaltungsarbeiten einschließlich der Erstellung des Entwurfs des Jahresabschlusses sind entweder ein Werkvertrag oder ein typengemischter Vertrag (vgl. WP Handbuch 2012, a.a.O.; A. Tz. 597, mit Verweis auf BGH vom 1.2.2000, DB, 2028).

Wichtig im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages über die Erstellung des Jahresabschlusses ist die wirksame Vereinbarung von allgemeinen Auftragsbedingungen, die insbesondere Regelungen zur Haftungsbegrenzung vorsehen. Dafür ist es erforderlich, dass die allgemeinen Auftragsbedingungen spätestens mit Abschluss des Beratungsvertrages vereinbart werden. Werden die allgemeinen Auftragsbedingungen dem Auftraggeber erst im Rahmen der Übergabe des Erstellungsberichts (»den Auftrag habe ich im Rahmen der allgemeinen Auftragsbedingungen durchgeführt, die ich als Anlage … diesem Bericht beifügt habe«) übermittelt, kann von einer Wirkung dieser Auftragsbedingungen gegenüber dem direkten Auftraggeber nicht ausgegangen werden.

2.2. Allgemeine Anforderungen

Der Steuerberater hat bei der Erstellung von Jahresabschlüssen die Grundsätze der Unabhängigkeit, Gewissenhaftigkeit, Verschwiegenheit und Eigenverantwortlichkeit (§ 57 StBerG) zu beachten. Die Erstellung des Jahresabschlusses schließt dessen Prüfung oder prüferische Durchsicht, auch freiwilliger Art, aus (vgl. Verlautbarung BStBK vom 12./13.4.2010, Tz. 20). Der Steuerberater, der einen Jahresabschluss erstellt, darf daher in seinen Äußerungen nicht den Eindruck erwecken, es habe eine Abschlussprüfung oder prüferische Durchsicht stattgefunden.

Auch wenn der Steuerberater den Auftrag erhalten hat, den Jahresabschluss einer Gesellschaft oder des Kaufmanns zu erstellen, fällt die Entscheidung über die Ausübung materieller und formeller Gestaltungsmöglichkeiten nicht in den Kompetenzbereich des Steuerberaters. Diesbezügliche Entscheidungen hat der Auftraggeber zu treffen.

Der Steuerberater hat erforderlichenfalls seinen Auftraggeber über gesetzliche Fristen zur Aufstellung, Feststellung und Offenlegung des Jahresabschlusses sowie zur Aufstellung und Offenlegung des Lageberichts und über die Pflicht zur Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht aufzuklären (vgl. Verlautbarung BStBK vom 12./13.4.2010, Tz. 24).

Bei der Erstellung des Jahresabschlusses sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit zu beachten. Die Erstellung eines Jahresabschlusses erfordert die Kenntnis und Beachtung der hierfür geltenden gesetzlichen Vorschriften einschließlich der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, einschlägiger Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags sowie der einschlägigen fachlichen Verlautbarungen. Weiterhin muss der Steuerberater über die erforderlichen Branchenkenntnisse, den Rechtsrahmen und die Geschäftstätigkeit des Unternehmens seines Auftraggebers verfügen.

Der Steuerberater darf nicht an erkannten unzulässigen Wertansätzen und Darstellungen im Jahresabschluss mitwirken. Verlangt der Mandant entsprechende Wertansätze und Darstellungen oder verweigert er erforderliche Korrekturen, so hat der Steuerberater dies in geeigneter Weise in seiner Bescheinigung sowie ggf. in seinem Erstellungsbericht zu würdigen oder den Auftrag niederzulegen (vgl. Verlautbarung BStBK vom 12./13.4.2010, Tz. 29). Insbesondere darf der Steuerberater nicht an erkannten unzulässigen Wertansätzen und Darstellungen im Jahresabschluss mitwirken. Hierauf ist insbes. in Fällen drohender Insolvenz wegen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zu achten, da diese Umstände gegen die Bewertung unter Annahme des Fortbestands des Unternehmens nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB sprechen können.

Der BGH hat am 26.1.2017 (IX ZR 285/14, DStR 2017, 956; LexInform Dok.-Nr.: 1659308) entschieden, dass der Steuerberater für den Verzögerungsschaden aus verspäteter Anmeldung der Insolvenz haftet, wenn er bei der Aufstellung Zweifel an dem Going-Concern-Grundsatz (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) hat und dies nicht mit dem Auftraggeber klärt. Der Mandant muss bestehende Bedenken durch stichhaltige und Substanz aufweisende Erklärungen ausräumen. Auf die bloße Aussage ohne sachlichen Gehalt darf sich der Steuerberater nicht verlassen. Weiterhin fordert der BGH vom Steuerberater, dass dieser den Mandanten auf die Insolvenzgefahr und die sich daraus ergebenden Folgen hinweist (s. DATEV Magazin 8/2017, 22 ff.).

Können Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der vorgelegten Unterlagen durch den Steuerberater auch nach Aufklärung nicht beseitigt werden, so ist dies in der Bescheinigung zum Jahresabschluss zum Ausdruck zu bringen. Verweigert der Mandant Aufklärungen oder die Vorlage von Unterlagen, die zur Klärung erforderlich sind oder für die Durchführung entsprechender Beurteilungen, hat der Steuerberater den Auftrag niederzulegen (vgl. Verlautbarung BStBK vom 12./13.4.2010, Tz. 30). Bei schwerwiegenden, in ihrer Auswirkung nicht abgrenzbaren Mängeln in der Buchführung, den Inventuren oder anderen, nicht in den Auftrag eingeschlossenen Teilbereichen des Rechnungswesens, die der Auftraggeber nicht beheben will oder beheben kann, darf eine Bescheinigung nicht erteilt werden. In Fällen dieser Art sind dem Auftraggeber die Mängel schriftlich mitzuteilen (vgl. Verlautbarung BStBK vom 12./13.4.2010, Tz. 31).

2.3. Auftragsannahme

Die Bundessteuerberaterkammer empfiehlt bei erstmaliger Annahme des Auftrags zur Erstellung des Jahresabschlusses eine eindeutige Festlegung der zu übernehmenden Aufgaben und deren Dokumentation in einem Auftragsbestätigungsschreiben. In dem Auftrag ist festzulegen, auf welcher Grundlage (Buchführung, Inventar und zu erteilende Auskünfte) und nach welchen rechtlichen Vorschriften der Jahresabschluss zu erstellen ist. Die schriftliche Auftragsbestätigung ist m.E. jährlich vor Erstellung des Jahresabschlusses vorzunehmen (a.A. BStBK; Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen vom 12./13.4.2010, Tz. 13).

Im Rahmen der Auftragsannahme hat sich der Steuerberater mit den Risiken zu befassen, die der Annahme der Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) entgegenstehen können. Bei Risiken, die den Fortbestand des Unternehmens gefährden können, hat sich der Steuerberater einen Eindruck darüber zu verschaffen, ob die Geschäftsführung bereit ist, bei Bedarf eine Beurteilung der handelsrechtlichen Fortführungsprognose abzugeben und organisatorische Maßnahmen zur Abwendung der Insolvenzreife (z.B. Rangrücktrittserklärung) zu ergreifen. Ist dies nicht der Fall, hat der Steuerberater sorgfältig abzuwägen, ob er den Auftrag annimmt.

In dem Auftrag ist sorgfältig eine Abgrenzung von der Jahresabschlusserstellung zu einer insolvenzrechtlichen Beratung vorzunehmen. Aus diesem Grunde soll in diesen Fällen nach Auffassung der BStBK (Hinweise zur Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen in Bezug auf Begebenheiten, die der Annahme der Unternehmensfortführung entgegenstehen, 13./14.3.2018, Tz. 75) auch bei Folgeaufträgen eine Auftragsvereinbarung in schriftlicher Form erfolgen, was m.E. leichter ist, wenn der Mandant durch jährliche Übung schon daran gewöhnt ist, bevor er sich in Krisenzeiten hiermit auseinanderzusetzen hat, was gewöhnlich zu Störungen in der Zusammenarbeit zwischen Mandant und Steuerberater führen würde. Davon abgesehen kann durch ein Auftragsbestätigungsschreiben eindeutig dokumentiert werden, wann der Auftrag erteilt wurde. Das ist insbesondere hinsichtlich verschärfter Aufstellungsfristen für Krisenunternehmen von Bedeutung (zwei bis drei Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres; vgl. BVerfG Beschluss vom 15.3.1978, Az. 2 BvR 927/76, BVerfGE 48, 48).

Die Pflichten des Steuerberaters bei Erstellung des Jahresabschlusses eines Krisenunternehmens hängt insbes. auch von der Auftragsart ab. Bei Erstellungsaufträgen mit Plausibilitätsbeurteilungen oder mit umfassenden Beurteilungen sind die Anforderungen an den Steuerberater höher als bei Erstellung des Jahresabschlusses ohne Beurteilungen.

2.4. Auftragsdurchführung, Berichterstattung und Bescheinigung

2.4.1. Allgemeine Anforderungen

Der Steuerberater hat den Jahresabschluss unter Beachtung der berufsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze zu erstellen. Die Grundsätze der Unabhängigkeit, Gewissenhaftigkeit, Verschwiegenheit und der Eigenverantwortlichkeit (§ 57 StBerG) sind zu beachten. Die Erstellung des Jahresabschlusses schließt dessen Prüfung oder prüferische Durchsicht aus.

Die Erstellung des Jahresabschlusses umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um auf Grundlage der Buchführung, des Inventars, der eingeholten Auskünfte sowie Vorgaben zur Ausübung der anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte einen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Jahresabschluss zu erstellen. Zum Arbeitsumfang bei den einzelnen Auftragsarten siehe die folgende Übersicht:

Auftragsart BStBK 12./13.4.2010

Inhalt

Tz.Ohne BeurteilungenMit PlausibilitätsbeurteilungMit umfassenden Beurteilungen
Auftragsannahme13Bei der Auftragsannahme sind die vom Steuerberater zu übernehmenden Aufgaben eindeutig festzulegen und der Tätigkeitsumfang in der Auftragsbestätigung im Einzelnen zu beschreiben. Ohne hinreichende Konkretisierung seiner Tätigkeit soll der Steuerberater einen Erstellungsauftrag nicht annehmen.
14Im Auftrag zur Erstellung eines Jahresabschlusses ist insb. festzulegen, auf welcher Grundlage (Buchführung und Inventuren sowie zu erteilende Auskünfte) und nach welcher Maßgabe (Handels- und/oder Steuerrecht, Spezialgesetze, Gesellschaftsvertrag, ggf. näher spezifiziert) der Jahresabschluss zu erstellen ist.
15Wird die Anfertigung eines Erstellungsberichts vereinbart, sind Art und Umfang der Berichterstattung zu konkretisieren. Wurden konkrete Festlegungen zu Art und Umfang der Berichterstattung nicht getroffen, so wird der Steuerberater in berufsüblicher Form i.S.d. nachstehenden Grundsätze über Umfang und Ergebnis seiner Tätigkeit berichten.
16In den Auftragsvereinbarungen ist ferner vorzusehen, dass eine Bezugnahme auf die Erstellung durch den Steuerberater nur in Verbindung mit dem vollständigen von ihm erstellten Jahresabschluss erfolgen darf.
17Bei der Auftragsannahme hat der Steuerberater auszubedingen, dass ihm die benötigten Unterlagen und Aufklärungen vollständig gegeben werden. Der Steuerberater hat den Auftrag abzulehnen, wenn die Erteilung der erforderlichen Informationen durch den Mandanten nicht sichergestellt ist.
18Erweiterung des Auftrags möglich, nicht jedoch eine Reduzierung.
Auftragsdurchführung19-31Grundsätze der Unabhängigkeit, Unbefangenheit, Gewissenhaftigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Unparteilichkeit. Erstellung schließt Prüfung aus. Ansatz-, Bewertung und bestimmt der Mandant. Grundsatz der Wesentlichkeit ist zu beachten. Keine Mitwirkung an fehlerhaften Entscheidungen.
Gegenstand32Gegenstand der Erstellung eines Jahresabschlusses ist die Entwicklung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung sowie ggf. die Erstellung des Anhangs und weiterer Abschlussbestandteile auf Grundlage der Buchführung und des Inventars sowie der Vorgaben zu den anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden.
Ordnungsmäßigkeit und Plausibilität33, 37, 38, 39, 45Dabei verwendet der Steuerberater die ihm vorgelegten Unterlagen, ohne deren Ordnungsmäßigkeit oder Plausibilität zu beurteilen. Dies setzt voraus, dass ihm keine offensichtlichen Anhaltspunkte vorliegen, die Anlass zu Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit der Unterlagen und des daraus entwickelten Jahresabschlusses geben. Bei diesem Auftrag ist der Steuerberater nur für die normentsprechende Entwicklung des Jahresabschlusses aus den vorgelegten Unterlagen unter Berücksichtigung der erhaltenen Informationen sowie für die von ihm daraufhin vorgenommenen Abschlussbuchungen verantwortlich. Vom Steuerberater im Rahmen seines Auftrags nicht entdeckte Mängel der Unterlagen und Informationen sowie sich daraus ergebende Folgewirkungen für den Jahresabschluss fallen nicht in die Verantwortlichkeit des Steuerberaters.Der Auftrag zur Erstellung des Jahresabschlusses mit Beurteilungen der Plausibilität der vorgelegten Unterlagen erfordert neben den eigentlichen Erstellungstätigkeiten die Durchführung von Befragungen und analytischen Beurteilungen. Die Plausibilitätsbeurteilungen sollen dem Steuerberater mit einer gewissen Sicherheit die Feststellung ermöglichen, dass ihm keine Umstände bekannt geworden sind, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise in allen für den Jahresabschluss wesentlichen Belangen sprechen. Bei diesem Auftrag erstreckt sich die Verantwortlichkeit des Steuerberaters insoweit auch auf die Beurteilung der Plausibilität der ihm vorgelegten Unterlagen. Dementsprechend muss der Steuerberater Plausibilitätsbeurteilungen durchführen, um mit einer gewissen Sicherheit ausschließen zu können, dass die ihm vorgelegten Unterlagen nicht ordnungsgemäß sind.

Weitergehende Beurteilungen von erhaltenen Auskünften und sonstigen Unterlagen sind nur erforderlich, wenn der Steuerberater Grund zu der Annahme hat, dass diese Informationen wesentliche Fehler enthalten oder Hinweise auf falsche Auskünfte vorliegen.

Für einen Auftrag zur Erstellung des Jahresabschlusses mit umfassenden Beurteilungen der vorgelegten Unterlagen muss der Steuerberater hinreichende Sicherheit über die Ordnungsmäßigkeit dieser Unterlagen erlangen. Die Handlungen zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise sind daher so zu planen und durchzuführen, dass ein hinreichend sicheres Urteil hierzu abgegeben werden kann.
Mindestumfang der Plausibilität40• Befragung nach den angewandten Verfahren zur Erfassung und Verarbeitung von Geschäftsvorfällen im Rechnungswesen

• Befragung zu allen wesentlichen Abschlussaussagen

• analytische Beurteilungen der einzelnen Abschlussaussagen (z. B. Vergleiche mit Vorjahreszahlen, Kennzahlenvergleiche)

• Befragung nach Gesellschafter- bzw. Aufsichtsratsbeschlüssen mit Bedeutung für den Jahresabschluss

• Abgleichung des Gesamteindrucks des Jahresabschlusses mit den im Verlauf der Erstellung erlangten Informationen.

IKS34, 42, 46Der Auftrag erstreckt sich nicht auf die Beurteilung der Angemessenheit und Funktion interner Kontrollen sowie der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Insbes. gehört die Beurteilung der Inventuren, der Periodenabgrenzung sowie von Ansatz und Bewertung nicht zum Auftragsumfang.Die Befragungen sind im Wesentlichen darauf auszurichten, für die Auftragsdurchführung erforderliche Kenntnisse über das rechnungslegungsbezogene interne Kontrollsystem zu erlangen. Anders als bei einer Jahresabschlussprüfung sind jedoch keine eigenständigen Aufbau- und Funktionsprüfungen vorzunehmen.Die Erstellung mit umfassenden Beurteilungen umfasst die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und der Angemessenheit sowie der Wirksamkeit des rechnungslegungsbezogenen internen Kontrollsystems. Diese Beurteilungen sind nach Art und Umfang wie bei der Abschlussprüfung vorzunehmen. Vom Ergebnis dieser Beurteilungen hängt es ab, ob beurteilt werden kann, dass Buchführung und Bestandsnachweise mit hinreichender Sicherheit geeignet sind, um daraus einen Jahresabschluss zu erstellen, der den gesetzlichen Vorschriften entspricht.
Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit, Abschlussbuchungen35, 43, 47, 48Werden Abschlussbuchungen vorgenommen, z. B. die Berechnung von Abschreibungen, Wertberichtigungen, Rückstellungen, so beziehen sich diese auf die vorgelegten Unterlagen und erteilten Auskünfte ohne eine Beurteilung ihrer Richtigkeit.Führen die dem Steuerberater erteilten Informationen oder seine Feststellungen zu Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit der Grundlagen für den zu erstellenden Jahresabschluss, so hat er den Zweifeln nachzugehen.Umfang und Intensität der auf die Buchführung gerichteten Tätigkeiten im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses sind in Abhängigkeit von den zum Fehlerrisiko getroffenen Feststellungen zu bestimmen.

Sofern der Steuerberater selbst die Buchführung übernommen hat, entfallen Beurteilungen zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung.

36, 44Auch wenn bei der Erstellung ohne Beurteilungen auftragsgemäß keine Beurteilungen der Belege, Bücher und Bestandsnachweise vorgenommen werden, hat der Steuerberater den Mandanten auf offensichtliche Unrichtigkeiten in den vorgelegten Unterlagen, die ihm als Sachverständigen bei der Durchführung des Auftrags unmittelbar auffallen, hinzuweisen, Vorschläge zur Korrektur zu unterbreiten und auf die entsprechende Umsetzung im Jahresabschluss zu achten.Stellt der Steuerberater im Rahmen seiner Plausibilitätsbeurteilungen oder in der Verfolgung von Zweifeln Fehler in den Grundlagen für den zu erstellenden Jahresabschluss fest, so hat er Vorschläge zu deren Korrektur zu unterbreiten und auf die entsprechende Umsetzung im Jahresabschluss zu achten.
Abweichende Aufträge50Bei einem abweichenden Auftrag kann die Bescheinigung grundsätzlich jeweils nur für die Auftragsart erteilt werden, deren Erfordernisse vollständig erfüllt sind. Liegt ein von den genannten Auftragsarten abweichender Auftrag vor, sollte in der Bescheinigung auf weitergehende Beurteilungen und deren Ergebnisse hingewiesen werden, um zu dokumentieren, was im konkreten Fall tatsächlich durchgeführt und festgestellt worden ist. Gegenstand des Auftrags und durchgeführte Tätigkeit haben sich genau zu entsprechen.
Dokumentation52Die Unterlagen über das Zustandekommen des Jahresabschlusses sind notwendiger Bestandteil der Rechnungslegung des bilanzierenden Unternehmens (Abschlussunterlagen) und diesem auszuhändigen. Die Abschlussunterlagen müssen so abgefasst sein, dass daraus die Entwicklung des Jahresabschlusses aus Buchführung und Inventar bzw. aus den vorgelegten Konten lückenlos nachzuvollziehen ist.
51Der Steuerberater hat darüber hinaus die Erstellung des Jahresabschlusses angemessen zu dokumentieren. In den Arbeitspapieren oder im Erstellungsbericht, soweit dieser Dokumentationspflichten erfüllt, müssen die im Rahmen der Erstellung vorgenommenen Tätigkeiten einschließlich der vorgenommenen Beurteilungshandlungen nach Art, Umfang und Ergebnis festgehalten werden.

Die Verlautbarungen der BStBK vom 12./13.4.2010 empfehlen ebenso wie der IDW S 7 die Erstellung eines Berichts über den Jahresabschluss. Dieser soll der Nachweisfunktion über die durchgeführten Tätigkeiten dienen. Eine Verpflichtung zur Erstellung eines Berichts gibt es nicht. Die Form der Berichterstattung darf nicht den Anschein erwecken, als habe eine Abschlussprüfung oder eine prüferische Durchsicht des Abschlusses stattgefunden. Es gelten die Grundsätze der Vollständigkeit, Wahrheit und Klarheit (vgl. BStBK Verlautbarung vom 12./13.4.2010, Tz. 70). Für die Wirtschaftsprüfer gilt darüber hinaus auch der Berichtsgrundsatz der Unparteilichkeit (vgl. IDW S 7, Tz. 70).

Im einleitenden Teil des Erstellungsberichts ist auf den Auftraggeber, die Auftragsabgrenzung und die Auftragsdurchführung einzugehen. Auf die dem Auftrag zugrunde gelegten Auftragsbedingungen und die Vollständigkeitserklärung soll hingewiesen werden.

Im Bericht sind die Grundlagen des Jahresabschlusses sowie etwaige Feststellungen hierzu darzustellen. Weiter sind Art und Umfang der Erstellungsarbeiten zu umschreiben. Je nach dem erteilten Auftrag sind außerdem die rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen darzustellen und der erstellte Jahresabschluss zu erläutern. Zu erläutern sind auch Sachverhalte, die zu einer Ergänzung der Bescheinigung führen oder in die Bescheinigung aufgenommene Einwendungen betreffen.

Der Steuerberater hat den von ihm erstellten Jahresabschluss mit einer Bescheinigung zu versehen, aus der sich Art und Umfang seiner Tätigkeit ergeben. Eine bloße Unterzeichnung und/oder Wiedergabe des erstellten Jahresabschlusses auf einem Bogen mit dem Briefkopf des Steuerberaters ist nicht zulässig. Die Bescheinigung hat eine klare, schriftlich formulierte Aussage über die Erstellung des Jahresabschlusses durch den Steuerberater zu enthalten. Bestehen Einwendungen oder Beurteilungshemmnisse im Zusammenhang mit den vorgelegten Unterlagen und erteilten Auskünften, ist auf diese in der Bescheinigung hinzuweisen. Dies gilt nicht, wenn die Unterlagen insgesamt nicht abgrenzbare Mängel aufweisen oder nicht beurteilbar sind. In diesem Fall darf keine Bescheinigung erteilt werden. Die Bescheinigung ist als solche zu bezeichnen und enthält folgende Mindestinhalte (vgl. Verlautbarung vom 12./13.4.2010, Tz. 59 sowie IDW S 7, Tz. 58):

  • Überschrift,
  • Adressat (nur nach IDW S 7),
  • Art des Erstellungsauftrags und eventuelle Abweichungen,
  • Abschlussstichtag bzw. zugrundeliegendes Geschäftsjahr,
  • Verantwortlichkeiten der gesetzlichen Vertreter und des Steuerberaters bzw. des Wirtschaftsprüfers,
  • maßgebende Rechtsvorschriften und vorgelegte Unterlagen,
  • Hinweis auf die Einhaltung der Grundsätze der BStBK-Verlautbarung vom 12./13.4.2010 bzw. IDW S 7,
  • Ergebnisse der Tätigkeit des Steuerberaters bzw. des Wirtschaftsprüfers (Bescheinigung),
  • Datum, Ort und Unterschrift.

Wird dem Jahresabschluss ein von den gesetzlichen Vertretern aufgestellter Lagebericht beigefügt, ist in der Bescheinigung darauf hinzuweisen, dass die Erstellung des Lageberichts und dessen Beurteilung nicht Gegenstand des Erstellungsauftrags des Steuerberaters war.

Bescheinigungen können ggf. mit Ergänzung oder mit Einwendungen erteilt werden. Eine Ergänzung ist erforderlich, wenn z.B. bei drohender Insolvenz sachverhaltsgestaltende Maßnahmen getroffen wurden, die aufschiebend bedingt sind (noch nicht in das Handelsregister eingetragene, aber beschlossene Kapitalerhöhung) und für von Fortbestand des Unternehmens bedeutend sind. Die Bescheinigung ist mit Einwendungen zu erteilen, wenn als unzulässig erkannte Wertansätze oder Darstellungen in den Jahresabschluss einfließen oder Beurteilungshemmnisse bestehen. Hierbei muss es sich um wesentliche Sachverhalte handeln, die jedoch in ihrer Gesamtheit abgrenzbar sind. Eine unzulässige Annahme der Unternehmensfortführung ist regelmäßig nicht abgrenzbar und muss zu einer Niederlegung des Mandats führen (vgl. BStBK Hinweise zur Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen in Bezug auf Begebenheiten, die der Annahme der Unternehmensfortführung entgegenstehen, 13./14.3.2018, Tz. 129).

2.4.2. Erstellung des Jahresabschlusses ohne Beurteilungen

Den Mindestumfang einer (vollständigen) Jahresabschlusserstellung durch den Steuerberater stellt die Entwicklung des Jahresabschlusses aus den vorgelegten Konten und Bestandsnachweisen unter Berücksichtigung der erteilten Auskünfte dar. Bei dem Auftrag zur Erstellung des Jahresabschlusses ohne Beurteilungen hat der Berufsangehörige den Jahresabschluss aus den zur Verfügung gestellten Unterlagen nach gesetzlichen Vorgaben und nach den innerhalb dieses Rahmens liegenden Anweisungen des Auftraggebers zur Ausübung bestehender Wahlrechte abzuleiten. Anweisungen des Auftraggebers, die über die Ausübung bestehender Wahlrechte hinausgehen und dazu führen, dass der Jahresabschluss unzutreffend ist, dürfen durch den Steuerberater nicht befolgt werden, da er in einem solchen Fall an einem gesetzlichen Verstoß mitwirken würde. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der gesetzliche Verstoß dazu führen kann, dass der vorsätzlich fehlerhaft erstellte Jahresabschluss dazu verwendet wird, Steuern zu verkürzen oder die Adressaten des Jahresabschlusses (z.B. Gesellschafter, finanzierende Kreditinstitute) hinsichtlich der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu täuschen. In einem solchen Fall hat der Steuerberater seine weitere Mitwirkung zu versagen, wenn der Auftraggeber entsprechende Hinweise auf die Unrechtmäßigkeit nicht akzeptiert.

Der Steuerberater verwendet die ihm überlassenen Unterlagen (Kontensalden der Buchführung) ungeprüft. Es ist nicht Gegenstand des Auftrags, die Ordnungsmäßigkeit zu beurteilen. Der Berater ist damit nur für die normengerechte Entwicklung des Jahresabschlusses aus den vorgelegten Unterlagen unter Berücksichtigung der erhaltenen Informationen sowie für die daraufhin von ihm vorgenommenen Abschlussbuchungen verantwortlich (vgl. WP Handbuch 2012, Band I; Q, Tz. 1380). Liegen jedoch Anhaltspunkte vor, die Anlass dazu geben, dass die vorgelegten Unterlagen nicht ordnungsmäßig sind, kann der Steuerberater diese zur Erstellung des Jahresabschlusses nicht übernehmen. Der Auftraggeber ist hiervon zu unterrichten und zu einer entsprechenden Korrektur zu veranlassen. Andernfalls wird der Steuerberater den Auftrag nicht weiterführen dürfen, da er mit Übernahme der offensichtlich fehlerhaften Unterlagen in den Jahresabschluss sich selbst über die Grenzen des rechtlich Zulässigen hinwegbewegt. Auch in dem Falle, in dem der Auftraggeber den Einwendungen des Steuerberaters nachgibt, wird der Berufsangehörige sorgfältig die Seriosität des Auftraggebers zu prüfen haben, da er im negativen Falle davon auszugehen hat, dass andere Angaben, die Grundlage zur Erstellung des Jahresabschlusses werden, möglicherweise ebenfalls unzutreffend sind.

Ob es in der Praxis möglich ist, eine Beurteilung der Plausibilität gänzlich »auszublenden«, darf bezweifelt werden. Der Berater hat für die normengerechte Aufstellung des Jahresabschlusses zu sorgen, den er aus den Zahlen und Angaben des Mandanten ableitet und die er keiner Plausibilitätsbeurteilung zu unterziehen hat. Er wird aber z.B. nicht umhinkommen, den Rückstellungsbedarf im Gespräch mit dem Mandanten zu erörtern, insbesondere dann, wenn typische Rückstellungen (Abschlusskosten, Urlaubsansprüche von Mitarbeitern) fehlen. Andernfalls wird davon auszugehen sein, dass Mängel in der Buchhaltung offensichtlich in den Abschluss übernommen werden. Dann aber hat der Berater hierauf in der Bescheinigung hinzuweisen oder seine Tätigkeit zu versagen. Für den Jahresabschluss ist durch den Steuerberater eine entsprechende Bescheinigung zu erteilen. Hierzu schlägt die Verlautbarung der BStBK vom 12./13.4.2010 (a.a.O., Anlage 1) folgenden Text vor:

»Bescheinigung des Steuerberaters über die Erstellung

Wir haben auftragsgemäß den vorstehenden/nachstehenden Jahresabschluss – bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung [sowie Anhang] – der … [Gesellschaft] für das Geschäftsjahr vom … [Datum] bis … [Datum] unter Beachtung der deutschen handelsrechtlichen Vorschriften [und der ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung] erstellt. Grundlage für die Erstellung waren die uns vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise, die wir auftragsgemäß nicht geprüft haben, sowie die uns erteilten Auskünfte. Die Buchführung sowie die Aufstellung des Inventars und des Jahresabschlusses nach den deutschen handelsrechtlichen Vorschriften [und den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung] liegen in der Verantwortung der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft.

Wir haben unseren Auftrag unter Beachtung der Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen durchgeführt. Dieser umfasst die Entwicklung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung [sowie des Anhangs] auf Grundlage der Buchführung und des Inventars sowie der Vorgaben zu den anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden.

(Ort)

(Datum)

(Unterschrift)

Steuerberater«

Hat der Steuerberater an der Führung der Bücher mitgewirkt, ist die Bescheinigung wie folgt abzuwandeln:

»Bescheinigung des Steuerberaters über die Erstellung

Wir haben auftragsgemäß den vorstehenden/nachstehenden Jahresabschluss – bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung [sowie Anhang] – der … [Gesellschaft] für das Geschäftsjahr vom … [Datum] bis … [Datum] unter Beachtung der deutschen handelsrechtlichen Vorschriften [und der ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung] erstellt.«

(Bei Mitwirkung an der Buchführung durch den Steuerberater)

»Grundlage für die Erstellung waren die von uns … [Art der durchgeführten Tätigkeit(en) (z.B. Lohn- und Gehaltsbuchführung, Anlagenverzeichnis)] und die uns darüber hinaus vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise, die wir auftragsgemäß nicht geprüft haben, sowie die uns erteilten Auskünfte.«

(Bei Führung der Bücher durch den Steuerberater)

»Grundlage für die Erstellung waren die von uns geführten Bücher und die uns darüber hinaus vorgelegten Belege und Bestandsnachweise, die wir auftragsgemäß nicht geprüft haben, sowie die uns erteilten Auskünfte. Die Buchführung sowie die Aufstellung des Inventars und des Jahresabschlusses nach den deutschen handelsrechtlichen Vorschriften [und den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung] liegen in der Verantwortung der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft.

Wir haben unseren Auftrag unter Beachtung der Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen durchgeführt. Dieser umfasst die Entwicklung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung [sowie des Anhangs] auf Grundlage der Buchführung und des Inventars sowie der Vorgaben zu den anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden.

(Ort)

(Datum)

(Unterschrift)

Steuerberater«

2.4.3. Erstellung des Jahresabschlusses mit Plausibilitätsbeurteilung

2.4.3.1. Zu unterscheidende Grundfälle

Der Auftrag zur Erstellung eines Jahresabschlusses mit Plausibilitätsbeurteilungen ist dadurch gekennzeichnet, dass der Steuerberater neben der eigentlichen Aufstellungstätigkeit die dem Jahresabschluss zu Grunde liegenden Bücher und Bestandsnachweise durch Befragungen und analytische Prüfungshandlungen auf ihre Plausibilität hin beurteilt. Die Verantwortlichkeit des Steuerberaters erstreckt sich insoweit auf die Verlässlichkeit der vorgelegten Unterlagen und erteilten Auskünfte und damit des Jahresabschlusses, als nach dem Ergebnis durchzuführender Plausibilitätsbeurteilungen an deren Ordnungsmäßigkeit keine erkennbaren Zweifel bestehen.

Zur Beurteilung der Plausibilität der Jahresabschlussunterlagen bedarf es regelmäßig zumindest folgender Maßnahmen:

  • Befragung nach den angewandten Verfahren zur Erfassung und Verarbeitung von Geschäftsvorfällen im Rechnungswesen;
  • Befragung zu allen wesentlichen Abschlussaussagen;
  • analytische Prüfungshandlungen zur Beurteilung der Plausibilität der einzelnen Abschlussaussagen (z.B. Vergleiche mit Vorjahreszahlen, Kennzahlenvergleiche);
  • Befragung nach Gesellschafterbeschlüssen und -protokollen, ggf. entsprechende Beschlüsse und Protokolle von Aufsichtsgremien;
  • Abgleichung des Gesamteindrucks des Jahresabschlusses mit den im Verlauf der Erstellung erlangten Informationen.

Die Regelungen entsprechen inhaltlich denen des HFA 4/1996, dessen Gültigkeit durch IDW S 7 und Verlautbarung der BStBK vom 12./13.4.2010 endete. Konkretisierend wird in der Verlautbarung der BStBK vom 12./13.4.2010 angefügt, dass sich die Befragungen des Mandanten im Wesentlichen darauf richten, die für die Durchführung des Auftrags erforderlichen rechnungslegungsbezogenen internen Prozesse zu verstehen. Eigenständige Aufbau- und Funktionsprüfungen sind nicht vorzunehmen (vgl. a.a.O., Tz. 42).

2.4.3.2. Buchhaltung erfolgt durch den Mandanten

Bei einem Auftrag zur Erstellung des Jahresabschlusses mit Plausibilitätsbeurteilungen ist in der Bescheinigung auf die Plausibilitätsbeurteilungen der Buchführung und der Bestandsnachweise hinzuweisen. Bei der Bescheinigung ist sorgfältig darauf zu achten, dass sich die Aussagen über die Ordnungsmäßigkeit ausschließlich auf die zu Grunde liegende Buchführung und auf das Inventar beziehen, nicht jedoch auf den Jahresabschluss selbst. Zum Jahresabschluss selbst darf nur festgestellt werden, dass die Plausibilitätsbeurteilungen, die sich auf Buchführung und Inventar bezogen haben, nicht zu Feststellungen geführt haben, die gegen die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses sprechen.

Es ist daher folgende Bescheinigung zu verwenden, wenn keine Einwendungen zu erheben sind:

»Bescheinigung des Steuerberaters über die Erstellung mit Plausibilitätsbeurteilungen

Wir haben auftragsgemäß den vorstehenden/nachstehenden Jahresabschluss – bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung [sowie Anhang] – der … [Gesellschaft] für das Geschäftsjahr vom … [Datum] bis … [Datum] unter Beachtung der deutschen handelsrechtlichen Vorschriften [und der ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung] erstellt. Grundlage für die Erstellung waren die uns vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise, die wir auftragsgemäß nicht geprüft, wohl aber auf Plausibilität beurteilt haben, sowie die uns erteilten Auskünfte. Die Buchführung sowie die Aufstellung des Inventars und des Jahresabschlusses nach den deutschen handelsrechtlichen Vorschriften [und den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung] liegen in der Verantwortung der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft.

Wir haben unseren Auftrag unter Beachtung der Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen durchgeführt. Dieser umfasst die Entwicklung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung [sowie des Anhangs] auf Grundlage der Buchführung und des Inventars sowie der Vorgaben zu den anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Zur Beurteilung der Plausibilität der uns vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise haben wir Befragungen und analytische Beurteilungen vorgenommen, um mit einer gewissen Sicherheit auszuschließen, dass diese nicht ordnungsgemäß sind. Hierbei sind uns keine Umstände bekannt geworden, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der uns vorgelegten Unterlagen und des auf dieser Grundlage von uns erstellten Jahresabschlusses sprechen.

(Ort)

(Datum)

(Unterschrift)

Steuerberater«

2.4.3.3. Buchhaltung erfolgt durch den Steuerberater

Wurde die Buchführung, die dem Jahresabschluss zu Grunde liegt, durch den Steuerberater erledigt, hat dies Einfluss auf den Inhalt der Bescheinigung. Der Steuerberater darf wegen des Verbots der Selbstprüfung die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht bescheinigen. Die Bescheinigung darf sich nur auf die Sachverhalte beziehen, an deren Zustandekommen der Steuerberater nicht mitgewirkt hat. Da die Führung der Bücher regelmäßig auch die Erstellung eines größeren Teils des Inventars beinhaltet, kommt eine gleichzeitige Beurteilung des gesamten Inventars auf seine Plausibilität nicht in Betracht. Die Verlautbarung der BStBK vom 12./13.4.2010 schlägt daher in grundsätzlicher Übereinstimmung mit dem IDW S 7 folgende Bescheinigung vor:

»Bescheinigung des Steuerberaters über die Erstellung mit Plausibilitätsbeurteilungen

Wir haben auftragsgemäß den vorstehenden/nachstehenden Jahresabschluss – bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung [sowie Anhang] – der … [Gesellschaft] für das Geschäftsjahr vom … [Datum] bis … [Datum] unter Beachtung der deutschen handelsrechtlichen Vorschriften [und der ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung] erstellt.«

(Bei Mitwirkung an der Buchführung durch den Steuerberater)

»Grundlage für die Erstellung waren die von uns … [Art der durchgeführten Tätigkeit(en) (z.B. Lohn- und Gehaltsbuchführung, Anlagenverzeichnis)] und die uns darüber hinaus vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise, die wir auftragsgemäß nicht geprüft, wohl aber auf Plausibilität beurteilt haben, sowie die uns erteilten Auskünfte.«

(Bei Führung der Bücher durch den Steuerberater)

»Grundlage für die Erstellung waren die von uns geführten Bücher und die uns darüber hinaus vorgelegten Belege und Bestandsnachweise, die wir auftragsgemäß nicht geprüft, wohl aber auf Plausibilität beurteilt haben, sowie die uns erteilten Auskünfte. Die Buchführung sowie die Aufstellung des Inventars und des Jahresabschlusses nach den deutschen handelsrechtlichen Vorschriften [und den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung] liegen in der Verantwortung der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft.

Wir haben unseren Auftrag unter Beachtung der Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen durchgeführt. Dieser umfasst die Entwicklung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung [sowie des Anhangs] auf Grundlage der Buchführung und des Inventars sowie der Vorgaben zu den anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Zur Beurteilung der Plausibilität der uns vorgelegten Belege, [Bücher] und Bestandsnachweise, an deren Zustandekommen wir nicht mitgewirkt haben, haben wir Befragungen und analytische Beurteilungen vorgenommen, um mit einer gewissen Sicherheit auszuschließen, dass diese nicht ordnungsgemäß sind. Hierbei sind uns keine Umstände bekannt geworden, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der uns vorgelegten Unterlagen und des auf dieser Grundlage von uns erstellten Jahresabschlusses sprechen.

(Ort)

(Datum)

(Unterschrift)

Steuerberater«

2.4.4. Erstellung des Jahresabschlusses mit umfassenden Beurteilungen

Die Erstellung eines Jahresabschlusses mit umfassenden Beurteilungen beinhaltet eine andere Qualität der Arbeit des Steuerberaters. Für einen Auftrag zur Erstellung des Jahresabschlusses mit umfassenden Beurteilungen der vorgelegten Unterlagen muss der Steuerberater hinreichende Sicherheit über die Ordnungsmäßigkeit dieser Unterlagen erlangen. Die Handlungen zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der vorgelegten Belege, Buchführung und Bestandsnachweise sind daher so zu planen und durchzuführen, dass ein hinreichend sicheres Urteil hierzu abgegeben werden kann (vgl. Verlautbarung BStBK vom 12./13.4.2010, Tz. 45). Die Erstellung mit umfassenden Beurteilungen umfasst die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit und der Angemessenheit sowie der Wirksamkeit des rechnungslegungsbezogenen internen Kontrollsystems. Vom Ergebnis dieser Beurteilungen hängt es ab, ob beurteilt werden kann, ob Buchführung und Bestandsnachweise mit hinreichender Sicherheit geeignet sind, daraus einen Jahresabschluss zu erstellen, der den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Soweit der Steuerberater selbst die Buchführung oder Teile davon übernommen hat, entfallen Beurteilungen zu deren Ordnungsmäßigkeit. Sofern die Vorräte von wesentlicher Bedeutung für den Jahresabschluss sind, muss der Steuerberater – soweit durchführbar, die körperliche Bestandsaufnahme beobachten. Bei entsprechender Wesentlichkeit sind Saldenbestätigungen bei Forderungen und Verbindlichkeiten sowie Bank- und Rechtsanwaltsbestätigungen einzuholen.

Hinsichtlich der Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung können die »Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)« vom 14.11.2014 (BStBl I 2014, 1450) herangezogen werden.

»Bescheinigung des Steuerberaters über die Erstellung mit umfassenden Beurteilungen

Wir haben auftragsgemäß den vorstehenden/nachstehenden Jahresabschluss – bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung [sowie Anhang] – der … [Gesellschaft] für das Geschäftsjahr vom … [Datum] bis … [Datum] unter Beachtung der deutschen handelsrechtlichen Vorschriften [und der ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung] erstellt. Grundlage für die Erstellung waren die uns vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise, die wir auftragsgemäß auf Ordnungsmäßigkeit beurteilt haben, sowie die uns erteilten Auskünfte. Die Buchführung sowie die Aufstellung des Inventars und des Jahresabschlusses nach den deutschen handelsrechtlichen Vorschriften [und den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung] liegen in der Verantwortung der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft.

Wir haben unseren Auftrag unter Beachtung der Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen durchgeführt. Dieser umfasst die Entwicklung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung [sowie des Anhangs] auf Grundlage der Buchführung und des Inventars sowie der Vorgaben zu den anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der uns vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise haben wir Beurteilungen so zu planen und durchzuführen, dass ein hinreichend sicheres Urteil abgegeben werden kann. Nach unserer Beurteilung aufgrund der bei unserer Tätigkeit gewonnenen Erkenntnisse sind die uns vorgelegten Unterlagen, auf deren Grundlage wir den Jahresabschluss erstellt haben, ordnungsgemäß.

(Ort)

(Datum)

(Unterschrift)

Steuerberater«

2.5. Erstellung des Jahresabschlusses mit auftraggeberseitiger Einschränkung der Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit

Die Verlautbarung der BStBK vom 12./13.4.2010 stellt in Tz. 50 klar, dass bei abweichendem Auftrag die Bescheinigung grundsätzlich jeweils nur für die Auftragsart erteilt werden kann, deren Erfordernisse vollständig erfüllt sind. Hat z.B. der Auftraggeber die Buchführung erstellt und werden bestimmte Posten und Unterlagen entweder umfassenden Beurteilungen unterzogen oder auf Plausibilität hin beurteilt, wesentliche Posten aber nicht beurteilt, dann kann vom Grundsatz her nur eine Bescheinigung wie bei der Erstellung des Jahresabschlusses ohne Beurteilungen erteilt werden. In diesem Fall sollte in der Bescheinigung auf die durchgeführten Beurteilungen und deren Ergebnisse hingewiesen werden. Die BStBK stellt an diesem Punkt deutlich klar, dass Einschränkungen des Beurteilungsauftrages unzulässig sind. Damit dürfte der teilweise zur Übung gewordenen Verfahrensweise, dass die Plausibilität des Jahresabschlusses mit der Einschränkung, dass (z.B.) das Vorratsvermögen auftragsgemäß nicht beurteilt wurde, plausibel ist, eine deutliche Absage erteilt worden sein. Interessanterweise befindet sich dieser Passus nicht in der Stellungnahme des IDW S 7. Ob daraus abgeleitet werden kann, dass ein Auftrag gegenüber einem Wirtschaftsprüfer mit entsprechenden Einschränkungen (z.B. Erstellung mit Plausibilitätsbeurteilung mit der Einschränkung, dass das Vorratsvermögen nicht beurteilt wird) erteilt werden kann, ist ohne praktische Relevanz. Der Autor vertritt die Auffassung, dass die Beurteilung eines Jahresabschlusses nur in seiner Gesamtheit möglich ist und deshalb derartige Einschränkungen ausgeschlossen sind.

In der Praxis bedeutet das, dass die Grundformel über eine Erstellung des Jahresabschlusses ohne Beurteilungen entsprechend zu erweitern ist. Hierzu empfiehlt die BStBK folgende Formulierung:

»Darüber hinaus wurden wir beauftragt Plausibilitätsbeurteilungen hinsichtlich … durchzuführen. Zur Beurteilung der Plausibilität der … haben wir Befragungen und analytische Beurteilungen vorgenommen. Dabei sind uns keine Umstände bekannt geworden, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der … sprechen. Über Art, Umfang und Ergebnis der Plausibilitätsbeurteilung unterrichtet der vorliegende Bericht vom …«.

Bei Vorliegen eines Auftrags zur Erstellung des Jahresabschlusses mit Plausibilitätsbeurteilung ist die beschränkte Erweiterung des Auftrags mit umfassenden Beurteilungen wie folgt in die Bescheinigung aufzunehmen: »Darüber hinaus wurden wir beauftragt, umfassende Beurteilungen hinsichtlich … durchzuführen. Über Art, Umfang und Ergebnis der Beurteilung unterrichtet der vorliegende Bericht vom …«.

2.6. Grundsätze über die Erteilung von Bescheinigungen bei festgestellten Fehlern, Mängeln oder Risiken

Wurden Fehler, Mängel oder Risiken festgestellt, können sich diese Feststellungen auf die Bescheinigung auswirken. In Anlehnung an »Hinweise zur Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen in Bezug auf Gegebenheiten, die der Annahme der Unternehmensfortführung entgegenstehen« (Berufsrechtliches Handbuch, 3.2.1., S. 18), sind folgende Varianten denkbar:

  • Keine Auswirkungen,
  • Ergänzung,
  • (wesentliche) Einwendung oder
  • keine Erteilung.

Unwesentliche Fehler oder Mängel haben keine Auswirkung auf die Bescheinigung. Unwesentlich sind Fehler oder Mängel, wenn sie auf die Gesamtaussage des Jahresabschlusses keinen Einfluss haben. Eine Ergänzung der Bescheinigung ist geboten, wenn Risiken hinsichtlich der Bewertung von Wirtschaftsgütern bestehen, die nicht abschließend beurteilt werden können. In diesem Fall sind die Risiken im Bericht zu erläutern und die Bescheinigung wie folgt zu ergänzen (Beispiel für Risiken der Unternehmensfortführung): »Ergänzend weisen wir darauf hin, dass die Risiken, die der Annahme der Unternehmensfortführung entgegenstehen, nach unserer Einschätzung in zulässiger Weise dargestellt werden, wir diese Risiken aber nicht abschließend beurteilen können.«

Liegen wesentliche Mängel vor, sind diese in der Bescheinigung ergänzend zu benennen, wenn diese auf abgrenzbare Teile der Rechnungslegung beschränkt sind und der Jahresabschluss im Übrigen ordnungsgemäß ist. Wesentliche Mängel können auch darin bestehen, dass vom Auftraggeber erforderliche Nachweise nicht erbracht werden (Beurteilungshemmnisse).

Sind die wesentlichen Mängel oder Beurteilungshemmnisse nicht auf abgrenzbare Teile der Rechnungslegung begrenzt, sodass für wesentliche Teile kein positiver Befund möglich ist, kann die Erteilung einer Bescheinigung nicht erfolgen.

3. Rechtsformspezifische Besonderheiten

3.1. Jahresabschluss der GmbH

3.1.1. Erweiterung des Jahresabschlusses um einen Anhang

Gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB ist der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft um einen Anhang zu erweitern. Im Anhang sind die → Bilanz und die → Gewinn- und Verlustrechnung zu erläutern (vgl. § 284 HGB). Weiterhin sind in den Anhang fest definierte Pflichtangaben aufzunehmen (§ 285 HGB). Der Anhang hat in Bezug auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung Erläuterungs-, Ergänzungs- und Korrekturfunktion. Der Umfang der Angaben im Anhang richtet sich auch nach der Größenklasse der Kapitalgesellschaft, die in § 267 HGB umschrieben wird. Zur Vermeidung von Fehlern ist die Anwendung von Checklisten zur Wahrung der Vollständigkeit des Anhangs empfehlenswert (weiterführende Erläuterungen zum Anhang einschließlich Checklisten vgl. Deussen, Jahresabschluss und Lagebericht, Stuttgart 2007, 175 ff.). Dies gilt umso mehr, als durch das EHUG nunmehr gewährleistet ist, dass die offenzulegenden Jahresabschlüsse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind, insbesondere eine Überprüfung der Einhaltung formeller Vorschriften möglich ist (vgl. Deussen, BBKM 2007, 184).

3.1.2. Anwendung der Vorschriften der §§ 264 bis 288 HGB

Für → Kapitalgesellschaften sind durch die Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Dritten Buches des HGB besondere Aufstellungs- und Bewertungsnormen einzuhalten. Der Steuerberater hat bei der Aufstellung des Jahresabschlusses einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft strikt auf die Einhaltung dieser Vorschrift zu achten.

3.1.3. Gesetzliche Fristen für die Aufstellung

Kapitalgesellschaften im Sinne des Zweiten Abschnitts des Dritten Buches des HGB (Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kapitalgesellschaft & Co., Genossenschaften) haben den Jahresabschluss binnen einer Frist von drei Monaten nach Abschlussstichtag aufzustellen (vgl. § 264 Abs. 1 HGB). Kleine Kapitalgesellschaften i.S.v. § 267 Abs. 1 HGB dürfen den Jahresabschluss auch innerhalb einer Frist von sechs Monaten aufstellen, sofern dies einem üblichen Geschäftsgang entspricht. Die Verlängerung der Aufstellungsfrist für kleine Kapitalgesellschaften ist nicht generalisierend. Grundsätzlich hat auch die kleine Kapitalgesellschaft ihren Jahresabschluss innerhalb von drei Monaten nach Geschäftsschluss aufzustellen; lediglich in besonderen und begründeten Ausnahmesituationen, die einem üblichen Geschäftsgang entsprechen, kann im Einzelfall die Aufstellungsfrist bis zu sechs Monaten betragen.

Aus den restriktiveren Fristen, die für Kapitalgesellschaften gelten, ergeben sich für den Steuerberater in der Praxis erhebliche rechtliche Probleme, da diese Fristen in vielen Fällen nicht eingehalten werden. Darüber hinaus entsteht für den Steuerberater weiterer Druck durch die Umsetzung des EHUG, da die verspätete Offenlegung des Jahresabschlusses zur Einleitung von Bußgeldverfahren für die Mandanten führen wird (vgl. Deussen, BBKM 2007, 184).

In diesem Zusammenhang sind auch die Vorschriften zur Offenlegung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften i.S.d. Zweiten Abschnitts des Dritten Buches des HGB (§§ 264 ff.) zu beachten. Bei verspäteter Offenlegung werden vom Betreiber des Unternehmensregisters Ordnungsgelder in empfindlicher Höhe festgesetzt (§ 335 HGB). Den Steuerberater kann hierbei ein Verschulden vorgeworfen werden, wenn er den Jahresabschluss aus von ihm zu vertretenden Gründen verspätet aufstellt. Der Steuerberater steht auch in der Verantwortung, wenn er beauftragt wird, den Jahresabschluss für den Mandanten offenzulegen und er die Fristen hierbei verstreichen lässt (vgl. im Detail: Verlautbarung der BStBK vom 3./4.5.2017). Jedenfalls kann sich der Mandant in einem solchen Fall exkulpieren; er muss sich das Verschulden seines Steuerberaters nicht anrechnen lassen (LG Bonn, Beschl. vom 30.1.2017 – 36 T 435/16, rkr., DStR 2017, 1444).

3.1.4. Aufstellung des Jahresabschlusses bei gesetzlicher Prüfungspflicht

Das Bestehen einer Prüfungspflicht für den Jahresabschluss stellt die Arbeit des Steuerberaters – entgegen weit verbreiteter Meinung – nicht infrage. Das prüfungspflichtige Unternehmen muss dem Abschlussprüfer einen vollständig erstellten Jahresabschluss zur Prüfung vorlegen. Dieser Jahresabschluss ist durch das Unternehmen oder – wie bisher – durch den Steuerberater zu erstellen, da es dem Abschlussprüfer untersagt ist, an der Erstellung des Jahresabschlusses mitzuwirken (§ 23a BS WP/vBP).

Da die Erstellung eines Erläuterungsteils zum Jahresabschluss nicht zum gesetzlich definierten Umfang der Jahresabschlussprüfung (§ 317 HGB) gehört, wird der Tätigkeitsbereich des Steuerberaters auch an dieser Stelle nicht eingeschränkt. Der Steuerberater ist im Rahmen seines Beratungsvertrages mit dem Unternehmen vielmehr verpflichtet, dieses darauf hinzuweisen, wenn eine gesetzliche Prüfungspflicht besteht, da für das Unternehmen, die Geschäftsführer und Gesellschafter ein nicht unerheblicher Schaden entstehen kann, wenn die Jahresabschlüsse mangels durchgeführter gesetzlicher Abschlussprüfung nichtig sind und daher nicht festgestellt werden können (vgl. § 316 Abs. 1 HGB) (zu den Folgen vgl. Deussen, BBKM 2007, 184, 185).

Da der Steuerberater nicht ausschließen kann, dass der Abschlussprüfer vor Abschluss seiner Prüfung Änderungen im Jahresabschluss verlangt, empfiehlt es sich, den aufgestellten Jahresabschluss einschließlich des Erstellungsberichts erst nach Abschluss der Jahresabschlussprüfung auszufertigen. Hierdurch werden gegenüber den Gesellschaftern und anderen Adressaten des Erstellungsberichts des Steuerberaters Differenzen zum testierten Jahresabschluss vermieden, die eine nachträgliche Änderung des Erstellungsberichts des Steuerberaters zur Folge hätten.

3.2. Jahresabschluss der GmbH & Co. KG

Für die Jahresabschlüsse der GmbH & Co. KG sind die Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Dritten Buches des HGB wie für Kapitalgesellschaften anzuwenden (vgl. § 264a HGB). Die besonderen rechtsformspezifischen Bestimmungen des § 264c HGB sind zu beachten. Im Übrigen vgl. den Jahresabschluss bei der GmbH.

§ 264a HGB legt den Beurteilungszeitpunkt für die Frage, ob die Vorschriften für die Kapital & Co. anzuwenden sind, nicht fest. Es ist immer auf die Verhältnisse des Bilanzstichtags abzustellen (vgl. IDW RS HFA 7, Tz. 4). Tritt nach dem Bilanzstichtag eine natürliche Person als Komplementär in die Gesellschaft ein, entfallen die ergänzenden Rechnungslegungsvorschriften ex nunc, nicht rückwirkend. Ist die Prüfung oder Offenlegung eines Jahresabschlusses noch nicht erfolgt, entfällt mit rechtswirksamem Eintritt der natürlichen Person als Komplementär die Verpflichtung für die Zukunft. Das gilt auch für Stichtage, für die die Verpflichtungen noch nicht erfüllt waren. Die Differenzierung ist rechtlich von Bedeutung, wonach nach § 335 HGB festgesetzte Ordnungsgelder nicht rückwirkend entfallen, wenn eine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter in die Kapital & Co. eintritt.

4. Jahresabschluss und Qualitätssicherung

Steuerberater sind gemäß § 4 BOStB verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben, Aufträge nur anzunehmen und auszuführen, wenn sie über die erforderliche Sachkunde und die zur Bearbeitung erforderliche Zeit verfügen, und wenn sie in der Lage sind, die für eine gewissenhafte Berufsausübung erforderlichen sachlichen, personellen und sonstigen organisatorischen Voraussetzungen zu gewährleisten (Grundsatz der Gewissenhaftigkeit der Berufsausübung). In der Praxis bedeutet dies nichts anderes, als dass der Steuerberater die Erstellung von Jahresabschlüssen so zu organisieren hat, dass gewährleistet ist, dass diese zeitgerecht und fachlich korrekt erstellt werden. Ohne dass die berufsrechtlichen Vorschriften dies zum Ausdruck bringen, bedeutet der Grundsatz der Gewissenhaftigkeit nichts anderes, als dass der Steuerberater ein für die Verhältnisse seiner Berufspraxis angemessenes und wirksames Qualitätssicherungssystem einzurichten hat (vgl. hierzu ausführlich Deussen, BBKM 2006, 114 ff.).

Bei Einsatz von Mitarbeitern bei der Erstellung von Jahresabschlüssen ist auf deren ausreichende Qualifikation zu achten, die nicht unmaßgeblich von der zu betreibenden Fortbildung abhängt (vgl. Deussen, BBKM 2006, 250 ff.).

Der Dokumentation der durchgeführten Arbeiten kommt dabei stetig wachsende Bedeutung zu. Die Dokumentation dient dem Steuerberater dazu, die von seinen Mitarbeitern erledigten Arbeiten angemessen zu überwachen und zu beurteilen. Sie dient ebenfalls dazu, bei Auftreten von Unstimmigkeiten oder Rechtsstreitigkeiten dokumentieren zu können, dass bei der Aufstellung des Jahresabschlusses des Mandanten die erforderliche Sorgfalt angewendet wurde.

5. Wesentliche Änderungen mit Auswirkung auf die Tätigkeit des Steuerberaters

5.1. E-Bilanz

Gemäß § 5b EStG ist der Steuerpflichtige verpflichtet, die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen elektronisch an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Gemäß § 52 Abs. 15a EStG war die elektronische Übertragung erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2011 begonnen haben, vorzunehmen. Gemäß BMF-Schreiben vom 28.9.2011 (BStBl I 2011, 855, Tz. 27) wird es jedoch nicht beanstandet, wenn der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr, welches nach dem 31.12.2011 begonnen hat, nur in Papierform (ohne Einhaltung der Taxonomie) eingereicht wurde. Grundsätzlich ist die elektronische Einreichung damit für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2012 begonnen haben, erforderlich, sofern nicht die Härtereglung nach § 5b Abs. 2 EStG in Anspruch genommen werden kann. Einzelheiten zum Inhalt der E-Bilanz ergeben sich aus dem BMF-Schreiben vom 28.9.2011 (BStBl I 2011, 855).

Die Erstellung und Einreichung der E-Bilanz erfordert besondere Sachkunde auf dem Gebiet des Unternehmenssteuerrechts. Für den Steuerberater ergeben sich erhebliche zusätzliche Aufwendungen und Fehlerrisiken. Die Übernahme dieser Aufgaben sollte daher in einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Mandanten geregelt werden. Es empfiehlt sich, für die E-Bilanz vor Übermittlung eine schriftliche Freigabegenehmigung von dem Mandanten einzuholen.

Entsprechend der Bedeutung der Dienstleistung für den Mandanten, dem Schwierigkeitsgrad, dem Zeitaufwand und den Einkommensverhältnissen des Mandanten ist die Dienstleistung zur Abrechnung zu bringen, auch wenn ein Gebührentatbestand in der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) bisher nicht geschaffen wurde. Sinnvoll dürfte eine Berücksichtigung durch Anpassung des Zehntelsatzes bei Abrechnung der Tätigkeit nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 StBVV (Ableitung des steuerlichen Ergebnisses aus der Handelsbilanz; Entwicklung einer Steuerbilanz aus der Handelsbilanz) oder eine Gebührenvereinbarung nach § 4 StBVV sein.

5.2. BilRUG

Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) ist am 18.6.2015 vom Bundestag in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 18/5256) beschlossen und vom Bundesrat am 10.7.2015 gebilligt worden (BR-Drs. 285/15). Wichtigste Änderungen dieser Reform sind die rückwirkend bereits für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2013 beginnen, anwendbaren, erhöhten Schwellenwerte gem. § 267 HGB für die Klassifikation der Größenklassen für Kapitalgesellschaften (oder gleichgestellte Personenhandelsgesellschaften) und die Befreiung von der Konzernbilanzierung. Die Werte für kleine Kapitalgesellschaften werden hierbei um etwa 24 % erhöht, während die Werte für mittelgroße Kapitalgesellschaften oder die Werte für die Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht lediglich um etwa 4 % erhöht werden (§ 267 und § 293 HGB i.d.F. des BilRUG). Es ist zu beachten, dass die erhöhten Schwellenwerte nur dann bereits rückwirkend Anwendung finden dürfen, wenn zugleich mit den erhöhten Werten auch die neue Umsatzerlösdefinition angewendet wird. Wird das Wahlrecht zur rückwirkenden Anwendung nicht ausgeübt, sind die erhöhten Schwellenwerte wie auch die übrigen geänderten Vorschriften für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, pflichtgemäß anzuwenden.

5.3. Grundsätze zur ordnungsmäßigen Buchführung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)

Das BMF hat mit Erlass vom 14.11.2014 die GoBD (BStBl I 2014, 1450) und nachfolgend in Neufassung vom 28.11.2019 (BStBl I 2019, 1269) veröffentlicht. Mit diesem Schreiben wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Buchhaltung eines Unternehmens zwischenzeitlich IT-gestützt erfolgt. Der zeitliche Anwendungsbereich betrifft die Veranlagungszeiträume, die nach nach dem 31.12.2014 beginnen. Die GoBD ersetzen die BMF- Schreiben vom 7.11.1995 (Grundsätze ordnungsmäßiger Speicherbuchhaltung GoS; BStBl I 1995, 738) und vom 16.7.2001 (Grundsätze zum Zugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen GDPdU, BStBl I 2001, 415). Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass sich durch diesen Erlass nichts Neues ergibt. Allerdings wird man zu berücksichtigen haben, dass den Betriebsprüfern ein umfassendes Tool zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und Bilanzierung an die Hand gegeben wird, welches es in vielen Fällen leicht machen wird, in die Schätzungsbefugnis zu gelangen (§ 161 AO). Hierdurch ergibt sich gerade auch für den Steuerberater ein signifikantes Risiko. Er wird auf formelle Mängel des Buchhaltungswesens hinzuweisen, und, wenn die Buchhaltung von diesem abgewickelt wird, selbst darauf zu achten haben, dass es nicht zu einer Verletzung der GoBD kommt (im Detail → Buchführungspflicht). Nicht zu übersehen ist der Umstand, dass der die Buchführung erledigende Steuerberater integraler Bestandteil des Mandanten-Buchhaltungssystems ist. Seiner Beratungspflicht entspricht es auch, den Mandanten auf etwaige Mängel aufmerksam zu machen.

6. Literatur

BStBK, Deutscher Steuerberaterverband e.V., Datev e.G. (Hrsg.), Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Steuerberatung, Nürnberg/Berlin 2007; BStBK, Deutscher Steuerberaterverband e.V., Datev e.G. (Hrsg.), Berufsrechtliches Handbuch, Nürnberg/Berlin 2016; BStBK: Hinweise zur Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen in Bezug auf Gegebenheiten, die der Annahme der Unternehmensfortführung entgegen stehen, vom 13./14.3.2018, https://www.bstbk.de/de/themen/rechnungslegung/index.html (abgerufen am 14.9.2018), Deussen, Der Lagebericht der Kapitalgesellschaften, StuB 2007, 795, 798; Deussen; Offenlegung von Jahresabschlüssen – Steigender Druck für Unternehmen und Berater durch das EHUG, BBKM 2007, 184; Deussen, Qualitätssicherung als berufsrechtliche Verpflichtung – die Standards der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater im Vergleich, BBKM 2006, 114 ff.; Deussen, Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter zur Sicherung der Qualität der beruflichen Arbeit, BBKM 2006, 250 ff.; Deussen, Externe Qualitätskontrolle nach § 57a WPO, Stuttgart 2007; Deussen, P. Deussen, R.; Jahresabschluss und Lagebericht, 4. A. 2019; Deutsches Steuerberaterinstitut e.V., Deutsches wissenschaftliches Institut der Steuerberater e.V Beck’sches Steuerberater Handbuch 2019/2020, Teil X, Berufsrecht; Deutsches wissenschaftliches Institut der Steuerberater e.V. Beck’sches Steuerberater-Handbuch 2019/2020, Teil U. Der Steuerberatungsvertrag; Institut der Wirtschaftsprüfer, Fachinstitut des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. Berlin, Steuerberater Handbuch 2007, Teil 2 Berufsrecht; Fischer/Neubeck, HGB Jahresabschluss, Erstellung – Prüferische Durchsicht – Prüfung 2018/19, 15. Auflage 2019; Gläser/Danner, Steuerberatervergütung für Leistungen im Zusammenhang mit der E-Bilanz, DStR 2014, 2198; WP Handbuch Wirtschaftsprüfung und Rechnungslegung, Kap. A: Beruf und Dienstleistungen des Wirtschaftsprüfers, und Kap. B: Verantwortung der Unternehmensorgane für Rechnungslegung und Prüfung, Düsseldorf 2019; Institut der Wirtschaftsprüfer; IDW Standard: Grundsätze für die Erstellung von Jahresabschlüssen durch Wirtschaftsprüfer (IDW S 7), Stand 27.11.2009, Fachnachrichten des IDW 2009, 623; Institut der Wirtschaftsprüfer, IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Handelsrechtliche Rechnungslegung bei Personengesellschaften (IDW RS HFA 7), Stand 6.2.2012; Kischel-Leibrecht, Metzing, Überarbeitete Hinweise der Bundessteuerberaterkammer zur Erstellung des Jahresabschlusses bei existenzgefährdeten Risiken, DStR 2018, 1448; Kreide, Dimmling, Schweigen ist Silber, informieren ist Gold, DATEV Magazin 8/2017, 22 ff.; Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe, Berufsrechtliches Handbuch, II. Berufsfachlicher Teil, 3.1.1. Verlautbarung der BStBK zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen durch den Steuerberater.

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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Kurz vor Ende des Jahres und nach Verarbeitung der Änderungen der Unternehmensteuerreform 2008 ist nunmehr auch das Jahressteuergesetz 2008 verabschiedet.

Dieses beinhaltet zahlreiche Änderungen sowohl in den »gängigen« Steuergesetzen als auch in diversen steuerlichen »Randbereichen« und außersteuerlichen Themenbereichen. Soweit keine weitere Erläuterung erfolgt, gelten alle Änderungen erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2008. Der Bundestag hatte den geänderten Entwurf am 8.11.2007 verabschiedet (BT-Drs. 16/6981), der Bundesrat hat dem Gesetz in seiner Sitzung vom 30.11.2007 letztendlich zugestimmt (BR-Drs. 747/07).

Die wichtigsten Änderungen werden nachfolgend erörtert.

2. Änderungen im Einkommensteuergesetz

2.1. Neufassung der Grenzen der beschränkten Steuerpflicht

Aufgrund der Neufassung des § 1 Abs. 3 EStG n.F. können Personen ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt mit Einkünften i.S.d. § 49 EStG sich nunmehr als unbeschränkt steuerpflichtig behandeln, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen und die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG nicht übersteigen. Die bisherige absolute Grenze von 6 136 € wird somit durch den Bezug auf den Grundfreibetrag ersetzt. Durch den neu eingefügten Satz 4 bleiben ausländische Einkünfte bei der Prüfung der Grenze unberücksichtigt, die vergleichbar im Inland steuerfrei wären. Diese Ausnahmeregelung wurde aufgrund des EuGH-Urteils vom 25.1.2007 (Rs. C-329/05 »Meindl«) notwendig und erfolgt in Übereinstimmung mit den Änderungen in § 1a EStG. Die Regelung ist aufgrund der unmittelbaren Anwendung des genannten EuGH-Urteils gem. § 52 Abs. 1a EStG n.F. für alle noch nicht bestandskräftigen Bescheide anzuwenden.

2.2. Anpassungen bei der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht

Durch die Änderung der Terminologie in § 1a Abs. 1 wird der bisherige Zwang aufgegeben, für einen Abzug von Unterhaltsleistungen an einen im EU/EWR-Ausland lebenden geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten nahezu alle (vgl. § 1 Abs. 3 EStG) Einkünfte der deutschen Besteuerung unterwerfen zu müssen. Diese Regelung erfolgte zur Gleichstellung mit unbeschränkt Steuerpflichtigen. Die weiteren Änderungen im Einleitungssatz des § 1a EStG sind lediglich redaktioneller Art. Der neu im Gesetz eingefügte § 1a Abs. 1 Nr. 1a EStG n.F. wird in Anwendung der EG-vertraglich garantierten Freizügigkeit umgesetzt, nach welcher der Sonderausgabenabzug für Versorgungsleistungen, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen auch dann möglich ist, wenn die Versorgungsleistungen von einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates gewährt werden und der Empfänger seinen Wohnsitz (vgl. § 8 AO) oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten hat. Aus inländischer Sicht sind folglich für einen unbeschränkt Steuerpflichtigen auch Versorgungsleistungen als Sonderausgaben abziehbar, wenn der Empfänger im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt innehat. Die Änderung in § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG n.F. ist lediglich die Folgeänderung der bereits dargestellten allgemeinen Bezugnahme auf den Grundfreibetrag.

2.3. Änderung in der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG

Neu aufgenommen wurde die »klarstellende« Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG n.F., wonach die durch die Unternehmensteuerreform 2008 eingeführten Änderungen bei den geringwertigen Wirtschaftsgütern und die Bildung eines Sammelpostens gem. § 6 Abs. 2a EStG n.F. auch im Rahmen der Einnahmeüberschussrechnung zu beachten sind.

2.4. Abzug von Kinderbetreuungskosten

In § 4f Satz 5 EStG n.F. (übereinstimmend mit § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG) müssen zwar weiterhin Kinderbetreuungskosten mit einer Rechnung und einer unbaren Zahlung nachgewiesen werden, jedoch sind die entsprechenden Nachweise nicht mehr von vornherein vorzulegen. Im Bereich des Sonderausgabenabzugs gelten diese Grundsätze über § 10 Abs. 1 Nr. 5, 8 EStG n.F. sinngemäß, so dass jedoch in der Erklärung nachprüfbare Angaben zu machen sind.

Gleiches gilt im Übrigen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen.

2.5. Änderungen im Bereich der Sonderausgaben, insbesondere bei den Versorgungsleistungen

Der bisherige § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG, welcher den Sonderausgabenabzug von Renten und dauernden Lasten aufgrund besonderer Verpflichtungsgründe regelte, wird durch Nr. 1a und Nr. 1b ersetzt. Die eigentliche Änderung besteht darin, dass man bei der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen den Sonderausgabenabzug auf seinen angeblichen Kernbereich begrenzen will, die Vermögensübergabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen. Ausgeschlossen sind jedoch gewerblich geprägte Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Der Sonderausgabenabzug bei der Übertragung von Geld-, Grund- und Wertpapiervermögen entfällt. Hierzu zählen beispielsweise auch Anteile eines Gesellschafter-Geschäftsführers an seiner Kapitalgesellschaft, wobei im Rahmen der Verhandlungen des Gesetzgebungsverfahrens geändert wurde, dass nunmehr ein mindestens 50 % der Anteile umfassender GmbH-Anteil begünstigt bleiben soll. Bei den künftig nicht mehr begünstigten Vermögensarten wird aufgrund des vermeintlich geringeren »Bewirtschaftungsaufwandes« und der besseren Handelbarkeit (Fungibilität) eine weitergehende Begünstigung nicht für notwendig erachtet. Eine Trennung zwischen Renten und dauernden Lasten wird künftig nicht für notwendig erachtet.

Jahressteuergesetz 2008

Abb.: Begünstigte Güter für Sonderausgabenabzug der Versorgungsleistungen

Hinweis:

Da es sich bei den Fällen der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen im Regelfall um Dauersachverhalte handelt, sollte ursprünglich für vor dem 1.1.2008 geschlossene Verträge eine Übergangsfrist von fünf Jahren (§ 52 Abs. 23e EStG-E) gewährt werden. Ob dies genügt hätte, eine unzulässige Rückwirkung zu vermeiden, hätte bezweifelt werden können. Ob die Finanzverwaltung deshalb oder aber aus einem anderen Grund auf eine Übergangsfrist verzichtet hat, mag dahingestellt bleiben. Entscheidend ist vielmehr, dass nach der verabschiedeten Fassung, die Neuregelung nur dann anzuwenden ist, wenn die Vermögensübergabe nach dem 31.12.2007 vereinbart wird. Insofern gilt auf den ersten Blick ein unbeschränkter Vertrauensschutz. Zu beachten ist jedoch, dass dies nur dann gilt, wenn die Erträge des übertragenen Vermögens nicht nur deshalb die Versorgungsleistungen überschreiten, weil ersparte Aufwendungen (mit Ausnahme des Nutzungsvorteils eines zu eigenen Zwecken des Übernehmers genutzten Grundstücks) zu den Erträgen hinzugerechnet werden. Andernfalls droht ab 2008 der Verlust der steuerlichen Abzugsfähigkeit (vgl. § 52 Abs. 23e EStG n.F.). Durch diese Einschränkung wird – entgegen der Rechtsprechung des BFH – die Auffassung der Finanzverwaltung zur Übertragung von Bargeld (zum Zwecke der Ablösung eines Immobilienkredites) gegen monatliche Zahlungen auf Lebzeiten gesetzlich verankert.

Beispiel:

Der Immobilienbesitzer (V) übertrug am 31.12.2004 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Mehrfamilienhaus auf seinen Sohn (S), welcher ihm im Gegenzug eine monatliche Rente zu zahlen hat, die änderbar und auf die Versorgung des V abgestimmt ist.

Lösung:

Es handelt sich unstreitig um eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit gem. Tz. 9 des BMF-Schreibens vom 16.9.2004, BStBl I 2004, 922. Aufgrund der Vertragsgestaltung waren die monatlichen Zahlungen der Leibrente beim Empfänger in voller Höhe zu versteuern und beim Leistenden in voller Höhe Sonderausgaben (§§ 22 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG).

Aufgrund des Wortlautes von § 52 Abs. 23e EStG n.F. ist ein Abzug weiterhin zulässig, wenn die Erträge die zu zahlende Belastung überschreiten. Andernfalls würde dieser nach dem Wortlaut künftig versagt werden. Es bleibt abzuwarten, ob diese Rückwirkung in der Form gewollt war, da sie nach Auffassung des Verfassers verfassungsrechtlich bedenklich ist.

Sollte eine vergleichbare Übertragung nach dem 31.12.2007 vereinbart werden, wäre der Sonderausgabenabzug ab dem Veranlagungszeitraum von Beginn an zu versagen.

Die Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG n.F. regelt, dass auch künftig Ausgleichszahlungen auf Grund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches unter Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als Sonderausgaben abgezogen werden können. Allerdings wird mit der Neuformulierung klargestellt, dass ein Abzug nur insoweit möglich ist, wie die zugrunde liegenden Einnahmen besteuert werden (§ 22 Nr. 1c EStG).

Bei der Bemessung des Abzugsvolumens der Basisversorgung, wurde nach § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG für eine etwaige Kürzung bei nicht der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegenden Arbeitnehmern (z.B. Gesellschafter-Geschäftsführer) unterschieden, ob die Altersversorgung ganz oder teilweise durch eigene Beiträge aufgebaut wurde. Auf die Unterscheidung wird künftig verzichtet, so dass eine Kürzung ab dem Veranlagungszeitraum 2008 immer vorgenommen wird. Dies wird damit begründet, dass der betreffende Personenkreis ohnehin seine Altersvorsorge nicht durch Beiträge im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG aufbaut.

2.6. Änderungen bei der »Riester-Rente«

Die Änderung in § 10a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist lediglich darauf zurückzuführen, das die Besoldung im Rahmen der Föderalismusreform zwischen Bund und Ländern neu geregelt wurde. Der neu eingefügte § 10a Abs. 5 Satz 3 EStG n.F. soll ermöglichen, dass bei Berichtigung einer fehlerhaften § 10a EStG-Bescheinigung (sog. Riester-Rente), welche einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung zugrunde liegt, eine Änderung des Bescheides möglich ist. Im bisherigen Gesetzeswortlaut ist eine verfahrensrechtliche Änderung ausgeschlossen.

2.7. Änderungen beim Spendenabzug

Aufgrund des neu eingefügten § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG ist nunmehr geregelt, dass ein Spendenvortrag auch dann vorzunehmen ist, wenn die Zuwendungen den um den Abzug von Vorsorgeaufwendungen sowie den Verlustabzug geminderten Gesamtbetrag der Einkünfte übersteigen.

2.8. Abzug von Vorsorgeaufwendungen

Auch die in § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG festgelegte Gewährung der ungekürzten oder gekürzten Vorsorgepauschale differenziert bisher danach, ob die Anwartschaftsrechte auch durch eigene Beiträge aufgebaut wird. Diese Unterscheidung wird nunmehr fallengelassen, so dass der Ansatz der ungekürzten Vorsorgepauschale nicht mehr zum Tragen kommt. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der hierin einen ungerechtfertigten Steuervorteil für die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Arbeitnehmer gesehen hat.

2.9. Klarstellung im Bereich der Ermittlung des Altersentlastungsbetrages

Bei der Ermittlung des Altersentlastungsbetrages nach Vollendung des 64. Lebensjahres bleiben u.a. solche Einkünfte außer Betracht, die nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden. Der besseren Nachvollziehbarkeit und Abgrenzung wegen, werden die nicht einbezogenen Einkünfte nunmehr in § 24a EStG n.F. numerisch und abschließend aufgezählt.

2.10. Progressionsvorbehalt

In Umsetzung eines Vorschlages des Bundesrechnungshofes sollen die Träger der Sozialleistungen (Bundesagentur für Arbeit) künftig automatisch an eine amtlich bestimmte Übermittlungsstelle sämtliche gewährte Leistungen der Steuerpflichtigen übermitteln. Bislang gilt dies lediglich für Teile der möglichen Leistungen (u.a. Insolvenzgeld). Durch die vollständige Übermittlung soll sichergestellt werden, dass der Steueranspruch erhoben wird und z.B. dem Progressionsvorbehalt unterliegende Leistungen auch tatsächlich in der jeweiligen Veranlagung berücksichtigt wird.

Ferner wird durch die Bezugnahme auf die Reichsversicherungsordnung auch das Mutterschaftsgeld in den Progressionsvorbehalt einbezogen.

Quasi »in letzter Minute« wurde ferner geregelt, dass § 32b Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht nur für positive Einkünfte gilt, sondern auch für negative. Hierdurch wird ein negativer Progressionsvorbehalt ermöglicht.

2.11. Back-to-back-Finanzierungen – Rettung des Hausbankprivilegs

Unternehmer, die bei derselben Bank, bei der sie Kreditnehmer sind, auch ein Guthaben unterhalten, sollten nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c EStG in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 von der Abgeltungsteuer ausgenommen sein. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Guthabenzinsen in jedem Fall dem persönlichen Steuersatz zu unterwerfen gewesen wären. Die Neufassung von § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c EStG n.F. beschränkt ihren Anwendungsbereich nunmehr auf echte Back-to-back-Finanzierungen und macht zur zusätzlichen Voraussetzung für die Herausnahme aus der Abgeltungsteuer, dass die vereinbarten Zinssätze von den marktüblichen abweichen. Für eine echte Back-to-back-Finanzierung muss ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Guthaben und dem Kredit bestehen.

Back to Back Finanzierung

Abb.: Back-to-back-Finanzierungen

Ferner ist im Jahressteuergesetz 2008 vorgesehen, optional die Anwendung des bisherigen progressiven Steuertarifs bei fremdfinanziertem Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft zuzulassen bei gleichzeitiger Zulassung des Werbungskostenabzugs (vgl. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG n.F.). Dies gilt für mittelbare bzw. unmittelbare Beteiligungen von mindestens 25 % oder aber 1 % bei gleichzeitiger beruflicher Tätigkeit für die betreffende Gesellschaft.

2.12. Außergewöhnliche Belastungen

Zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Gesetzesanwendung regelt § 33b Abs. 3 EStG künftig, dass das Wahlrecht, ob der Behinderten-Pauschbetrag oder die Geltendmachung der tatsächlichen Aufwendungen für die Pflege und Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens und einen erhöhten Wäschebedarf besteht. Dieses ist einheitlich auszuüben. Dessen ungeachtet können von dem Pauschbetrag nicht erfasste Aufwendungen zusätzlich geltend gemacht werden.

2.13. Tarifermäßigung

Der in § 34 EStG dargestellte »Katalog« der außergewöhnliche Einkünfte, wird um bestimmte Einkünfte im Rahmen eines forstwirtschaftlichen Betriebes ergänzt (§ 34 Abs. 2 Nr. 5 EStG), die in § 34b EStG ausführlich geregelt sind.

2.14. Gewerbesteueranrechnung

Als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 27.9.2006 (X R 25/04, BStBl II 2007, 694), in welchem der BFH entschieden hatte, dass Verluste vorrangig mit Einkünften zu verrechnen seien, die nicht nach § 35 EStG begünstigt sind, wurde § 35 EStG nunmehr geändert. Nach dem Wortlaut des § 35 EStG n.F. hat, entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung, eine anteilige Kürzung aller Einkunftsarten zu erfolgen, so dass sich die Begünstigung nach § 35 EStG partiell mindert.

2.15. Novellierung des Abzugsverfahrens

Der neu gefasste § 39b Abs. 2 EStG n.F. bezweckt im Wesentlichen, dass künftig der Arbeitgeber den laufenden Arbeitslohn auf einen Jahresbetrag hochzurechnen und den entsprechenden Freibeträgen zu unterlegen hat. Hierdurch soll das Abzugsverfahren transparenter gestaltet werden. Weitere Änderungen sind in der Berücksichtigung des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag vorgesehen. Die übrigen Änderungen an dieser Stelle des Gesetzentwurfes sind überwiegend redaktioneller Natur.

2.16. Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale

Der neu eingefügte § 39e EStG n.F. soll die Abkehr von der Lohnsteuerkarte in Papierform weiter forcieren. Dazu wird zunächst die in § 139b AO geregelte einheitliche Steueridentifikationsnummer (TIN) benötigt, die ab 1.7.2007 zugewiesen werden. Beginnend ab dem Jahr 2011 ist vorgesehen, dass den jeweiligen Arbeitgebern die Merkmale für den Lohnsteuerabzug seiner Arbeitnehmer elektronisch vom Bundeszentralamt für Steuern übermittelt werden. Hierzu erhält der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer bei Beginn des Dienstverhältnisses die TIN und das Geburtsdatum. Für ausführlichere Informationen vgl. LEXinform 5208143.

2.17. Kapitalertragsteuer und Muttergesellschaft

§ 43b EStG n.F. bezweckt die Auszahlung von Dividenden an in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässige Muttergesellschaften ohne den Einbehalt von Kapitalertragsteuer. Infolge der EU-Erweiterung zum 1.1.2007 (Beitritt Bulgarien und Rumänien) wird die Norm bzw. die entsprechende Anlage rückwirkend zum gleichen Stichtag angepasst.

2.18. Elektronische Datenübermittlung

Durch § 45a EStG n.F. wird eine Rechtsgrundlage für die elektronische Übermittlung der Kapitalertragsteueranmeldung geschaffen. Dies erfolgt erstmals für Kapitalerträge, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2008 zufließen.

2.19. Abschaffung der Frist zur Antragsveranlagung

Die zweijährige Frist für die Antragsveranlagung in § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist aufgehoben worden. Betroffen sind erstmals der Veranlagungszeitraum 2005 sowie jene Fälle, in denen am Tag der Verkündung des JStG 2008 über einen Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig entschieden wurde (§ 52 Abs. 55j EStG n.F.).

2.20. Änderungen bei beschränkt Steuerpflichtigen

Durch Streichung des § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG können künftig auch beschränkt Steuerpflichtige vermehrt von der Fünftelregelung profitieren. Die durch das Steueränderungsgesetz 2007 vorgenommene Erweiterung des Steuerabzugs bei beschränkt Steuerpflichtigen auf Einkünfte aus der Veräußerung von Rechten im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 1 EStG wird dadurch eingeschränkt, dass Emissionsberechtigungen im Rahmen des europäischen und internationalen Emissionshandels nicht mehr erfasst werden. Diese Änderung soll rückwirkend ab 1.1.2007 gelten (§ 52 Abs. 58a EStG n.F.). Der Grund für diese Änderung besteht darin, dass eine Beibehaltung administrativen Aufwand bedeutet, der gegen eine kosteneffiziente Verringerung der Treibhausgase spricht.

2.21. Spezielle Anwendungsvorschriften

In § 52 EStG wurden diverse Übergangsregelungen geändert, welche häufig in den vorgenannten Punkten bereits eingearbeitet sind. Daher wird an dieser Stelle nur auf eine weitere Änderung eingegangen.

§ 2a Abs. 3 EStG a.F. sah bis zum Veranlagungszeitraum 1998 vor, dass Verluste aus einer gewerblichen Betriebsstätte auch im DBA-Fall im Inland geltend gemacht werden konnten. Korrespondierend war hierzu vorgesehen, dass die steuerliche Bemessungsgrundlage insoweit erhöht wurde, wie in den Folgejahren positive Beträge erzielt wurden oder die ausländische Betriebsstätte umgewandelt, entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder aufgegeben wurde. Nach § 52 Abs. 3 Satz 3 EStG sollte diese »Hinzurechnungsberechtigung« allerdings Ende 2008 auslaufen. Nunmehr kann nach dem vorliegenden Entwurf eine Hinzurechnung zeitlich unbefristet erfolgen.

3. Änderungen im Gewerbesteuergesetz

3.1. Anpassung des Finanzierungsanteils für unbewegliche Wirtschaftsgüter

Der im Rahmen der Unternehmensteuerreform eingeführte fingierte Finanzierungsanteil von Mieten und Pachten für unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG wird von 75 % auf 65 % gesenkt. Die Anwendung entspricht der in der Unternehmensteuerreform 2008 geregelten Terminierung.

3.2. Anforderungen des Schachtelprivilegs

In der Kürzungsvorschrift für sog. Schachtelbeteiligungen wird die bisher notwendige ununterbrochene 10 %ige Beteiligung als Voraussetzung gestrichen. Künftig reicht eine mindestens 10 %ige Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraumes aus. Des Weiteren wird der Anwendungsbereich in Teilen auf ausländische Gesellschaften ausgeweitet, da der Gesetzgeber einen erneuten Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vermeiden möchte. Die Änderungen sind gem. § 36 Abs. 8a GewStG n.F. in allen offenen Fällen anzuwenden.

3.3. Sonstige Änderungen

Die übrigen Änderungen im Gewerbesteuerbereich haben lediglich klarstellende Bedeutung.

Die in Art. 7 und 8 dargestellten Änderungen im Solidaritätszuschlaggesetz und der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung sind redaktioneller Art.

4. Änderungen im Körperschaftsteuergesetz

4.1. Ausweitung des Abzugsverbotes gem. § 8b Abs. 3 KStG

Unter Zugrundelegung des geltenden Rechts sind Gewinnminderungen aufgrund von Teilwertabschreibungen auf eigenkapitalersetzende Darlehen nicht unter § 8b Abs. 3 KStG zu subsumieren. Da auch § 8a KStG insoweit nicht verhindert, dass die Gewinnminderungen steuerwirksam berücksichtigt werden, eröffnete sich so eine Gestaltungsmöglichkeit. Diese wird durch den aktuellen Entwurf dadurch verhindert, dass in § 8b Abs. 3 Satz 4 bis 7 KStG n.F. eine Abzugsbeschränkung nach dem Vorbild des § 8a KStG geschaffen werden soll. Nach dieser wird künftig bei Darlehen, die ein zu mehr als einem Viertel beteiligter Gesellschafter, eine nahe stehende Person oder ein rückgriffsberechtigter Dritter an die Gesellschaft gibt, von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung ausgegangen. Daraus resultierend sind alle mit dem Darlehen zusammenhängenden Gewinnminderungen dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG zu unterwerfen. Als Gewinnminderungen kommen insbesondere Teilwertabschreibungen, Ausfall, Verzicht oder die Inanspruchnahme aufgrund von Sicherheiten in Betracht.

Korrespondierend sollen spätere Wertaufholungen die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht erhöhen. § 4h EStG i.V.m. § 8a KStG wird hierdurch nicht beeinflusst. Auch Inanspruchnahmen aus Bürgschaften und oder Sicherheiten sollen dem Abzugsverbot unterliegen.

Ähnlich wie bei § 8a KStG in der Fassung vor der Unternehmensteuerreform 2008 greift das Abzugsverbot nicht ein, wenn nachgewiesen wird, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder im Krisenfall stehen gelassen hätte. Anzeichen, wie beispielsweise Unverzinslichkeit oder die Nichtgewährung von Sicherheiten, führen jedoch bereits dazu, dass eine Fremdüblichkeit im Regelfall versagt wird.

Die neue Rechtslage soll gemäß § 34 Abs. 1 KStG ab dem Veranlagungszeitraum 2008 anwendbar sein.

Hinweis:

Die Einführung dieser Vorschrift lastet erneut dem Steuerpflichtigen eine Nachweispflicht auf, die in der Praxis ein nicht unerhebliches Streitpotential bietet.

4.2. Besteuerung von Entstrickungsgewinnen

Die durch das SEStEG vom 7.12.2006 im Einkommensteuergesetz eingefügte Möglichkeit, einen Entstrickungsgewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG über fünf Jahre verteilt zu versteuern, ist im Körperschaftsteuergesetz entsprechend anzuwenden. Die Neufassung des § 12 Abs. 1 letzter Halbsatz KStG n.F. dient hierzu lediglich der Klarstellung.

4.3. Organschaftlicher Ausgleichsposten

Im Bereich der organschaftlichen Mehr- oder Minderabführungen hat der Gesetzgeber auf das Urteil des BFH vom 7.2.2007 (I R 5/05) reagiert. Als Folge gilt ab dem VZ 2007 die sog. »Einlagelösung«. Dies bedeutet, dass in organschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführungen als Einlagerückgewähr gelten und Minderabführungen als Einlagen (vgl. § 14 Abs. 4 KStG n.F.). Am 31.12.2007 vorhandene Ausgleichsposten sind mit dem Buchwert der Organbeteiligung zu verrechnen, so dass ein übersteigender passiver Ausgleichsposten zur »Sofortversteuerung« nach dem Halbeinkünfteverfahren führt.

Für Veranlagungszeiträume bis 2006 wird die vom BFH abgelehnte Ausgleichspostenmethode rückwirkend gesetzlich verankert. Im Hinblick auf passive Ausgleichsposten wird die vergangenheitsbezogene Schaffung der Besteuerungsgrundlage in der Literatur z.T. als klarer Verfassungsverstoß bewertet.

4.4. Beseitigung von Redaktionsversehen

Die klarstellende Änderung in § 37 Abs. 4 Satz 3 und 4 KStG n.F. bereinigt ein Versehen in vorangegangenen Gesetzesänderungen. Die Neuformulierung bringt zum Ausdruck, dass die Regelungen zur ausschüttungsabhängigen Verwendung des Körperschaftsteuerguthabens, welche mit dem JStG 2007 abgeschafft wurden, letztmals für Ausschüttungen vor dem 1.1.2007 anzuwenden sind. Die bisherige Formulierung (»… vor dem 31.12.2006 …«) schloss insoweit Ausschüttungen am 31.12.2006 aus.

Auch die Änderung in § 37 Abs. 5 Satz 2 KStG n.F. hat lediglich klarstellenden Charakter.

4.5. Behandlung des EK 02

Nach der Umstellung vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren wurde festgelegt, dass noch vorhandene steuerlich unbelastete Einkommenteile (EK 02) bei der Auskehrung (Ausschüttung) von Leistungen an die Gesellschafter bis 2019 belastet werden sollten. In Abkehr von dieser langen Übergangsregelung sehen § 38 Abs. 4-9 KStG n.F. vor, dass ausschüttungsunabhängig ab VZ 2007 und den kommenden neun Jahren 10 % des am 31.12.2006 gesondert festgestellten Bestandes an EK 02 mit 30 % besteuert werden, so dass im Ergebnis 3 % Steuerbelastung entsteht. Diese wird anteilig über die zehn Jahre verteilt. Der 3 %ige Erhöhungsbetrag wird nur festgesetzt, wenn er 1 000 € übersteigt (Freigrenze). Für den unverzinslichen Erhöhungsbetrag ist eine Rückstellung zu passivieren. Eine vorzeitige Ablösung ist bis zum 30.09.2015 zum jeweils mit 5,5 % abgezinsten Betrag möglich.

Beispiel:

Die X-GmbH hat zum 31.12.2006 einen festgestellten EK 02-Bestand von 100 000 €.

Lösung:

Die X-GmbH bzw. ein etwaiger Rechtsnachfolger hat innerhalb des Nachversteuerungszeitraumes 2008–2017 10 % von 100 000 € mit einem Steuersatz von 30 %, mithin 3 000 € in zehn gleichen Jahresraten zu zahlen, jeweils am 30.9. (vgl. § 38 Abs. 6 Satz 4 KStG n.F.). Die erste Zahlung erfolgt 2008. Die Gesamtforderung des Fiskus ist nicht verzinslich und umfasst nicht den Solidaritätszuschlag.

Offenbar soll die Zahlungsverpflichtung nicht bereits am 31.12.2006, sondern am 1.1.2007 entstehen. Daher hat die X-GmbH erstmals am 31.12.2007 die gesamte Zahlungsverpflichtung zu passivieren. Hierbei ist infolge der unverzinslichen ratierlichen Zahlung eine Passivierung lediglich mit dem Barwert zulässig. Die Passivierung erfolgt gem. § 12 Abs. 3 BewG mit dem abgezinsten Wert, welcher sich bei einer unverzinslichen Forderung mit unterstellter zehnjähriger Ratenzahlung ergibt.

Gleichzeitig können die Regelungen in § 40 KStG durch Änderung des § 38 KStG entfallen.

Für bestimmte Wohnungsbauunternehmen von Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie für sämtliche steuerbefreite Körperschaften wird auf Antrag, welcher unwiderruflich bis zum 30.9.2008 zu stellen ist, eine Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nicht festgesetzt (vgl. § 34 Abs. 16 KStG n.F.).

5. Änderungen im Umwandlungssteuergesetz

Korrespondierend zu den oben dargestellten Änderungen in §§ 30, 40 KStG ist dann § 10 UmwStG entbehrlich und wird daher aufgehoben.

Ferner wurden entgegen dem Kabinettsbeschluss noch Änderungen in § 18 UmwStG i.d.F. des SEStEG vorgenommen. Diese stellen klar, dass ein Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn welcher innerhalb von fünf Jahren nach Umwandlung anfällt, auch insoweit der Gewerbesteuer unterliegt, wie er auf Betriebsvermögen entfällt, das bereits vor der Umwandlung zur Übernehmerin gehörte (vgl. Neufassung des § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG).

6. Änderungen im Umsatzsteuergesetz

6.1. Neuregelung bei der Abgabe von Speisen und Getränken

Die in § 3 Abs. 9 Satz 4 und 5 UStG geregelte Abgrenzung zwischen einer Lieferung und einer sonstigen Leistung im Restaurationsbereich (Stichwort: Verzehr an Ort und Stelle) ist durch die jüngere Rechtsprechung so nicht haltbar (vgl. BFH-Urteile vom 10.08.2006, V R 55/04, BStBl II 2007, 480 und vom 26.10.2006, V R 58,59/04, BStBl II 2007, 487). Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu entscheiden, welches Element der Leistung ihren prägenden Charakter gibt. Daher mussten § 3 Abs. 9 Satz 4 und 5 UStG gestrichen werden.

6.2. Umsatzsteuerbefreiungen und Steuersatzermäßigungen

Neben diversen redaktionellen und sprachlichen Änderungen wurden insbesondere die Befreiungsnormen § 4 Nr. 23, 25 UStG ausführlicher formuliert. Dies soll der massiven Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe Rechnung tragen und klare Abgrenzungen schaffen. In § 28 Abs. 4 UStG n.F. wurde die Angabe »31.12.2007« durch die Angabe »31.12.2011« ersetzt. Hierdurch wird die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei innergemeinschaftlicher Güterbeförderung verlängert.

6.3. Abschaffung der Umsatzsteuerhaftung

Da die Haftungsnorm nicht die vom Gesetzgeber erwarteten Ausmaße an praktischen Anwendungsfällen geboten hat, wird sie auch zur Entbürokratisierung gestrichen. In Art. 9 Nr. 6, 7 werden §§ 22, 27 UStG an die Streichung des § 13d UStG angepasst.

7. Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz

In § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG erfolgt lediglich eine Anpassung an die geänderte Regelung in § 138 BewG i.d.F. ab 2007. Die Änderung tritt bereits zum 1.1.2007 in Kraft.

8. Änderungen in der Abgabenordnung

8.1. Zuständigkeit im Insolvenzfall

Durch die Änderungen in § 26 AO soll erreicht werden, dass in Insolvenz bzw. Liquidationsfällen, im Regelfall das bisherige Finanzamt zuständig bleibt. Hierdurch soll der z.T. vorherrschenden Praxis sog. »Firmenbestatter« entgegengetreten werden, welche aus einer Sitzverlegung Kapital schlagen.

8.2. Missbrauch von rechtlichem Gestaltungsspielraum

Die ursprünglich geplante Neuformulierung in § 42 AO war ein erneuter Versuch, die Suche nach Steuergestaltungsmethoden einzudämmen, indem deren steuerliche Anerkennung eingeschränkt wird.

Nach der Gesetzesbegründung kommt § 42 AO immer dann in Betracht, wenn die Möglichkeit der Auslegung einer materiell-rechtlichen Steuernorm endet. In die Neuformulierung nahm der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung herausgestellten Grundsätze zum Anlass, um eine klare gesetzliche Definition zu schaffen. Ein Missbrauch soll künftig nur dann vorliegen, wenn eine Gestaltung unangemessen ist, nicht aber, wie dies zunächst vorgesehen war, wenn sie ungewöhnlich, d.h. nur selten anzutreffen ist. In einer Beweislastumkehr wird dem Steuerpflichtigen aufgebürdet, für eine gewählte steuerliche Gestaltung, die zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt, außersteuerrechtliche Gründe nachzuweisen, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. Mit anderen Worten: Der Steuerpflichtige trägt künftig die Beweislast für »beachtliche außersteuerliche Gründe«. Diese Bestimmung ist in hohem Maße unklar und wird vermutlich in der Zukunft zu vermehrtem Diskussionsbedarf führen.

Künftig erfolgt folgende Prüfung:

Prüfung Steuervorteil

Abb.: Prüfungsschema Gestaltungsmissbrauch

Hinweis:

Im Ergebnis bedeuten die Änderungen in § 42 AO n.F. eine Beweislastumkehr zu Lasten der Steuerpflichtigen. Ferner stellen sie eine Abkehr von der bisherigen Handhabe dar, da in unzähligen, zuvor nicht § 42 AO-belasteten Fällen, künftig für das tatsächliche Handeln wirtschaftliche Gründe aufgezeigt werden müssen.

9. Änderungen im Investmentsteuergesetz

Der bisherige § 2 InvStG wird um einen neuen Abs. 2a ergänzt. Nach dessen Wortlaut sind ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge, die aus Zinserträgen i.S.d. § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG stammen, beim Anleger im Rahmen des § 4h Abs. 1 EStG als Zinserträge zu berücksichtigen. Dadurch wird sichergestellt, dass der von § 4h Abs. 3 EStG betroffene Zinsertragsanteil mit Zinsaufwendungen zur Ermittlung des maßgeblichen Zinssaldos gem. § 4h Abs. 1 EStG saldiert werden kann.

Über die Änderung in § 7 Abs. 8 InvStG n.F. wird gesetzlich geregelt, dass insbesondere für die Kapitalertragsteuerzwecke inländische Investmentgesellschaften und Kapitalanlagegesellschaften einem inländischen Kreditinstitut gleichstehen. Dies hatte sich in der Praxis bereits bewährt.

Zur Vermeidung von Missbräuchen in Zusammenhang mit den in der Unternehmensteuerreform 2008 vorgenommenen Änderungen im InvStG wird die Abgeltungsteuer für die nach § 18 Abs. 2a InvStG n.F. betroffenen Investmentfonds (Spezialfonds) nicht wie geplant zum 1.1.2009 eingeführt, sondern bereits ab dem 9.11.2007 (Tag nach dem Beschluss des Bundestages zum JStG 2008). Klassische Investmentfonds sind von dieser Verschärfung der Unternehmensteuerreform 2008, vor deren eigentlichem Inkrafttreten, nicht betroffen.

10. Änderungen im Außensteuergesetz

Im Allgemeinen werden die §§ 7-14 AStG an die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit angepasst.

In § 7 AStG n.F., welcher die Anwendbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung regelt, erfolgen neben einer moderaten Anhebung des Grenzbetrages, ab welchem die Hinzurechnung auch ohne die sonst notwendige inländische Beherrschung ankommt, von 62 000 € auf 80 000 €, nur sprachliche Änderungen.

Nachdem in § 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG n.F. kleinere redaktionelle Änderungen erfolgen, birgt Abs. 2 eine bedeutsame Änderung. Die Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung in der Rs. »Cadbury-Schweppes« C-196/04 erfolgt vor dem Hintergrund der im europäischen Raum geltenden Niederlassungsfreiheit. Der mit der Gesetzeseinführung im Jahre 1972 beabsichtigte Zweck, dem häufig nicht in ausreichendem Maße vorhandenen Auskunftsaustausch durch die Hinzurechnungsbesteuerung entgegenzutreten, bleibt indes bestehen. Insoweit setzt die Bundesregierung lediglich die Anforderungen des EuGH um.

Im Detail schließt § 8 Abs. 2 AStG n.F. die Hinzurechnungsbesteuerung für inländisch beherrschte Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR aus, wenn die Gesellschaft tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt und der Steuerpflichtige dies nachweist. Diese Nachweispflicht (Beweislastzuordnung) wurde vom EuGH ausdrücklich als zulässig erachtet. Weitere Einzelheiten werden in den nachfolgenden Sätzen und Absätzen des § 8 AStG n.F. umschrieben.

Auch in § 9 AStG n.F. welcher die Außerachtlassung von bestimmten Zwischeneinkünften regelt, wird die betragsmäßige Beschränkung von 62 000 € auf 80 000 € angehoben.

§ 10 AStG n.F. regelt Feinheiten im Zusammenspiel der Hinzurechnungsbesteuerung mit der Zinsschranke gem. § 4h EStG und dem ab 2009 geltenden Abgeltungsteuersatz des § 32d EStG.

Die restlichen Änderungen haben im Wesentlichen klarstellenden Charakter und sind redaktionelle Folgeänderungen. In § 21 Abs. 17 AStG n.F. wird geregelt, dass die neuen Regelungen grundsätzlich erstmals für hinzurechnungspflichtige Einkünfte gelten, die in einem Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft oder Betriebsstätte entstanden sind, das nach dem 31.12.2007 beginnt.

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart. Josef Schneider u.a., Finanz und Steuern Band 16, Lexikon des Steuerrechts, 6. Auflage https://www.schaeffer-poeschel.de/isbn/978-3-7910-2833-0.html

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Die umfangreichen Änderungen des Jahressteuergesetzes 2008 und der Unternehmensteuerreform sind gegenwärtig noch gar nicht endgültig verdaut.

Die umfangreichen Änderungen des Jahressteuergesetzes 2008 und der Unternehmensteuerreform sind gegenwärtig noch gar nicht endgültig »verdaut«, die große Erbschaftsteuerreform steht seit langem in den »Startlöchern«, da liegt bereits das nächste Jahressteuergesetz im Entwurf auf dem Tisch. Entgegen anderer Gesetzesvorhaben steht im Jahressteuergesetz kein die anderen Änderungen überragendes Vorhaben zu Buche, vielmehr beinhaltet das Jahressteuergesetz eine Vielzahl großer und kleinerer Gesetzesvorhaben. Diese sollen nach der gesetzgeberischen ratio zum einen die fortwährende Europäisierung der deutschen Steuergesetzgebung unterstützen und darüber hinaus in Teilbereichen Nachbesserungen und notwendige Korrekturen vornehmen.

Festzuhalten ist zunächst, dass Kernpunkte der Unternehmenssteuerreform (z.B. Ausweitung der Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer und die neue Mantelkaufregelung) durch das Jahressteuergesetz bislang nicht modifiziert oder geändert werden sollen. Änderungen sind hingegen in Teilbereichen der Abgeltungsteuer zu erwarten.

2. Zeitlicher Ablauf

Mit Datum vom 28.4.2008 wurde vom Bundesfinanzministerium ein Referentenentwurf vorgelegt. Auf dessen Grundlage wurde am 18.6.2008 vom Bundeskabinett ein Regierungsentwurf beschlossen, welcher dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren zugeleitet wurde. Obgleich dieser in vielen Punkten dem Referentenentwurf entspricht, wurden doch einzelne nicht unwesentliche Änderungen vorgenommen.

Der Bundestag hatte das JStG 2009 in seiner Sitzung vom 28.11.2008 als den mit einigen Änderungen versehenen Regierungsentwurf beschlossen. Der Bundesrat, welcher nach seiner Sitzung vom 19.9.2008 bereits umfassend zum Gesetzentwurf Stellung bezogen hatte, hat in seiner Sitzung vom 19.12.2008 dem geänderten Gesetzentwurf ebenfalls zugestimmt.

Soweit keine anderweitigen Anwendungsregeln genannt werden, treten die Änderungen nach bisheriger Planung zum 1.1.2009 in Kraft.

3. Änderungen für Unternehmen – allgemein

3.1. Förderung der Gesundheitsvorsorge

Mit § 3 Nr. 34 EStG n.F. wurde ein neuer Steuerbefreiungstatbestand eingeführt. Nach dessen Wortlaut sind zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn getätigte Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung bis zu 500 € steuerfrei. Hierdurch soll die Bereitschaft der Arbeitgeber zur Gesundheitsbeförderung ihrer Mitarbeiter gestärkt werden.

Welche Maßnahmen unter § 3 Nr. 34 EStG fallen, ergibt sich nach der Gesetzesbegründung aus dem Leitfaden der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Umsetzung von § 20 Abs. 1 und § 20a SGB V.

Danach fallen unter die Förderung:

  1. Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes
    • Bewegungsgewohnheiten (Reduzierung von Bewegungsmangel, Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungsprogramme),
    • Stressbewältigung und Entspannung (Förderung individueller Kompetenzen der Belastungsverarbeitung zur Vermeidung stressbedingter Gesundheitsrisiken),
    • Suchtmittelkonsum (Förderung des Nichtrauchens, gesundheitsgerechter Umgang mit Alkohol, Reduzierung des Alkoholkonsums),
    • Ernährung (Vermeidung von Mangel- und Fehlernährung, Vermeidung und Reduktion von Übergewicht).
  2. Betriebliche Gesundheitsförderung
    • arbeitsbedingte körperliche Belastungen (Vorbeugung und Reduzierung arbeitsbedingter Belastungen des Bewegungsapparats),
    • gesundheitsgerechte betriebliche Gemeinschaftsverpflegung,
    • psychosoziale Belastung, Stress (Förderung individueller Kompetenzen der Stressbewältigung am Arbeitsplatz, gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung),
    • Suchtmittelkonsum (Rauchfreiheit im Betrieb, Nüchternheit am Arbeitsplatz).

Ausgeschlossen sind jedoch die Übernahme von Beiträgen zum Sportverein oder Fitnessstudio, wobei dies insoweit im Regierungsentwurf abgeschwächt wurde, als beispielsweise ein Fitnessstudiokurs begünstigt wäre, wenn er förderungswürdige Maßnahmen beinhaltet (z.B. Rückenschule etc.).

Weiterer Hintergrund dieser Neuregelung ist das Ziel, künftig durch die Steuerbefreiung die Abgrenzung entbehrlich zu machen, ob eine Leistung ausschließlich der Vorbeugung spezifisch berufsbedingter Beeinträchtigungen der Gesundheit der Arbeitnehmer dient und damit aufgrund ganz überwiegend betrieblicher Interessen per se nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren ist (BFH-Urteil vom 30.5.2001, VI R 177/99, BStBl II 2001, 671).

3.2. Anpassung der Regelaltersgrenze

In § 4d EStG wird die bisherige Gesetzesformulierung, die auf das Erreichen des 65. Lebensjahres abstellt, durch die »variable« Formulierung »… bei Erreichen der Regelaltersgrenze …« ersetzt. Dies ist eine Anpassung an die Änderungen im RV-Anpassungsgesetz vom 20.4.2007 (BGBl I 2007, 554 ff.).

3.3. Begriff der Entnahme

Ebenfalls erst im Regierungsentwurf enthalten ist eine Anpassung von § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um eine Anpassung der genannten Vorschrift an das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerlichen Engagements.

3.4. Einschränkung der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen in der Gewerbesteuer

Die sog. erweiterte Kürzung i.S.d. § 9 Abs. 1 GewStG für grundstücksverwaltende Unternehmen, welche bereits durch die im vergangenen Jahr verabschiedeten Gesetze eingeschränkt wurde, wird weiter »beschnitten«. Mit der Neuregelung in § 9 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG n.F. will man im Ergebnis die Kürzung auf ihren eigentlichen Ursprung begrenzen. Hierzu wird die erweiterte Kürzung auf Ebene der grundbesitzverwaltenden Personengesellschaft in Bezug auf Sondervergütungen des Mitunternehmers dahingehend eingeschränkt, dass nur die Sondervergütungen in die erweiterte Kürzung einzubeziehen sind, die auf die Überlassung von Grundbesitz an die Gesellschaft entfallen, d.h. die die Kerntätigkeit der Gesellschaft umfassen. Soweit der Mitunternehmer der Gesellschaft Darlehen überlässt oder andere Leistungen wie zum Beispiel Beratungsleistungen erbringt, wird die erweiterte Kürzung ausgeschlossen.

Die Beschränkung der erweiterten Grundstückskürzung ist erstmals auf Vergütungen anzuwenden, die nach dem 18.6.2008 (Tag des Kabinettbeschlusses) erstmals vereinbart oder umfangreich verändert worden sind.

3.5. Änderungen Umsatzsteuer – allgemein

Nachdem auf europäischer Ebene im Februar 2008 u.a. Änderungen im Bereich der Ortsbestimmung von Dienstleistungen (sonstige Leistungen) und der Mehrwertsteuererstattung für ausländische Unternehmer beschlossen wurden, werden diese mit dem Jahressteuergesetz 2009 in das UStG eingearbeitet.

Vereinfacht ausgedrückt werden nach den neuen Vorschriften zur Ortsbestimmung (vgl. R 2008/8/EG) ab 1.1.2010 Dienstleistungen, die ein Unternehmen für ein anderes Unternehmen erbringt, grundsätzlich dort besteuert, wo der Kunde ansässig ist, und nicht an dem Ort der Niederlassung des Dienstleistungserbringers. Diese Änderungen stehen u.a. dem aktuell gültigen § 3a Abs. 1 UStG diametral entgegen. Dienstleistungen von Unternehmen an private Verbraucher werden dagegen (zunächst) nach wie vor an dem Ort besteuert, an dem der Dienstleistungserbringer ansässig ist, mithin den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat.

Unter bestimmten Umständen gelten allerdings für Dienstleistungen an Unternehmen und an Verbraucher nicht die allgemeinen Vorschriften, sondern besondere Bestimmungen, die den Grundsatz der Besteuerung am Ort des Verbrauchs widerspiegeln sollen. Diese Ausnahmen betreffen u.a. Dienstleistungen wie Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, die Vermietung von Beförderungsmitteln, Dienstleistungen in den Bereichen Kultur, Sport, Wissenschaft, Unterricht und Erziehung sowie Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und elektronisch erbrachte Dienstleistungen für Verbraucher.

Die Regelungen zu ambulanten und stationären Heilbehandlungsleistungen werden unter Beachtung der EU-rechtlichen Vorgaben durch die Mehrwertsteuerrichtlinie großzügiger und strukturierter von der Umsatzsteuer befreit werden. Auch werden mehrere EuGH-Entscheidungen im Rahmen der Neustrukturierung der § 4 Nr. 14 und 16 UStG n.F. eingearbeitet. Deutlicher ist auch der gesetzliche Hinweis auf die sog. Humanmedizin, so dass die Steuerbefreiungen ausdrücklich nicht für Tiermedizin gelten.

In § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG werden die gesetzlichen Regelungen für Ausfuhrlieferungen in eine sog. Freizone neu geregelt. Die Ergänzung soll sicherstellen, dass Lieferungen an Unternehmer in der Freizone, die diese Gegenstände zu sog. Ausschlussumsätzen nutzen, nicht entlastet werden.

Ausfuhrlieferung in Freizonen

Abb.: Ausfuhrlieferung in Freizonen

Die Änderung tritt zum Zwecke der Gleichbehandlung am Tag nach der Verkündung in Kraft.

3.6. Geplante Einschränkung des Vorsteuerabzugs bei Pkw

Die erst im Regierungsentwurf aufgenommenen Änderungspläne zum Vorsteuerabzug von Fahrzeugen bzw. Fahrzeugaufwendungen sind, auch aufgrund der vehementen Ablehnung durch den Bundesrat, nicht gesetzlich umgesetzt worden. Der Gesetzgeber hatte zwischenzeitlich quasi ein »Wiederaufleben« des § 15 Abs. 1b UStG a.F. vorgesehen.

3.7. Änderungen bei der Gewerbesteuer

Ferner wurde im Bereich der Gewerbesteuer der Maßstab der Zerlegung, welcher in § 29 GewStG geregelt wird, angepasst, um den Besonderheiten beim Betrieb von Anlagen mit Windenergie Rechnung zu tragen. Entgegen der sonstigen Regelung erfolgt die Zerlegung in dieser Branche künftig anteilig nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne (30 %) und anteilig nach dem Verhältnis des Sachanlagevermögens (70 %). Hierdurch soll vor allem den Belangen der Gemeinden Rechnung getragen werden, in denen sich die Windenergieanlagen befinden (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG n.F.).

Durch die ausdrückliche Verweisnorm in § 10a Satz 10 GewStG auf § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG n.F. soll der Wegfall gewerbesteuerlicher Verluste im Falle eines Anteilseignerwechsels bei an Mitunternehmerschaften beteiligten Körperschaften auch für den Fall der Einbringung eines Gewerbebetriebes in eine Mitunternehmerschaft gewährleistet werden. Die Regelung ist aus Sicht des Gesetzgebers notwendig, da der bisher vom Einbringenden erwirtschaftete Verlust des Gewerbebetriebes weiterhin abgezogen werden kann, soweit er auf den Einbringenden entfällt und hierbei Anteilseignerwechsel bei der einbringenden Körperschaft bisher nicht erfasst wurden. Vor einem schädlichen Anteilseignerwechsel einer Kapitalgesellschaft konnte bislang der Untergang gewerbesteuerlicher Fehlbeträge durch Ausgliederung des Verlustbetriebs auf eine Tochterpersonengesellschaft verhindert werden, was nunmehr ausgeschlossen scheint. Gewerbesteuerliche Fehlbeträge einer Mitunternehmerschaft gehen durch die Neuregelung im JStG 2009 insoweit unter, als sie einer Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind und ein schädlicher Anteilseignerwechsel nach § 8c KStG bei dieser Kapitalgesellschaft eintritt.

Die Neufassung soll für Erwerbe ab dem 29.11.2008 gelten.

Aufgrund eines vergleichbaren Hintergrundes erfolgten überdies auch die Änderungen in § 2 Abs. 4 und § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG n.F., die in Umwandlungsfällen eine unerwünschte Verlustnutzung durch die Nutzung der Rückwirkungsfiktion verhindern sollen. Voraussetzung für die Verlustnutzung oder die Nutzung des Zinsvortrags durch Rückwirkung ist deshalb künftig, dass der Verlust oder Zinsvortrag auch ohne die Umwandlung hätte ausgeglichen oder verrechnet werden können.

3.8. Änderungen bei der Kapitalertragsteuer

Nach derzeitigem Recht ist bei Körperschaften als Gläubiger bestimmter Kapitalerträge eine Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug vorgesehen. Diese Vorschrift zur Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug wurde nun durch das JStG 2009 aus Vereinfachungsgründen durch eine Regelung in § 43 Abs. 2 Satz 3 EStG n.F. ersetzt, die nicht nur für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, sondern auch für Einkommensteuerpflichtige gilt. Voraussetzung ist, dass diese die Kapitalerträge als Betriebseinnahmen im Rahmen ihres inländischen Betriebs erzielen und dies der auszahlenden Stelle mitteilen.

4. Änderungen für Unternehmen – Kapitalgesellschaften

4.1. Zusammenfassung Betriebe gewerblicher Art

Eine juristische Person des öffentlichen Rechts unterliegt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 KStG mit jedem einzelnen ihrer Betriebe gewerblicher Art der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Eine Zusammenfassung einzelner Betriebe gewerblicher Art zu einem neuen ist nur nach den (engen) von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entwickelten Grundsätzen zulässig (vgl. H 7 KStH). Neben der Möglichkeit, gleichartige Betriebe und Verkehrs- und Versorgungsbetriebe i.S.d. § 4 Abs. 3 KStG zusammenzufassen, können bisher auch Betriebe, zwischen denen eine wechselseitige enge technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht, zusammengefasst werden. Betriebe gewerblicher Art können nicht mit Hoheitsbetrieben zusammengefasst werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit werden die Zusammenfassungsgrundsätze nunmehr gesetzlich verankert. Dabei wird künftig auf das streitanfällige und administrativ aufwändige Merkmal der wechselseitigen engen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung verzichtet. Damit wird im Grundsatz der bisherige Status quo gewahrt.

Wegen der Übergangsregelung wird auf die Begründung zu § 34 Abs. 2b KStG verwiesen.

4.2. Steuerbegünstigung ausländischer Körperschaften, Liebhaberei und Dauerdefizite bei Betrieben gewerblicher Art

Die Änderungen in § 5 KStG stehen in engem Kontakt zu den Änderungen in § 51 AO. Zum einen wird § 5 KStG um die künftig ebenfalls von der Körperschaftsteuer befreiten Einrichtungen ergänzt. Darüber hinaus wird als Reaktion auf das Urteil des EuGH vom 14.9.2006, C 386/01 (»Stauffer«), (BFH/NV Beilage 2007, 55) angeordnet, dass künftig auch ausländische Körperschaften (EU oder EWR), welche steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfüllen, wenn die Allgemeinheit gefördert wird.

Mit der Änderung des § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG werden diese ausländischen steuerbegünstigten Körperschaften, die die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfüllen, den inländischen steuerbegünstigten Körperschaften gleich gestellt. Sie sind demnach mit ihren inländischen Einkünften von der Körperschaftsteuer befreit. Ihre wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe werden – wie bei inländischen steuerbegünstigten Körperschaften – wie bisher besteuert.

Ferner regelt die neu eingefügte Klarstellung in § 8 KStG, dass für die Annahme eines Betriebes gewerblicher Art die Absicht Gewinn zu erzielen und die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht notwendig ist. Hiermit möchte der Gesetzgeber klarstellen, dass entgegen einiger Stimmen der Literatur (u.a. Hüttemann in DB 2007, 1603) die sog. Liebhabereigrundsätze keine Anwendung finden. Im Falle der Liebhaberei wären insbesondere Verluste nicht berücksichtigungsfähig.

Ferner wird in § 8 Abs. 7 KStG n.F. – quasi entgegen der hierzu bestehenden Rechtsprechung des BFH – gesetzlich verankert werden, dass es grundsätzlich nicht zu einer vGA bei Betrieben gewerblicher Art und Kapitalgesellschaften mit Mehrheitsrechten von Gebietskörperschaften führen soll, wenn sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben. Der BFH hat im Urteil vom 22.8.2007, I R 32/06, (BStBl II 2007, 961) entschieden, dass die Übernahme einer dauerdefizitären Tätigkeit durch eine Eigengesellschaft (Kapitalgesellschaft) einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ohne schuldrechtlichen Verlustausgleich zumindest in Höhe der laufenden Betriebsverluste zu einer verdeckten Gewinnausschüttung an die juristische Person des öffentlichen Rechts führt. Diese Entscheidung entspricht nicht der bisherigen steuerlichen Handhabung durch die betroffenen Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung.

4.3. Streubesitzdividenden

Die mit Sorge erwarteten bzw. befürchteten Änderungspläne in § 8b Abs. 4 KStG zur generellen Steuerpflicht von Streubesitzdividenden sind bislang ausgeblieben. Stattdessen wurde lediglich in § 8b Abs. 10 KStG n.F. ein Satz 9 eingefügt, welcher bei der Wertpapierleihe verhindern soll, dass möglicherweise ungerechtfertigte Steuervorteile erzielt werden können.

In § 8c KStG n.F. erfolgt eines systembedingte Anpassung für die Besonderheiten bei den o.g. Dauerverlustbetrieben.

4.4. Abgeltungswirkung des Steuerabzugs

§ 32 KStG regelt im Grundsatz die durch den Steuerabzug eingetretene Abgeltungswirkung der Körperschaftsteuer. Im Bereich der Einkommensteuer wurde durch das JStG 1997 eine einschränkende Sonderregelung eingeführt, wenn unterjährig ein Wechsel zur unbeschränkten Steuerpflicht erfolgt. Eine vergleichbare Regelung wird nunmehr in § 32 Abs. 2 KStG n.F.verankert. Weiterhin soll die Abgeltungswirkung nicht eintreten, wenn einer der folgenden, im Gesetz enumerativ geregelten Tatbestände erfüllt ist:

  • für Einkünfte, die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 4 EStG unterliegen, wenn der Gläubiger der Vergütungen eine Veranlagung zur Körperschaftsteuer beantragt,
  • soweit der Steuerpflichtige wegen der Steuerabzugsbeträge in Anspruch genommen werden kann oder
  • soweit § 38 Abs. 2 KStG anzuwenden ist.

5. Änderungen für Unternehmen – Personengesellschaften: Verlustabzug gemäß § 15a EStG

Verluste eines Kommanditisten aus seiner Beteiligung an einer KG dürfen nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden, soweit durch den Verlust ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht (nur verrechenbarer Verlust, § 15a EStG). Die Nutzung verrechenbarer Verluste soll noch weiter eingeschränkt werden. Bereits derzeit können in früheren Wirtschaftsjahren erzielte Verluste nicht mehr durch spätere Einlagen ausgleichsfähig werden.

Zusätzlich wird nunmehr geregelt werden, dass durch Einlagen auch kein Verlustausgleichsvolumen für zukünftige Wirtschaftsjahre geschaffen werden kann. Laut Gesetzesbegründung sollen damit Gestaltungsspielräume durch willkürliche Einlagen eingeschränkt werden, welche insbesondere durch die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 26.6.2007, IV R 28/06, BStBl II 2007, 934), der sich für einen Korrekturposten mit Einlagenvortrag ausgesprochen hatte, entstanden waren.

Der BFH hatte in seinen Urteilen über den Wortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG hinausgehend (»teleologische Erweiterung«) entschieden, dass Einlagen, die zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos geleistet und im Wirtschaftsjahr der Einlage nicht durch ausgleichsfähige Verluste verbraucht werden, regelmäßig zum Ansatz eines Korrekturpostens führen mit der weiteren Folge, dass Verluste späterer Wirtschaftsjahre bis zum Verbrauch dieses Postens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren sind. Dies sollte auch dann gelten, wenn hierdurch (erneut) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht.

Beispiel:

Das Kapitalkonto des Kommanditisten beträgt am 1.1.01 ./. 10 000 €. Im Jahr 01 leistet der Kommanditist eine Einlage i.H.v. 5 000 €. Im Jahr 01 erzielt die Gesellschaft einen Verlust von ./. 2 000 €. Im darauf folgenden Jahr beträgt der erzielte Verlust ./. 3 000 €.

Lösung:

Die nicht verbrauchte Einlage von 3 000 € aus dem Jahr 01, für die ein sog. Einlage-Korrekturposten gebildet werden muss, kann mit dem Verlust aus dem Jahr 02 i.H.v. 3 000 € nach BFH- und BMF-Ansicht (BMF-Schreiben vom 19.11.2007, BStBl I 2007, 823) ausgeglichen werden. Der Korrekturposten beträgt für das Wirtschaftsjahr 03 dann 0 €.

Entwicklung des Kapitalkontos
1.1.01:./. 10 000 €
Einlage 01:./. 2 000 €
Verlust 01:./. 2 000 €
Stand 31.12.01:./. 7 000 €
Verlust 02:./. 3 000 €

(bisher ausgleichsfähig)

Stand 31.12.02:./. 10 000 €

Durch die Umsetzung der von der Literatur und den Verbänden scharf kritisierten Regelung ist der ausgleichsfähige Verlust des Jahres 02 (infolge der »nicht verbrauchten« Einlage in 01) nicht mehr ausgleichsfähig, sondern nur noch verrechenbar.

In § 15a Abs. 2 EStG wird neben einer redaktionellen Änderung insbesondere die in R 15a Abs. 4 EStR wiedergegebene Verwaltungsauffassung zur Behandlung von verrechenbaren Verluste im Veräußerungs- oder Aufgabefall gesetzlich verankert.

6. Änderungen für Privatpersonen

6.1. Sonderausgabenabzug von Schulgeldzahlungen

Schulgeldzahlungen an deutsche Privatschulen können derzeit mit 30 % (ohne Unterbringung, Betreuung und Verpflegung) als Sonderausgaben abgezogen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG). Als Reaktion auf die EuGH-Rechtsprechung (EuGH-Urteile vom 11.9.2007, C 318/05, C 76/05) wird der Sonderausgabenabzug auf Zahlungen an EU/EWR-ausländische Privatschulen ausgedehnt. Allerdings wird der Höchstbetrag auf 5 000 € gedeckelt (ab VZ 2008). Der maximale Sonderausgabenabzug sollte ursprünglich um jährlich 1 000 € abgeschmolzen werden und damit ab 2011 ganz entfallen (§ 52 Abs. 24b EStG). Diese Abschmelzung wurde indes im Regierungsentwurf nicht umgesetzt. Voraussetzung ist überdies, dass die Schule zu einem im Inland anerkannten allgemein bildenden Schulabschluss führt.

Hinweis:

Entgelte an Schulen außerhalb des EU/EWR-Raumes können nach wie vor nicht steuerlich in Abzug gebracht werden.

Die Änderung tritt mit Wirkung vom 1.1.2008 in Kraft. Für alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen, die frühere Veranlagungszeiträume betreffen, wird mit dem neuen § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG eine Übergangsregelung geschaffen.

6.2. Anpassung des Spendenabzugs an europäische Regeln

Im Bereich der Spenden wird die Förderung gemeinnütziger Zwecke durch eine neue Definition des Begriffs »Allgemeinheit« geändert (§ 52 AO). Mitgliedsbeiträge an Kulturfördervereine sollen abziehbar (§ 10b Abs. 1 EStG), extremistische Vereine von der Gemeinnützigkeit ausgeschlossen werden (§ 51 AO).

Auch aus Gründen der Steuergerechtigkeit soll der Wert eines zugewendeten Wirtschaftsgutes nur dann mit dem gemeinen Wert bestimmt werden, sofern im Zeitpunkt der Zuwendung kein Besteuerungsvorgang ausgelöst wird. Andernfalls sind die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten heranzuziehen. Auch soll die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist für Spendenbescheinigungen an den Ablauf der Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung gekoppelt werden. Dies ermöglicht im Falle einer widerrechtlich ergangenen Spendenbestätigung, dass Änderungen gemacht werden können und die notwendige Haftungsinanspruchnahme nicht abgelaufen ist. Zudem beinhaltet § 10b Abs. 4 EStG n.F. eine Art Haftungsinanspruchnahmereihenfolge bei der Ausstellung von Spendenbelegen. Danach ist das Auswahlermessen insoweit eingeschränkt, als zunächst die ausstellende Stelle beansprucht werden soll.

6.3. Steuerbefreiung bei der Aufnahme behinderter Menschen

Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, sind nach § 3 Nr. 10 EStG n.F. steuerfrei. Für Einnahmen, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch das Gleiche. Bei Überschreiten der Grenzbeträge dürfen die mit der Aufnahme verbundenen Kosten in Abzug gebracht werden.

7. Abgeltungsteuer, Kapitalerträge, Renten

7.1. Besteuerung von Kapitalmaßnahmen

Die sicherlich als eher undurchsichtig zu bezeichnenden Änderungen in § 20 Abs. 4a EStG n.F. lassen sich zunächst in folgende Einzelfälle einteilen:

  • der in Satz 1 geregelte (steuerneutrale) Anteilstausch von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften außerhalb des EU-/EWR-Raumes,
  • die in Satz 2 geregelte (steuerneutrale) Anschaffung von Aktien im Zusammenhang mit sog. Umtausch- und Aktienanleihen, und
  • die in Satz 3 getroffene Regelung zum Wertansatz gewährter Bezugsrechte aus Kapitalerhöhungen mit 0 €.

Ausweislich der Gesetzesbegründung besteht der Sinn und Zweck des neuen Absatzes 4a darin, die Abgeltungsteuer für Steuerpflichtige und Quellensteuerabzugsverpflichtete, vor allem für Kreditinstitute, praktikabler auszugestalten. Dies ist vor allem bei den aufgeführten Kapitalmaßnahmen notwendig, bei denen die Erträge nicht als Geldzahlungen, sondern insbesondere in Form von Anteilen an Kapitalgesellschaften zufließen.

Grundregel des Absatzes ist es, dass bei den angeführten Kapitalmaßnahmen – abweichend von Absatz 4 – der Gewinn mit 0 € angesetzt wird und die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile mit den Anschaffungskosten der hingegebenen Anteile bei einer zukünftigen Veräußerung angesetzt werden. Dadurch bleiben die steuerlichen Reserven dauerhaft verstrickt und werden bei einer zukünftigen Veräußerung gegen Geldzahlung realisiert. Satz 1 bestimmt, dass der Anteilstausch von Beteiligungen an Körperschaften, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz außerhalb des EU/EWR-Raumes haben, keine Besteuerung nach sich zieht, sofern das Besteuerungsrecht Deutschlands für die erhaltenen Anteile weiterhin bestehen bleibt. Die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile werden mit den Anschaffungskosten der hingegebenen Anteile angesetzt. Allerdings greift diese Regelung nicht ein, sofern die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 KStG erfüllt sind.

Satz 2 macht deutlich, dass insbesondere bei Umtausch- und Aktienanleihen, bei denen statt Rückgabe des Nominalbetrages Aktien an den Inhaber der Anleihe geleistet werden, die Übertragung der Aktien sich nicht steuerlich auswirkt. Allein die spätere Veräußerung der Aktien wird für die Festsetzung der Einkommensteuer und für den Quellensteuerabzug durch die Kreditinstitute relevant. Damit wird die Besteuerung dieser Finanzinstrumente an die Besteuerung der Wandelanleihe (§ 221 AktG) angeglichen, bei der bereits nach den geltenden Grundsätzen durch die Wandlung weder ein Kapitalertrag aus der Anleihe noch ein privater Veräußerungsgewinn durch Tausch der Anleihe in Aktien besteht.

Hintergrund des Satzes 3 ist folgender Umstand:

Erhöht eine Aktiengesellschaft, eine GmbH oder eine ausländische Kapitalgesellschaft ihr Grund- bzw. Stammkapital gegen Einlage, erwirbt der Anteilseigner durch Gewährung der Bezugsrechte einen Anspruch auf entgeltlichen Erwerb der neuen Anteile. Diese Bezugsrechte sind Bestandteil seines Gesellschafterrechts und scheiden mit ihrer Zuteilung aus der Substanz der bisherigen Anteile aus. Die Kapitalerhöhung gegen Einlage in das Grund- bzw. Stammkapital führt zu einer Abspaltung der im bisherigen Anteil verkörperten Substanz und dementsprechend zu einer Abspaltung eines Teils der ursprünglichen Anschaffungskosten. Die bisherigen Anschaffungskosten der Anteile vermindern sich um den Teil, der durch die Abspaltung auf die Bezugsrechte entfällt (Gesamtwertmethode). Die Ermittlung von Bezugsrechtswerten stellt die Kreditinstitute gegenwärtig in vielen Fällen vor gravierende Probleme, die zudem letztlich keiner befriedigenden Lösung zugeführt werden können.

Der in diesem Satz geregelte Ansatz von Bezugsrechten mit dem Wert 0 € soll daher die Voraussetzung dafür bieten, dass die mit dem Bezugsrecht zusammenhängenden Kapitalmaßnahmen im Rahmen der Abgeltungsteuer in einem Massenverfahren zeitpunktgenau praktisch abgewickelt werden können. Denn zum einen vermindert sich der Wert der Anschaffungskosten der Altanteile nicht, zum anderen braucht bei der Veräußerung von Bezugsrechten deren schwer zu ermittelnder Wert nicht ermittelt zu werden. Schließlich wirkt sich der Wert des Bezugsrechts nicht auf die Anschaffungskosten der auf Grund der Ausübung des Bezugsrechts erhaltenen Anteile aus.

Nach der Änderung des § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG durch dieses Gesetz ist der neue § 20 Abs. 4a EStG erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden.

Die übrigen Änderungen in Absatz 9 haben lediglich redaktionellen Charakter.

Eine weiterhin in den Anwendungsvorschriften befindliche Übergangsregelung für die sog. Finanzinnovationen soll festlegen, dass bei der Veräußerung oder Einlösung von Kapitalforderungen i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG generell der sich ergebende Unterschiedsbetrag zwischen Erlös und Anschaffungskosten den Regeln der Abgeltungsteuer unterliegt (§ 52a Abs. 10 Satz 7 EStG). Betroffen sind hiervon Kapitalanlagen in Anleihen mit variablem Zins (Floater) und ggf. auch Garantiezertifikate. Für diese wird es für die steuerliche Behandlung ab 2009 ausschließlich und unabhängig vom Erwerbszeitpunkt darauf ankommen, dass die Anlage unter den Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG fällt. Insbesondere wird damit eine Unterscheidung zwischen Ertrags- und Vermögensebene und die Frage einer Kapitalgarantie unbeachtlich sein. Eine Vereinfachung, die sich für Anleger nachteilig oder aber auch vorteilhaft (in Verlustfällen) auswirken kann.

Die so genannten vermögensverwaltenden Versicherungsverträge werden gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG n.F. von den allgemeinen Besteuerungsregelungen für Versicherungsverträge ausgeschlossen und die der Versicherung zufließenden Erträge dem Steuerpflichtigen direkt zugerechnet. Dies trifft auf Versicherungsverträge zu, auf die der Versicherte Einfluss bei Anschaffung und Veräußerung der Vermögensgegenstände hat oder bei denen nur geringe Anforderungen an die Risikoleistung gestellt werden.

Ferner wurde durch die Erweiterung in § 10 Abs. 2 EStG n.F. geregelt, dass Beiträge zur sog. Rürup-Rente ab 1.1.2010 nur dann berücksichtigt werden, wenn der Vertrag entsprechend zertifiziert wurde.

7.2. Ausländische freiwillige Renten, Stillhaltergeschäfte

Nach geltendem Recht ist die Besteuerung wiederkehrender Bezüge nur dann ausgeschlossen, wenn sie von einem unbeschränkt steuerpflichtigen Geber freiwillig oder auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewährt werden. Die Regelung beruht darauf, dass der Geber solche Bezüge nach § 12 Nr. 2 EStG nicht steuermindernd gelten machen kann (Korrespondenzprinzip) und deshalb ihre Besteuerung beim Empfänger nicht gerechtfertigt ist.

Mit der Änderung wird erreicht, dass die Regelung auch dann gilt, wenn der Geber nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist. Das ist gerechtfertigt, weil solche Zahlungen auch in anderen Ländern regelmäßig nicht steuermindernd berücksichtigt werden.

Hinweis:

Mit Urteil vom 28.6.2007, 3 K 237/06, Rev beim BFH: X R 42/07) hatte das FG Hamburg u.a. entschieden, dass freiwillig von einem im EU-Ausland ansässigen Geber privat gewährte wiederkehrende Bezüge beim inländischen Empfänger nicht mittels der sog. Umkehrschluss-Auslegung von § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG steuerbar seien, da die Umkehrschluss-Auslegung gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 12 EGV verstoße.

Insofern werden durch die oben beschriebenen Änderungen in § 22 EStG die vom FG Hamburg geäußerten europarechtlichen Bedenken beseitigt.

Ferner wird in § 22 Nr. 3 EStG eine Änderung bei der Behandlung von sog. Stillhaltergeschäften angestrebt. Einnahmen aus Stillhaltergeschäften gehören ab dem 1.1.2009 zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG). Sofern die für Stillhaltergeschäfte auf Einkünfte aus § 22 Nr. 3 EStG begrenzte Verlustverrechnung weiter gilt, kann es vorkommen, dass bis zum 31. 12. 2008 noch nicht ausgeglichene Verluste aus Stillhaltergeschäften insgesamt steuerlich unberücksichtigt bleiben.

§ 22 Nr. 3 Satz 5 und 6 EStG enthält nunmehr eine Übergangsregelung für »Altverluste« aus Stillhaltergeschäften. Entsprechend der Übergangsregelung für Altverluste aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 23 EStG können nunmehr »Altverluste« aus Stillhaltergeschäften übergangsweise – für fünf Jahre (§ 52a Abs. 10a EStG) – mit neuen positiven Einnahmen aus Stillhaltergeschäften (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG) verrechnet werden, obwohl die Einnahmen aus Stillhaltergeschäften zukünftig nicht mehr von § 22 Nr. 3 EStG erfasst werden.

Über die in § 22 Nr. 5 EStG geplante Gesetzesänderung soll im Bereich der Altersvorsorgebeiträge erreicht werden, dass ggf. eintretende Provisionserstattungen auf Altersvorsorgeprodukte – unabhängig davon, ob möglicherweise Provisionserstattung auf den Altersvorsorgevertrag eingezahlt oder an den Anleger ausgezahlt wird – zutreffend steuerlich erfasst werden. Gleichzeitig soll es hierbei jedoch nicht zu Verwerfungen in anderen Bereichen bzw. im Förderverfahren führen.

7.3. Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter

Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 wurde für Wirtschaftsgüter, aus deren Nutzung andere Einkünfte erzielt werden, die Veräußerungsfrist von einem auf zehn Jahre angehoben. Bei der Ermittlung privater Veräußerungsgewinne gem. § 23 Abs. 3 EStG sind lediglich bei Wirtschaftsgütern, aus deren Nutzung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung erzielt werden, die vom Steuerpflichtigen bei diesen Einkünften geltend gemachten Absetzungen für Abnutzung (AfA), erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen gewinnerhöhend zuzurechnen (entspricht quasi dem Buchwertansatz). Bei sonstigen Einkünften i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG hingegen, z. B. aus der Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter, sind nach heutiger Fassung des § 23 EStG nur die Anschaffungskosten anzusetzen. Ohne den fiktiven Buchwertansatz bei der Gewinnermittlung, d. h. Berücksichtigung von geltend gemachten AfA-Beträgen, würden Steuerpflichtige aus der Veräußerung regelmäßig Verluste generieren. Da dies jedoch mit dem Sinn und Zweck der Gewinnermittlung des § 23 Abs. 3 EStG nicht zu vereinbaren ist, wird in § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG-E daher die Angabe »i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6« durch die Angabe »i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7« ersetzt. Somit ist auch bei diesen Wirtschaftsgütern der Veräußerungsgewinn um die bisher geltend gemachte Abschreibung zu erhöhen. Dies trifft beispielsweise Privatpersonen, die bewegliche Wirtschaftsgüter vermieten (denkbar u.a. Container-Leasing).

Die Änderung des § 23 EStG ist nach der Anwendungsregelung in § 52a Abs. 11 Satz 8 EStG i.d.F. des vorliegenden Änderungsgesetzes erstmals für den Anschaffungsvorgänge ab dem 1.1.2009 anzuwenden.

7.4. Abgeltungsteuer – Anrechnung ausländischer Steuer

Die Anrechnung ausländischer Steuern erfolgt im Rahmen der Abgeltungsteuer nicht anhand einer abgewandelten sinngemäßen Anwendung von § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG, sondern wird eigenständig formuliert (§ 32d Abs. 5 EStG n.F.). Dadurch kommt klarer zum Ausdruck, dass die sog. per-country-limitation im Rahmen der Abgeltungsteuer nicht zur Anwendung kommt. Durch eine Ergänzung soll klargestellt werden, dass diese Berechnung der anzurechnenden Steuer auch für den Fall der sog. fiktiven Quellensteuer gelten soll. Satz 3 stellt schließlich ausdrücklich klar, dass durch die Anrechnung ausländischer Steuer die deutsche Steuer bis auf null € reduziert werden, es aber nicht zu einer Erstattung kommen kann.

Die Neuregelungen in § 34c Abs. 1 Satz 1 und 3 sowie Abs. 6 Satz 2 EStG bewirken, dass diese Einkünfte folgerichtig aus dem Anwendungsbereich des Anrechnungs- und Abzugsverfahrens des § 34c EStG ausgenommen werden. Dies führt zu einer konsequenten Trennung der der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte von den übrigen Einkünften. Vorrangig zu prüfen ist immer, ob ausländische Einkünfte der Abgeltungsteuer nach § 32d EStG unterliegen oder nicht. Bei ausländischen Einkünften, für die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen fiktive Steuern zu berücksichtigen sind und die der Abgeltungsteuer unterliegen, richtet sich die Anrechnung folglich nach § 32d Abs. 5 EStG und nicht nach § 34c EStG.

8. Sonstige Änderungen im Steuerrecht

8.1. Ausdehnung des sog. »Übungsleiterprivilegs«

Auch die Änderungen in den § 3 Nr. 26, 26a EStG basieren auf der neueren Rechtsprechung des EuGH (Rs. »Jundt«, C 281/06), in welcher der EuGH festgestellt hat, dass die betreffenden Regelungen des deutschen EStG nicht mit dem Europarecht (EG-Vertrag) vereinbar sind.

Gegenwärtig können Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbar nebenberuflich Tätige einen Steuerfreibetrag i.H.v. 2 100 € in Anspruch nehmen, wenn diese Tätigkeit im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts bzw. einer zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke steuerbegünstigten Körperschaft erfolgt (§ 3 Nr. 26 EStG). Der Freibetrag wird durch die Gesetzesänderung auf Tätigkeiten für entsprechende Auftraggeber in EU- bzw. EWR-Staaten ausgedehnt. Gleiches gilt für den Freibetrag i.H.v. 500 € für andere nebenberuflichen Tätigkeiten (§ 3 Nr. 26a EStG).

Nach § 52 Abs. 4b EStG sollen die Änderungen in allen Fällen anwendbar sein, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt wurde.

8.2. Erweiterte Geltendmachung von Auslandsverlusten

Im Gegensatz zum Referentenentwurf beinhaltet das beschlossene Gesetz einige wesentliche Änderungen in § 2a EStG. Nach § 2a Abs. 1 EStG können bestimmte Verluste, die im Ausland verwirklicht werden, nur mit positiven Einkünften derselben Art und aus demselben Staat verrechnet werden. Infolge der Rechtsprechung des EuGH (Rs. »REWE Zentralfinanz«, C 347/04) und eines gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren, wegen der mit § 2a EStG verbundenen Einschränkungen für ausländische Verluste, soll dieser nunmehr angepasst werden. Hierdurch soll die eingeschränkte Europarechtsmäßigkeit »wieder vollständig« hergestellt werden.

Dies soll dadurch erreicht werden, dass § 2a Abs. 1 Satz 1 EStG-E nur noch auf Tatbestände Anwendung finden soll, in denen Verluste in sog. Drittstaaten anfallen. Dagegen gilt die Verlustabzugsbeschränkung künftig nicht mehr für Fälle, die in Staaten der Europäischen Union bzw. Staaten des europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) verwirklicht werden, wenn mit diesen Staaten ein DBA (Art. 23 MDBA) besteht, welches in Deutschland die Anrechnungsmethode vorsieht. Sollte hingegen die Freistellungsmethode festgelegt sein, erübrigt sich eine weitergehende Regelung. Für Staaten des EWR-Raumes entfällt § 2a EStG jedoch nur dann, wenn mit diesen eine gegenseitige Amtshilfe vereinbart ist (§ 2a Abs. 2a Satz 1 EStG).

Die Änderungen des § 2a EStG kommen in allen Fällen zur Anwendung, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Die bisherige Verlustabzugsbeschränkung ist weiterhin anzuwenden, wenn die negativen ausländischen Einkünfte vor dem Tag der Verkündung des JStG 2009 bestandskräftig gesondert festgestellt wurden (§ 52 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG).

8.3. Anhebung der Schwellenwerte bei Vorauszahlungen

Neben einigen klarstellenden Änderungen werden in § 37 EStG die Schwellenwerte für die Festsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen i.H.v. 200 € im Kalenderjahr und 50 € im Vorauszahlungszeitpunkt sowie der Betrag für Erhöhungen i.H.v. 50 € und für eine nachträgliche Erhöhung in Höhe von 2 500 € mit dem Ziel des Bürokratieabbaus und zur Steuervereinfachung verdoppelt.

bisheriger Betragneuer Betrag
Vorauszahlungen sind festzusetzen im Kalenderjahr ab einer Höhe von200 €400 €
Vorauszahlungen sind festzusetzen für jeden Vorauszahlungszeitpunkt ab einer Höhe von50 €100 €
Nachträgliche Erhöhung einer Vorauszahlung nach Ablauf des Vz. ist zulässig ab einem Betrag von2 500 €5 000 €

Abb.: Anhebung der Schwellenwerte bei Vorauszahlungen

8.4. Steuerklassenwahl bei Eheleuten

Beim Lohnsteuerabzug von Ehegatten soll anstelle der typischen Steuerklassenkombination III/V auf Antrag ein Faktorverfahren angewandt werden (vgl. § 39f EStG n.F.), dass das Verhältnis der voraussichtlichen Einkommensteuer bei Anwendung des Splittingverfahrens im Vergleich zur Lohnsteuer bei Anwendung der Steuerklasse IV berücksichtigt.

Bei diesem Verfahren sollen Ehegatten demnach anstatt der Steuerklasse III und V auf Antrag beide die Steuerklasse IV erhalten, die um einen Faktor ergänzt wird. Damit soll die Steuerlast bei Arbeitnehmer-Ehegatten bereits beim Lohnsteuerabzug gerechter verteilt werden, indem der Faktor die steuermindernde Wirkung des Splittingverfahrens berücksichtigt. Im Ergebnis wäre auch beim geringer verdienenden Ehepartner bis zu einem Monatslohn von ca. 900 € keine Lohnsteuer einzubehalten. Da für das neue Verfahren eine Vorlaufzeit notwendig wird, soll das Faktorverfahren erstmals im Jahr 2010 angewandt werden können. Eine Veranlagungspflicht bleibt selbstverständlich bestehen.

Nachdem im JStG 2008 das damals geplante Anteilsverfahren aus Datenschutzgründen gescheitert war, wird im JStG 2009 ein neuer Versuch unternommen. Der Datenschutz soll jetzt kein Problem mehr sein, da das Faktorverfahren optional sei, also auf Antrag erfolgt. Ob dies ausreichend ist, darf durchaus bezweifelt werden. Sicher ist, dass mit dem Faktorverfahren mehr Aufwand verbunden ist.

Hinweis:

Laut Gesetzesbegründung befürchtet der Gesetzgeber, dass bei individueller Betrachtung die hohe Steuerbelastung in der Steuerklasse V als Hemmschwelle für eine Beschäftigungsaufnahme gesehen werden und in der Folge als negativer Anreiz für die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit wirkt. Insofern erfolgt bereits der zweite Versuch der Reformierung.

8.5. Europäisierung des (Quellen-)Steuerabzugs

Neben weiteren Änderungen ist in § 44a EStG geregelt, dass nach Abs. 9 der Quellensteuersatz für Kapitalerträge ausländischer Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen auf den Tarifsatz für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften (mithin 15 %) herabgesetzt wird. Diese Teilentlastung erfolgt durch das Bundeszentralamt für Steuern im Wege einer entsprechenden Erstattung. Aus § 43b EStG oder DBA können sich weitergehende Ansprüche ergeben. Diese Ansprüche sind regelmäßig nach § 50d Abs. 4 EStG von der Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung abhängig.

8.6. Novellierung der Steuerfolgen der beschränkten Steuerpflicht

Für beschränkt Steuerpflichtige sind diverse Änderungen in dem Änderungsgesetz enthalten, von denen hier nur einzelne genannt werden.

Bisher führt die Vermietung von inländischem Grundbesitz oder von im Inland verwerteten Rechten, auch wenn sie der gewerblichen Tätigkeit eines beschränkt Steuerpflichtigen zuzurechnen ist, zu Vermietungseinkünften nach § 21 EStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn die Einkünfte einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind oder im Inland ein ständiger Vertreter bestellt ist. Dagegen führt die Veräußerung eines solchen Grundstücks oder Rechts nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG in diesen Fällen zu gewerblichen Einkünften.

Diese unterschiedliche Behandlung führt zu einer Aufspaltung von einheitlichen wirtschaftlichen Vorgängen in verschiedene Einkunftsarten und damit einhergehend zur Anwendung unterschiedlicher Einkunftsermittlungsarten, ohne dass es hierfür eine einleuchtende Rechtfertigung gibt. Mit der Änderung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG werden die einer gewerblichen Tätigkeit des beschränkt Steuerpflichtigen zuzuordnenden Einkünfte aus der zeitlich begrenzten Überlassung von Grundbesitz und Rechten künftig unabhängig von einer inländischen Betriebsstätte oder einem ständigen Vertreter im Inland als gewerbliche Einkünfte besteuert, so dass in solchen Fällen sowohl die laufenden Vermietungseinkünfte als auch der Veräußerungserlös den gleichen Gewinnermittlungsvorschriften unterliegen.

Um in Fällen, in denen aufgrund der Erweiterung von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowohl dieser Vorschrift als auch § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG zugeordnet werden können, eine eindeutige Abgrenzung zwischen beiden Tatbeständen zu gewährleisten, wird in § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG eine Subsidiaritätsregelung eingeführt. Diese sieht den Vorrang nicht nur von Nummer 2 Buchst. f, sondern von Nummer 1 bis 5 gegenüber Nummer 6 vor, weil auch in anderen Fällen eine Konkurrenz zu Nummer 6 möglich ist.

Ferner wird durch die Ergänzung des § 49 Abs. 1 EStG um eine Nummer 10 die Besteuerung von Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen i.S.d. § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG, soweit sie auf im Inland steuerfrei gestellten Beiträgen oder Zuwendungen beruhen, auch dann ermöglicht, wenn der Empfänger der Leistung nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Dies wird damit begründet, dass die Beiträge, auf denen diese Leistungen beruhen, zu Lasten des deutschen Steueraufkommens in der Ansparphase steuerfrei geblieben sind. Insofern wird es als gerechtfertigt angesehen, dass die daraus resultierenden Leistungen bei ihrer Auszahlung auch zu besteuern sind, wenn der Empfänger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat.

Zu beachten ist ferner, dass der Gesetzgeber diverse kleine und größere Änderungen in der Besteuerung von beschränkt Steuerpflichtigen beschlossen hat, die allesamt nach der gesetzgeberischen ratio die Anpassung des deutschen Rechts an die Rechtsprechung des EuGH und an die Vorgaben des EG-Vertrages zum Inhalt haben. Einzelheiten hierzu sind in der Gesetzesbegründung ausführlich dargestellt.

Dabei soll eine stärkere Gleichbehandlung von unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen erfolgen und hierbei nicht zwischen EU/EWR-Ausländern und sog. Dritt-Ausländern unterschieden wird.

Beispiele für die Änderungen sind:

  • Geltendmachung von Verlusten ungeachtet dessen, wo die entsprechenden Unterlagen aufbewahrt werden,
  • Anwendbarkeit der §§ 9a und 24a EStG erlaubt,
  • bisheriger Mindeststeuersatz von 25 % wird als Reaktion auf das EuGH-Urteil vom 12.6.2003, C 234/01, (BStBl II 2003, 859) durch Tarifansatz ersetzt,
  • weiterhin jedoch keine Gewährung des Grundfreibetrages und nunmehr ausdrücklich keine Zulassung der Anwendung von § 35a EStG,
  • Beibehaltung aber partielle Einschränkung der Normen über den Steuerabzug.

Die beschränkte Steuerpflicht wird im Rahmen des Typus der sonstigen Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG, etwa aus der Nutzung beweglicher Sachen oder der Überlassung von Know-how, um Einkünfte aus inländischen unterhaltenden Darbietungen ausgeweitet (§ 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG). Bei den beiden vorgenannten Änderungen im Zusammenhang mit Einkünften aus unterhaltenden Darbietungen handelt es sich um Anpassungen an die bestehenden DBA, durch die Deutschland seine durch DBA ermöglichten Besteuerungsrechte besser ausschöpfen kann.

8.7. Änderungen im Außersteuergesetz

Für erhebliche Diskussionen und Unklarheiten dürfte auch die Änderung in § 2 AStG n.F. sorgen, wonach für Einkünfte einer natürlichen Person, die weder durch deren ausländische Betriebsstätte noch durch deren in einem ausländischen Staat tätigen ständigen Vertreter erzielt werden, für die Anwendung dieser Vorschrift das Bestehen einer inländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte der natürlichen Person anzunehmen ist, der solche Einkünfte zuzuordnen sind (Hinweis auch abw. BFH-Urteil vom 19.12.2007, I R 19/06).

Nach § 15 AStG wird das Vermögen und das Einkommen ausländischer Stiftungen und vergleichbarer Rechtsträger dem inländischen unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter oder seinen unbeschränkt steuerpflichtigen Angehörigen oder deren Abkömmlinge entsprechend ihrem Anteil zugerechnet. Hintergrund ist, dass Familienstiftungen oder vergleichbare Rechtsträger in einigen Staaten praktisch überhaupt nicht oder äußerst begünstigt besteuert werden. Mit der Nicht- oder Niedrigbesteuerung geht oft die Ablehnung zwischenstaatlicher Amtshilfe für Besteuerungszwecke einher.

Es ist deshalb aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung grundsätzlich gerechtfertigt, den inländischen Stiftern oder Begünstigten ausländischer Familienstiftungen das Einkommen der Stiftung zuzurechnen. Mit der Einfügung eines neuen Absatzes 6 werden europarechtliche Bedenken berücksichtigt, die sich auf Grund der Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH zur Kapitalverkehrsfreiheit (Artikel 56 EG-Vertrag) ergeben haben. Eine Anpassung an die Rechtsprechung fordert auch die EU-Kommission.

Durch die Gesetzesänderung wird die ausnahmslose Zurechnung des Einkommens der Stiftung für eine Würdigung im Einzelfall geöffnet, die es dem Stifter oder den Begünstigten ermöglicht, der Zurechnung des Einkommens zu entgehen, indem sie nachweisen, dass ihnen die Verfügungsmacht über das Stiftungsvermögen rechtlich und auch tatsächlich entzogen ist (BFH Urteil vom 28.6.2007, II R 21/05, BStBl II 2007, 669).

Abs. 7 Satz 1 stellt klar, dass für die Ermittlung des Einkommens, das dem Stifter oder den Begünstigten nach Absatz 1 zuzurechnen ist, die Grundsätze des deutschen Steuerrechts gelten (BFH Urteil vom 5.11.1992, I R 39/92, BStBl II 1993, 388). Satz 2 bestimmt, dass negative Beträge nicht zuzurechnen sind.

§ 15 Abs. 6 AStG ist erstmals ab VZ 2009 anzuwenden, Abs. 7 hingegen bereits auf alle nicht bestandskräftigen Veranlagungen.

8.8. Weitere Änderungen

Weitere Änderungen finden sich unter anderem im Investmentsteuergesetz, im Auslandsinvestmentgesetz und im Reit-Gesetz. So erfolgt in § 1 Abs. 3 InvStG beispielsweise eine Neufassung des Begriffes der ausschüttungsgleichen Erträge, zu denen auch Miet- und Zinserträge zählen. Ferner werden in den genannten Gesetzen Änderungen im Zuge der Abgeltungsteuer eingearbeitet.

Auch beinhaltet das vorliegende Gesetzeswerk Änderung im Grundsteuergesetz. Diese beinhalten im Wesentlichen eine nunmehr zweistufige Ermittlung des Grundsteuererlasses bei wesentlicher Ertragsminderung. Im Gegensatz zur aktuellen Rechtsprechung sind diese einschränkend zu bewerten.

9. Verfahrensrecht

9.1. Steuerbegünstigung von Personenvereinigungen

Mit der Ergänzung des Absatzes 1 um den Satz 4 wird verdeutlicht, dass eine Körperschaft nur dann als steuerbegünstigt anerkannt werden kann, wenn sie nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen nach § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes verfolgt. Dies entspricht der bisherigen Behandlung durch die Finanzverwaltung (AEAO Nr. 16 zu § 52 AO). Die Regelung will damit insbesondere diejenigen Vereine von der Anerkennung als gemeinnützig ausschließen, deren Zweck oder Tätigkeit namentlich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen geeignet ist.

Auslöser der Ergänzung um den neuen Absatz 2 ist das Urteil des EuGH vom 14.9.2006, C 386/04 (»Stauffer«, BFH/NV Beilage 2007, 55). Der EuGH hat entschieden, dass es mit dem EG-Vertrag nicht vereinbar ist, wenn eine in einem anderen Mitgliedstaat der EU (Italien) ansässige und nach dessen Recht als gemeinnützig anerkannte Stiftung, die ihre gemeinnützigen Zwecke nicht in Deutschland verfolgt (Schweiz), sondern hier nur Vermietungseinkünfte erzielt und insoweit beschränkt steuerpflichtig ist, anders als gemeinnützige Einrichtungen, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind, keinen Anspruch auf Befreiung von der Körperschaftsteuer hat (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG). Der EuGH sah darin einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, weil die Körperschaftsteuerbefreiung allein an die Belegenheit des Sitzes der gemeinnützigen Einrichtung anknüpfe und dies kein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Grund sei.

Da aber § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG daran anknüpft, ob u.a. nach § 51 AO die Körperschaft steuerbegünstigt ist, wird durch eine Neuregelung des § 51 Abs. 2 AO-E ein struktureller Inlandsbezug hergestellt. Steuerbegünstigt sind inländische oder ausländische Körperschaften nach § 51 Abs. 2 AO-E, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit zu fördern. Durch Ergänzung zweier Sätze in § 51 Abs. 2 AO durch das JStG 2009 soll erreicht werden, dass mit Allgemeinheit ein Inlandsbezug hergestellt wird. Allgemeinheit sind danach die natürlichen Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben.

9.2. Verlängerung der Strafverfolgung bei Steuerhinterziehung

Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO beträgt die steuerliche Festsetzungsfrist zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen wurde. Unter Berücksichtigung von An- und Ablaufhemmungen nach §§ 170 und 171 AO können hinterzogene Steuern im Einzelfall auch noch nach mehr als zehn Jahren festgesetzt und erhoben werden.

Die Abgabenordnung enthält für die Steuerhinterziehung (§ 370 AO) bisher keine eigenständige Regelung zur Verfolgungsverjährung, was gerade im Lichte der jüngsten Ereignisse an Bedeutung gewonnen hat. Deshalb gelten die allgemeinen Regelungen des Strafgesetzbuches mit der Folge einer grundsätzlich fünfjährigen Verfolgungsverjährungsfrist nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB.

Folglich besteht damit eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Steuerfestsetzungsverjährung und der Strafverfolgungsverjährung in Fällen der Steuerhinterziehung. Durch eine von § 78 StGB abweichende Sonderregelung in § 376 AO zur Verfolgungsverjährung in Fällen des § 370 AO soll eine grundsätzliche Parallelität zwischen Steuerfestsetzungsverjährung und steuerstrafrechtlicher Verfolgungsverjährung herbeigeführt werden. Die strafrechtliche Ahndung in Steuerhinterziehungsfällen kann sich so auf einen längeren Zeitraum erstrecken, das Strafrisiko für den Hinterzieher steigt. Dies soll einer wirkungsvolleren Bekämpfung der Steuerhinterziehung dienen.

Der bisherige § 376 AO wird ohne inhaltliche Änderung Absatz 2. Die Änderung tritt am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft. Sie gilt dabei nur für Fälle von Steuerhinterziehung, die bei Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht verjährt sind.

Ferner wird durch die Einführung einer gesonderten Regelung in § 146 Abs. 2 AO n.F. ermöglicht, dass Unternehmen eine EDV-gestützte Buchführung auf Antrag auch ins Ausland verlagern dürfen (EU- und EWR-Staaten).

10. Literaturhinweise

Hüttemann, Zur körperschaftsteuerrechtlichen Behandlung dauerdefizitärer Unternehmen der öffentlichen Hand, DB 2007, 1603.

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart. Josef Schneider u.a., Finanz und Steuern Band 16, Lexikon des Steuerrechts, 6. Auflage https://www.schaeffer-poeschel.de/isbn/978-3-7910-2833-0.html

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Die Quellensteuer ist ein Sammelbegriff für die Erhebung von Steuern

Das Wichtigste in Kürze

  • Sie setzt sich beispielsweise aus der Erhebung der Lohnsteuer und der Kapitalertragssteuer zusammen.
  • Kommt es zur Erhebung der Einkommenssteuer eines Steuerpflichtigen, wird dieser Quellensteuer mit der zu zahlenden Einkommenssteuer verrechnet.

1. Überblick

Mit Quellensteuern werden die Steuern charakterisiert, bei denen sich der Staat eines speziellen Verfahrens, des sog. Quellenabzugsverfahren, bedient. Im Gegensatz zum Veranlagungsverfahren, bei dem die Steuererhebung mittels Steuererklärung erfolgt, bedient sich der Staat hier einer Privatperson (beliehener Unternehmer), die für ihn die Steuern erhebt (einbehält) und abführt (= Entrichtungspflichtiger). An der Person des Steuerschuldners ändert sich dadurch nichts; die Quellensteuern bleiben direkte Steuern (i.U. zur Umsatzsteuer) und haben insoweit den Charakter von Vorauszahlungen des Steuerschuldners. Die Bezeichnung Quellensteuer ist darauf zurückzuführen, dass die zwischengeschaltete abführungspflichtige Privatperson gleichzeitig der Vertragspartner des Steuerschuldners ist und damit am nächsten an dessen Einkunftsquelle ist (Nähe-Prinzip). Beide Personen, der → Steuerschuldner wie der Entrichtungspflichtige, werden, um das Verfahren effektiv zu gestalten, zu einem Haftungsverbund vereint.

In drei Bereichen gibt es Quellensteuern:

  1. im Lohnsteuerrecht
  2. bei der Kapitalertragsteuer
  3. im internationalen Steuerrecht, z.B. bei der Aufsichtsratsteuer.

Mit § 50g EStG ist ab 1.1.2004 ein neuer Weg für grenzüberschreitende Zins- und Lizenzzahlungen zwischen verbundenen Unternehmen innerhalb der EU eingeführt worden (Quellensteuerentlastungsverfahren). Durch das Steueränderungsgesetz 2007 wurde die Regelung im Hinblick auf das mit der Schweiz abgeschlossene EU-Zinsabkommen ergänzt (§ 50g Abs. 6 EStG).

Ebenfalls unter den Begriff Quellensteuer fallen im DBA-Recht die Steuern, die der sog. Quellenstaat einbehält. Auf diese DBA-Quellensteuern wird bei den internationalen Steuerfragen eingegangen (→ Ausländische Einkünfte, → Doppelbesteuerung).

2. Lohnsteuerverfahren – Überblick

2.1. Überblick zum geltenden Recht

Mit der Einführung der ELStAM (Elektronische LohnSteuerAbzugsMerkmale) ab dem 1.1.2013 ist das Ende eines mehrjährigen Übergangsstadiums gekommen. Die alte Lohnsteuerkarte auf Papier wurde letztmals im Jahr 2010 verwandt. In den Jahren 2011 und 2012 galten Übergangsvorschriften. Zwar sind die ELStAM offiziell zum 1.1.2013 eingeführt worden, jedoch bestehen (noch) diverse Startschwierigkeiten, sodass die Übergangsvorschriften noch nicht vollkommen ausgedient haben.

Ursprünglich durch das JStG 2013 geplante und durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG, BGBl I 2013, 1809) umgesetzte Maßnahmen werden an den entsprechenden Stellen dargestellt.

Folgende BMF-Schreiben sind für das aktuelle Lohnsteuerabzugsrecht von zentraler Bedeutung:

  • BMF vom 19.12.2012 (BStBl I 2012, 1258, ELStAM-Startschreiben),
  • BMF vom 25.7.2013 (BStBl I 2013, 943) für den erstmaligen Abruf der ELStAM (Übergangszeitraum),
  • BMF vom 7.8.2013 (IV C 5 – S 2363/13/10003) für den Lohnsteuerabzug ab dem Jahr 2013 und die dauerhafte Anwendung der ELStAM.

2.1.1. Allgemeiner Überblick über das Lohnsteuerabzugsverfahren

Allgemein gilt, dass für alle Fälle der vom ArbG einbehaltenen LSt der ArbN beim LSt-Abzug nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG Steuerschuldner ist und bleibt. Die einzige Ausnahme hierzu stellt das Pauschalierungssystem dar. In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass der laufende Lohn nach § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG im Lohnzahlungszeitraum (Kj., Monat, vgl. R 39b.5 Abs. 2 LStR) unabhängig von der tatsächlichen Zuwendung als zugeflossen gilt. Für sonstige Bezüge gilt wiederum der Zuflussgrundsatz von § 11 EStG (s.a. R 39b.6 LStR). So gilt z.B. bei einer stillen Beteiligung des ArbN, wenn der ArbG den ArbN auf Grund einer Vereinbarung Beteiligungskapital auf Beteiligungskonten gutgeschrieben hat, dass bereits die Gutschrift den Zufluss von Arbeitslohn bewirkt, wenn das Beteiligungskapital verzinst wird und die Gewinnanteile jeweils bei Fälligkeit mit der Lohnabrechnung an die ArbN ausbezahlt werden. Dass die ArbN langfristig in der Verwendung der gutgeschriebenen Beträge beschränkt sind, steht dem Zufluss nicht entgegen (BFH vom 11.2.2010, VI R 47/08).

Als Konsequenz der bestehen bleibenden Schuldnerschaft des ArbN wird dieser nach § 46 EStG auch zur ESt veranlagt, es sei denn, dass eine Amtsveranlagung mangels Gründen (vgl. den Katalog von § 46 Abs. 2 Nr. 1–7 EStG) unterbleibt bzw. dass kein Antrag des ArbN (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG) gestellt wird. Bei unterlassener Veranlagung hat der LSt-Abzug Abgeltungswirkung für den ArbN (§ 46 Abs. 4 Satz 1 EStG). Anstelle der Veranlagung kann der ArbN in bestimmten Fällen – z.B. bei überhöhten monatlichen Vorauszahlungen – auch einen Lohnsteuerjahresausgleich beantragen (Ausnahme § 42b Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 EStG), den der ArbG durchzuführen hat (§ 42b EStG, vgl. zur Durchführung ab dem Jahr 2013 BMF vom 7.8.2013, IV C 5 – S 2363/13/10003, Rz. 123 ff.). Im Veranlagungsfall wird die einbehaltene LSt auf die festzusetzende Einkommensteuer angerechnet (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 38 Abs. 1 EStG).

Die Anmeldung der LSt erfolgt seit dem 1.1.2013 zwingend über das authentifizierte Verfahren mit einem Zertifikat ELSTER. In einer Übergangszeit bis einschließlich 31.8.2013 wurde es jedoch nicht beanstandet, wenn die Übermittlung ohne Authentifizierung übermittelt wurde. Seit September 2013 ist zwingend die Verwendung des Zertifikates notwendig. Das gilt auch für ausländische Datenübermittler (vgl. Pressemitteilung der OFD Koblenz vom 10.9.2013).

2.1.2. Besonderheiten bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern

Bei Ehegatten ist hierbei Folgendes zu beachten: Wurde zusammen veranlagten Ehegatten Einkommensteuer erstattet, die im Wege des Steuerabzugs vom Arbeitslohn oder von den Kapitalerträgen eines der Ehegatten einbehalten worden ist, sind die auf diese Weise geleisteten Vorauszahlungen auf Rechnung des betreffenden ArbN bzw. Kapitalertragsgläubigers abgeführt worden, so dass sich die Höhe des Erstattungsanspruchs jedes Ehegatten grundsätzlich nach dem Verhältnis der bei den Ehegatten jeweils einbehaltenen Abzugsbeträge bestimmt (BFH vom 17.2.2010, VII R 37/08). Bei Wahl der Steuerklassen III/V besteht eine Pflichtveranlagung zur Einkommensteuer nach § 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG; diesbezüglich besteht kein verfassungsrechtlich bedeutsames Vollzugsdefizit (vgl. FG Düsseldorf Urteil vom 17.3.2010, BeckRS 2010 26028846.)

Hinweis zur Steuerklassenwahl:

Auf Grund der Urteile des BVerfG vom 7.5.2013 (2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07), welche die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Ehegattensplitting für verfassungswidrig erklärt haben, hat der Gesetzgeber mit Gesetz (BGBl I 2013, 2397) die Anwendung der entsprechenden Vorschriften auf diese Gruppe geregelt (§ 2 Abs. 8 EStG). Damit sind die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Ehegatten für den Lohnsteuerabzug auch für Lebenspartner einer Lebenspartnerschaft einschlägig. Bis zur technischen Umsetzung dieses Aspektes muss die Bildung entsprechender ELStAM beim Finanzamt beantragt werden (BMF vom 7.8.2013, IV C 5 – S 2363/13/10003, Rz. 24). Durch das JStG 2009 wurde ab dem VZ 2010 ein Faktorverfahren zum LSt-Abzug eingeführt (§ 39f EStG). Danach können Ehegatten auf Antrag anstelle der Steuerklassenkombination III, V auf der Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse IV erhalten, die um einen Faktor (stets

2.1.3. Sonstiges

Weitere Regelungen finden sich in der nachfolgenden Übersicht:

  • Der Lohnsteuerjahresausgleich durch den ArbG ist auch weiterhin möglich. Im Entwurf des JStG 2008 war noch geplant, dies ab 2008 abzuschaffen. Dies wurde nicht realisiert. § 42b EStG bleibt erhalten (vgl. hierzu zur Durchführung ab dem Jahr 2013: BMF vom 7.8.2013, IV C 5 – S 2363/13/10003, Rz. 123).
  • Nach dem BMF-Schreiben vom 14.12.2009 (BStBl I 2009, 1516 [= Nr. 20, § 39b/1]) werden bei der Ermittlung der abzuziehenden LSt auch die steuermindernden Vorsorgeaufwendungen i.S.v. § 10 EStG in Form einer Vorsorgespauschale berücksichtigt (vgl. hierzu BMF vom 26.11.2013, IV C 5 – S 2367/13/10001). Die steuerliche Berücksichtigung erfolgt ab dem Jahr 2010 ausschließlich im Lohnsteuerabzugsverfahren. Weitere Vorsorgeaufwendungen werden nicht berücksichtigt. Die Eintragung eines entsprechenden Freibetrages ist daher nicht möglich.

Zu beachten ist, dass durch § 38 Abs. 3a EStG LSt-Obliegenheitspflichten auf Dritte übertragen werden, wenn Auszahlungen aufgrund tarifvertraglicher Regelungen erfolgen (Satz 1). Satz 2 erlaubt – unter genau bestimmten Voraussetzungen – die Delegation auf Dritte auch in den Fällen studentischer Arbeitsvermittlung oder aufgrund von Mehrarbeitsverhältnissen. Zudem unterliegt gem. § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG pauschal jeder von einem Dritten dem ArbN zugewendete Lohn der LSt (Ausnahme: Trinkgelder). Das frühere Unterscheidungsmerkmal der »Üblichkeit« wurde fallengelassen. Die Bestimmung wendet sich v.a. an Konzerne. Das Verfahren setzt Kenntnis des ArbG voraus. Deshalb wurde ab 1.1.2004 eine Pflicht (§ 38 Abs. 4 Satz 3 EStG) für die ArbN eingeführt, die ArbG über Vorteile von dritter Seite zu unterrichten.

2.2. Einführung der ELStAM und der Übergangszeitraum 2011 bis 2013

Mit Wirkung ab 1.1.2004 ist gem. § 41b EStG die elektronische Lohnsteuerbescheinigung (sog. »Elster-Lohn«) eingeführt worden. Damit erfolgt der Abschluss des LSt-Abzugs durch eine Übermittlung der LSt-Daten mittels Datenfernübertragung an das Finanzamt. Bis 28.2. des jeweiligen Folgejahres sind die Daten durch den ArbG zu übermitteln. Der ArbG ist verpflichtet (§ 41a Abs. 1 Satz 2, 3 EStG), die LSt-Anmeldung elektronisch zu übermitteln (s.a. BMF vom 29.11.2004, BStBl II 2004, 1135 sowie OFD Erfurt vom 30.5.2005, DB 2005, 1307 – Elektronische Lohnsteuerbescheinigung, vgl. aktuell hierzu auch BMF vom 28.8.2013, IV C 5 – S 2378/13/10002). Dieses Verfahren stellt die Vorstufe des vom BMF für das Jahr 2011 ins Auge gefassten vollständig elektronischen LSt-Verfahrens dar. Die bisher auf der Lohnsteuerkarte festgestellten Besteuerungsgrundlagen sollen elektronisch zentral verwaltet und beim Bundeszentralamt für Steuern gespeichert werden, wo die ArbG sie zukünftig abrufen können (§ 39e EStG). Entsprechend wurde R 39.1 LStR 2008, der die Ausstellung der Lohnsteuerkarte regelte, zum 1.1.2011 aufgehoben. Durch das JStG 2008 wurde eine elektronische Lohnsteuerkarte eingeführt. Ab 2011 sollte die bisherige Lohnsteuerkarte durch ein elektronisches Verfahren ersetzt werden. Dafür wird beim Bundeszentralamt für Steuern eine Zentraldatei aufgebaut. Auf diese Lohnsteuermerkmale kann der ArbG elektronisch zugreifen (Elster-Lohn II). Rechtsgrundlage hierfür bildet die neue Regelung in § 39e EStG.

Wegen technischer Probleme bei der Umsetzung stand das Verfahren jedoch nicht planmäßig zur Verfügung. Die Lohnsteuerkarte 2010 bildete daher auch die Grundlage für den Einbehalt der LSt in den Jahren 2011/2012 (vgl. auch § 52b Abs. 1 EStG n.F. gem. JStG 2010). Für ArbN, die in 2010 keine Lohnsteuerkarte erhalten haben, gelten Besonderheiten. Das Finanzamt wird auf Antrag des ArbN eine nach amtlichem Muster erstellte »Bescheinigung für den LSt-Abzug 2011 bzw. 2012« ausstellen.

Die erwähnte Verzögerung machte die Schaffung von Übergangsregelungen notwendig (JStG 2010): Die derzeitige Konzeption der §§ 39 und 39e EStG unterstellt, dass die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) im Kj. 2011 eingeführt werden und dann anzuwenden sind. Dies wird jedoch nicht vor 2012 der Fall sein. Die Ausstellung einer Lohnsteuerkarte erfolgte aber aufgrund der geltenden Gesetzeslage letztmalig für das Kj. 2010. In dem so entstehenden Übergangszeitraum von 2011 bis 2012 sind die allgemeinen Vorschriften des Lohnsteuerabzugsverfahrens grundsätzlich weiterhin anzuwenden. Da der LSt-Abzug in der Übergangszeit ohne neue Lohnsteuerkarte erfolgen muss, sind Übergangsregelungen erforderlich. Die erforderlichen Übergangsregelungen und Rechtsgrundlagen enthält § 52b EStG. Für Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte 2010 mit Wirkung für den Übergangszeitraum ist das Finanzamt zuständig (§ 52b Abs. 2 Satz 1 EStG), soweit sie das Lohnsteuerabzugsverfahren betreffen.

Die wichtigsten Regelungen des Übergangszeitraumes werden nachfolgend zusammengefasst:

  • Der ArbG hat die Lohnsteuerkarte 2010 weiterhin aufzubewahren, eine Vernichtung ist erst nach der endgültigen Einführung der ELStAM zulässig. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses ist diese an den ArbN zwecks Vorlage beim neuen ArbG auszuhändigen.
  • Der ArbN ist verpflichtet, die Eintragung der Steuerklasse, der Kinderfreibeträge und die Voraussetzungen für das Vorliegen der Steuerklasse II zu überprüfen. Die Überprüfung von eingetragenen Freibeträgen muss nicht verpflichtend überprüft werden. Dies gilt nun auch im Jahr 2012. Die Inanspruchnahme zu hoher Freibeträge kann jedoch zu Nachzahlungen im Veranlagungsverfahren führen.
  • Nach Einführung der ELStAM müssen sämtliche antragsgebundenen Einträge und Freibeträge erneut beantragt werden, da eine automatische Übernahme nicht erfolgt.

Wegen weiterhin bestehender technischer Umsetzungsprobleme wurde die Einführung des Verfahrens auf den 1.1.2013 verschoben. Die im Übergangszeitraum 2011 geltenden Grundsätze sind daher auch im Jahr 2012 zu beachten. Das BMF hat mit Schreiben vom 6.12.2011 (IV C 5 – S 2363/07/0002-03) zur Verlängerung des Übergangszeitraumes Stellung bezogen. Nachfolgend werden die wichtigsten Übergangsregelungen dargestellt:

Ein Einsatz des elektronischen Abrufverfahrens ist derzeit zum 1.11.2012 mit Wirkung zum 1.1.2013 geplant. Durch diese Verzögerung besteht der Übergangszeitraum nach § 52b Abs. 1 EStG im Kalenderjahr 2012 fort.

Grundlage für den LSt-Abzug im Jahr 2012 sind die Lohnsteuerkarte 2010 bzw. die im Jahr 2011 oder 2012 ausgestellte Ersatzbescheinigung des Finanzamtes. Die hierauf eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind – unabhängig von der eingetragenen Gültigkeit – vom ArbG auch im Lohnsteuerabzugsverfahren 2012 zu berücksichtigen. Der ArbN hat die Möglichkeit, im Übergangszeitraum 2012 von der Lohnsteuerkarte 2010 oder von der Ersatzbescheinigung 2011 abweichende Besteuerungsmerkmale nachzuweisen.

ArbN ohne Lohnsteuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung 2011, die im Übergangszeitraum 2012 Lohnsteuerabzugsmerkmale für ein neues oder weiteres Dienstverhältnis benötigen, haben beim Finanzamt eine Bescheinigung für den LSt-Abzug 2012 (Ersatzbescheinigung 2012) zu beantragen (§ 52b Abs. 3 EStG). Für Auszubildende gelten Vereinfachungen.

Ehegatten, denen für das Kalenderjahr 2010 keine Lohnsteuerkarte und für die Kalenderjahre 2011 und 2012 keine Ersatzbescheinigung ausgestellt wurde, wird ab dem Kalenderjahr 2013 für den LSt-Abzug jeweils programmgesteuert die Steuerklasse IV zugewiesen, wenn einer der Ehegatten ein Dienstverhältnis beginnt. Gleiches gilt, wenn beide Ehegatten erstmals in ein Dienstverhältnis eintreten. Soll von dieser programmgesteuerten Zuordnung abgewichen werden, ist für die Wahl der Steuerklassenkombination III/V oder des Faktorverfahrens (§ 39f EStG) ein gemeinsamer Antrag der Ehegatten beim Wohnsitzfinanzamt erforderlich. In den übrigen Fällen gelten die bisherigen Steuerklassenkombinationen III/V oder IV/IV der Ehegatten ab dem Kalenderjahr 2013 weiter, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Berücksichtigung des Faktorverfahrens ist allerdings jährlich neu zu beantragen.

Das BMF-Schreiben vom 5.10.2010 (BStBl I 2010, 762) ist für das Kalenderjahr 2011 weiterhin anzuwenden. Das Schreiben vom 6.12.2012 ist ab dem Kalenderjahr 2012 anzuwenden.

2.3. Das neue Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2013/2014

Im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 13.12.2011 (BGBl I 2012, 2592) werden u.a. die Übergangsvorschriften zum ELStAM neu gefasst und die Vorschriften zum LSt-Abzug an die neue Rechtslage (elektronisches Verfahren) angepasst und in die §§ 38b ff. EStG eingefügt. Lohnsteuerkarten werden nicht mehr ausgestellt. In einigen Fällen sind jedoch weiterhin papiergebundene Verfahren (in einem Übergangszeitraum) vorgesehen. Die weitere Darstellung der Regelungen erfolgt im Rahmen der Darstellung des BMF-Schreibens vom 7.8.2013 (IV C 5 – S 2363/13/10003).

Die zeitliche Verzögerung der Einführung der ELStAM haben es i.R.d. AmtshilfeRLUmsG (BGBl. I 2013, 1809) erforderlich gemacht, § 52b EStG in einer aktualisierten Fassung weiterhin im EStG zu belassen. Final eingeführt wird das neue Verfahren im Jahr 2013. Nachfolgend wird ein Überblick über die wichtigsten Rahmendaten des neuen Verfahrens und der Einführungsphase gegeben, basierend auf dem Einführungsschreiben des BMF vom 25.7.2013 (BStBl I 2013, 958) und der Neufassung des § 52b EStG.

Als Starttermin wurde der 1.11.2012 festgelegt (vgl. auch BMF vom 19.12.2012, BStBl I 2012, 1258). Das Jahr 2013 soll hierfür als Einführungszeitraum fungieren, in dem das neue Verfahren schrittweise eingeführt wird. Mit dieser Regelung sollen auch eventuelle technische und organisatorische Probleme, die bei einem gleichzeitigen Einstieg aller Arbeitgeber zu einem festen Termin entstehen könnten, vermieden werden. Den Arbeitgebern wird im Einführungszeitraum freigestellt werden, ab wann sie das neue ELStAM-Verfahren anwenden. Spätestens mit dem letzten im Jahr 2013 endenden Lohnzahlungszeitraum müssen demnach die ELStAM durch die ArbG abgerufen und angewendet werden. Ein Abruf im Jahr 2014 ist verspätet.

Für den Einführungszeitraum gelten die (zusammengefassten) Punkte:

  • Solange die ELStAM noch nicht abgerufen werden, können weiterhin die bereits verwendeten papiergebundenen Verfahren verwandt werden, wobei der Arbeitnehmer nach den vom BMF genannten Möglichkeiten abweichende Lohnsteuerabzugsmerkmale nachweisen kann. Die in den vor dem 1.1.2013 ausgestellten Ausdrucken oder sonstigen Papierbescheinigungen eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) bleiben grundsätzlich weiterhin gültig und sind dem LSt-Abzug im Einführungszeitraum zugrunde zu legen,
  • Wird im Jahr 2013 ein Ausbildungsverhältnis als erstes Dienstverhältnis begonnen, kann der ArbG unter Bezugnahme auf § 52b Abs. 4 EStG auch ohne Lohnsteuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung vereinfachend die LSt nach Steuerklasse I berechnen, sofern der Auszubildende u.a. schriftlich bestätigt, dass es sich um ein erstes Dienstverhältnis handelt. Wurde diese Vereinfachungsregelung bereits in 2011 und 2012 angewandt, kann dies grundsätzlich beibehalten werden.
  • Für den Fall, dass unzutreffende Merkmale beim ersten Abruf vorliegen, sieht das BMF zunächst die Ausstellung einer besonderen Bescheinigung für den LSt-Abzug vor (§ 52b Abs. 5a EStG). Liegt diese dem Arbeitgeber vor, muss die LSt nicht nach Steuerklasse VI (vgl. § 39e Abs. 6 Satz 8 EStG) berechnen. Für weitere Details hierzu wird auf das genannte Schreiben verwiesen. Sofern die ELStAM aus anderen Gründen (auf vom Finanzamt zu bildenden Merkmalen beruhenden Fehler) nicht stimmen, korrigiert das Finanzamt auf Veranlassung des Arbeitnehmers die ELStAM in der Datenbank. Daraufhin werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM zur Verfügung gestellt.
  • Das BMF erachtet es zudem für zulässig, wenn Arbeitgeber nicht alle ihre Arbeitnehmer zum selben Zeitpunkt für das neue Verfahren anmelden. Sofern dies erfolgt, sind während der Übergangsphase die Besonderheiten beider Verfahren (ELStAM und auslaufende Papierverfahren) zu beachten.
  • Auch wenn der Arbeitgeber verschiedenartige Bezüge zahlt, sind diese aufgrund des Grundsatzes eines einheitlichen Dienstverhältnisses grundsätzlich zu einem Arbeitgeber zusammenzurechnen. Das BMF hat hierfür verschiedene Abgrenzungsfälle gebildet. Sofern ein einheitliches Dienstverhältnis vorliegt, ist die LSt für die Bezüge einheitlich und nach denselben ELStAM zu erheben. Der Abruf von ELStAM für ein zweites Dienstverhältnis des Arbeitnehmers durch denselben Arbeitgeber ist nicht möglich.
  • Nach erfolgreichem Abruf der ELStAM hat der Arbeitgeber für die angemeldeten Arbeitnehmer die Vorschriften des ELStAM-Verfahrens (§§ 38 bis 39e EStG, Regelverfahren) anzuwenden. Eine erneute Anwendung der Lohnsteuerabzugsmerkmale nach der Lohnsteuerkarte 2010 und den vom Finanzamt ausgestellten Papierbescheinigungen für den LSt-Abzug ist grundsätzlich nicht mehr möglich (§ 52b Abs. 5a EStG-E). Abweichend hiervon kann jedoch auf eine sofortige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM einmalig verzichtet werden. Dies kann bis zu sechs Monaten erfolgen. Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31.12.2013) hinausreicht. Für eine verzögerte Anwendung der erstmals abgerufenen ELStAM ist die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich.
  • Scheitert der erstmalige elektronische Abruf der ELStAM während des Einführungszeitraums aufgrund technischer Probleme, kann der Arbeitgeber bis zum vorletzten Lohnzahlungszeitraum des Einführungszeitraums weiterhin das Papierverfahren anwenden. Bis zu diesem Lohnzahlungszeitraum hat der Arbeitgeber die Regelungen des § 39c Abs. 1 EStG (Dreimonatsfrist für Lohnsteuereinbehalt ohne ELStAM, sonst Einbehalt nach Steuerklasse VI) nicht zu beachten.
  • Eine Härtefallregelung auf Nichtteilnahme ist ebenfalls vorgesehen (§ 39e Abs. 7 EStG).
  • Arbeitnehmer haben zu beachten, dass vor Abruf der ELStAM die bisherigen Lohnsteuerabzugsmerkmale weiterhin anwendbar bleiben. Eine Berichtigung der Merkmale ist auf Antrag beim zuständigen Finanzamt möglich. Weicht die Eintragung der Steuerklasse oder die Zahl der Kinderfreibeträge von den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres 2013 zu Gunsten des Arbeitnehmers ab oder ist die Steuerklasse II bescheinigt und entfallen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) im Laufe des Kalenderjahres 2013, besteht auch im Jahr 2013 – wie bisher – eine Anzeigepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Finanzamt (§ 52b Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG). Im Rahmen des AmtshilfeRLUmsG (BGBl I 2013, 1809) ist beabsichtigt, dass auf Antrag des Arbeitnehmers hin ein im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigender Freibetrag für zwei Kalenderjahre statt für ein Kalenderjahr gilt. Dies soll nach der Gesetzesbegründung der Steuervereinfachung dienen (§ 39a Abs. 1 Satz 2 ff. EStG n.F.). Wird von der Neuregelung Gebrauch gemacht, ist der Arbeitnehmer jedoch für beide Jahre, in denen der Freibetrag berücksichtigt wurde, verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Ändern sich die Verhältnisse des Arbeitnehmers zu seinen Ungunsten, ist er gesetzlich verpflichtet, den Freibetrag ändern zu lassen. Der Beginn der Möglichkeit der zweijährigen Berücksichtigung wird vom BMF bekanntgegeben werden (§ 52 Abs. 50h EStG n.F.).
  • Für das Lohnsteuerermäßigungsverfahren ist zu beachten, dass die bisher beantragten Freibeträge ohne weiteren Antrag nur für den Zeitraum des Papierverfahrens bis zum Einsatz des ELStAM-Verfahrens im Einführungszeitraum gelten. Sollen diese weiter gelten, müssen sie erneut beantragt werden. Dies gilt zusätzlich u.a. auch für das Faktorverfahren nach § 39e EStG. Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene werden weiterhin in der Regel mehrjährig berücksichtigt.

Mit § 52b Abs. 9 EStG wird schließlich eine Veranlagungsvorschrift für den Übergangszeitraum auf das neue Verfahren geschaffen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Übergangszeitraum 2011 bis 2013 ein stets ordnungsgemäßer Einsatz der Lohnsteuerkarte 2010 und der vom Finanzamt ausgestellten Bescheinigung für den LSt-Abzug nicht sichergestellt werden kann (z. B. nicht erfolgter Wechsel in die richtige [ungünstigere] Steuerklasse). Es soll der Finanzverwaltung für die Jahre des Übergangs- und Einführungszeitraums eine eigenständige Verfahrensvorschrift zur Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung zur Verfügung stehen. Hierdurch können ggf. zu gering erhobene Lohnsteuerbeträge nachgefordert werden.

Hinweis:

Das BMF gibt die Muster für die elektronische Lohnsteuerbescheinigung regelmäßig per BMF-Schreiben bekannt. Eine Übersicht über aktuelle Zahlen und Fundstellen im Zusammenhang mit der LSt 2013 hat das BMF auf seiner Internetpräsenz zur Verfügung gestellt.

Mit einem Schreiben vom 7.8.2013 (IV C 5 – S 2363/13/10003), welches das Schreiben vom 25.7.2013 (BStBl I 2013, 943) flankiert, hat das BMF die dauerhafte Anwendung der ELStAM ausführlich geregelt. Dieses Schreiben wird nachfolgend zunächst im Überblick dargestellt. Das BMF nimmt Stellung zu:

  • Verfahren der ELStAM,
  • Bildung der Inhalt der ELStAM:
    • ELStAM-Verfahren ab 2013,
    • Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Kinderfreibeträge, Frei- und Hinzurechnungsbeträge, Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung, nach DBA freizustellender Arbeitslohn und Kirchensteuerabzugsmerkmale),
    • Bildung und Änderung der ELStAM,
    • Zuständigkeit,
    • Besonderheiten bei Ehegatten,
    • Berücksichtigung von Kindern,
  • Durchführung des LSt-Abzuges:
    • elektronisches Verfahren (Regelverfahren, Verfahren bei unzutreffenden ELStAM),
    • Arbeitgeberpflichten (insbesondere zur Anmeldung und zum Abruf der ELStAM, zur Gültigkeit der ELStAM und zu Lohnzahlungen nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses),
    • Arbeitgeberwechsel,
    • weiteres Dienstverhältnis,
    • Pflichten und Rechte des Arbeitnehmers,
    • im Inland nicht meldepflichtige Arbeitnehmer,
    • Durchführung des LSt-Abzuges ohne ELStAM,
    • ELStAM bei verschiedenen Lohnarten,
    • Schutzvorschriften,
  • Verfahrensrecht,
  • Härtefallregelung,
  • Lohnsteuerjahresausgleich,
  • Lohnsteuerermäßigungsverfahren ab 2013,
  • Sonstiges.

Folgende Punkte des Schreibens sind hervorzuheben:

  • Allein das Finanzamt ist für die Bildung und Bereitstellung der ELStAM zuständig. Eine Anmeldung des ArbN beim Finanzamt vor der Aufnahme einer Tätigkeit ist nicht vorgesehen (Rz. 2).
  • Der ArbG ist zur Anmeldung des ArbN am Verfahren verpflichtet (Rz. 3), es sei denn, dass das Finanzamt die Nichtteilnahme am Verfahren (Härtefallregelung, Rz. 113–118) gestattet hat.
  • Im Regelfall erfolgt die Bildung der ELStAM aufgrund der Anmeldung des ArbN durch den ArbG. Auch eine Bildung durch Antrag des ArbN durch Antrag beim Finanzamt (z.B. zur Eintragung eines Freibetrags) ist möglich (Rz. 9, vergleichbar mit im alten Verfahren vorgesehenen Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte). Für jedes Dienstverhältnis ist die separate Bildung von ELStAM vorgesehen (Rz. 10).
  • Bei Eheschließungen (ab dem Jahr 2012) werden die Verheirateten in die Steuerklasse IV automatisch eingestuft (Rz. 15), eine abweichende Steuerklassekombination muss beim Finanzamt beantragt werden (Rz. 16, § 39 Abs. 6 Satz 3 EStG). Bei Scheidungen gilt Entsprechendes (Rz. 18). Für weitere Besonderheiten (Todesfälle und Auslandssachverhalte vgl. Rz. 20 ff.).
  • Aufgrund der Urteile des BVerfG vom 7.5.2013 (2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07), welche die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Ehegattensplitting für verfassungswidrig erklärt haben, hat der Gesetzgeber mit Gesetz (BGBl I 2013, 2397) die Anwendung der entsprechenden Vorschriften auf diese Gruppe geregelt (§ 2 Abs. 8 EStG). Damit sind die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Ehegatten für den Lohnsteuerabzug auch für Lebenspartner einer Lebenspartnerschaft einschlägig. Bis zur technischen Umsetzung dieses Aspektes muss die Bildung entsprechender ELStAM beim Finanzamt beantragt werden (Rz. 24).
  • Zur Berücksichtigung von Kindern vgl. die Rz. 27 f. Die Berücksichtigung soll automatisiert vom Jahr der Geburt bis zum Wegfall der Berücksichtigungsvoraussetzungen erfolgen.
  • Ab dem Kalenderjahr 2012 ist auch in den Antragsfällen nach § 38b Abs. 2 Satz 2 EStG die mehrjährige Berücksichtigung von Kindern im Lohnsteuerabzugsverfahren möglich, wenn nach den tatsächlichen Verhältnissen zu erwarten ist, dass die Voraussetzungen bestehen bleiben (§ 38b Abs. 2 Satz 3 EStG). Hierunter fallen z.B. auch Pflegekinder und weitere vom BMF in Rz. 31 genannte Fälle.

Nachfolgend setzt sich das BMF mit Details zum Lohnsteuerabzug auseinander. Grundlage für die Regelungen sind die durch das BeitrRLUmsG geänderten § 38 ff. EStG, die nachfolgend flankierend von den wichtigsten Regelungen im BMF-Schreiben vom 7.8.2013 (IV C 5 – S 2363/13/10003) dargestellt werden:

Im Wesentlichen wurden durch das BeitrRLUmsG geregelt:

  • redaktionelle Anpassung der §§ 38 ff. EStG, insbesondere § 38 und §§ 39a und b EStG an das elektronische Lohnsteuerabzugsverfahren,
  • Aufnahme sämtlicher Regelungen zu den Kinderfreibeträgen und zur Einordnung in die Lohnsteuerklassen in den neuen § 38b EStG (§ 39 Abs. 3 f. EStG a.F.) mit dem erklärten Ziel der Verbesserung der Übersicht und Steuervereinfachung.
  • Beibehaltung der Möglichkeit der Einstufung in eine schlechtere Steuerklasse auf Antrag (§ 38b Abs. 3 EStG).
  • § 39 EStG, welcher nun die Bildung der ELStAM regelt (bisher: Ausstellung der Lohnsteuerkarte), wurde vollkommen neu gefasst. Zuständig für die Bildung sind zukünftig ausschließlich die Finanzbehörden. Gleich bleibt, dass die Bildung nur auf Antrag des ArbN (auf elektronischem Weg) erfolgt. Für die (erstmalige) Bildung stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Der ArbN kann einen konkreten Antrag zur Mitteilung der Merkmale beim Finanzamt stellen, woraufhin diese Merkmale gebildet und mitgeteilt werden. Oder der (künftige) ArbG stellt eine entsprechende Anfrage bei der Finanzverwaltung, welche die ELStAM unentgeltlich zum elektronischen Abruf bereitstellt (Rz. 33), bei fehlerhaften ELStAM kann der ArbN einen Korrekturantrag beim Finanzamt stellen, das Finanzamt wird zur korrekten Durchführung des Lohnsteuerabzuges eine entsprechende Bescheinigung für den ArbN (regelmäßige Gültigkeit ein Jahr) ausstellen; hiermit verbunden ist eine Sperrung des elektronischen Abrufes der ELStAM durch den ArbG (Rz. 34 ff.).
  • Die Berücksichtigung von Freibeträgen bleibt möglich. Diese müssen jedes Jahr beim zuständigen Finanzamt neu beantragt werden (Ausnahme: Pauschbeträge für Behinderte). Grundlage für die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale sollen die von den Meldebehörden mitgeteilten Daten (§ 39e Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG) sein. Die Bildung der ELStAM wird eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen darstellen. Die Merkmale sind den ArbG als Verwaltungsakt bekanntzugeben (vgl. hierzu den Abschnitt »Verfahrensrecht« im BMF-Schreiben vom 7.8.2013, IV C 5 – S 2363/13/10003, Rz. 108 ff.).
  • Die Zuständigkeitsregelungen des § 39c EStG a.F. werden in § 39 Abs. 2 EStG übernommen.
  • Die Lohnsteuerabzugsmerkmale wurden erweitert (§ 39 Abs. 4 EStG).
  • Die bisherigen Mitteilungspflichten und Möglichkeiten des ArbN zur Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale des § 39 Abs. 4 ff. EStG a.F. wurden redaktionell angepasst in § 39 Abs. 5 bis 7 EStG übernommen.
  • Nunmehr wird gesetzlich der 1.10. eines jeden Jahres als Beginn des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens normiert (§ 39a Abs. 2 Satz 1 EStG). Änderungen bzw. Anträge bleiben (wie bisher) bis zum 30.11. des jeweiligen Lohnsteuerjahres möglich (im BMF-Schreiben vgl. hierzu Rz. 124 ff.).
  • Bei fehlenden Lohnsteuerabzugsmerkmalen ist (wie bisher bei fehlender Lohnsteuerkarte) gem. § 39c EStG der Abzug nach der Steuerklasse VI durchzuführen (vgl. hierzu im Detail BMF Rz. 93 bis 103). Neu ist eine in § 39c Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG geregelte Ausnahme hiervon, wenn den ArbN am Fehlen der Merkmale keine Schuld trifft (z.B. technische Störungen). Diese Ausnahme ist auf drei Monate begrenzt. Hiermit verbunden sei der Hinweis auf die diversen Pflichten des ArbG (Rz. 39 ff.) und des ArbN (Rn. 68) sowohl untereinander als auch gegenüber der Finanzverwaltung im Rahmen des ELStAM-Verfahrens. Insbesondere die Angabe, ob es sich um ein weiteres Dienstverhältnis des ArbN handelt, ist immanent, weil das System sonst automatisch eine Einstufung in die Steuerklasse VI vorsieht (Rz. 47). Um mögliche Änderungen der ELStAM berücksichtigen zu können, müssen diese monatlich vom ArbG abgerufen werden (Rz. 51, § 39e Abs. 5 Satz 3 EStG)
  • Weitere Besonderheiten sind im Falle des ArbG-Wechsels (Rz. 59 ff.), im Fall der Aufnahme eines weiteren Dienstverhältnisses (Rz. 64 ff.) und bei im Inland nicht meldepflichtigen ArbN (Rz. 86 f.) zu beachten.
  • Von den Pflichten des ArbN (zu den Rechten s. Rz. 75 f., insbesondere besteht eine Auskunftsmöglichkeit über die eigenen ELStAM, Rz. 81) ist die Mitteilungspflicht gegenüber der Finanzbehörde, sofern die Anzahl der Kinderfreibeträge oder die Steuerklasse sich zu seinen Ungunsten ändert, hervorzuheben (Rz. 71 f.), sofern die Mitteilung nicht automatisch erfolgt ist. Zudem besteht eine Mitteilungspflicht, sofern auf den ArbN versehentlich falsche ELStAM angewendet wurden (Rz. 72) und dem ArbN dies bekannt wird.
  • Zentrale Norm des neuen Verfahrens ist § 39e EStG: Nach der Begründung wurde § 39e EStG als Einführungsvorschrift konzipiert, in der das neue Verfahren kompakt beschrieben ist. Für die nun bevorstehende dauerhafte Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale ab dem Kj. 2012 ist es erforderlich, die gesamten Einzelvorschriften zum Steuerabzug vom Arbeitslohn (§§ 38 ff. EStG) formal und inhaltlich an das neue Verfahren anzupassen. Im Zuge dessen werden auch die Regelungen des § 39e EStG vollständig überarbeitet und neu gefasst. Die Vorschrift erhält eine neue Konzeption, denn sie stellt keine Einführungsnorm mehr dar, sondern die Regelung des eigentlichen technischen Verfahrens, das Lohnsteuerabzugsmerkmale automatisiert bildet und aus Lohnsteuerabzugsmerkmalen (§ 39 EStG) elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale macht. Die Vorschrift regelt daher künftig das Verfahren der Bildung und Bereitstellung elektronischer Lohnsteuerabzugsmerkmale.
  • Da noch nicht alle Lohnsteuerabzugsmerkmale zu Beginn der Einführung des Verfahrens elektronisch bereitgestellt werden können, werden in die Ermächtigungsnormen die Möglichkeiten geschaffen, dass das BMF diese Merkmale, sobald sie bereitstehen, via BMF-Schreiben mitteilen kann.

Nach der Gesetzesbegründung wird durch die Umstellung auf das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale insgesamt das strikte Jahresprinzip, das aus der jährlichen Ausstellung der Lohnsteuerkarte folgte, aufgehoben. Abzugsmerkmale können durchaus unverändert jahrelang gelten. Dies erspart jährliche Behördengänge und Anträge und dient der Verwaltungsvereinfachung (z.B. soll die Bildung der Kinderfreibeträge durchaus für mehrere Jahre ermöglicht werden). In einigen Fällen bleibt jedoch die jahrgangsbezogene Betrachtungsweise beibehalten. Persönliche Freibeträge für Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sollen für längstens zwei Jahre gültig bleiben (§ 39f Abs. 1 Satz 3 EStG).

Neben der Anpassung des EStG an das ELStAM-Verfahren regelt das Gesetz auch die Zusammenfassung der Vorschriften für beschränkt und unbeschränkt steuerpflichtige ArbN. Die Regelungen für beschränkt steuerpflichtige ArbN befanden sich bisher in § 39d EStG und werden nun in die allgemeinen Lohnsteuerabzugsvorschriften (§§ 38–39b EStG) integriert. Die LÄStR 2015 setzen diese Gesetzesänderung ebenfalls um.

Wegen bestehender Startschwierigkeiten im ElStAM-Verfahren hat das BMF mit Schreiben vom 25.4.2013 (IV C 5 – S 2363/13/10003) mit Verfahrenserleichterungen für bestimmte Fälle reagiert. Betroffen hiervon sind hauptsächlich Fälle, in denen der Arbeitgeber dasselbe Beschäftigungsverhältnis nochmals anmeldet und die Anmeldung abgelehnt wird, wenn das übermittelte Datum des Beschäftigungsbeginns vor dem Datum der Abmeldung liegt. Hervorzuheben ist, dass übergangsweise (längstens bis zum letzten Lohnzahlungszeitraum 2013) der Lohnsteuereinbehalt in diesen Fällen anhand der in Papierform vorliegenden Merkmale erfolgen darf, die Berücksichtigung persönlicher Freibeträge, der Steuerklasse I bis V etc. im ersten Dienstverhältnis wird vom Vorliegen der Lohnsteuerkarte 2010 bzw. der Ersatzbescheinigung 2011/2012 abhängig gemacht. Für weitere Details wird auf das Schreiben selbst verwiesen.

2.4. Pauschalierungsverfahren

Vgl. dazu → Pauschalierung der Lohnsteuer.

2.5. Haftungsverfahren gem. § 42d EStG

2.5.1. Grundzüge – Prüfungsreihenfolge

Es empfiehlt sich folgende Prüfungsreihenfolge bei einem Haftungsfall:

  1. Die steuerliche Haftung setzt immer eine Steuerschuld voraus (Gebot der Akzessorietät). Demnach kann der ArbG nur für die Steuerschuld des ArbN haften. Hierbei handelt es sich um die in § 38 Abs. 1 EStG genannten Fälle. Neben dem Grundtatbestand begründet auch die Lohnzahlung durch Dritte gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG – ebenso wie eine Nettolohnvereinbarung – die Steuerschuld des ArbN und damit die potenzielle Haftungsschuld des ArbG. Die Tragweite der Akzessorietät ist umstritten (→ Haftung).Ist die → Haftung des ArbG auf die durch Lohnsteuerkarte vorgegebene (Monats- oder Jahres-)Vorauszahlungsschuld limitiert oder bildet die endgültige (ESt-)Veranlagung des ArbN die Obergrenze?

    In letzterem Fall stehen dem ArbG die Einwendungen des ArbN zu, die dieser im Rahmen der Veranlagung vortragen kann. Die h.M. folgt dieser Auffassung, nach der Mindermeinung ist die Haftung des ArbG auf die vorläufige Abzugsteuerschuld limitiert.

    Nach einem Urteil des FG Düsseldorf vom 21.10.2009 (7 K 3109/07 H(L), NWB DokID: SAAAD-52231) ist die vorgenannte Frage beantwortet: Nach Auffassung des FG ist die Haftungsschuld nach § 42d EStG ausschließlich von der Lohnsteuerschuld und damit auch von der Jahreslohnsteuer abhängig und nicht von der letztendlich entstandenen Einkommensteuerschuld.

  2. Für den Erlass des Haftungsbescheides gem. § 191 AO ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass neben dem ArbG noch andere Haftungsschuldner für den ArbN in Betracht kommen können (§§ 69 ff. AO). Sodann sind der ArbG und die anderen Haftungsschuldner gleichartige Gesamtschuldner i.S.d. § 44 AO.
  3. Bei Vorliegen der Grundtatbestände von § 42d Abs. 1 Nr. 1–3 EStG (Hauptfall: Fehler bei Lohnsteuereinbehaltung und -abführung) kommt es gem. § 42d Abs. 2 EStG in den dort genannten seltenen Fällen zu einem Haftungsausschluss. Von praktischer Bedeutung ist allenfalls § 41c Abs. 4 EStG, wenn der ArbG einen vorschriftswidrigen LSt-Einbehalt errechnet und anzeigt (§ 42d Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 EStG). Dies ist jedoch nicht möglich, wenn eine LSt-Anmeldung vorsätzlich fehlerhaft abgegeben worden war und dies dem ArbG zuzurechnen ist (BFH vom 21.5.2010, VI R 29/08). Im letztgenannten Urteil stellte der BFH zudem klar, dass sich der ArbG nicht auf mangelnde eigene Kenntnis der Unrichtigkeit der Lohnsteueranmeldung berufen kann, wenn er diese Pflicht durch einen Dritten (im Streitfall ein ArbN) erbringen lässt und dieser ArbN die LSt vorsätzlich falsch berechnet und abführt. Nach dem Urteil des BFH vom 21.5.2010 (BStBl II 2010, 833) ist zudem ein Haftungsausschluss des ArbG für den Fall, dass der ArbN Lohnsteuern hinterzieht, nicht gegeben.In diesem Zusammenhang ist das BFH-Urteil vom 7.7.2004 (BStBl II 2004, 1087) von Bedeutung. Der BFH hat die Verwaltungsauffassung (R 41a.1 Abs. 4 Satz 3 LStR) bestätigt, dass auch bei (theoretischem) Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen gem. § 42d Abs. 1 EStG (im Fall: Nichteinreichen der LSt-Anmeldung durch eine ausländische KapG) auch ein Schätzungsbescheid gegenüber dem ArbG möglich sei. Diese Art der Steuerfestsetzung entbindet die Verwaltung von Ermessensüberlegungen, wie sie im Haftungsverfahren erforderlich sind. Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist offenkundig: Gegen die Höhe des Schätzungsbescheides können beliebig viele materiell-rechtliche Einwendungen vorgetragen werden. Vgl. zum Umfang der Haftung bei Gesellschafter-Geschäftsführern als ArbG sowie bei durch den Steuerberater des ArbG verspätetet abgegebenen Lohnsteueranmeldungen auch das FG Berlin-Brandenburg vom 11.8.2010 (9 K 9059/08) sowie FG Rheinland-Pfalz vom 10.12.2013 (3 K 1632/12), wonach eine Begrenzung der Haftung auf einen (von mehreren) Geschäftsführern nach bei einer schriftlich fixierten Geschäftsaufteilung in Betracht kommt.

    Hinweis: Diese nur gegenüber dem ArbG im LSt-Haftungsverfahren mögliche Steuerfestsetzung entbindet die Verwaltung vor Ermessensüberlegungen, wie sie im Haftungsverfahren erforderlich sind.

  4. Gem. § 42d Abs. 3 EStG sind neben der materiellen Erkenntnis der Gesamtschuld zwischen ArbG und ArbN die Ermessensgrundsätze gem. § 5 AO zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich folgende Prüfungsfolge für die ermessensgerechte Inanspruchnahme des ArbG:a) Beim Entschließungsermessen ist zu prüfen, ob der ArbG überhaupt in Anspruch genommen werden kann.

    Hinweis: An diesem Ermessen fehlt es, wenn der ArbN wegen § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG e contrario belangt werden kann. Hier liegt eine »Ermessensreduzierung auf Null« beim Vorgehen gegen den ArbG vor.

    b) Kommen sowohl ArbG als auch ArbN in Betracht, ist auf der Ebene des Auswahlermessens zu prüfen, ob nicht vorrangig der ArbN belangt werden muss.

    c) Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der ArbN immer der primäre Steuerschuldner und der ArbG der sekundäre Haftungsschuldner ist. In diesem Sinne wird auch von einer ungleichartigen Gesamtschuld gesprochen. Hieraus folgt, dass

    • ein entschuldbarer Fehler beim ArbG bzw. ein nicht in seiner Sphäre liegender Irrtum zu einem Haftungsausschluss führt;
    • der ArbN dann vorrangig (mit einem Nachforderungsbescheid) zu belangen ist, wenn die LSt ebenso schnell bei ihm erhoben werden kann (→ Gesamtschuldner).
  5. Die Festsetzungsfrist für den LSt-Haftungsbescheid endet gem. § 191 Abs. 3 Satz 4 AO nicht vor Ablauf der Frist für die LSt. Der BFH hat mit Urteil vom 6.3.2008 (BStBl II 2008, 597) entschieden, dass diese Frist mit der LSt-Anmeldung zu laufen beginnt.

Hinweise:

  • Als Fazit dieser Überlegungen ist eine vorrangige Inanspruchnahme des ArbG bei groben Verstößen gegen das formale Lohnsteuerrecht immer zulässig. Ebenso kann der ArbG vorweg bei einer Nettolohnvereinbarung beansprucht werden. Gem. § 42d Abs. 3 Satz 3 EStG kann der ArbG auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der ArbN zur Einkommensteuer veranlagt wird. Das sich anschließende Haftungsverfahren nach § 42d Abs. 4 EStG trägt aufgrund umfangreicher BFH-Rspr. dem Rechtsstaatsgrundsatz Rechnung, wonach – vorbehaltlich der Befreiungstatbestände in § 42d Abs. 4 EStG – beim Erlass und bei der Begründung des Haftungsbescheides die üblichen Standards von § 191 AO einzuhalten sind. Die Haftungsschuld kann hierbei nach Lohnsteuerklasse VI geschätzt werden, wenn eine individuelle Ermittlung der Lohnsteuern ausgeschlossen ist (FG München vom 1.4.2010, 8 V 3819/09).
  • Der Begriff des ArbG ist hierbei weitläufig zu verstehen. So kommt z.B. auch eine Haftung des Vorstandsmitgliedes einer ArbG für nicht abgeführte LSt in Betracht (FG Hamburg vom 21.10.2010, 6 K 228/08, rkr.). Nach R 41.3 Satz 3 LStR 2015 kann auch ein ständiger Vertreter eines ausländischen ArbG als inländischer ArbG gesehen werden.
  • Stellt der ArbG nachträglich fest, dass der LSt-Abzug fehlerhaft war und korrigiert dieses, so dürfen bei dieser nachträglichen Einbehaltung auch die Pfändungsfreigrenzen unterschritten werden. Im Unterschied zu vorher enthalten die LStR nunmehr folgende Regelung: Übersteigt die nachträglich einzufordernde LSt den Auszahlungsbetrag, so ist die Einbehaltung zunächst auf den auszuzahlenden Betrag vorzunehmen. Lediglich für den übersteigenden Betrag ist eine Anzeige nach § 41c Abs. 4 EStG beim zuständigen Finanzamt zu machen (R 41c.1 Abs. 4 Satz 3 LStR). Zur Abgrenzung, inwieweit für den »gleichen« Sachverhalt zwei Haftungsbescheide erlassen werden dürfen, oder ob es sich um verschiedene, d.h. eigenständige Haftungsfälle handelt s. BFH Urteile vom 25.5.2004, VII R 29/02 und vom 15.2.2011, VII R 66/10)
  • In Liquiditätsengpässen darf der ArbG Löhne nur entsprechend gekürzt auszahlen und muss die Verwendung der einbehaltenen Mittel zur Abführung der LSt sicherstellen (FG München vom 11.3.2011, 8 V 3757/10).
  • In Fällen, in denen es auf Grund einer Veruntreuung von Arbeitslohn durch einen ArbN zu Korrekturen bei der Lohnsteueranmeldung kommt, ist, auch für Haftungsfragen, das Schreiben des BMF vom 7.11.2013 (IV C 5 – S-2378/0-07) sowie das Urteil des BFH vom 13.11.2012 (VI R 38/11) zu beachten.
  • Hat der ArbG zum Verfahren des Lohnsteuerabzuges eine sog. Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) beim zuständigen Finanzamt eingeholt und nach dieser verfahren, so scheidet eine Haftung des ArbG, sofern die Anrufungsauskunft fehlerhaft war, aus. Gleiches gilt im Lohnsteuerabzugsverfahren nach neuester Rspr. auch gegenüber dem ArbN. Das Finanzamt kann die vom ArbG aufgrund einer (unrichtigen) Anrufungsauskunft nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer vom ArbN nicht nach § 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStG nachfordern (BFH vom 17.10.2013, VI R 44/12).

Im Gegensatz zur späteren Herabsetzung einer festgesetzten Steuer kommt eine Verzinsung eines Haftungsbescheides nach dem Urteil des FG Niedersachsen vom 10.3.2011 (11 K 103/10) nicht in Frage, da die §§ 232a und 236 AO von ihrem Wortlaut nur Steuerfestsetzungen und Steuervergütungen erfassen würden. Auch die mit Rücknahme eines Haftungsbescheides inzidenter erfolgte Herabsetzung der zu Grunde liegenden Lohnsteuerschuld führt nicht zu einer Verzinsung.

2.5.2. Entleiherhaftung gem. § 42d Abs. 6 und 7 EStG

Bei erlaubter als auch bei unerlaubter → Arbeitnehmerüberlassung ist grundsätzlich der Verleiher der ArbG i.S.d. Lohnsteuerrechts. Um einer damit verbundenen Regelungslücke vorzubeugen, erklärt § 42d Abs. 6 EStG den Entleiher zum Haftungsschuldner. Voraussetzung ist allerdings, dass eine gewerbsmäßige ArbN-Überlassung vorliegt (Einzelheiten bei R 42d.2 LStR).

Hinweis:

Im Rahmen des AmtshilfeRLUmsG wird § 42d Abs. 6 Satz 1 EStG hinsichtlich des Begriffes der »gewerbsmäßigen« Überlassung durch einen Verweis auf § 1 Abs. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ersetzt werden. Hiermit soll nach der Gesetzesbegründung der erfolgten Ausweitung des Verleiherkreises Rechnung getragen werden. Entsprechend soll die Definition »gewerbsmäßig« in den LÄStR 2015 aufgehoben werden.

Tritt der Entleiher als ArbG auf, indem er im Rahmen einer illegalen ArbN-Überlassung den Lohn im eigenen Namen auszahlt, bestimmt § 42d Abs. 7 EStG die Haftungsschuld für den Verleiher, um auch in diesem Falle eine nahtlose Inanspruchnahme aller Beteiligten (Verleiher/Entleiher/ArbN) zu ermöglichen.

Für einen häufig vorkommenden Fall der grenzüberschreitenden ArbN-Überlassung im Konzern (die ausländische Mutter-KapG hat ihre ArbN der inländischen Tochter überlassen) kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass die inländische Tochter nicht ArbG i.S.d. Lohnsteuerrechts ist, sondern allenfalls wie ein Entleiher nach § 42d Abs. 6 EStG haftet (BFH vom 24.3.1999, BStBl II 2000, 41).

Schließlich ist zu beachten, dass bei der Nachforderung von LSt die Beträge nicht zugerechnet werden dürfen, die der ArbG bei einer Auswärtstätigkeit steuerfrei hätte ersetzen dürfen.

2.5.3. Lohnsteuerpflichten durch Dritte

In bestimmten Konstellationen (§ 38 Abs. 3a EStG) werden LSt-Pflichten seit 1.10.2004 auf Dritte übertragen (s.a. R 42d.3 LStR 2011E, die klarstellt, dass sodann eine Gesamtschuldnerschaft zwischen ArbG, Dritten und ArbN besteht). Dies gilt jedoch nicht für einen Insolvenzverwalter bei Freigabe des Geschäftsbetriebs.

Der Insolvenzverwalter ist nicht zum Einbehalt und zur Abführung der LSt verpflichtet, wenn er dem Insolvenzschuldner die Fortführung des Betriebs und den Abschluss neuer, zuvor von ihm gekündigter Arbeitsverträge gestattet (FG Niedersachsen Urteil vom 8.3.2007, DStR 2007, 1445).

Zur Haftung des ArbG bei Lohnsteuerabzugspflicht durch Dritte vgl. das BFH-Urteil vom 20.3.2014 (VI R 43/13). Demnach kommt eine Haftung des Arbeitgebers in Fällen des § 38a Abs. 3 EStG nach § 42d Abs. 9 Satz 4 EStG i.V.m. § 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStG nur in Betracht, wenn der Dritte die Lohnsteuer für den Arbeitgeber nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat. An einem derartigen Fehlverhalten fehlt es, wenn beim Lohnsteuerabzug entsprechend einer Lohnsteueranrufungsauskunft oder in Übereinstimmung mit den Vorgaben der zuständigen Finanzbehörden der Länder oder des Bundes verfahren wird.

2.6. Lohnsteuer-Nachschau

Durch das AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wurde mit Wirkung zum 30.6.2013 ein neuer § 42g EStG eingeführt, der das Haftungsverfahren und die Lohnsteueraußenprüfung flankiert. Er beinhaltet eine sog. LSt-Nachschau, die der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer dient und ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte ist (Abs. 1). Sie kann ohne vorherige Ankündigung während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten erfolgen (§ 42g Abs. 2 EStG) und ohne vorherige Prüfungsanordnung auch zu einer Lohnsteueraußenprüfung übergeleitet werden (§ 42g Abs. 4 EStG). Die allgemeine Nachschau ist keine Prüfung i.S.d. § 193 ff. AO, so dass auch die Vorschriften für eine Außenprüfung nicht anwendbar sind (s.a. BMF vom 16.10.2014, IV C 5 – S 2386/09/10002 :001, BStBl I 2014, 1408 Rn. 2). Sie dient der zeitnahen kursorischen Kontrolle, die die Außenprüfung nicht verdrängen soll. Vertiefte Ermittlungen sind weiterhin einer Außenprüfung vorbehalten.

3. Kapitalertragsteuer

Die KapESt verfolgt – vergleichbar der LSt – das Ziel, an der Quelle die Einkünfte aus Kapitalanlagen zu erfassen. Diese besondere Erhebungsform der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ist in den Vorschriften §§ 43 bis 45e EStG geregelt.

Der Gläubiger der Kapitalerträge ist der Schuldner der KapESt, wobei in der Regel aber der Schuldner der Kapitalerträge selbst gegenüber dem Finanzamt abzugsverpflichtet ist.

Die Berechnungs- und Zahlstellenfunktion für die Beteiligungserträge übernimmt die in § 44 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 EStG bezeichnete Stelle (im Hauptanwendungsfall je nach anwendbarer Norm innerhalb des § 43 EStG die KapG oder die auszahlende bzw. die Wertpapiere verwahrende Bank (§ 43 Abs. 1 Nr. 1a EStG, neu eingefügt durch das OGAW-IV-Umsetzungsgesetz (BGBl I 2011, 1126 ff.) mit Wirkung für alle Kapitalerträge, die nach dem 31.12.2011 zufließen. Zu den Auswirkungen hierzu vgl. BMF vom 8.7.2011, IV C 1 – S 2400/11/10002 :001 und vom 23.6.2011 (BStBl I 2011, 625 zur Verlustverrechnung) – aktuelles BMF-Schreiben vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, BStBl I 2016, 85.

Im Rahmen des AmtshilfeRLUmsG (BGBl I 2013, 1809) wird der KapESt-Einbehalt nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG für nach dem 31.12.2012 zufließende Kapitalerträge erweitert und umfasst neben Erträgen aus Aktien zukünftig auch Genussscheine sowie neben Dividendenscheinen auch sonstige Erträgnisscheine.

3.1. Einzeltatbestände

Der Anwendungsbereich der Kapitaleinkünfte, die dem KapESt-Abzug unterliegen, orientiert sich gem. § 43 Abs. 1 EStG an den Kapitaleinkünften des § 20 EStG, ohne mit diesem deckungsgleich zu sein. So sind z.B. die Tatbestände von § 20 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG nicht erfasst, während umgekehrt die eigentlich gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerbefreite Dividende, die eine KapG von einer anderen KapG erhält, trotzdem der KapESt unterliegt (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 und 1a EStG). Erfasst sind insbesondere alle inländischen und ausländischen Dividendeneinkünfte, die vom einem inländischen Kreditinstitut oder Finanzdienstleister abgewickelt werden.

3.2. Steuersatz – Rechtslage seit 2009 (Abgeltungsteuer)

Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) gilt seit dem 1.1.2009 folgendes: Die zuvor unterschiedlichen Steuersätze für private Kapitalerträge, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2008 zufließen (vormals § 52a Abs. 1 EStG – aufgehoben mit dem Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.7.2014, BStBl I 2014, 1266), werden durch einen einheitlichen Steuersatz von 25 % ersetzt (§ 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG; Ausnahme: 15 % bei Kapitalerträgen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a und b EStG). Der Umfang der Kapitaleinkünfte ist in § 20 EStG deutlich erweitert worden. Zu den steuerpflichtigen Kapitalerträgen gehören künftig gem. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG auch Gewinne aus der Veräußerung von (nach dem 31.12.2008 angeschafften) Wertpapieren, Investmentanteilen, Beteiligungen an KapG u.Ä. (§ 52a Abs. 10 EStG a.F.). Durch die Umschichtung dieser Einkünfte von § 23 EStG in § 20 EStG entfällt die bisherige Spekulationsfrist von einem Jahr gem. § 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG (§ 52a Abs. 11 EStG a.F.) sowie die Freigrenze für Veräußerungsgewinne von 512 €.

Künftig unterliegen der Kapitalertragsteuer auch Erträge, die bisher aufgrund ihrer Geringfügigkeit von der Zinsabschlagsteuer befreit waren. § 43 Abs. 1 Nr. 7b Satz 4 EStG 2007 wird aufgehoben.

Zudem wurden die Tatbestände für die Erhebung der KapESt erweitert um

  • ausländische Dividenden (§ 43 Abs. 1 Nr. 6 EStG),
  • Stillhalterprämien (Nr. 8),
  • Gewinne aus der Veräußerung von Aktien (Nr. 9),
  • Gewinne aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen (Nr. 10),
  • Gewinne aus Termingeschäften (Nr. 11),
  • Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Investmentfonds (§ 8 Abs. 6 InvStG).

Bemessen (§ 43a EStG) wird die KapESt anhand der nach § 20 EStG ermittelten Kapitalerträge (Zinsertrag, Dividende, Veräußerungsgewinn) oder, sofern eine Ermittlung bei Veräußerungsgewinnen oder Einlösungen nicht möglich ist, anhand einer 30 %igen Ersatzbemessungsgrundlage der Einnahmen (§ 43a Abs. 2 Satz 7 EStG). Vereinnahmte Stückzinsen gelten hierbei als Bestandteil des Veräußerungsgewinnes, sodass nur einmal KapESt bemessen werden muss. Gezahlte ausländische Steuern sind (im Rahmen der zulässigen Anrechnung) bei der Bemessung der KapESt zu berücksichtigen (§ 43a Abs. 3 Satz 1 EStG).

Hinweis:

Ausnahmen hiervon sind Quellensteuern aus Spanien und Norwegen, da die entsprechenden DBA unter Umständen einen vollständigen Erstattungsanspruch enthalten. Zur Anrechnung spanischer Quellensteuer s.a. BMF vom 8.9.2011 (IV C 1 – S 2406/10/10001 :002). Zur Anrechnung norwegischer Quellensteuer s.a. BMF vom 15.11.2011 (IV C 1 – S 2406/10/1001 :002). Eine Anrechnung der Quellensteuer im Veranlagungsverfahren nach § 32d Abs. 5 EStG ist hingegen möglich.

Negative Kapitalerträge und gezahlte Stückzinsen sind bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge auszugleichen. Daher kann es zu einer Rückerstattung bereits gezahlter KapESt kommen.

Mit der Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer ist die Einkommensteuer auf Kapitalerträge gem. § 43 Abs. 5 EStG (grundsätzlich) abgegolten. Die Abgeltungswirkung tritt nur dann ein, wenn die Kapitalerträge tatsächlich der KapESt unterlegen haben. Diese Klarstellung durch das JStG 2010 (BStBl I 2010, 1768) ist auf Grund der nicht vorhandenen Deckungsgleichheit zwischen § 20 und § 43 EStG nötig.

Diese grundsätzlich abgeltende Wirkung des Ertragsteuerabzugs tritt nicht ein, wenn die Kapitalerträge den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen sind (§ 43 Abs. 5 Satz 2 EStG). Ferner tritt die Abgeltungswirkung für die Kapitalerträge nicht ein, die dem regulären Steuertarif unterliegen (§ 43 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 32d Abs. 2 EStG). Demzufolge hat der Steuerpflichtige auch solche Kapitalerträge, die nicht der KapESt unterliegen, in seiner Einkommensteuererklärung anzugeben (§ 32d Abs. 3 EStG). Ist der persönliche Steuersatz eines Steuerpflichtigen niedriger als 25 %, so kann er die Kapitalerträge in seiner Einkommensteuererklärung angeben (§ 32d Abs. 6 EStG), so dass die Besteuerung nach dem individuellen Steuersatz erfolgt (Günstigerprüfung).

Ein KapESt-Abzug findet ferner nicht statt, soweit dem Steuerpflichtige eine Nichtveranlagungsbescheinigung nach § 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 EStG vorliegt, soweit ein Freistellungsauftrag erteilt wird (§ 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 EStG), es sich um Zinsen handelt, die im Rahmen eines Darlehensvertrages mit einer Privatperson oder einem Unternehmen gezahlt werden, die gem. § 44 EStG nicht zum Quellensteuerabzug verpflichtet sind, oder die Depotbank des Steuerpflichtigen eine ausländische Bank oder ein ausländisches Tochterunternehmen einer inländischen Bank ist. Im letzten Fall besteht ebenfalls keine Pflicht zum Quellensteuerabzug (§ 44 Abs. 1 EStG).

Im Rahmen des AmtshilfeRLUmsG (BGBl I 2013, 1809) wird § 44a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 7 EStG erweitert und soll u.a. das bisher in § 45b EStG geregelte Sammelantragsverfahren ersetzen. § 45b EStG soll aufgehoben werden. Die Neuregelungen sollen erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2012 zufließen (vgl. hierzu auch BMF vom 16.9.2013, IV C 1 – S 2401/08/10001 :007, BStBl I 2013, 1168). Sofern die abgeltende Wirkung nicht eintritt, hat die erhobene KapESt (wie früher) den Charakter einer Vorauszahlung auf die zu zahlende Einkommensteuer. Kommt es aufgrund der durchgeführten Veranlagung jedoch zu keiner Einkommensteuerschuld des Anteilseigners, so wird die KapESt gem. § 44b EStG erstattet. Bereits im Vorfeld wird aufgrund einer Nichtveranlagungsbescheinigung bzw. eines Freistellungsauftrags nach § 44a EStG vom KapESt-Abzug Abstand genommen. Diese Regelungen gelten nur für unbeschränkt steuerpflichtige Steuerinländer.

Für weitere Details zum KapESt-Abzug wird auch auf die einschlägigen BMF-Schreiben (vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, BStBl I 2016, 85; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 19.12.2017, IV C 1 – S 2405/0 :008; Ausstellung von Steuerbescheinigungen: BMF-Schreiben vom 3.12.2014, IV C 1 – S 2401/08/10001 :011 und Ergänzung vom 11.11.2016, IV C 1 – S 2401/08/10001 :015) verwiesen. Die BMF-Schreiben vom 9.10.2012 (IV C 1 – S 2252/10/10013, BStBl I 2012, 953) und vom 31.8.2015 (IV C 1 – S 2410/11/10001 :005, BStBl I 2015, 664) sind nicht mehr anzuwenden.

Auch die in § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG explizit genannten inländischen Kapitalerträge von Steuerausländern (beschränkt Steuerpflichtigen nach § 1 Abs. 4 EStG) unterliegen gem. § 43 Abs. 1 EStG dem KapESt-Abzug. Dadurch tritt nach § 50 Abs. 2 Satz 1, § 43 Abs. 5 EStG ebenfalls eine Abgeltungswirkung ein. Ausnahmeregelungen dazu ergeben sich aus § 50 Abs. 2 Satz 2 EStG, der eine Abgeltungswirkung ausschließt. Wie eine Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer für den Steuerausländer möglich ist, ergibt sich aus § 50d Abs. 1 EStG.

3.3. Zeitpunkt des Steuerabzugs

Nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG entsteht die KapESt grundsätzlich in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 EStG). Für den Zeitpunkt der KapESt ist bei Dividenden § 11 EStG (Zufluss) durch § 44 Abs. 2 EStG abbedungen. Wenn der Ausschüttungsbeschluss den Tag der Auszahlung nicht festlegt, gilt der Tag nach der Beschlussfassung als »Zuflusstag«; dies gilt jedoch nur für die KapESt und nicht für § 20 EStG, wie der BFH mehrfach entschieden hat (vgl. BFH vom 17.11.1998, BStBl II 1999, 223; dort zum »beherrschenden GmbH-Gesellschafter«).

3.4. Bestätigung des Abzugs

Dem Charakter einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuer des Anteilseigners bzw. Papierinhabers entspricht es auch, dass Einbehalt und Abführung von KapESt gem. § 45a EStG bestätigt (bescheinigt) werden müssen, sollen sie nach § 36 Abs. 2 EStG angerechnet werden Seit der Einführung der Abgeltungsteuer ab 2009 erfolgt dies durch eine Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster, die alle Angaben für die Besteuerung von Kapitalerträgen enthält. Die aktuell gültigen Muster zur Ausstellung dieser Steuerbescheinigungen enthält das BMF-Schreiben vom 3.12.2014 (IV C 1 – S 2401/08/10001 :011 – dieses BMF-Schreiben ersetzt für Kapitalerträge, die nach dem 31.12.2013 zufließen, das BMF-Schreiben vom 20.12.2012, IV C 1 – S 2401/08/10001 :008, BStBl I 2013, 36) und das ergänzende BMF-Schreiben vom 11.11.2016 (IV C 1 – S 2401/08/10001 :015, Ergänzung Anwendungsregelung). Die Kapitalertragsteueranmeldung ist ab 2009 dem Finanzamt auf elektronischem Wege nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung zu übermitteln (§ 45a Abs. 1 EStG). Wurde die Verpflichtung zur Abgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung ordnungsgemäß befolgt und hebt das Finanzamt diese durch Steuerbescheid auf, trifft den Entrichtungsschuldner keine Verpflichtung zur erneuten Anmeldung (FG Saarland vom 1.12.2010, 1 V 1321/10). Durch das AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wurde § 45a Abs. 2 EStG, der die Ausstellung der Steuerbescheinigung regelt, neu strukturiert. Zum Ausstellen einer solchen Bescheinigung ist folgender Gläubiger der Kapitalerträge auf Verlangen bei Vorliegen der Voraussetzungen verpflichtet:

  • der Schuldner der Kapitalerträge in den Fällen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 bis 4, 7a und 7b EStG,
  • die die Kapitalerträge auszahlende Stelle (vorbehaltlich § 45a Abs. 3 EStG) in den Fällen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a, 6, 7 und 8 bis 12 sowie Satz 2 EStG,
  • die zur Abführung der Steuer verpflichtete Stelle im Fall des § 44 Abs. 1a EStG-E.

Diese Neufassung gilt erstmals für nach dem 31.12.2012 zufließende Kapitalerträge (§ 52a Abs. 16c Satz 6 EStG a.F.). Dies bestätigt auch das BMF-Schreiben vom 28.12.2012 (IV C 1 – S 2000/11/10016 :007).

Die Bescheinigung kann ohne Unterschrift und elektronisch übermittelt werden (§ 45a Abs. 2 Satz 2 EStG – Neufassung durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.2016, BGBl I 2016, 1679).

3.5. Freistellungsauftrag

Mit mehreren Schreiben vom 5.11.2002 (BStBl I 2002, 1338 und 1346) hat das BMF die Grundsätze zur Entrichtung, Abstandnahme und Erstattung der KapESt gem. §§ 44–44b EStG zusammengefasst. Dieses Schreiben wurde durch die Einführung der Abgeltungsteuer teilweise durch das BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (BStBl I 2010, 94, ergänzt durch Schreiben vom 16.11.2010 und vom 9.10.2012) ersetzt. Weitere Aktualisierungen erfolgten durch das BMF-Schreiben vom 18.1.2016 (IV C 1 – S 2252/08/10004 :017).

Durch die Erteilung eines sog. Freistellungsauftrages nach amtlichen vorgeschriebenem Formular (s. BMF vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, Anlage 2) ist es möglich, von der Erhebung der KapESt bis zu einer Höhe von 801 € (1 602 € bei Ehegatten bzw. bei eingetragenen Lebenspartnerschaften –BMF vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017; BVerfG vom 7.5.2013 [2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07], das Umsetzungsgesetz [BGBl I 2013, 2397] und BMF vom 31.7.2013 [IV C 1 – S 1910/13/10065 :001], sofern ein gemeinsamer Freistellungsauftrag erteilt wird) abzusehen (Sparer-Pauschbetrag § 20 Abs. 9 EStG).

Dies ist in der Praxis von großer Bedeutung, es genügt hier jedoch, die folgenden Grundzüge zu nennen:

  • Mit Schreiben vom 2.7.2008 (BStBl I 2008, 687), vom 22.12.2009 (BStBl I 2010, 94), vom 16.11.2010 (BStBl I 2010, 1305), vom 9.10.2012, IV C 1 – S 2252/10/10013 und vom 31.7.2013 (IV C 1 – S 1910/13/10065 :001) hat das BMF den amtlichen Vordruck für den Freistellungsauftrag von der KapESt an den neuen Sparer-Pauschbetrag angepasst.
  • Eine Beschränkung des Freistellungsauftrages auf einzelne Konten und/oder Depots desselben Kreditinstituts ist nicht mehr möglich. Bereits vor dem 1.1.2009 unter Beachtung des § 20 Abs. 4 EStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung erteilte Freistellungsaufträge behalten ihre Gültigkeit. Eine vom Kunden beauftragte beschränkte Anwendung auf einzelne Konten darf vom Kreditinstitut ab dem Jahr 2009 nicht mehr berücksichtigt werden. Eine Verteilung des Freistellungsauftrages auf mehrere Kreditinstitute ist hingegen möglich.
  • Wird ein Freistellungsauftrag aufgeteilt, jedoch nicht vollständig ausgeschöpft, beim anderen Kreditinstitut hingegen überschritten, so ist zur Ausschöpfung des verbleibenden Betrages der Weg über die Veranlagung (Erklärung der Kapitaleinkünfte) gegeben.
  • Die Aufbewahrungsfrist für die Erklärung zur Freistellung vom Steuerabzug nach § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 EStG wird von zehn Jahren auf sechs Jahre gekürzt. Dies entspricht den Aufbewahrungsmodalitäten für den Freistellungsauftrag (§ 43 Abs. 2 Satz 6 EStG).
  • Für die Erteilung eines Freistellungsauftrages ist es künftig notwendig, dass der Steuerpflichtige seine Identifikationsnummer angibt (§ 44a Abs. 2a EStG). Dies gilt für ab dem 1.1.2011 gestellte Freistellungsaufträge. Zuvor gestellte Freistellungsaufträge werden ab dem 1.1.2016 unwirksam, können jedoch gültig bleiben, wenn der Steuerpflichtige die Identifikationsnummer der (zum Steuerabzug und zur Meldung nach § 45d Abs. 1 EStG verpflichteten) Meldestelle zur Weiterleitung nachträglich mitteilt oder die Meldestelle erfolgreich eine automatisierte Abfrage nach den Sätzen 3 bis 7 der neuen Vorschrift vornimmt oder wenn die Identifikationsnummer aufgrund anderer steuerlicher Vorschriften bereits von der Meldestelle erhoben wurde und damit zur Weiterleitung zur Verfügung steht.
  • Das Kontrollverfahren für Freistellungsaufträge (§ 45d Abs. 1 EStG) wird wie folgt (ab VZ 2012) geändert: Die Übermittlungsfrist für die Mitteilungen wird verkürzt, die Identifikationsnummer des Gläubigers der Kapitalerträge ist zukünftig mitzuteilen, und es wird erstmalig eine Kontrollmöglichkeit für die Fälle geschaffen, in denen aufgrund einer Nichtveranlagungsbescheinigung vom Steuerabzug Abstand genommen wird.

3.6. Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug (Ausnahmen)

Für Gewinnausschüttungen ab 1.1.2005 ist das Verfahren der (auch hälftigen) Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug gem. § 44a Abs. 7 und 8 EStG n.F. ausgeweitet worden auf Erträge aus Namensaktien, auch soweit sie von nicht börsennotierten AG stammen, und auf Erträge aus Anteilen an Genossenschaften sowie aus Genussrechten.

§ 43 Abs. 2 EStG regelt die Ausnahmen vom Steuerabzug. Danach ist kein KapESt-Abzug vorzunehmen, wenn

  • Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge die gleiche Person sind,
  • bei ausländischen Dividenden, Zinsen, Erträgen aus Wertpapierveräußerungen, Stillhalter- und Termingeschäften, wenn der Gläubiger ein inländisches Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut oder eine Kapitalanlagegesellschaft ist,
  • eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse Gläubigerin der Kapitalerträge ist oder
  • die Kapitalerträge Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind und der Gläubiger der Kapitalerträge dies gegenüber der auszahlenden Stelle nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erklärt.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass bei beschränkt Steuerpflichtigen in DBA-Fällen die Möglichkeit bleibt, einen Antrag nach § 50d EStG beim BMF auf Erstattung des – jeweils zulässigen – KapESt-Satzes zu stellen (vgl. auch BMF vom 1.10.2009, BStBl I 2009, 1172, Rz. 87). Dies ist notwendig, da der Einbehalt von KapESt durch § 50d Abs. 1 EStG unabhängig davon erfolgt, ob Deutschland das Besteuerungsrecht an diesen Kapitalerträgen zusteht. Gem. § 50d Abs. 2 EStG ist es dem Schuldner der KapESt auf Antrag (und Bewilligung durch das BZSt) in den dort genannten Fällen unter gewissen Voraussetzungen möglich, den Steuerabzug ganz oder teilweise zu unterlassen (sog. Freistellung im Steuerabzugsverfahren).

Im Fall von Tafelgeschäften ist es zudem nach Auffassung des BFH nicht missbräuchlich i.S.v. § 42 AO, wenn eine inländische Bank ihre Kunden zur Einlösung der Tafelpapiere bei einer ausländischen Bank, die nicht zum Einbehalt und zur Abführung der KapESt verpflichtet ist, veranlasst.

Durch das BeitrRLUmsG wurde § 44a EStG ergänzt. Zukünftig ist § 44a Abs. 8 EStG durch den neuen Absatz 8a (ab dem 1.1.2012) auch auf Personengesellschaften i.S.d. § 212 Abs. 1 SGB V anwendbar. Zudem soll ein ungerechtfertigter Steuereinbehalt in den Fällen der Drittverwahrung oder Zwischenverwahrung im Ausland durch § 44a Abs. 10 Satz 4 ff. EStG vermieden werden (vgl. auch BT-Drs. 17/7524). Dies erfolgt erstmalig für nach dem 31.12.2011 zufließende Kapitalerträge.

3.7. Spezifika

Folgende zusätzliche Regelungen gibt es:

  1. Auch bei der KapESt gibt es ein Haftungsverfahren. Es ist in § 44 Abs. 5 EStG (bzw. in § 45a Abs. 7 EStG) der Lohnsteuerhaftung des § 42d EStG nachgebildet. Voraussetzung für die Haftung ist eine vorsätzliche bzw. grob fahrlässige Pflichtverletzung, wobei das Gesetz dem Schuldner der Kapitalertäge hier die Beweislast dafür, dass keine solche Pflichtverletzung erfolgte, auflegt. Der BFH stellte mit Urteil vom 3.11.2010 (DStR 2011, 403) fest, dass bei Nichtabführung der KapESt regelmäßig von grober Fahrlässigkeit auszugehen ist.
  2. Investmentanteile: Gem. § 7 InvStG werden auch die ausgeschütteten Erträge aus Investmentanteilen der KapESt unterworfen (25 % seit VZ 2009). Inländische und ausländische Investmentanteile werden dabei gleich behandelt.
  3. KapESt und EURLUmsG: Wie weit der Arm der EU im Steuerrecht reicht, hat das EURLUmsG vom 9.12.2004 gezeigt. Danach sind nicht mehr nur die indirekten Steuern betroffen, sondern auch maßgeblich die Quellensteuern. Danach wird gem. § 43b EStG die KapESt-Befreiung für Gewinnausschüttungen einer deutschen Tochter an ihre EU-Muttergesellschaft erweitert auf folgende Anwendungsbereiche:
    • auf Gewinnausschüttungen, die einer in einem anderen EU-Staat gelegenen Betriebsstätte der ausländischen Muttergesellschaft zufließen (§ 43b Abs. 1 Satz 1 EStG),
    • auf Gewinnausschüttungen, die einer in einem anderen EU-Staat gelegenen Betriebsstätte einer deutschen Muttergesellschaft (§ 43b Abs. 1 Satz 2 EStG) zufließen.

    Gleichzeitig wird die Mindestbeteiligungsquote der Muttergesellschaft an der deutschen Tochter von 25 % schrittweise auf 10 % (für Gewinnausschüttungen ab 1.1.2009) herabgesetzt (§ 43b Abs. 2 EStG i.V.m. §§ 52 Abs. 55b, 55c EStG).

    In Anlage 2 zu § 43b EStG wurde schließlich der Kreis der EU-Muttergesellschaften um die mittel- und osteuropäischen KapG sowie um die Societas Europaea und die SCE (Europäische Genossenschaft) erweitert.

  4. Einen anderen Auslöser hat die Neufassung von § 44 Abs. 7 EStG. Aufgrund geänderter BFH-Rspr. zu Mehrabführungen aus vororganschaftlicher Zeit, die nunmehr als GA angesehen werden (vgl. § 14 Abs. 3 KStG), ergibt sich ein neuer Kapitalertragsteuertatbestand (§ 44 Abs. 7 EStG: Die Quellensteuer entsteht spätestens acht Monate (!) nach dem Bilanzstichtag der Organgesellschaft).
  5. Zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und zur Sicherung des deutschen Steueraufkommens wurden die Bestimmungen zur Reduktion des Quellensteuerabzuges unabhängig von § 50d Abs. 3 EStG verschärft. Per Gesetz vom 1.8.2009 (BGBl I 2009, 2302, Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz) und im Zuge der flankierenden SteuerHBekV vom 18.9.2009 (BGBl I 2009, 3046) wird einer ausländischen KapG unter den weiteren Voraussetzungen (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f EStG Doppelbuchst. bb EStG i.V.m. § 2 der Verordnung) demnach die Entlastung von der deutschen Quellensteuer auf Kapitalerträge nach § 50d Abs. 1 und 2 EStG oder § 44a Abs. 9 EStG versagt, wenn sie nicht einen Nachweis über die Ansässigkeit der an ihr zu mehr als 10 % (mittelbar) beteiligten natürlichen Personen erbringt. Zusätzlich wird der deutschen Finanzbehörde die Möglichkeit eröffnet, die von der Gesellschaft gemachten Angaben durch Ausstellen einer Bescheinigung nach § 50d Abs. 4 EStG durch die zuständige ausländische Finanzbehörde zu überprüfen.

Zudem wurde durch eine Ergänzung in § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG a.F. klargestellt, dass vereinnahmte Stückzinsen auch dann der Abgeltungsteuer unterliegen, wenn diese anlässlich der Veräußerung von vor dem 1.1.2009 erworbenen Wertpapieren gezahlt werden. Da die Kreditinstitute hierauf in den Jahren 2009 und 2010 keinen Steuerabzug vorgenommen haben, sind diese Erträge in der Steuererklärung anzugeben. Zur Erleichterung der Deklaration haben die Kreditinstitute eine gesonderte Bescheinigung nach § 45a Abs. 2 EStG zu erstellen. Das BMF hat hierzu ein Muster bereitgestellt (s. BMF vom 16.12.2010, IV C 1 – S 2401/10/10005).

Hinweis:

Mit Urteil vom 2.8.2012 hat das FG Münster (2 K 3644/10) entschieden, dass auch die Veräußerung von Stückzinsen aus Altbeständen, die also aus vor dem 1.1.2009 erworbenen festverzinslichen Wertpapieren stammen, zu versteuern sind. Durch Auslegung kommt das FG zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber Stückzinsen nicht von der Besteuerung ausnehmen wollte. Dieses Urteil ist mittlerweile rechtskräftig; Revision dagegen wurde nicht eingelegt.

3.8. Korrekturen beim Kapitalertragsteuerabzug (§ 20 Abs. 3a EStG)

Durch das JStG 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) wurde § 20 EStG um den Abs. 3a ergänzt. Dieser regelt, dass materielle Korrekturen i.S.d. § 43a Abs. 3 Satz 7 EStG erst zu dem dort genannten Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. § 43a Abs. 3 Satz 7 EStG selbst regelt, dass die auszahlende Stelle Korrekturen materieller Fehler beim KapESt-Einbehalt nicht rückwirkend, sondern erst zum Zeitpunkt ihrer Kenntniserlangung vornehmen muss (hierzu auch BMF vom 16.11.2010, BStBl I 2010, 1305 und BMF-Schreiben vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017). Nach der Gesetzesbegründung sollen hierdurch Änderungen nur für die Zukunft möglich sein, da eine rückwirkende Änderung weitreichende Folgewirkungen entfalten könnte. Dies soll der Steuervereinfachung dienen.

Weist der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung der auszahlenden Stelle nach, dass sie die Korrektur nicht vorgenommen hat und auch nicht vornehmen wird, kann der Steuerpflichtige die Korrektur nach § 32d Abs. 4 und 6 EStG geltend machen (§ 20 Abs. 3a Satz 2 EStG).

Beispiel:

Der risikofreudige Anleger A, ledig, keine Kirchensteuerpflicht, sonstige Einkünfte 200 000 € erzielt im Jahr 2011 eine Dividende der X-AG i.H.v. 4 000 €. Ein Freistellungsauftrag ist nicht erteilt worden. Im Jahr 2012 stellt sich heraus, dass in den 4 000 € Ertrag 2 000 € steuerfreie Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto enthalten sind. Weitere Kapitalerträge bestehen nicht.

Die Bank will die Korrektur nach § 43a Abs. 3 Satz 7 EStG auf Grund technischer Probleme nicht vornehmen.

Lösung:

Die Bank muss im Jahr 2011 1 000 € KapESt auf die Ausschüttung (25 % zzgl. SolZG, der hier außer Ansatz bleibt) einbehalten und für die Rechnung des A abführen. Da die Bank die Korrektur im Jahr 2012 nicht vornehmen will, muss sie A dies entsprechend bescheinigen, sodass dieser im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2011 zwei Bescheinigungen einreichen muss:

  • die Steuerbescheinigung der Bank und
  • die Bescheinigung über die Nichtvornahme der Korrektur.

Im Rahmen der Überprüfung des Steuereinbehalts (§ 32d Abs. 4 EStG), die Günstigerprüfung führt hier zu keinem anderen Ergebnis, werden die Kapitaleinkünfte des A ermittelt:

Gesamtausschüttung4 000,00 €
davon steuerfrei (Einlagekonto)2 000,00 €
verbleiben2 000,00 €
abzgl. Sparerpauschbetrag801,00 €
Einkünfte1 201,00 €
Steuersatz300,25 €
Anrechnung der KapESt1 000,00 €
Erstattung für das Jahr 2011699,75 €

Hiervon abweichend können die auszahlenden Stellen einheitlich für alle Anleger bis zum 31.1. Korrekturen für das vorangegangene Kj. vornehmen (BMF vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, Rn. 241, bisher: BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 und vom 16.11.2010, BStBl I 2010, 1305 Rn. 251). Hat die auszahlende Stelle den Fehler offensichtlich selbst zu vertreten, kann sie abweichend nach § 44b Abs. 5 Satz 1 EStG die Korrektur für die Vergangenheit durchführen. In diesen Fällen ist es zulässig, die Korrektur des Steuerabzugs erst im Rahmen der nächsten Steueranmeldung zu berücksichtigen; eine Änderung der ursprünglichen Anmeldung ist nicht erforderlich.

Dies gilt nicht bei (BMF vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, Rn. 241 a; bisher: BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rn. 251a)

  • Anlegern, deren Kapitalerträge Betriebseinnahmen sind,
  • Steuerausländern, sofern ihnen keine Steuerbescheinigung ausgestellt wurde,
  • der Korrektur der Ersatzbemessungsgrundlage (§ 43a Abs. 2 Satz 6 EStG),
  • Korrekturen bei Erträgen aus Anteilen an ausländischen Investmentvermögen, wenn bei der Veräußerung oder Rückgabe von Anteilen an ausländischen thesaurierenden Investmentfonds KapESt einbehalten wurde (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG),
  • Korrekturen bei der Anrechnung ausländischer Quellensteuer, wenn der Steuerpflichtige die Quellensteuer auf Grund einer Entscheidung des EuGH vom ausländischen Staat erstattet bekommt, sowie bei Änderung oder Wegfall der Bemessungsgrundlage auf Grund einer Entscheidung des EuGH, des BVerfG oder des BFH,
  • wenn ein Steuerpflichtiger die Geschäftsbeziehung mit einer auszahlenden Stelle beendet, ohne seine Wertpapiere auf ein anderes Institut zu übertragen.

Die zutreffende Festsetzung der Einkommensteuer erfolgt in diesen Fällen bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Rahmen der Veranlagung. Eine Veranlagung von beschränkt Steuerpflichtigen kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.

3.9. Kapitalertragsteuer und Kirchensteuer

Unterliegen die Kapitaleinkünfte auch der Kirchensteuer, ermäßigt sich die Einkommensteuer um 25 % der Kirchensteuer (§ 32d Abs. 1 Satz 3 EStG). Soweit die Kapitalerträge der KapESt unterliegen, ist mit deren Einbehalt im Regelfall die Besteuerung durchgeführt. Sofern keine Kirchensteuer einbehalten wurde, sind die Kapitalerträge i.R.d. Veranlagung anzugeben.

Bisher bestand für den Steuerpflichtigen ein Wahlrecht, ob der Abzugsverpflichtete auch die Kirchensteuer einbehält oder der Abzug erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung erfolgen soll.

Seit 1.1.2015 gibt es ein automatisiertes Verfahren zum Abzug der Kirchensteuer auf abgeltend besteuerte Kapitalerträge. Die Einzelheiten zu diesem Verfahren sind in § 51a Abs. 2b bis 2e EStG geregelt. Ab 2015 behält der Abzugsverpflichtete auch die Kirchensteuer auf Kapitaleinkünfte für Angehörige einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft automatisch ein und führt diese ab. Dadurch kommt es zu einem Kirchensteuereinbehalt an der Quelle.

Der Abzugsverpflichtete muss gem. § 51a Abs. 2c Nr. 3 EStG jährlich im automatisierten Verfahren beim BZSt eine Abfrage durchführen, ob der Gläubiger der Kapitalerträge Angehöriger einer solchen steuererhebenden Religionsgemeinschaft ist (sog. Regelabfrage S. 1) und welcher Steuersatz angewendet werden muss (S. 4).

Der Schuldner der Kapitalertragsteuer hat nach § 51a Abs. 2e EStG die Möglichkeit, schriftlich mit amtlich vorgeschriebenen Vordruck gegenüber dem BZSt dem automatisierten Datenabruf zu widersprechen (sog. Sperrvermerk). Weitere Einzelheiten: Monatsbericht des BMF vom 21.02.2014 (abrufbar auf der Internetseite des BMF).

3.10. Überprüfung des Kapitalertragsteuerabzuges im Rahmen der Veranlagung

Grundsätzlich entfaltet die KapESt nach § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG abgeltende Wirkung. Das EStG sieht jedoch folgende Korrekturmöglichkeiten im Rahmen des § 32d EStG vor:

Die Darstellung basiert im Wesentlichen auf dem BMF-Schreiben vom 18.1.2016 (BStBl I 2016, 85, Rn. 144 ff.) (bisher: BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rn. 144 ff.). Nach § 32d Abs. 3 EStG sind steuerpflichtige Kapitalerträge, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben (z.B. Veräußerungsgewinne aus GmbH-Anteilen, verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Erträge aus ausländischen thesaurierenden Investmentvermögen) in der persönlichen Steuererklärung anzugeben (dies sind z.B. Erstattungszinsen des Finanzamtes, Erträge ausländischer Kreditinstitute oder Privatdarlehen).

§ 32d Abs. 4 EStG räumt dem Steuerpflichtigen für Kapitaleinkünfte, die der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, ein Wahlrecht ein, diese im Rahmen seiner Veranlagung geltend zu machen, um die gesetzlich geregelten Tatbestände, die beim Kapitalertragsteuerabzug nicht berücksichtigt werden können, steuermindernd geltend zu machen. Dies sind z.B.

  • ein Verlustvortrag nach § 20 Abs. 6 EStG;
  • die Möglichkeit, den Steuereinbehalt des Kreditinstituts dem Grund und der Höhe nach überprüfen zu lassen;
  • Korrektur der Ersatzbemessungsgrundlage (§ 43a Abs. 2 Satz 6 EStG);
  • noch nicht ausgeschöpfter Sparer-Pauschbetrag;
  • Berücksichtigung von von der Bank nicht berücksichtigten AK in Veräußerungsfällen;
  • noch nicht berücksichtigte ausländische/fiktive Quellensteuern;
  • Nachholung des Kirchensteuerabzuges (Grund einer Pflichtveranlagung).

Werden die Einkünfte in der Veranlagung geltend gemacht, erfolgt entsprechend der Regelung in § 32d Abs. 3 Satz 2 EStG eine Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer um 25 % der – durch die entsprechenden Tatbestände geminderten – Einkünfte. Die vom Kreditinstitut bereits einbehaltene und bescheinigte Kapitalertragsteuer wird nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG im Rahmen der Veranlagung auf die für die Einkünfte aus Kapitalvermögen festgesetzte Einkommensteuer angerechnet. Dies kann zu einer Einkommensteuererstattung führen.

Die Günstigerregelung des § 32d Abs. 6 EStG (BMF vom 18.1.2016, BStBl I 2016, 85 Rn. 149; bisher: BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rn. 149 ff.) sieht vor, dass dann, wenn der Steuersatz i.R.d. individuellen Veranlagungsverfahrens unter fiktiver Einbeziehung der Kapitaleinkünfte niedriger als 25 % ist, die Kapitaleinkünfte im Veranlagungsverfahren besteuert werden. Ein über den Sparer-Pauschbetrag hinausgehender WK-Abzug ist nicht möglich (§ 32d Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 9 EStG).

Verfahrensrechtlich ist erforderlich, dass der Steuerpflichtige für den Wechsel von der Abgeltungsteuer zum Veranlagungsverfahren einen Antrag stellt. Die Finanzbehörde hat dann von Amts wegen die Günstigerprüfung vorzunehmen. Kommt sie zum Ergebnis, dass eine Veranlagung für den Steuerpflichtigen ungünstiger ist, so gilt der Antrag als nicht gestellt.

Die Wahlmöglichkeit besteht nur für sämtliche Kapitalerträge in einem Veranlagungszeitraum, die allesamt in der Steuererklärung angegeben werden müssen. Hierzu sind sämtliche Steuerbescheinigungen einzureichen. Zusammenveranlagte Ehegatten/Lebenspartner können den Antrag zudem nur einheitlich stellen (BMF vom 18.1.2016, BStBl I 2016, 85 Rn. 149; bisher: BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rn. 150, 151). Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann der Antrag als fristgebundenes Wahlrecht nur bis zur Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides gestellt werden (FinMin NRW vom 24.1.2011, S 0351). Dies gilt auch für den Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG.

Verfahrenstechnisch wird im Falle einer Günstigerstellung durch das Veranlagungsverfahren die einbehaltene Kapitalertragsteuer auf die festzusetzende Einkommensteuer angerechnet, so dass letztendlich eine Einkommensteuererstattung eintritt. Die Verrechnung von Verlusten aus anderen Einkunftsarten mit positiven Kapitalerträgen ist hier möglich (vgl. auch BMF vom 18.1.2016, BStBl I 2016, 85 Rn. 146; bisher BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rn. 146). Der Altersentlastungsbetrag wird ebenfalls gewährt. Ausländische Quellensteuer wird hierbei maximal bis zur Höhe der auf die Kapitalerträge entfallenden tariflichen Einkommensteuer angerechnet. Bei Ansatz der tariflichen Einkommensteuer ist die Kirchensteuer auf Kapitalerträge als Sonderausgabe abzugsfähig (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG).

Die Berücksichtigung ausländischer Quellensteuern erfolgt i.R.v. § 32d Abs. 3, 4 und 6 EStG nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG.

4. Das Abzugsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen

4.1. Einleitung

Bei beschränkt Steuerpflichtigen wird die Einkommensteuer entweder im Rahmen einer Veranlagung oder eines vereinfachten Erstattungsverfahrens durch ESt-Bescheid festgesetzt bzw. durch einen Steuerabzug an der Quelle erhoben. Für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn (§§ 38 ff. EStG), vom Kapitalertrag (§§ 43 ff. EStG) oder gem. § 50a EStG unterliegen, greift grundsätzlich die Abgeltungswirkung gem. § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG. Zuständig für das Steuerabzugsverfahren ist seit dem 1.1.2014 das Bundeszentralamt für Steuern (vgl. Mitteilung vom 7.11.2013). Diese Besteuerung wird als »Bruttobesteuerung« bezeichnet, da bei ihr der Abzug von Erwerbsaufwand (Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben) nicht zugelassen ist.

Einzig bei erweitert beschränkter Steuerpflicht nach § 2 AStG und bei ArbN (§ 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG) kommt eine Veranlagung in Betracht.

4.2. Ausnahmen vom Quellensteuerabzug nach § 50 Abs. 2 EStG

Findet ein Steuerabzug statt, so werden die betroffenen Einkünfte bei der Veranlagung nicht mehr berücksichtigt. In folgenden Fällen tritt die Abgeltungswirkung nicht ein (Rechtslage ab VZ 2009):

  • bei Einkünften aus inländischem Betrieb (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG),
  • bei nachträglichem Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen der Sonderfälle der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 und 3 sowie § 1a EStG;
  • bei jahresmittigem Wechsel der persönlichen Steuerpflicht nach § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG,
  • bei ArbN-Veranlagung nach Antrag (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4b EStG),
  • bei ArbN-Veranlagung nach Bescheinigung (§ 50a Abs. 2 Nr. 4a EStG),
  • bei Beantragung der Veranlagung bei Einkünften, die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 unterliegen.

Sofern es hierdurch zu einer Veranlagung kommt, greifen die Sondervorschriften für beschränkt Steuerpflichtige des § 50 EStG, insbesondere § 50 Abs. 1 EStG, welche zu beachten sind. Dies führt u.a. dazu, dass beschränkt Steuerpflichtigen einige Vergünstigungen, die unbeschränkt Steuerpflichtigen gewährt werden, nicht zustehen.

Hinweis:

Die Vereinbarkeit dieser Einschränkungen (konkret Versagung des Sonderausgabenabzuges) in § 50 Abs. 1 EStG mit europäischem Recht ist zurzeit Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren (vgl. FG Niedersachsen vom 30.5.2011, 3 K 278/07 nrkr.; FG Münster vom 17.11.2011, 2 K 507/07 E unter Verweis auf das EuGH-Urteil vom 31.3.2011, C 450-09 »Schröder«; n. rkr. Az. BFH I B 190/11; Beschluss des FG Köln vom 3.8.2017, 15 K 950/13, Vorlage EuGH zur Abzugsbeschränkung von Vorsorgeaufwendungen).

4.3. Abzugsverfahren

4.3.1. Zweck der Norm

Die in § 50a EStG genannten Steuerpflichtigen verfügen im Regelfall über keine dauerhaften Bezüge, so dass sich der Staat des Sicherungsinstruments des Quellensteuerabzugs bedient. Auch hier wird die ESt nach den Bruttoeinnahmen bemessen. Die Aufzählung in § 50a Abs. 1 Nr. 1 bis 4 (Neufassung ab VZ 2009) hat hierbei abschließenden Charakter.

4.3.2. Aufsichtsratssteuer

Der Aufsichtsratssteuer unterliegen alle Vergütungen für die Überwachung der Geschäftsführung von inländischen KapG nach § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 73a EStDV. Die Steuer beträgt 30 % der Vergütungen (§ 50a Abs. 2 EStG), wobei Betriebsausgaben grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Dem Steuerabzug unterliegt der volle Betrag der Aufsichtsratsvergütungen (→ Aufsichtsratsvergütung) gem. § 50a Abs. 3 Satz 1 EStG; davon ausgenommen sind nach § 50a Abs. 2 Satz 2 EStG Reisekostenvergütungen, soweit sie über die steuerlichen Pauschalvergütungen hinaus gewährt werden.

4.3.3. Quellensteuer bei Vergütungen nach § 50a Abs. 1 EStG

4.3.3.1. Gesetzliche Ausgangssituation

Unabhängig von der Einkunftsqualifikation nach § 2 Abs. 1 EStG werden nach § 50a Abs. 1 EStG im Ergebnis alle Aktivitäten von (steuer-)ausländischen Künstlern und Sportlern dem Quellensteuerabzug unterworfen

  • nach § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG die Vergütungen in der Eigenschaft als ArbN,
  • nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG (vgl. die nachfolgende Darstellung der Neufassung des § 50a EStG).

Durch das JStG 2009 ist § 50a EStG neu strukturiert und an die Anforderungen der EuGH-Rechtsprechung angepasst worden.

Danach unterliegen dem Steuerabzug die Einkünfte aus

  • inländischen künstlerischen, sportlichen, artistischen und ähnlichen Darbietungen (Abs. 1 Nr. 1; vgl. hierzu BMF vom 25.11.2010, IV C – S 2303/09/10002, BStBl I 2010, 1350, in dem die Finanzverwaltung umfassend zum Steuerabzug nach § 50a EStG Stellung nimmt; die Grundsätze des Schreibens sind auf alle Vergütungen, die nach dem 31.12.2008 zufließen, anzuwenden);
  • der Verwertung solcher inländischen Darbietungen (Abs. 1 Nr. 2);
  • der Überlassung von Rechten und Know-how (Abs. 1 Nr. 3, vgl. hierzu auch das BMF-Schreiben vom 27.10.2017, IV C 5 – S 2300/12/10003 :004 – beschränkte Steuerpflicht und Steuerabzug bei grenzüberschreitender Überlassung von Software und Datenbanken); und
  • der Überwachung der Geschäftsführung inländischer KapG (Abs. 1 Nr. 4).

Nicht mehr dem Steuerabzug unterliegen die Einkünfte aus der Überlassung beweglicher Sachen sowie die Einkünfte werkschaffender Künstler und Einkünfte von Journalisten.

Im Rahmen des JStG 2010 wurde § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG um den Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. g EStG n.F. (Transferentschädigungen an Berufssportler) erweitert.

Der Steuerabzug für die in § 50a Abs. 1 Nr. 1–3 EStG aufgezählten Einkünfte beträgt einheitlich 15 % (§ 50a Abs. 2 EStG). Vom Schuldner der Vergütung ersetzte oder übernommene Reisekosten gehören nur insoweit zu den Einnahmen, als die Fahrt- und Übernachtungsauslagen die tatsächlichen Kosten und die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand die Pauschbeträge nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG übersteigen. Für Aufsichtsratsvergütungen bleibt es beim bisherigen Steuersatz von 30 % (§ 50a Abs. 2 Satz 1 EStG). Ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist aber weiterhin nicht vorgesehen. Zur Höhe der Quellensteuer bei Künstlern im Arbeitnehmerverhältnis s.a. BMF vom 31.7.2002 (BStBl I 2002, 707) und vom 28.3.2013 (IV C 5 – S 2332/09/10002, BStBl I 2013, 443). Zur Verfassungs- und Europarechtskonformität des Steuerabzuges bei Künstlern in der Neufassung des Gesetzes vgl. auch FG Düsseldorf vom 24.4.2013 (15 K 1802/09 E).

Der bisherige Staffeltarif für Einkünfte aus Darbietungen (§ 50a Abs. 4 Satz 2 EStG a.F.) entfällt. Allerdings ist in § 50a Abs. 2 Satz 3 EStG eine Geringfügigkeitsgrenze geregelt, wonach ein Steuerabzug nicht erhoben wird, wenn die Einnahmen je Darbietung 250 € nicht übersteigen. Nach Abs. 3 besteht aber die (eingeschränkte) Möglichkeit, die Werbungskosten oder die Betriebsausgaben von der Bemessungsgrundlage des Steuerabzugs abzuziehen, wenn dies vom Steuerpflichtigen beantragt wird. Allerdings beträgt dann der Steuersatz 30 %. Nur für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften bleibt es bei einem Steuersatz von 15 %.

Voraussetzungen für den Abzug der Betriebsausgaben/Werbungskosten sind, dass dies durch den Schuldner der Vergütung vorgenommen wird. Möglich ist dies bei den Einnahmen in den Fällen des § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 EStG. Abziehbar sind nur die mit den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Zudem ist erforderlich,

  • dass, der beschränkt Steuerpflichtige dem Schuldner der Vergütung diese in einer für das Bundeszentralamt für Steuern nachprüfbaren Form nachgewiesen hat
  • oder dass die Aufwendungen vom Schuldner der Vergütung übernommen worden sind.

Weiterhin muss der Gläubiger EU-/EWR-Bürger sein und in einem dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Der erforderliche unmittelbare Zusammenhang kann auch zwischen Ausgaben für (Unter-)Lizenzgebühren und den beschränkt steuerpflichtigen Einnahmen aus der Verwertung eines Lizenzrechts im Inland bestehen (BFH vom 27.7.2011, I R 32/10).

Hinweis:

Ein einheitliches Pauschalhonorar für mehrere von einem beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubiger zu erbringende Leistungen kann zu unterschiedlichen Einkünften führen und ist daher aufzuteilen, sofern nicht einer Leistung eine nur untergeordnete Bedeutung zukommt (BFH Urteil vom 28.1.2004, BStBl II 2005, 550, vom 19.12.2007, BStBl II 2010, 398; BFH vom 7.9.2011, I B 157/10).

4.3.3.2. Wichtige Rechtsprechung zu § 50a EStG

Zu den Bruttoeinnahmen (BFH Urteil vom 19.11.2003, DStRE 2004, 634 = IStR 2004, 379; entschieden für einen US-amerikanischen Musiker auf Konzerttournee in Deutschland) gehören auch die vom Veranstalter übernommenen Reisekosten des ausländischen Künstlers/Sportlers.

Für den nicht seltenen Fall, dass die Steuerpflicht des ausländischen Gläubigers fraglich ist, hat der BFH (BFH Urteil vom 25.11.2002, BFH/NV 2003, 398) klarstellend entschieden, dass dies nicht zu Lasten des inländischen Schuldners ausfällt. Mit dem Abzug der Quellensteuer werde dieser nicht nur gegenüber dem Finanzamt, sondern auch gegenüber dem ausländischen Gläubiger frei.

Einen grundlegenden Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht (Art. 49, 50 EGV n.F.) hat der EuGH in der »Gerritse-Entscheidung« (EuGH Urteil vom 12.6.2003, BStBl II 2003, 859) in dem Fall gesehen, wenn die endgültige 25 %-Bruttoabgeltungsteuer den Steuersatz übersteigt, der sich bei Anwendung des (progressiven) Tarifs auf die Nettoeinkünfte (inkl. des Grundfreibetrages) ergäbe. Diese zu § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F. ergangene Entscheidung wird Allgemeingültigkeit beanspruchen.

In die gleiche Richtung gehen die Beschlüsse vom 16.6.2004 (BFH Urteil vom 16.6.2004, BStBl II 2004, 882: Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit) und vorher vom 28.4.2004 (BFH Urteil vom 28.4.2004, BStBl II 2004, 878: ebenfalls Verstoß gegen die (passive) Dienstleistungsfreiheit = Vorlage an den EuGH). Mit Schreiben vom 5.4.2007 (BStBl I 2007, 449) hat das BMF auf das Urteil des EuGH vom 3.10.2006, BStBl II 2007, 352 (FKP Skorpio) reagiert. Betriebsausgaben oder Werbungskosten können bereits beim Steuerabzug berücksichtigt werden, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den inländischen Einkünften stehen und sie 50 % dieser Einnahmen übersteigen. Der Steuerabzug beträgt dann 40 % der Einkünfte. Diese einschränkende Regelung ist aber knapp zwei Monate vor dem Ergehen des BMF-Schreibens von dem EuGH (Urteil vom 15.2.2007, DB 2007, 832, Fall »Centro Equestre«) für unzulässig erklärt worden. Auch ist der Steuersatz von 40 % des Überschusses/Gewinnes nicht mit der »Gerritse-Entscheidung« des EuGH zu vereinbaren. Die EU-Kommission hat aufgrund dieser Regelungen im März 2007, gestützt auf die EuGH-Urteile »Scorpio« und »Centro Equestre«, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet (IP/07/413, Az. 1999/4852).

Die vorgenannte Rechtsprechung war (Mit-)Auslöser für die Änderungen des § 50a EStG durch das JStG 2009.

Nachdem der BFH die Rs. »Scorpio« mit Urteil vom 5.5.2010 (I R 104/08, BFH/NV 2010, 1814) entschieden hat, hat das BMF mit Schreiben vom 16.2.2011 (IV C 3 – S 2411/07/10002) die Voraussetzungen für den Abzug von Betriebsausgaben und Werbungskosten für die noch offenen Altfälle (d.h. für Vergütungen, die bis zum 31.12.2008 zugeflossen sind) konkretisiert. Die Schätzung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten kommt im Steuerabzugsverfahren aber nicht in Betracht (§ 162 AO).

4.4. Verfahrensrecht bei § 50a EStG

4.4.1. Grundsatz

Entsprechend der im Quellensteuerrecht üblichen Dreieckskonstellation begegnen sich bei § 50a EStG neben dem Finanzamt als Steuer-Gläubiger der Vergütungsgläubiger (Sportler, Aufsichtsrat etc.) und der Vergütungsschuldner (Veranstalter bzw. KapG).

Primärer Steuerschuldner ist der ausländische Vergütungsgläubiger; er hat die Steuer zu entrichten (§ 50a Abs. 5 Satz 2 EStG).

Korrespondierend zu den anderen Haftungsszenarien bei der Quellensteuer (§ 42d EStG für die LSt und § 44 Abs. 5 EStG für die KapESt) wird de iure primär der Steuerschuldner kraft Nachforderungsbescheid belangt; de facto wird sich das Finanzamt bei Durchführungsfehlern primär an den (meist) inländischen Haftungsschuldner halten. Beide sind (unechte) Gesamtschuldner (§ 50a Abs. 5 Satz 6 EStG).

Beim Vorgehen gegen den Haftungsschuldner wird das Finanzamt mittels Haftungsbescheid vorgehen (BFH Urteil vom 27.2.2002, BFH-NV 2002, 1142 sowie BFH vom 24.4.2007, BB 2007, 2436). Ein Teil der Literatur greift die Diskussion zum Haftungsverfahren bei der KapESt auf und erlaubt – konform mit BFH-Urteil vom 13.9.2000, BStBl II 2001, 67) – auch hier, dass im Wege des Nachforderungsbescheides, d.h. ohne Ermessensbegründung gegen den Haftungsschuldner, gegen den Schuldner vorgegangen wird.

Hinweis:

Die Argumente aus § 167 AO (dort: standardisiertes Anmeldeverfahren) lassen sich nicht auf die Situation bei § 50a Abs. 5 EStG übertragen.

Für einen Fall des § 50a Abs. 4 EStG und das sich dann anschließende Freistellungsverfahren (§ 50d EStG) kam der BFH im Urteil vom 28.6.2005, BFH/NV 2006, 38 zu der klarstellenden Aussage, dass im Freistellungsverfahren gem. § 50d EStG – DBA-Fall – nur darüber zu befinden sei, ob eine Freistellung von der deutschen Steuer geboten ist. In diese Entscheidung wird nicht die Frage aufgenommen, ob steuerpflichtige Einkünfte vorliegen. Des Weiteren hat der BFH über den Unterschied zwischen einem Freistellungsbescheid gem. § 50d Abs. 1 EStG und einer Freistellungsbescheinigung gem. § 50d Abs. 3 EStG befunden.

4.4.2. Grenzüberschreitende Lizenzzahlungen

Die meisten entschiedenen Fälle zum Haftungsverfahren nach § 50a Abs. 5 EStG betreffen Lizenzzahlungen einer inländischen Tochter an ihre ausländische Muttergesellschaft für überlassenes Vertriebsrecht an Software etc.

§ 50a Abs. 7 EStG räumt dem Fiskus einen »Sicherungseinbehalt« i.H.v. 25 % (15 % bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen) zulasten des Vergütungsschuldners dann ein, wenn z.B. durch besondere vertragliche Gestaltung über den Zeitpunkt der Abzugssteuer (§ 50a Abs. 5 Satz 1 EStG: mit Zufluss) disponiert wird. Die gem. § 50a Abs. 7 EStG einbehaltene Quellensteuer hat keine Abgeltungswirkung. Der BFH gibt (BFH Urteil vom 24.3.1999, BFH/NV 1999, 1314) dem Vergütungsgläubiger einen (Dritt-)Rechtsbehelf gegen diese Anordnung.

4.4.3. Steuerabzug und AStG

Im Rahmen der Veranlagung von erweitert beschränkt Steuerpflichtigen gem. § 2 AStG tritt die abgeltende Wirkung des Steuerabzuges gem. § 50 Abs. 2 EStG n.F. nicht ein (vgl. § 2 Abs. 5 Satz 2 EStG, s.a. BFH vom 16.12.2008, I R 23/07 sowie BMF vom 7.4.2010, LEXinform 5232665).

4.4.4. Aktuelle Änderungen

Zu den geplanten Änderungen im Lohnsteuerabzugsverfahren für beschränkt Steuerpflichtige ArbN s. oben unter »Aktuelle Entwicklungen«.

5. Neuerung aufgrund der Zinsinformationsverordnung (ZIV 2005)

5.1. Einführung

Die EU-Zins-RL vom 3.6.2003 ist am 1.7.2005 in nationales Recht (ZIV) umgesetzt worden (S. hierzu BMF vom 30.1.2008, IV C 1 – S 2402-a/0, BStBl I 2008, 320; ergänzt durch BMF vom 20.9.2013, IV C 1 – S 2402-a/0 :021, BStBl I 2013, 1182).

5.2. Grundzüge des Datenaustausches

Die EU-Staaten führen einen automatisierten Datenaustausch über grenzüberschreitende Zinszahlungen in andere Mitgliedstaaten durch. Die ZIV stellt die Rechtsgrundlage für diese Kontrollmitteilungen (KM) dar. Die ZIV regelt unmittelbar die Meldung für (aus Deutschland stammende) Zinszahlungen an Steuerausländer, die an die ausländischen Steuerbehörden geschickt werden. In umgekehrter Richtung ist davon auszugehen, dass der ausländische Fiskus vergleichbare Mitteilungen dem BZSt bzgl. der EU-Kapitaleinkünfte von unbeschränkt steuerpflichtigen inländischen Steuerbürgern zukommen lässt. Das BZSt leitet diese Informationen an die örtlich zuständigen Wohnsitzfinanzämter weiter.

In der – jährlich bis zum 31.5. – zu erstellenden KM werden neben den steuerrelevanten Daten (Einkunftserzieler, Höhe der Einkünfte) auch das Konto und die ausländische Bank mitgeteilt.

5.3. Ausnahmen

Von der aktiven Meldepflicht sind aktuell befreit (innerhalb eines Übergangseitraums nach § 20 ZIV): Belgien, Luxemburg und Österreich.

Diese Staaten behalten die Quellensteuern (von zunächst 15 %; ab 1.7.2008: 20 %; ab 1.11.2011 35 %) ein und leiten diese anonym an die jeweiligen Staaten weiter.

Ähnlich verfahren die europäischen Steueroasen (u.a. die Schweiz) auf der Grundlage bilateraler Abkommen zwischen der EU und dem jeweiligen Land.

5.4. Anwendungszeitraum

Mehrfach wurde bereits auf europäischer Ebene über eine Änderung der Zinsbesteuerungsrichtlinie beraten, um Schlupflöcher zu schließen und Steuerflucht besser zu verhindern. Deshalb war zunächst geplant, eine neue EU-Zinsrichtlinie (2014/48/EU vom 24.3.2014) zur Ausweitung des Kontrollmitteilungsverfahrens ins nationale Recht umzusetzen. Aufgrund von verschiedenen neueren Entwicklungen war diese Umsetzung allerdings nicht mehr erforderlich.

Am 10.11.2015 wurde die Richtlinie 2003/48/EG vom 3.6.2003, welche Grundlage für die ZIV war, deshalb vom Rat aufgebhoben. Mit der Dritten Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 18.7.2016 (BGBl I 2016, 1722) wurden die Anwendungsbestimmungen zur ZIV (§ 17 ZIV) an diese Entwicklung angepasst. Nach § 17 Abs. 1 ZIV n.F. soll die ZIV nur noch für Zinszahlungen, die bis zum 31.12.2014 zugeflossen sind, gelten (Ausnahme für Zinszahlungen bestimmter Staaten ab dem 1.1.2016: § 17 Abs. 3 ZIV).

Die Neuerungen sind:

  • Einführung des Finanzkonten-Austauschgesetzes (FKAustG) mit dem Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016, BGBl 2016, 3000,
  • Anwendung der durch die OECD entwickelten Standards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten – CRS Common Reporting Standard, BMF vom 1.2.2017, IV B 6 – S 1315/13/10021 :044.

6. Literatur

Druen, Grenzen der Steuerentrichtungspflichten, FR 2004, 1134; Seer, Reform des (Lohn-)StAbzugs, FR 2004, 1037; Sradj/Mertes, KapESt, DStR 2003, 1681; Grams/Molenaar, Rezension der Gerritse-Entscheidung, DStZ 2003, 761; Schnitger, Das Ende der Bruttobesteuerung beschränkt Steuerpflichtiger, FR 2003, 745; Preißer/von Rönn/Schultz-Assberg, Die Unternehmensteuerreform 2008, 2007; Schmidt/Wänger, Änderungen bei der Abgeltungsteuer durch das Jahressteuergesetz 2008, NWB 2008, Fach 3, 14939.

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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